Covid-19 und unsere quälende Ungewissheit

Die Ungewissheit ist im Moment das größe Problem. Das Nicht-Wissen, wie gefährlich der Covid-19 denn nun tatsächlich ist.

Wenn die Regierenden uns sagen und glaubhaft belegen würden: Jeder Dritte von Euch wird in den nächsten Monaten sterben, dann wüssten wir, woran wir sind. Wir könnten selbst mit so einer furchtbaren Nachricht umgehen. Wir könnten alles regeln, Abschied nehmen von unseren Kindern, festlegen, wer was erbt, und wen man auf der eigenen Beerdigung auf keinen Fall „sehen“ will. Doch im Grunde wissen wir nichts.

Das soziale Leben in Deutschland ist auf ein Minimum heruntergefahren. Bundestag und Bundesrat haben dreistellige Milliarden-Rettungsschirme bereitgestellt, die Mienen der Verantwortlichen in Bund und Ländern sind ernst in diesen Tagen. Das würden sie nicht tun, wenn sie nicht überzeugt wären, dass die Lage für unsere Gesundheit dramatisch ist. Und entgegen der Meinung mancher Bürger denke ich nicht, dass die Leute vom Robert-Koch-Institut (RKI) und all die Fachleute in den Ministerien komplette Idioten sind. Ich will das gar nicht denken.

Gerade habe ich neue Nachrichten von einer Primärquelle aus dem Mailänder Universitätsklinikum erhalten. Dort soll sich die ohnehin ernste Lage deutlich verschlimmert haben, heißt zahlreiche neue Patienten, sehr kurze Inkubationszeit, Patienten in schlimmsten Zuständen mit Lungenembolien und -thrombosen, Schlaganfällen und Nierenversagen. Kaum aufgenommen, schon verstorben.

Auf der anderen Seite werde ich mit WhatsApp-Videos und Mails überschwemmt, in denen ernstzunehmende Mediziner und Wissenschaftler ruhig und überzeugend darstellen, dass kein Ausnahmezustand nötig ist, weil wir im Grunde nichts Besonderes erleben, sondern eine Influenza, wie es sie immer mal gibt. Zu Hause bleiben, einmal die Stunde die Hände mit Seife waschen, Vitamin C einnehmen – 3 Gramm pro Tag, wie mir heute eine befreundete Expertin eindringlich ans Herz legte – und gut ist.

Vielleicht werden wir im Juli Gartenfeste feiern, uns umarmen und Küsschen geben, und uns darüber lustig machen, wie panisch viele Menschen in diesen Tagen und Wochen reagiert haben. Und dass es gar nicht so schlimm gekommen ist, wie all die Hysteriker dachten. Aber vielleicht werden wir auch 10.000 Tote oder mehr in Deutschland zu beklagen haben, keineswegs nur Alte und gesundheitlich vorbelastete Opfer.

Es ist diese Unsicherheit, die einen verrückt macht. Wir wollen, dass es glimpflich abläuft. Aber wir haben die Bilder aus Krankenhäusern in China, dem Iran und Italien gesehen. Oder aus New York, derzeit das Zentrum der Pandemie überhaupt.

In Zeiten der Unsicherheit über eine möglicherweise lebensbedrohende Pandemie schlägt auch die Stunde der Verschwörungstheoretiker. Anfang der Woche schrieb mir am späten Abend eine Bundestagsabgeordnete, eine von den Guten, für die ich jederzeit in den Krieg ziehen würde. Sie machte mich darauf aufmerksam, wie wundersam sich China gerade erholt. Die Börse in Peking endete an dem Tag mit einem Plus von 0,3 Punkten, während in London und New York (-26), São Paulo  (-24) und Tokyo (-17) zeitweise Land unter auf dem Parkett herrschte.

