Zivilisierter Meinungsstreit geht anders: Der Kopf sollte über den Kehlkopf triumphieren

Endlich, endlich zeigen sie es „der Merkel“ mal so richtig. Gellende Pfeifkonzerte in den Ost-Bundesländern, „Hau Ab!“-Sprechchöre auf dem Münchner Marienplatz. Da klopft sich so mancher auf den Schenkel – auch diejenigen, die selbst Opfer von massiven Beeinträchtigungen und sogar im Fall der AfD von körperlichen Angriffen geworden sind.

Ein sehr guter Freund von mir, verriet mir vor einigen Wochen, er werde dieses Mal AfD wählen. Und als ich ihn fragte, warum, antwortete er entwaffnend: „Weil ich die Schnauze voll habe.“ Das konnte ich nachvollziehen, denn auch ich habe solche Momente, wo ich „die Schnauze“ vom politischen Einheitsbrei in Deutschland, von Political Correctness und einer desaströsen Flüchtlingspolitik voll habe. In dieser Woche telefonierten mein Freund und ich wieder einmal. Er erzählte mir, er habe es sich überlegt, als er die Bilder von Störungen und Beleidigungen auf einer Merkel-Kundgebung in Ostdeutschland gesehen habe. Er sei nicht zufrieden mit ihr, aber es gehöre sich nicht, so mit unserer vom Volk gewählten Regierungschefin umzugehen. Und weil offenkundig erkennbar viele AfDler unter den Störern waren, werde er halt mit der Faust in der Tasche wieder CDU wählen.

Es geht hier nicht um CDU oder AfD, diese Diskussion hängt mir zum Halse raus. Soll jeder wählen, was er oder sie Lust oder Frust hat. Mir egal! Demokratie ist mein Thema, zivilisierten Meinungsstreit will ich. Hitzige Diskussionen, geistreich, polemisch, auch laut – aber einer freiheitlichen Gesellschaft würdig. Zuhören können, andere Meinungen tolerieren und notfalls aus Verachtung für diese Meinungen weggehen oder gar nicht hingehen – das zeichnet eine demokratische Gesellschaft aus. Ich fand es beschämend, dass keiner der führenden Köpfe von CDU und SPD von Grünen und FDP die Angriffe auf AfD-Politiker öffentlich kritisiert haben. Als Infostände und Großplakate zerschlagen , Plakatkleber mit körperlicher Gewalt angegangen und Autos von Kandidaten abgefackelt wurden. Wo war da der Aufstand der Anständigen? Wo waren Lichterketten und Stellungnahmen von Merkel, Schulz, Lindner und Özdemir? Gegen „Rechtspopulisten“ ist scheinbar alles erlaubt im bunten Deutschland, die Rollen sind klar verteilt.

Aber dass sich dieselben Leute, die jedes beschmierte Wahlplakat der AfD beweinen nun feixend hinstellen und sich über die Störungen bei Merkel diebisch freuen, hat mehr als ein Geschmäckle.




Gehen Sie wählen – was und wen auch immer!

Wahltag ist Zahltag! Am Sonntag sind die Deutschen aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen, das dann eine neue Regierung wählen wird. Viel spricht dafür, dass unser Land am Montag politisch deutlich anders sein wird, als es heute noch ist. Viel spricht auch dafür, dass sich Angela Merkel, wenn auch gerupft, irgendwie über die Ziellinie wird retten können. Zu schwach sind die Alternativen der SPD, zu jämmerlich ist das Bild, das Martin Schulz als Kanzlerkandidat abgibt. Und die AfD? Ein Gespräch gestern mit einem der wichtigsten Meinungsforscher in Deutschland verschafft mir den Eindruck, dass die langjährigen Gewissheiten aus dem Konrad-Adenauer-Haus, der CDU-Parteizentrale in Berlin, nicht mehr zu halten sein werden, nach denen es kaum noch Konservative im bunten Deutschland gibt und wenn doch, die „ja gar nichts anderes wählen können als CDU“.

