Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat den nationalistischen sogenannten „Flügel“ der AfD als „rechtsextrem“ eingestuft. Das ist wenig überraschend, denn das ist er ja auch. Thomas Haldenwang, Leiter der Behörde sagte vor Journalisten, der „Flügel“ sei eine „erwiesen extremistische Bestrebung“,deren Frontleute Björn Höcke (Thüringen) und Andreas Kalbitz (Brandenburg) seien „Rechtsextremisten“.
Was kann man über den „Flügel“ sagen, außer dass sich dort Menschen treffen, die „Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt“ singen? Nicht meins dieses Milieu, passt nicht mehr in die Zeit, aber das darf man in einer freien Gesellschaft denken. In einem 258 Seiten starken Bericht haben die Verfassungsschützer Informationen zusammengetragen, was beim „Flügel“ so gedacht, geschrieben und geredet wird. Und manches davon klingt eher nach NPD als nach AfD. Doch wenn der „Spiegel“ schreibt, Höcke sei bei seinem jüngsten Kyffhäusertreffen „triumphal in die Halle eingezogen“, man habe einen Werbefilm abgespielt, der ihn „als eine Art ‚Messias‘ darstelle, der das deutsche Volk retten solle“, dann wird es grotesk. Schauen Sie sich mal alte Wahlwerbespots von Helmut Kohl zu Zeiten der Wiedervereinigung an! Der masssige Anführer, umspielt von einem Meer aus schwarz-rot-goldenen Fahnen und „Deutschland, Deutschland“-Sprechchören – für den heutigen Verfassungsschutz wäre Kohl mit diesen Bildern zweifellos zum „Prüffall“ geworden.
Ich will das nicht verniedlichen, und dieses Thema ist auch zu ernst. In diesem Land haben erst in jüngster Zeit wieder widerwärtige rechtsmotivierte Terroranschläge mit vielen Toten stattgefunden, so wie ein gezielter Mord an einem CDU-Politiker. Es ist ekelhaft, was für fanatische Irre in diesem Land unterwegs sind, und jeder Bürger sollte aufstehen und Widerstand gegen Rassenhass und Antisemitismus leisten. Übrigens auch gegen den von linken Irren oder islamistischen. Gewalt wird nicht dadurch zu etwas Gutem, weil sie von der „richtigen Seite“ kommt. Politische Gewalt ist immer schlecht. Immer, immer, immer!
Was in den Köpfen der Leute vorgeht, ist deren Sache. Auch wenn es verschwurbelte Verschwörungstheorien sind. Und in einer freien Gesellschaft sollte jeder denken und reden können, was er oder sie will. Das schließt sich keineswegs damit aus, dass Holocaust-Leugnung zu recht unter Strafe steht, weil es besonders widerwärtig ist.
Sie wissen, dass ich nichts vom „Flügel“ halte, aber es ist nicht mein Problem, weil ich nicht in der AfD bin. Doch als Journalist bekomme ich viele Informationen über Flügelaktivitäten, über aggressives Vorgehen vom „Geflügel“ gegen gemäßigte AfDler, die fleißig sind, gute Patrioten, anständige Menschen, aber sich der Machtgier der Rechtsaußen oft nicht effektiv erwehren können. Schleswig-Holstein mit „der Doris“ ist so ein Beispiel, wo schon das Ausschlussverfahren gegen Frau Sayn-Wittgenstein lief, als sie dennoch wieder zur Landesvorsitzenden gewählt wurde, weil der Flügel straff organisiert ist und logistisch bestens aufgestellt, während die Gemäßigten morgen erstmal schauen, wie das Wetter wird. DSW ist inzwischen raus aus derr AfD, stellt gruselige Videos von sich ins Netz und umgibt sich bei ihren Auftritten mit Fans vom Flügel, die dort genau so enthusiastisch klatschen wie Delegierte beim CDU-Parteitag für Merkel.
Und ich bekomme Infos von üblen Treffen in abgelegenen Kneipen, wo „die alten Lieder“ gesungen werden beim Saufen, wo man Ausländerhass und Rassismus hinter verschlossenen Türen und runtergelassenen Fensterläden exzessiv auslebt in diesen Kreisen.
Ja natürlich muss der Verfassungsschutz den „Flügel“ in der AfD und seine Protagonisten beobachten, auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln. Wen denn sonst neben Reichsbürgern, antifa, „Linker Plattform“ und Salafisten-Moscheen? Und es ist traurig für die große Mehrheit der AfD-Politiker und Mitglieder, die einfach nur Patrioten sein und etwas für ihgr Land tun wollen, aber in Mithaftung für den „rechten Narrensaum“ ihrer Partei genommen werden. Die AfD kann auch heute noch scheitzern – aber nur an sich selbst. Und nur am Flügel. Denn das, was dort gelebt wird, will die überwältigende Mehrheit der Deutschen nicht.
Wenn es eine Lehre aus den Ereignissen dieser Tage gibt, dann dass wir Bürgerliche uns selbstvergewissern müssen, dass wir eine große Verantwortung für diese Gesellschaft haben. Dass wir nicht weiter nur träge herumsitzen und Facebook-Kommentare schreiben können, wenn wir etwas verändern wollen. Wir müssen kämpfen für diese Gesellschaft und dieses Land, jetzt mehr denn je. Und wir haben noch lange nicht verloren. Aber wir müssen auch klar für uns selbst definieren, wer wir sind, was wir wollen und vor allem wer unsere Freunde sind – und in diesem Fall, wer ganz sicher nicht unsere Freunde sind.