Und dann fangen wir noch einmal ganz neu an….

Sie können mir glauben, dass ich unter dem jahrlangen Siechtum und dem sich immer schneller drehenden Austrittskarussell bei der Katholischen Kirche leide. Denn ich glaube wirklich an eine höhere Macht, an einen Sinn unserer Existenz, an Gott, oder meinetwegen einen Schöpfer.

Ich habe mir das selbst in langen Jahren erarbeitet, bin nie katholisch sozialisiert worden. Nicht katholisch getauft als Baby, nicht zum Kommunionsunterricht, kein Messdiener. Ich stamme aus eine evangelischen Familie im protestantischen Lippe. Kirche und Glauben spielte bei uns zu Hause keine Rolle. Manchmal Heiligabend in den Gottesdienst in einer nicht einmal an diesem Tag gefüllten Kirche.

Am Tag der Konfirmation war das Thema für mich durch. Umschläge mit Geld eingesammelt, was interessiert mich Gott?

Ich lebte dann etwa 15 Jahre als Atheist. Mädchen fand ich schon damals immer gut. Bei Streitgesprächen mit christlich gesinnten Freunden in der Kneipe teilte ich mächtig aus. Wer glaubt denn solche Märchen? Erfundene Geschichten für leichtgläubige Menschen, die sonst nicht mit ihrem Leben klar kommen…

Ich habe mich geirrt. Irgendwann Anfang der 90er beschäftigte mich das Thema plötzlich wieder. Ich habe mehrfach darüber geschrieben. Glauben ist ein Weg, der niemals endet. Und wenn Sie denken, sie hätten alles gelesen und alles verstanden – vergessen Sie es!

Für mich ist der Glaube wichtig in meinem Leben. Und dafür muss ich nicht von Weihrauch umweht werden oder frömmelnd zehn Zentimeter über dem Boden schweben. Man muss, das ist meine ganz persönliche Erfahrung, nur irgendwann die Tür für sich selbst öffnen, Man muss den Gedanken zulassen, dass das alles auch wahr sein könnte, was da in der Bibel geschrieben steht. Dann geht es ganz leicht mit dem Glauben, und alles fügt sich völlig natürlich und logisch zusammen.

Aber ich will Sie nicht missionieren

Die Katholische Kirche in Deutrschland hat im vergangenen Jahr in Deutschland 522.821 Mitglieder verloren. Nicht durch Tod, sondern durch bewussten und gewollten Austritt. Eine halbe Million. Wegen der Unglaubwürdigkeit des Bätzing-Klerus, wegen der Anpassung an den woken Zeitgeist, wegen des Genderns, wegen der vielen Fälle des sexuellen Missbrauchs und der jahrzehntelangen Vertuschungspraxis. Manche nehmen das dann auch als Vorwand, die Kirchensteuer zu sparen.

Es ruft tiefen Schmerz bei mir und bei sicher zwei, drei Millionen Gläubigen meiner Kirche hervor. Und es ist noch nicht vorbei. es wird noch schlimmer. In Deutschland, in Österreich, da, wo immer die gleichen Fehler gemacht werden. Das Schlimmste ist die Anpassung an den Zeitgeist. Die Kirche Jesu existiert seit 2000 Jahren, weil sie weitgehend der Fels in der Brandung geblieben ist. In Deutschland hat man sich angepasst und zahlt jetzt den Preis für die Beliebigkeit.

Vielleicht birgt der Niedergang auch eine Chance für einen Neuanfang. Wo wieder Jesus Christus im Mittelpunkt steht und nicht Gendern und Klima-Religiosität. Ich zweifele nicht, ich bleibe in meiner Kirche. Und – wie der unvergessene Erzbischof Joahnes Dyba aus Fulda mal sagte – irgendwann werden wir nur noch eine kleine Schar von Menschen sein, die glauben. Und dann fangen wir noch einmal ganz neu an… Amen!

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GASTSPIEL: Felix Honekamp über eine Kirche auf dem Weg in die Beliebigkeit

Über Jesus regt sich doch schon lange keiner mehr auf! Wie anders war da die Situation vor rund 2000 Jahren, als religiöses Establishment und staatliche Macht in der Botschaft von Glauben, Hoffnung und Liebe noch umstürzlerische Tendenzen vermutete? Jesus hat seinen Aposteln den Auftrag gegeben, die Kirche aufzubauen, mit ihm selbst als Fundament. Und nicht wenige meinen, eine Kirche wie die, die wir heute sehen – als katholische –, hätte er vermutlich nicht gemeint.