Wahlempfehlungen gibt es hier nicht, liebe Leser, schon deshalb, weil ich selbst noch nicht sicher bin, wen ich am Sonntag ankreuzen werde. Wen ich auf keinen Fall wählen werde, habe ich ja verschiedentlich schon aufgeschrieben…




Europa hätte die Flüchtlingskrise locker wuppen können

Nüchtern betrachtet hätte die Flüchtlingskrise Ende 2015 gar nicht zu einem solchen Problem werden müssen. Eine Million Menschen, verteilt auf die Länder in der EU, in der zusammen 500 Millionen Menschen leben – das hätten „wir“ geschafft. Aber das Leben ist eben nicht so, denn die meisten Länder in der Gemeinschaft wollten nicht mitmachen. Zurück blieben allen voran Deutschland, dessen famose Kanzlerin die Grenzen unseres Landes für Wochen weit öffnen und jeden herein ließ, der es bis hierhin geschafft hat. Österreich und Schweden trugen die Last mit, Frankreich ein bisschen, wohl mehr aus kosmetischen Gründen.

Das, was ich Frau Merkel persönlich bis heute vorwerfe, ist – neben mehrfachem Rechtsbruch – dass ausgerechnet sie als Antreiberin der europäischen Integration einsame Entscheidungen getroffen hat, ohne vorher zumindest mit den wichtigsten europäischen Partnern zu einer Vereinbarung über die Aufnahme von Flüchtlingen zu kommen. So landeten 890.000 in einem Jahr hier bei uns – mit all den Problemen, von denen wir jeden Tag in der Zeitung lesen können.




Duell? Was für ein Duell?

Duell? Ich habe kein Duell gesehen beim einzigen großmedialen Zusammentreffen der Kanzlerin und des Herausforderers. Gut vorbereitet waren beide, keiner hat einen wirklich entscheidenden Fahler gemacht, niemand konnte deutlich punkten. Letztlich, das ergab eine Umfrage im Auftrag der ARD, hatte Angela Merkel wohl die Nase vorn. Amtsbonus, Gelassenheit, Wir-Schaffen-das gegen Abteilung Attacke: Das Ergebnis war zu erwarten.

Gestritten um eine andere Politik, um einen Kurswechsel in Deutschland wurde nicht. Vieles spricht dafür, dass es nach dem 24. September wieder auf eine Große Koalition unter Führung von Angela Merkel zusteuert. Beide sagten nichts, dass dieses Ziel gefährdete oder auch nur gestört hätte…




Hurra, er lebt noch! Was uns der Euro über Prognosen sagt…

Es gibt heutzutage drei Wege für einen Publizisten in Deutschland, einen ordentlichen Shitstorm auszulösen. Der sicherste ist zu schreiben, dass all die vielen Islamisten, die zu Fuß oder in Schlauchbooten zu uns gekommen sind, eine kulturelle Bereicherung sind. Der zweite ist zu schreiben, was für eine wunderbare Bundeskanzlerin wir haben, die uns sicher durch alle Stürme lenkt und sogar die CDU modernisiert. Und das dritte ist zu schreiben, dass der Euro eine nach wie vor stabile Währung ist.

Die Gefahr, dass ich die ersten beiden steilen Thesen noch jemals schreiben würde, besteht nicht. Mit Angela Merkel, der Modernisierung und ihrer fahrlässigen Flüchtlingspolitik bin ich persönlich durch. Aber der Euro?

Ich weiß noch genau, es war im Jahr 2008, als mir von vielen Facebook-Freunden vorhergesagt wurde, die Abschaffung der europäischen Gemeinschaftswährung stehe nun kurz bevor. Angeblich seien nachts LKWs in Deutschland unterwegs, die frisch gedruckte DM-Scheine zu den Sparkassenfillialen bringen. Das wisse man ganz genau, und ich – Schreiberling – habe ja von Wirtschaft und Finanzen sowieso keine Ahnung. In dem Jahr schloß ich eine Wette mit einem älteren Freund, der prognostizierte, den Euro werde es innerhalb von fünf Jahren nicht mehr geben. Wir gaben uns die Hand drauf und vereinbarten eine Flasche Champagner, die der Gewinner vom anderen nach fünf Jahren bekommen werde. Den Euro gibt es noch, den Champagner habe ich nie bekommen. Wahrscheinlich konnte er keine Flasche mit seinen alten DM-Scheinen erwerben.

Nun, den Euro gibt es noch, ich habe heute Morgen meine Brötchen damit bezahlt, so wie ich vergangene Woche in Belgien Brötchen mit dem Euro bezahlt und vorgestern in den Niederlanden eine Tankfüllung mit dem Euro bezahlt habe. Gestern kletterte die Gemeinschaftswährung über die Marke von 1,20 Dollar für einen Euro und damit auf den höchsten Wert seit Januar 2015.

