Vom letzten Tabu: Bunte Vielfalt gilt auch für katholische Priester

Am Fronleichnam war richtig was los auf meinem Facebook-Profil. Glauben Sie es oder nicht: es ging mal wieder heftig um den Zölibat. Lassen wir heute mal außen vor, ob das eine sinnvolle Sache für katholische Priester oder buddhistische Mönche ist (wie ich finde) oder ganz böse leibfeindlich. Dazu sind alle Argumente ausgetauscht.

Mein Thema heute ist: Warum fühlen sich so viele Menschen berufen, anderen vorschreiben zu wollen, wie sie zu leben haben sollten müssen… Ich meine, ich würde niemals auf die Idee kommen, einem evangelischen oder auch atheistischen Bekannten vorschreiben zu wollen, dass er oder sie zukünftig enthaltsam leben müssen. Was treibt diese Leute an? Was geht es sie an? Ich meine, Ehen und Partnerschaften gehen auch schief. Da gibt es viel Leid, Schmerz und Tränen. Wollen wir das den nicht zölibatär Lebenden nicht lieber ersparen?

Nehmen wir zum Beispiel mals einen sogenannten „Aussteiger“, also einen, der sich von der Zivilisation bewusst und freiwillig verabschiedet. Und das auf Dauer. Der irgendwo in die Dritte Welt zieht, mit den Menschen dort lebt ohne Klimaanlage, fließendes Wasser und Netflix. Wollen wir den auch zwangsbeglücken? Ich glaube, niemand würde das tun. Warum auch?

Oder nehmen wir das „Swinger-Pärchen“, wie das heute heißt. Sie entscheiden sich freiwillig dafür, sich regelmäßig oder unregelmäßig mit anderen, auch fremden, Leuten zu treffen, um zusammen Sex zu haben. Nicht mein Ding, aber würden Sie Bekannte ansprechen, die das tun, und ihnen sagen: Hey, lasst das doch mal schön sein, das gehört sich nicht! Aber wenn Sie das sagen würden, wären ihre Gesprächspartner empört: „Tickst Du noch richtig? Das ist MEIN Leben, ich mache damit, was ICH will!

Und damit kommen wir zum letzten Tabu in unserer ach so bunten und vielfältigen Gesellschaft. Warum können wir nicht akzeptieren, dass sich Männer (und in Orden auch Frauen) frei dafür entscheiden, ein zölibatäres Leben anzustreben, also auf Partner, Familienglück und Sex zu verzichten, um – nach ihrer Überzeugung – einem höheren Zweck zu diesen? In diesem Fall sieben Tage die Woche 24 Stunden für andere Menschen, ihre Sorgen und Probleme, da zu sein. Was ist daran verwerflich? Was geht es die Leute an, die nicht so leben wollen?

Nur noch mal zur Erinnerung: Man MUSS gar nicht katholischer Priester werden. Und wenn man Pfarrer werden will, dann kann man das auch in der evangelischen Kirche. Warum fühlen sich so Viele berufen, katholische Priester zu ihrem vermeintlichen Glück zu drängen? Bei einer Diskussion vor einigen Jahren in der Kölner Universität sagte mal ein Priester, der dem katholisch-konservativen Opus Dei angehört: „Bald will keiner in unserer Gesellschaft mehr heiraten. Aber katholische Priester, die sollen jetzt müssen….“