Neues vom Rechtsstaat: Von einer Menschenjagd in Köln und den Folgen

Es war ein Septembertag vor zwei Jahren als ein 44-jähriger Mann im Kölner Stadtteil Lindenthal um sein Leben rannte. Zwei Männer jagten den Obdachlosen am hellichten Tag durch die Straßen, schlugen und traten immer wieder auf ihn ein. Einer ruft laut „Ich bringe Dich um!“ und lacht höhnisch. Das Ganze gab es heute in Farbe auf Video zu sehen im Saal 246 des Kölner Amtsgerichtes (Foto). Den Film haben wir einem Freund der beiden Schläger zu verdanken, der der Hetzjagd ungerührt zusah und mit seinem Handy filmte.

Die menschenverachtenden Gewalttäter mussten sich – immerhin – wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten, der Filmkünstler wegen unterlassener Hilfeleistung. Allerdings war der zum Gerichtstermin nicht einmal erschienen.

Beide Schläger sind unter 30 Jahren und sie gaben in der Verhandlung an, an jenem Tag betrunken gewesen zu sein. Das konnte man auch erkennen, als der Film gezeigt wurde, denn zumindest einer der Täter torkelte erkennbar. Und ja, beide Schläger zeigten Reue. Der Whisky, Frau Richterin, und es sei „peinlich“ jetzt das Video noch einmal ansehen zu müssen.

Die Richterin setze eine strenge Miene auf, bezeichnete die Jagd auf einen hilflosen Menschen als „erniedrigend“. Und dann stellte sie das Verfahren ein. Der eine Täter muss nun aber noch 300 Sozialstunden ableisten, der andere 300 Euro „Schmerzensgeld“ an das Opfer zahlen. Gegen den Filmamateur erging ein Strafbefehl in Höhe von 600 Euro.




Urinspritzer, ein Amtsgericht und die Folgen

Das Amtsgericht Düsseldorf hat jetzt eines der letzten Alleinstellungsmerkmale von zur Miete lebenden Männern verteidigt. Wer im Stehen uriniert und dabei Spritzer verursacht, die den Marmorboden im Badezimmer stumpf werden lassen, muss keinen Schadenersatz leisten – es sei denn, der Eigentümer hätte den Mieter vorher ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es derartige Kollateralschäden geben könnte. So, wie bei dem berühmten Fall aus den USA, wo vor Jahren ein Kunde von McDonalds zwei Millionen Dollar erstritt, weil ihn das Unternehmen nicht ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht hatte, dass heißer Kaffee unter Umständen heiß sein könnte. Doch zurück nach Düsseldorf. Ich bin noch unentschieden, ob dieses Urteil ein Beleg dafür ist, in was für einem problemfreien Land wir leben, wo sich Gerichte mit derartigen Dingen beschäftigen. Und bitte, bevor ich empörte Zuschriften bekomme, dass man ja den Hauseigentümer verstehen müsse, der ein versautes Badezimmer zurück erhält – ja, ich verstehe das und will ihm sein Recht keineswegs streitig machen. Dennoch bin ich heute beim Lesen der „Rheinischen Post“ an dieser Nachricht hängen geblieben, denn es stört mich, wenn sich Staat und Justiz auch in die intimsten Bereiche des menschlichen Daseins einschalten, wie etwa bei dem Prozess vor drei, vier Jahren, wo es darum ging, ob die Nachbarn eines Mieters beim Sex leiser sein müssten, oder ob man im Freien auf einem Balkon rauchen darf, wenn es den Mietern im Obergeschoss nicht gefällt. Alles berechtigte Anliegen, aber könnte man da nicht Lösungen finden, ohne nach dem Staat zu rufen? Ich weiß es nicht, weil ich die Details dieser Fälle nicht kenne. Nur dieses ständige Staat! Staat! Staat! macht mir Angst. Wo führt das hin? Gibt es demnächst Verordnungen und Bußgelder um die Frage, wie ein Bürger ordnungsgemäß zu urinieren hat? Kommt das Gewerbeamt mit Messgeräten, um zu überprüfen, dass Bürger nur in einem erlaubten Dezibel-Rahmen miteinander verkehren. Wird das Landes-Immissionsschutzgesetz um Vorschriften ergänzt, bei welcher Windstärke Raucher auf einem Balkon in welche Himmelsrichtung zu pusten haben? Recht muss Recht bleiben, wer sich beeinträchtigt fühlt, kann jederzeit vor ein Gericht gehen. Natürlich! Doch wir müssen uns bewusst sein, dass wir damit für den allumfassenden Staat neue Betätigungsfelder eröffnen, unser aller Leben weiter zu regulieren.