Nun warte ich auf die nächsten Prognosen. Zwei Leser schrieben mir schon, im September werde die letzte halbwegs freie Wahl in Deutschland stattfinden. Sie wüssten das ganz sicher…




Konservative in der CDU: Es ist noch nicht vorbei

Die CDU ist keine konservative Partei. Viele, die heute in der linksgewendeten CDU aktiv sind, behaupten sogar, die CDU war nie eine konservative Partei. Und wenn ich dann entgegne, dass man die Adenauer-CDU durchaus als konservative Episode bezeichnen kann, dann verweisen sie auf den 3. Februar 1947 als die CDU das berühmte Ahlener Programm mit dem schönen Titel „CDU überwindet Kapitalismus und Marxismus“ beschloss. Das war – zugegeben – definitiv NICHT konservativ.

Sei’s drum, wenden wir uns von der politischen Gesäßgeografie zur real existrierenden Volkspartei der Mitte. Bekannte konservative CDUler scheiden aus dem Deutschen Bundestag aus. Solche wie Erika Steinbach, verdiente Vertriebenenpolitikerin, die kurz vor Abschluss einer langen Karriere und nach langem Hadern mit dem Kurs ihrer Partei das Handtuch warf. Wie dann von führenden Repräsentanten der CDU zum Schluss noch nachgetreten wurde, war stillos und zeigt deutlich, wie wenig souverän da manche Herrschaften in Berlin sind. Wolfgang Bosbach, vielleicht der beliebteste Abgeordnete Deutschlands, scheidet ebenfalls aus dem Hohen Haus aus. Seit Jahren lebt der konservative Innenpolitiker mit einer schweren Erkrankung. In einem Interview verriet er vergangene Woche, dass er nur noch von Woche zu Woche denke. Thomas Dörflinger, CDU-Abgeordneter aus dem Schwarzwald, hört ebenfalls auf, obwohl erst wenig über 50 Jahre jung. Der unbedingte Schutz des menschlichen Lebens vom natürlichen Anfang bis zum natürlichen Ende war immer sein großes Thema. Nun hört er auf mit der Politik, sucht neue berufliche Herausforderungen, weil er – wie er selbst sagt – jetzt noch jung genug dafür ist. Im persönlichen Gespräch wirkt er sehr müde vom Berliner Politikeralltag.

Ist das alles nun der große Aderlass, der auch die letzten konservativen Köpfe aus der Merkel-CDU spült? Mein Eindruck ist ein anderer. Die Konservativen in der CDU formieren sich neu, entwickeln inhaltlich endlich wieder neue Ansätze, stellen Gewissheiten der Spin- Doktoren aus dem Adenauer-Haus auf den Prüfstand, wie etwa die Frage der Wiedereinsetzung der Wehrpflicht in Deutschland. Das alles ist erst ein zartes Pfänzchen. Mutige Politikerinnen wie Sylvia Pantel aus Düsseldorf müssen kämpfen, um wieder in den Bundestag zu kommen, weil es in der NRW-CDU keine sicheren Listenplätze für starke Konservative gibt. Neue konservative CDU-Köpfe werden mit großer Wahrscheinlichkeit in den Bundestag einziehen aus Hessen, aus Brandenburg und von anderswo.

Ja, jetzt ist Ruhe im Club, denn am 24. September wird gewählt, und es geht um Mandate und um Macht. Aber eins ist sicher: Am Wahlabend ab 18.01 Uhr werden auch in der Union die Weichen für eine neue Zeit gestellt.




Nach der Demo gegen Freihandel gehen sie dann zu McDonalds

Angela Merkel hat recht wenn sie sagt: „Globalisierung ist eine Tatsache – ob wir das wollen oder nicht.“ Und sie hat recht, dass freier internationaler Handel allen Beteiligten zugute kommt. Insofern ist ihr aktueller Vorstoß für eine Wiederbelebung der TTIP-Verhandlungen zwischen EU und den Vereinigten Staaten folgerichtig.

