Danke Sergej Lawrow für die Unterstützung im Fall Six!

Die Umstände der Freilassung des Journalisten Billy Six haben gestern nach meiner Veröffentlichung hier im Blog hohe Wellen geschlagen. Eben habe ich über den ganzen Vorgang ausführlich mit dem AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Byston gesprochen. Danach hat es tatsächlich wohl entscheidende Unterstützung durch den russischen Außenminister Sergej Lawrow gegeben. Der war am vergangenen Donnerstag in Wien und hat sich dort mit dem venezuelanischen Außenminister getroffen und dabei über die Inhaftierung von Billy Six gesprochen. Drei Tage später war Kollege Six ein freier Mann.

Auch das Bundesaußenministerium sei in der Angelegenheit Six tätig geworden, aber auf dem untersten Niveau des Möglichen. Bystron bezeichnet mir gegenüber das Vorgehen unseres Außenministers als eine „Bankrotterklärung für Heiko Maas“. Fünf weitere Journalisten, die fast zeitgleich zu Six in Carracas inhaftiert wurden, waren nach Intervention ihrer Regierungen – darunter Frankreich und Italien – innerhalb von 48 Stunden wieder auf freiem Fuß. Der Deutsche saß viereinhalb Monate ein. Weil er ein „Rechter“ ist? Angeblich habe es eineinhalb Monate gedauert, bis Six in seiner Zelle erstmals einen deutschen Diplomaten zu sehen bekam.




Six ist frei, Lawrow schweigt und die AfD will es Maas so richtig gezeigt haben

In dem Augenblick, da ich diese Zeilen schreibe, sitzt Billy Six in einem Flugzeug nach Deutschland. Nach Hause. Der junge Reporter aus Berlin, einer von der Sorte, die auch dorthin gehen, wo es ungemütlich ist, hat seit November in einem venezuelanischen Gefängnis eingesessen. Six wird vorgeworfen, bei einer Rede des  Staatschefs Nicolás Maduro im vergangenen Jahr die Sicherheitsbegrenzung überschritten und spioniert zu haben. Darauf stehen in Venezuela bis zu 28 Jahre Gefängnis. Six war im berüchtigten Geheimdienstgefängnis El Helicoide in Caracas eingesperrt, er klagte über die Haftbedingungen und trat sogar in den Hungerstreik.

Nun ist er raus. Gestern hieß es seitens der Behörden noch, er sei nur unter Auflagen frei und müsse sich alle zwei Wochen bei der Polizei melden. Doch tatsächlich hatte ihm die Geheimpolizei bereits gestern in Aussicht gestellt, das Land verlassen zu können. Das lief dann nicht so reibungslos wie geplant, aber diese Geschichte sollen andere erzählen.

Morgen Nachmittag wird Six in Deutschland landen, doch im Internet und hinter AfD-Kulissen tobt schon jetzt der Streit um die Deutungshoheit. Von Anfang an ist die AfD groß in das Thema eingestiegen. Und das zu recht, denn als unvoreingeommener Betrachter hatte man nicht den Eindruck, dass das Außenministerium unter Führung von Heiko Maas (SPD) allzu viel Engagement aufbrachte, um den Reporter rauszuholen. Anders als beim „Welt“-Redakteur Deniz Yücel, der in einem von Erdogans Knästen fast ein langes Jahr einsaß.

So demonstrierten Familie und Freunde vor dem Ministerium, und die Geschichte lautet jetzt so: Heiko Maas doof, die AfD wieder mal nur toll. Wie man aus der AfD hört, ist das aber gar nicht sicher, denn erstens hat das Bundesaußenministerium eine ganze Menge unternommen, um Six freizubekommen – flankiert von vielen Persönlichkeiten aus der Politik, die Briefe an die venezuelanische und die russische Botschaft schickten. Darunter auch bekannte Namen, wie mir vorhin erzählt wurde, die ich aber leider hier nicht nennen darf.

Fakt ist: die AfD brüstet sich damit, über ihre exzellenten Kontakte zum Kreml, namentlich zu Lawrow, Six freibekommen zu haben. Nur: Es gibt nicht den geringsten Beleg dafür, dass die AfD über die Russland-Connection irgendwas bewegen konnte. Es wurde wohl auch ein Brief an eine russische Botschaft geschrieben. Ob es wirklich irgendeine Reaktion gab, ist bisher nicht belegt. Nur dass sich die AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron und Armin-Paul Hampel die Meriten anheften wollen, ist offensichtlich. Bereits gestern preschte Hampel auf Twitter vor und dankte auch Bystron für seine Bemühungen. In der AfD erzählt man sich, dass Bystron das aber gern selbst als erster verkündet hätte. Politik-Kindereien eben…

Und Hampel dankte auch dem russischen Außenminister Sergej Lawrow, der „all seinen Einfluss“ für Six eingesetzt habe.