Dabei fehlt es nicht an guten Ratschlägen: Offener müsse die Kirche sein, mehr Liebe müsse sein, vor allem gegenüber den Sündern. Überhaupt: Sündenzentrierung ist ein immerwährender Vorwurf. Und wenn wir schon mal dabei sind: Sexualität – wenn es mal etwas gibt, an dem die Zeit vorbeigegangen ist, dann die Moralvorstellungen der Kirche in diesem Thema. Weitere Reizthemen gefällig? Ablehnung von Frauen als Priestern, Zölibat, Eheverständnis, Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Würde man nur endlich all das umsetzen, was Reformer vor Augen haben, dann hätte man die von Jesus gewünschte Kirche, dann wäre sie wahrhaft revolutionär.

Dabei müht man sich innerkirchlich gewaltig, gerade in Deutschland: Man sei hier ja schon viel weiter, müsse aber – leider, leider – den Rest der Weltkirche auch „mitnehmen“. In der Pastoral will man andere Wege gehen, unabhängig von Rom werden, mehr auf den Sünder zugehen, die Menschen dort abholen wo sie stehen, sie nicht überfordern. Und mit einem Auge schielt man dabei auf die evangelischen Landeskirchen, die viel von dem geforderten bereits umgesetzt haben. Immerhin haben sie es damit – trotz Mitgliederimplosion – erreicht, dass evangelische Bischöfe in Talkshows auch bei privaten Eskapaden als gesellschaftliches Gewissen fungieren dürfen – ihre Fehler machen sie ja gerade menschlich.

Die katholische Kirche müsse wieder Gehör finden, und darum müsse man die Sprache der Menschen sprechen, sich an ihrer „Lebenswirklichkeit“ orientieren. Daran, dass jede zweite oder dritte Ehe – je nach Statistik – geschieden wird? Daran, dass niemand mehr etwas anstößiges daran findet, die eigene Sexualität zum Politikum zu stilisieren? Und wenn jemand etwas nicht mehr als Sünde zu erkennen in der Lage ist – na, dann ist er doch unmöglich schuldig geworden. Der Geist der Zeit – so heißt es sogar von Bischöfen – müsse zur Quelle des Glaubens werden. Was nichts anderes heißt als: Die Kirche muss auf die Welt zugehen. Eine andere, nicht so gern verwendete Formulierung: Sie muss sich an die Welt anpassen.
Auf diesen Weg wird die Kirche gedrängt – sie lässt sich aber in weiten Teilen auch nicht lange bitten. In der verzweifelten Suche nach Relevanz werden strittige Themen und Widersprüche zum Zeitgeist geschleift und relativiert. Niemanden zurückzulassen bedeutet plötzlich, den Anspruch an die Menschen zu senken, statt ihnen zu zeigen, wie sie über sich hinaus wachsen können.

Und dann, was steht am Ende dieses Weges? Eine von der Welt geliebte Kirche. Wie wunderbar! Aber auch eine Kirche, die keine Widerworte gibt, keine Gegenwehr leistet, eine Kirche, deren Botschaften man so auch im Spiegel und der BILD lesen oder in Tagesthemen oder den RTL-II-News hören könnte. Eine Kirche, die kein Stein des Anstoßes mehr ist, an der sich niemand mehr reiben muss – so wie Jesus sich seine Kirche gewünscht hätte. Wirklich? Eine solche Kirche wird in Wahrheit nicht geliebt: Sie ist höchstens nützlich, wahrscheinlicher aber einfach unnötig. Eine Kirche, die kein Aufsehen erregt – wer braucht so eine Kirche noch? Wenn heute manche meinen, Jesus rege niemanden mehr auf, dann ist es wohl lediglich das Bild der Kirche, das die Menschen von Tag zu Tag, bis auf ein paar Details, mehr kalt lässt. Und sie arbeitet hart daran, dass das so bleibt. So eine Kirche soll Jesus vor Augen gehabt haben? Wenn die Kirche überall geliebt wird oder der Mehrheit egal ist, dann können wir sie zusperren. So lange katholische Positionen noch einen Aufschrei verursachen ist sicher: Diese Kirche wird noch gebraucht!

Felix Honekamp, Jahrgang 1970, ist ausgebildeter Diplombetriebswirt. Er bezeichnet sich selbst als konservativ, papsttreu und „strunzkatholisch“. Seit 2011 betreibt er seinen „Papsttreuen Blog“, in dem er sich intensiv mit theologischen Fragen und Kirche beschäftigt. Mehr unter: http://papsttreuerblog.de