Ein Land bleibt unter seinen Möglichkeiten

Aktuelle Nachrichten sichten am frühen Morgen und gleich die Meldung, dass der globale E-Auto-Marktführer in Brandenburg keine Fachkräfte findet, oder sagen wir, zu wenige Fachkräfte.

Und man fragt sich unwillkürlich: Wie ist das möglich? Das Tesla-Werk im brandenburgischen Grünheide bei Berlin ist ein Glücksfall für das Bundesland, das – sagen wir – nicht unbedingt der Traum der kreativen Hipster aus aller Welt ist und auch gar nicht sein will.

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Wenn ich morgens In Potsdam zum Bäcker gehe und ein paar belegte Brötchen für die Frühschicht besorge, dann weht mir der Geist der ehemaligen DDR entgegen. Es ist alles modern eingerichtet und hell, aber unfassbar mürrische Verkäuferinnen, bei denen man sich quasi entschuldigen muss, dass man ihnen Geld bringen will. Und wo, um alles in der Welt, verkauft man Brötchen mit einem Salatblatt, zwei Salamischeiben, einem Kringel Ananas aus der Dose und über allem viel zu viel Mayonnaise? Für 2,85 Euro. Ach klar, in Brandenburg. Und doofe Wessis wie ich kaufen das dann, gehen anschließend zum Arzt und holen sich Cholesterinsenker.

Ich will nicht unken, und ich habe gute Freunde hier

Aber Brandenburg ist ein Bundesland, das nicht nur im Vergleich zu Sachsen und dem früheren Vor-Ramelow-Thüringen weit unter seinen Möglichkeiten bleibt. Warum ist das so?

Bitte, Ausnahmen gibt es immer, und Potsdam ist eine tolle Stadt. Alles liebevoll restauriert, kleine Restaurants und Cafés, und diese herrlichen Seen, und der Mantel der Ge’chichte weht. Klar, dass Wolfgang Joop, Günther Jauch, Friede Springer und Matthias Döpfner hier gut und gerne leben. Und auch persönlich viel für die Stadt tun, in der dann aber immer noch 20 Prozent die ätzende und als Die Linke aufgehübschte SED wählen. Erinnern die sich nicht mehr, wie das hier früher aussah? Ich werde das nie verstehen, wieso Honis Traditionsregiment hier immer noch in freien und geheimen Wahlen von jedem Fünften gewählt wird, ja überhaupt noch existiert.

Tesla bietet gute Arbeitsstellen an, gute Gehälter, moderne Arbeitsplätze, Sozialleistungen – und wissen Sie was? Sie finden nicht genügend Facharbeiter, die diese Jobs haben wollen. In Brandenburg nicht, aber auch in Deutschland nicht. Sie werben ihre Facharbeiter in Polen.

Brandenburg hat 6,1 Prozent Arbeitslose, es gibt Altersarmut und steigende Kinderarmut. Und über allem – so wirkt es auf mich – eine freundliche Lethargie. Freundliche Leute, mit denen man abends in der Kneipe schnell ins Gespräch kommt, sicher die meisten auch anständige Leute. Aber warum gibt es hier keine Aufbruchsstimmung? Warum stehen die Leute nicht um Jobs an und krempeln die Ärmel hoch? Anpacken, Aufbruch, die Sachsen überholen?

Ich verstehe es nicht.




Kann ich bei Ihnen mit Karte zahlen?

Seit die eine von zwei Bäckereien bei uns im Dorf sonntags nicht mehr öffnet, ist DDR-Feeling. Natürlich nicht wirklich, aber die Leute stehen wirklich bis 70 Meter vor dem Laden an, um sich fürs Familienfrühstück mit frischen Backwaren einzudecken. Was mir eben wieder auffiel, ist, wie viele Leute selbst Kleinbeträge mit ec-Karte bezahlen. Vor mir ein junger Mann mit zwei Kindern, sieben Brötchen für 5,25 Euro – und er zahlt mit Karte!

So ähnlich habe ich das auch schon gemacht, da waren es im Rewe nur 2,60. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, vermutlich fürchten auch bei unseren Freunden hier im Blog viele, dass das Bargeld demnächst abgeschafft wird. Politisch gewollt, keine Schwarzgeld-Deals mehr.

Andererseits: Wenn wir nur noch mit ec-Karten oder Visa zahlen oder per Überweisung oder mit Zahlsystemen wie PayPal, dann ist es technisch möglich, jede unserer Transaktionen im Detail nachzuvollziehen. Jeder Einkauf, jede Reise, jeder Mitgliedsbeitrag bei wem auch immer. Wollen wir das? Ich nicht.

Spenden für unsere Arbeit sind per Überweisung möglich 🙁 PayPal @KelleKlaus oder DE18 1005 0000 6015 8528 18. Vielen Dank, schönen Sonntag!