Erst Anfang der Woche wurde ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Japan vereinbart – keine Demonstrationen auf unseren Straßen. Warum auch? Wenn man ehrlich ist, muss man einräumen, dass es bei den TTIP-Protesten nicht um Chlorhühner und Schiedsgerichte geht – letztere sind durchaus umstritten -, sondern im Kern um puren Antiamerikanismus. Das bunte Bündnis, das wir da auf Berlins Straßen erlebt haben, reichte von SED-Nachfolgern und antifa bis zu NPD-Aktivisten, alle eben, denen die amerikanische Kultur, der Kapitalismus an sich, die militärische Überlegenheit und das demokratische Grundprinzip zuwider sind.

Und nach der Demo gehen sie dann zu McDonalds, eine Coke ziehen….




Koalition kaputt: Frau Merkel, schmeißen Sie die SPD-Minister raus!

In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird heute Vormittag mit Hochdruck gearbeitet. Kalt erwischt fühlt man sich vom Koalitionspartner SPD. Offenbar aus rein wahltaktischen Überlegungen will man am Freitag die sogenannte Homo-„Ehe“ durchs Hohe Haus peitschen – zusammen mit den Stimmen von Grünen und SED-Nachfolgepartei „Die Linke“ und gegen den eigenen Koalitionspartner CDU/CSU. Das ist ein Vertrauensbruch, der Konsequenzen haben sollte, zumal es bis zur Bundestagswahl nur noch wenige Wochen sind.

Wenn die Bundeskanzlerin demonstrieren wolle, dass sie die Lage unter Kontrolle hat, sollte sie umgehend die sozialdemokratischen Minister in der Bundesregierung entlassen. Deutschland würde deshalb bis September nicht untergehen. Vielleicht würde es sogar besser laufen….




Für wen und was lohnt es sich angesichts dieser Prinzipienlosigkeit noch zu kämpfen“

Eigentlich wäre es an der Zeit, längst schlafen zu gehen, doch in meinem Postfach gehen auch jetzt mitten in der Nacht immer noch zahlreiche postings und Mails ein. Sie stammen von CDU-Mitgliedern, CSU-Mitgliedern, sogar einige Abgeordnete sind dabei. Und manche finden kaum noch zivilisierte Worte für das, was die Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern angekündigt hat, nämlich die Abkehr ihrer Partei vom klaren Nein zur Homo-„Ehe“. Zweimal stand das Thema auf der Tagesordnung von Bundesparteitagen. Zweimal lehnten die Delegierten den Vorstoß mit deutlichen Mehrheiten ab. Die Christlich Demokratische Union, die Partei, die überhaupt auf einem christlichen Menschenbild gegründet wurde, sie stand immer klar und eindeutig zur Ehe aus Mann und Frau und zur Familie aus Mann, Frau und Kindern. Das Lebensmodell, das auch heute noch die überwältigende Mehrheit der Menschen in Deutschland lebt. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa hat Merkel nun die Linie mit CSU-Chef Horst Seehofer abgesprochen, dass es bei dem Thema keinen Fraktionszwang mehr geben soll. Sie wünsche sich eine Diskussion, die „eher in Richtung einer Gewissenentscheidung geht“, verkündete die Kanzlerin und macht damit Machtpolitik, denn nun sind SPD, FDP und Grüne ab September wieder uneingeschränkt koalitionsfähig. Höchst wahrscheinlich, dass dieses gemeinsame Vorgehen der etablierten Parteien, dieser Allparteien-Koalition wie wir sie von Atomausstieg, Flüchtlingschaos und anderen Themen kennen.

Es ist nach Doppelpass und Homo-„Ehe“ eindeutig, dass Frau Merkel sich keinen Deut darum schert, was Ihre Partei denkt. Und noch viel weniger, was ihre Wähler wünschen. „Diese Frau zerstört eine funktionierende Gesellschaft und die sie tragenden Familien“, darf ich ohne Namensnennung aus einer der Zuschriften dieser Nacht zitieren. Und wieder stellt sich die Frage: Wer ist diese Frau? Wie konnte diese Frau an die Spitze der großen Volkspartei der Mitte gelangen?

