Vor Gericht gibt es keine einfach Lösungen: Lina E. und die kleine Ursula

Gestern waren wir, die meisten von Ihnen und ich im ersten Moment auch, empört, dass die linksradikale Schlägerin Lina E., eine 28-jährige Studentin, die mit mehreren Kumpanen ein Dutzend politisch rechtsstehende Menschen überfallen und brutal zusammengeschlagen haben, erst zu einer empfindlichen Gefängnisstrafe von über fünf Jahren verurteilt wurde, und der Richter die Verbrecherin dann bis zur Verhandlung ihres Einspruchs auf freien Fuß gesetzt hat.

Das durfte er, und berücksichtigt man, dass die Frau richtigerweise bereits zweieinhalb Jahre in U-Haft gesessen hat, dann kann man so urteilen. Wie jeder Bürger darf sie verlangen, dass der Fall ein zweites Mal verhandelt wird.

Aber was ist das für eine Botschaft für alle, die da draußen Gewalt zur Durchsetzung politischer oder religiöser Motive planen? Ist Deutschland wirklich zu einer Pussy-Justiz geworden? Wo nicht Strafe und Sühne im Vordergrund stehen oder der Schutz all der anderen Menschen da draußen. Sondern, wo man Verständnis und Nachsicht übt bei Schlägern, Messerstechern und Mördern?

Seit 15 Jahren sitzt der wahrscheinliche Entführer der kleinen Ursula Herrmann im Gefängnis. Verurteilt wegen erpresserischen Menschenraubes mit Todesfolge. Der Täter hatte die damals Zehnjährige 1981 am Ammersee in Bayern entführt und in einer Kste vergraben. Das Kind erstickte darin.

Ich kann mich noch daran erinnern, dasss Eduard Zimmermann in seiner Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ mehrfach darüber berichtet hatte. Er bezeichnete den Fall des Mädchens als das schlimmste Verbrechen, mit dem er jemals befasst war. Das Bild des toten Kindes mit weit aufgerissenem Mund ist etwas, was niemand jemals vergisst, der es gesehen hat. Schrecklich, ein unvorstellbares Grauen.

Nun hat das Landgericht Lübeck mitgeteilt, es werde den Mann, der bis heute seine Unschuld beteuert, freilassen – auf Bewährung.

Auch hier steht – ich nehme Sie in Mithaftung – für uns zunächst die Empörung ganz vorn.

Aber so einfach ist es für Justitia eben nicht

Es dauerte 27 Jahre, bis der Mord aufgeklärt wurde. Der verurteilte Täter hat nie gestanden. Bis heute sagt er, er sei unschuldig. Die sogenannte „Spurensicherung“ am Tatort war eine einzige Katastrophe.

Der ermittelnde Oberstaatsanwalt sprach später von einem «Spurenvernichtungskommando».

Bis heute werden die Spuren in dem Fall immer wieder überprüft. Zuletzt war bei der Universität Zürich ein Gutachten zu dem Tonbandgerät, das beim Verurteilten sichergestellt wurde und für die Erpresseranrufe genutzt worden sein soll, erstellt worden. Der Expertise zufolge soll das Audiogerät eher nicht als Tatwerkzeug in Frage kommen.

Möchten Sie der Richter sein, der in einem solchen Fall entscheidet?




Justiz in der Schieflage

Während meiner Ausbildung zum Redakteur musste ich einmal zu einem Prozess in Gütersloh gehen, um anschließend darüber zu berichten. Ein Mann im mittleren Alter hatte mit dem Auto jemanden überfahren, der an den Folgen des Unfalls verstarb. Der Fahrer war ein Familienvater, hatte Frau und zwei kleine Kinder. Und er hatte Alkohol getrunken. Ich weiß die Details nicht mehr so genau, aber ich glaube, er kam von einer Firmenfeier. Er war zur Tatzeit nicht volltrunken, hatte drei, vier Bier getrunken. So weit, so schlecht. Ich erinnere mich noch gut an diesen Tag im Gericht, weil ich bis dahin nicht viele erwachsene Männer hatte weinen sehen. Vor der Urteilsverkündung flehte der Angeklagte den Richter geradezu an, tränenüberströmt, ihn nicht ins Gefängnis zu schicken. Das Urteil: Sieben Jahre Haft, ohne Bewährung.

Gestern gab es in Köln auch ein Urteil. Zwei Männer – beide 20 Jahre alt – hatten im März vergangenen Jahres in der Kölner Innenstadt ein „spontanes Wettrennen“ veranstaltet und waren mit über 100 km/h durch die City gerast. Sie überfuhren eine rote Ampel – nicht knapp, sondern das Rotlicht war bereits sieben Sekunden aktiviert – und einer krachte mit seinem Auto in ein Taxi. Der Fahrgast darin starb an schweren Kopfverletzungen, vier weitere Personen wurden verletzt. Nun der Prozess vor dem Kölner Amtsgericht. Die beiden Männer wurden wegen „einer absolut jugendtypischen Tat“, bei der sie spontan gehandelt hätten, zu 12 und 16 Monaten auf Bewährung verurteilt. Dann gingen sie nach Hause.

P.S. Die Täter werden wohl ihren Führerschein abgeben müssen. Für ein Jahr….