Wann hat unser Land die Regeln der Höflichkeit verloren?

Bei meiner allfrühmorgendlichen Runde mit dem Hund in der Nachbarschaft vorhin kam mir auf der anderen Straßenseite eine junge Frau, vielleicht 20, entgegen und rief freundlich herüber: „Guten Morgen!“ Ich antwortete entsprechend und lächelte, denn gutes Benehmen und Höflichkeit sind in Deutschland selten geworden.

In meiner früheren rheinischen Heimat grüßte auf der Straße niemand, außer in unserer direkten Nachbarschaft, unser Nachbar Gunnar, wenn er frühmorgens zeitgleich mit mir aus dem Haus kam. Klar, dann grüßten wir uns und quatschten auch ein paar Sätze.

Aber in Berlin oder Köln? Da würden Frauen die Genderbeauftragte alarmieren, wenn ein fremder Mann im Vorbeigehen „Guten Morgen!“ wünschen würde. Das wäre schwerste sexuelle  Übergriffigkeit. Außer wenn der freundliche Mann vielleicht Ahmed hieße, und vor dem „Guten Morgen!“ noch „Ey, Alter“ sagen würde. Dann wäre das kulturelle Bereicherung.

Ach, es ist alles so kompliziert geworden in Deutschland, oder?

Aber diese Höflichkeit, die früher allerorts ganz selbstverständlich war – wo ist die hin? Und warum?

Ich meine, Guten Morgen und Guten Abend, Danke und Bitte – das kann doch nicht so schwer sein, oder?

Und es gibt allen Beteiligten ein gutes Gefühl, wenn man nicht nur mit Respekt behandelt wird, sondern auch mit Freundlichkeit. Oder dass man Damen in den Mantel hilft oder ihnen die Tür aufhält, das gilt heute bei grün-woken Dummköpfen als sexuelle Übergriffigkeit. Ich muss aus eigenen jahrzehntelangen Erfahrungen sagen: Die allermeisten Frauen stehen auch heute noch in Deutschland auf anständige Umgangsformen.

Und für Fortgeschrittene

Wenn man im Restaurant in einer größeren Runde beisammensitzt, vielleicht beim Dinner, und eine Frau steht auf, um den Tisch zu verlassen und auf die Toilette zu verschwinden, dann stehen Gentleman natürlich ebenfalls auf, bis die Dame zurückkehrt und das ganze Ritual wiederholt wird.

Wie so vieles andere hat dieses Land so viel verloren, was es wert wäre, bewahrt zu werden.

Ich verstehe diese Kulturlosigkeit nicht und finde sie  furchtbar.




Auswüchse einer satten Wohlstandsgesellschaft

Viele Bekannte von mir gehen schon seit Jahren an Silvester nicht mehr auf die Straße. Man trifft sich mit Freunden in den eigenen vier Wänden oder in Restaurants und Clubs, wo man sich vorher anmeldet oder der Zugang limitiert ist. Und das aus gutem Grund. Es sind nicht nur die Alkoholexzesse, die ja kein neues Phänoen sind, sondern zunehmend auch eine enthemmte Gewaltbereitschaft von vornehmlich alkoholisierten jungen Männern, bei denen Migranten keineswegs in der Überzahl sind, wie es in der Kölner Silvesternacht 2015 war.

Es sind die Auswüchse einer satten Wohlstandsgesellschaft, die wir bei solchen Anlässen wie Silvester, aber keineswegs nur da, erleben müssen. Eine Gesellschaft, in der Begriffe wie Anstand oder Respekt politisch bewusst diskreditiert werden. Wo der Ehrliche als der Dumme angesehen wird. Wo der Staat, unser Staat, von einer zunehmenden Zahl seiner Bürger als Gegner wahrgenommen wird – und das manchmal leider sogar nachvollziehbar. Dieses Land muss seinen Kurs deutlich ändern und das nicht nur bei der Flüchtlingspolitik.

Bildung darf nicht nur Wissensermittlung sein, Universitäten müssen wieder Orte des freien Denkens sein. Und vor allem muss der Rechtsstaat seine Regeln, unsere Regeln, konsequent durchsetzen. Wer jemanden körperlich im Suff oder aus niederen Motiven angreift, gehört in den Knast. Auch eine bunte, tolerante Gesellschaft muss begreifen und einig sein, dass es ohne Grundregeln, die für alle gelten, nicht geht. Sonst ist es nämlich irgendwann vorbei mit der bunten Gesellschaft. Wir sind auf dem Weg dahin….