Nein, ich wähle nicht AfD, um vorab allen zu antworten, die mir das heute in Mails und postings empfehlen werden. Ich habe oft begründet, warum ist das nicht tue. Aber ich verspüre wie so viele meiner Freunde und Leser hier in dieser Stunde eine ehrliche Verzweiflung darüber, was gerade passiert. Und ganz ehrlich: Für wen und was kämpfen Leute wie ich in diesem Land noch, wo doch jetzt alles so bunt geworden ist…




EVANGELISCHER KIRCHENTAG: Wo man Pragmatismus predigt, der bei uns längst versagt

In Berlin ist gerade eine Art frommes Woodstock. Freie Liebe vor dem Brandenburger Tor wurde zwar noch nicht bekannt, was aber nur eine Frage der Zeit sein wird, im bunten Deutschland, wo wir uns alle über die vielfältigen Veränderungen freuen dürfen. Aber ein Gutmenschen-Treffen Hunderttausender, bei dem es um Terrorismus und Klima, sexuelle Vielfalt und AfD geht – das erlebt man auch hierzulande nicht oft. Ralf Schuler hat das heute in der BILD gut zusammengefasst: „Was glauben wir überhaupt noch und wozu? Ist der Vorsitzende Gott abwählbar und Pfingsten nur ein freier Tag?“

Die evangelische Amtskirche EKD hat ein Problem mit Gott. Nein, kein Problem, sie braucht Gott nicht mehr, sie hat Götzen und Propheten wie Obama und Käßmann, die selbst für banalste Aussagen frenetisch bejubelt werden. Es erfüllt sich, was der frühere Bundesverteidigungsminister Hans Apel von der SPD in seinem Buch „Volkskirche ohne Volk“ über den Niedergang des deutschen Protestantismus aufschrieb, von Pastoren, die nicht an Gott glauben, von Geistlichen, die Kirchen mit Anti-Nato-Gottesdiensten und schrägen Klampfenklängen entweihten. Apel hatte das Buch geschrieben, nachdem er kurz zuvor mit seiner Frau aus der evangelischen Amtskirche ausgetreten war und sich einer Freikirche angeschlossen hatte, weil da regelmäßig über Gott gesprochen wurde. Damit ich nicht falsch verstanden werde: Der Zustand der katholischen Kirche in Deutschland ist keinen Deut besser, angepasste Bischöfe ohne jeden Mut, dem Zeitgeist entgegenzutreten, ein Kardinal, der mit eine Sprühdose übers Kölner Straßenpflaster kriecht, um dem Wort „Gutmensch“ einen besseren Klang zu verschaffen. Man kann sich diesen Irrsinn gar nicht ausdenken. Den Zustand der deutschen katholischen Amtskirche habe ich in meinem aktuellen Buch überschrieben mit „Stinkreich und ohne das Feuer des Glaubens“. Unter dem Titel wenigstens würde die Ökumene in Deutschland leicht funktionieren.

Im hessischen Reichelsheim habe ich gestern den Himmelfahrtstag verbracht, viele sagen ja „Vatertag“. Das verdiente Hefeweizen für den Vater Kelle gab es erst zum Abendessen. Davor Gottesdienst, Vorträge, Workshops, Singen, Beten, sympathische Menschen kennenlernen. Eingeladen hatte eine evangelische Kommunität namens Offensive junger Christen (OJC), Freikirchler, würde man sagen.

„Die Bibel als Grundlage der Identität Europas“ war ein Vortrag überschrieben, zu dem es mich allein schon wegen des Titels direkt zog. Gastredner war Vishal Mangalwadi, Philosoph, Buchautor („Das Buch der Mitte„) und Theologieprofessor. Eine US-Zeitschrift bezeichnete ihn als „führenden christlichen Intellektuellen Indiens“. Das wollte ich sehen. Der Mann aus dem fernen Indien enttäuschte meine Erwartungen nicht. Wenn sich Europa nicht auf seine christlich-abendländischen Wurzeln und Werte besinnt, wird es sich selbst zerstören. Es sei „eine Torheit“ westlicher Intelektueller, anzunehmen, dass persönliche Freiheit, Wahlen und „Regime-Change“ in anderen Teilen der Welt, die Lösung für die Zukunft sei. Oder noch klarer: „Ihr wollte anderen den Rationalismus bringen, der bei Euch selbst versagt.“ Und mit solchem Klartext ging es weiter: „Wir brauchen eine neue Reformation, die die Finsternis bekämpft, die den Westen zu verschlingen droht.“ Wow! Wäre so ein Satz auf einem deutschen Kirchentag vorstellbar? Evangelisch oder katholisch? Völlig egal. Die Bibel sei das Buch, dass die Toleranz nach Europa gebracht hat.

Als der Vortrag schon lange vorüber war und sich die Halle geleert hatte, saß ich immer noch auf meinem Platz in der dritten Reihe. Die Bibel hat die Toleranz nach Europa gebracht…