Hat er das wirklich? Gerade die AfD erinnert uns ja immer daran, bloß nicht alles zu glauben, was im Internet so geschrieben steht. Jeder, der sich mit der russischen Außenpolitik auskennt, weiß, wie sehr man dort nach Anerkennung der Weltgemeinschaft hungert. Russland kämpft einen deutschen Journalisten aus einem Gefängnis in Südamerika frei und führt Deutschlands Regierung öffentlich ob ihrer Unfähigkeit vor. Hätte sich das der Kreml wirklich entgegen lassen? Bisher gibt es aus Moskau aber nicht die geringste Äußerung, ob man es auch nur versucht habe, im Fall Six zu vermitteln. Aber die AfD ist ganz, ganz sicher, dass es so gewesen sein muss. Vielleicht erleuchten uns die Herren Bystrom und Hampel morgen mit Details, wie sie das Ding mit Billy Six gedreht haben…

 

 

 

 




Unternehmt ihr wirklich alles, was Ihr könnt, für Billy Six?

In die beliebte Serie Perlen des Lokaljournalismus reihte sich gestern die Tageszeitung „Potsdamer Neueste Nachrichten“ ein. Sie schreibt:

„Die Brandenburger AfD-Fraktion setzt sich für den in Venezuela inhaftierten Journalisten Billy Six ein. Warum?“

Verehrte Frau Kollegin Marion Kaufmann, ich würde sagen: Weil er ein Journalist aus Deutschland ist, der in Venezuela inhaftiert wurde!

Liebe Leserinnen und Leser, Sie kennen Billy Six gar nicht? Das ist das Problem! Der junge Mann ist Reporter, einer der dorthin geht, wo die meisten anderen nicht hinwollen. Einer, der Kopf und Kragen riskiert, wenn er die Fährte für eine gute Geschichte aufgenommen hat. Ich habe ihn mal irgendwo getroffen, wahrscheinlich bei einem Empfang der konservativen Wochenzeitung Junge Freiheit auf der Frankfurter Buchmesse. Für die JF hat er viel berichtet über den Krieg in Syrien und über Putins Russland. Ich erinnere mich nicht an Details der Artikel, aber ich habe eine blasse Erinnerung, dass es mir meistens nicht gefiel, was er schrieb.

Aber darum geht es nicht. Es ist egal, ob mir gefällt, was einer schreibt. Oft regen andere Sichtweisen das eigene Denken an. Mir hat auch Vieles nicht gefallen, was der WELT-Kollege Deniz Yücel geschrieben hat. Erdogan gefiel es auch nicht, und so verbrachte Yücel ein ganzes Jahr in Untersuchungshaft in einem türkischen Knast, was vermutlich nicht vergnügungssteuerpflichtig ist. Ich habe mich damals wie viele andere Journalisten dafür ausgesprochen, dass unsere Regierung Yücel da rausholt. So wie unsere Regierung jetzt Billy Six rausholen muss, der seit dem 17. November vergangenen Jahres in einem Knast in Venezuela in Isloationshaft steckt wegen angeblicher „Spionage, Rebellion und Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung“. Was Six natürlich bestreitet, so wie die Bundesregierung bestreitet, nichts für den Mann zu tun, weil der für rechte Medien arbeitet.

„Geht es um Pressefreiheit oder PR in eigener Sache?“, so fragt die Potsdamer Kollegin Kaufmann in ihrem Artikel, und ich wünsche ihr ehrlich, dass sie niemals in eine Zelle in Venezuela oder einem anderen demokratischen Musterland dieser Art weggesperrt wird. Die größte Sorge der etablierten Parteien in Brandenburg ist übrigens jetzt, dass die AfD den „Fall Billy Six“ instrumentalisiere. So ähnlic wie bei den Gewaltverbrechen, die in unserem Land von Flüchlingen begangen werden, in der Regel nicht gefragt wird, warum wir es dulden, dass solche Leute hier sind. Oder warum wir sie nicht rausschmeißen. Sondern, ob es der AfD im Wahlkampf nutzt.

Es ist ein Schmierentheater, was zum wiederholten Mal aufgeführt wird. Und ob Six ein guter oder schlechter, ein rechter oder linker Journalist ist – scheißegal! Holt den Mann da raus!