Hat China in seinem Weltmachtstreben die Chance genutzt und kauft sich nun in großem Stil für vergleichsweise wenig Geld massiv in westliche Konzerne ein, wie die Abgeordnete vermutet? Oder spielt China bewusst mit dem Feuer, gedemütigt im Handelskrieg von den USA jetzt mit einen viralen Angriff auf den Westen, um den wirtschaftlichen Riesen dort einen schweren Schlag zu versetzen? Nein, ich will s0 etwas nicht glauben. So etwas würde China niemals wagen, sagt mein Gehirn. Es wäre ein Kriegsgrund, wenn Covid-19 gezüchtet und bewusst auf die Menschheit losgelassen worden wäre. Nein, das ist unvorstellbar, denke ich und gehe schlafen.

Am nächsten Morgen lese ich, dass die Bundesregierung Maßnahmen ergreift, um „ausländische Investoren“ daran zu hindern, sich in deutsche Konzerne einzukaufen. Eine Milliarden-Hilfspaket soll beschlossen werden, um deutsche Unternehmen vor „unliebsamen Überraschungen“ zu  bewahren, sagt Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) setzt nach: „Wir haben nicht nur einen viralen Angriff. Wir können auch einen Wirtschaftsangriff danach erleben.“ Ja, von wem denn? Nairobi?`Belgien?

Es macht einen verrückt, wenn man dieser Tage die Nachrichtenlage intensiv verfolgt. Alles hängt mit allem zusammen – mein Lebensmotto seit langer Zeit. Alles ist möglich, und keiner von uns kann durchschauen, was gerade wirklich passiert.

 

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Neues von der Verbotsgesellschaft: Punkte für Parken auf dem Gehweg

Zu den zahllosen Leistungsträgtern unserer Bundesregierung gehört Andreas Scheuer von der CSU. Falls Sie ihn nicht kennen: Er ist Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur im Kabinett der ewigen Kanzlerin aus der Uckermark. Seine neueste Idee: Wer auf einem Fußgängerweg parkt, kann, wenn er erwischt wird, zukünftig mit einem Punkt in Flensburg bestraft werden. Und solche Punkte gibt es nicht viele, dann ist es vorbei mit dem Autofahren.

Nun darf und sollte man nicht auf Fußwegen parken, keine Frage. Aber wenn man vor dem Haus mal kurz etwas aus- oder einladen muss, einen Punkt kssieren? Vergangene Woche musste ich die Bücher, die beim Schwarmtreffen Ende August im Prenzlauer Berg nicht verkauft wurden, mit dem Auto abholen, sechs große Kisten. Weit und breit kein legaler Parkplatz, und das nächste Parkhaus zwei Kilometer entfernt – das ist für einen alten Mann nicht zu bewältigen mit Bücherkisten schleppen über die Distanz.

Nun, sie haben mich nicht erwischt, aber die Gefahr bestand. Ursprünglich wurde das Punktesystem ja eingeführt, um gefährliches Fahrverhalten zu ahnden. Ich habe seit 42 Jahren einen Führerschein und mir außer zwei kleinen Blechschäden beim Ausparken nichts Ernsthaftes zu Schulden kommen lassen. Punkte habe ich dennoch, weil ich zum Beispiel nachts auf der Autobahn – dreispurig, kein Auto vor mir bis zum Horizent und keines im Rückspiegel zu sehen – 42 km/h zu schnell war und geblitzt wurde. Wer denkt sich das aus, dort zu blitzen, wo nicht die geringste Gefahr für andere Verehrsteilnehmer besteht? Und Punkte zu verteilen, Geld zu kassieren und mich demnächst mit einem vierwöchigen Fahrverbot zu belegen?

Fast könnte man meinen, es handelt sich bei all diesen Maßnahmen um ein großangelegtes Programm der Politik, Staatsbürger zu gängeln und zu disziplieren. So wie ich einst ein Knöllchen kassierte, weil ich vor der Sparkasse hielt, um schnell einen Kontoauszug zu holen (zwei Minuten), ohne irgendwen zu stören. Außer den städtischen Vollstrecker, den ich noch antraf, während er das Dokument unter meinen Scheibenwischer klemmte. „Warum muss ich das hier bezahlen, wo ich doch niemanden behindere“, wollte ich wissen. Der Mann erwiderte: „Weil da ein Schild steht…“ Na, dann…