Mein Abend im Revier

Gestern Abend fand in Bochum mein erster Bürgerlich-Konservativer Stammtisch statt, eine fulminante Runde. Die Teilnehmer – größtenteils JUler und Unterstützer des frisch gewählten Tilman Kuban an der Spitze der größten politischen Jugendorganisation in Deutschland – mussten nicht motiviert werden, sich zu Wort zu melden. Von der ersten Minute an wurde intensiv diskutiert. Gibt es die Chance auf einen Politikwechsel in Deutschand? Ist die CDU „zurückzuholen“? Wie wollen wir in der Zukunft leben, wer kann die Mieten noch bezahlen, warum hat die Union die traditionellen Familien aufgegeben? Es gab keine Pause.

Und bei Currywurst/Pommes (Kellnerin mürrisch: „Majo dazu?“) und Pilsken gab es auch viel zu lachen. Einer der Älteren erzählte von früheren Funktionärstreffen der JU, bei denen auch ein gewisser Sebastian Kurz aus Österreich dabei war. „Das war so ein langweiliger Ösi, mit dem keiner ein Bier trinken wollte“, erzählte einer unter schallendem Gelächter über den Mann, den wir bürgerlich Konservativen alle jetzt so bewundern, seit er die Alpenrepublik rockt.

Und dass mehrere Teilnehmer Fotos eines unfassbar schlecht angezogenen örtlichen Abgeordneten auf ihren Smartphones hatten, mit unpassender Krawatte, mit Flecken auf dem Hemd und alles bei öffentlichen Auftritten, das hatte ich so auch noch nicht erlebt.

So klasse junge Leute hier im Revier, wie in München, Nürnberg, Würzburg, Berlin, Wiesbaden, Ulm, Düsseldorf und weiteren Städten auch. Alle hochpolitisch, alle bereit, den Marsch durch die Institutionen anzutreten, und alle bürgerlich und konservativ. Mir ist nicht bange vor der Zukunft…




Nun seht ihr mal, wie es vor dem Ersticken im LKW so ist

Eine mehr als fragwürdige Aktion fand am Mittwoch in Bochum statt. Das Schauspielhaus und ein Speditionsunternehmer baten auf dem Hans-Schalla-Platz zu einem überaus grenzwertigen „Happening“. In eine LKW derselben Art, wie dem, in dem man jüngst in Österreich 71 tote Flüchtlinge entdeckte, stellten sich nun gestern 71 Menschen aus Bochum, um mal zu erleben, wie beengend es in so einem Transporter ist. Hunderte standen drumherum und schauten zu, Journalisten inklusive.

Er möchte „diesem Moment Raum geben“, sagte Chefdramaturg Olaf Kröck, und alle gruselten sich wie gewünscht, manche sollen geweint haben. es passiert viel in diesen Tagen, um Solidarität mit den Flüchtlingen zu zeigen, die es aus dem Nahen Osten bis nach Deutschland geschafft haben. Und uns alle verbindet wohl die Abscheu gegenüber den Schlepperbanden, die gewaltige Vermögen mit dem Leid anderer Menschen anhäufen, und denen Menschenleben vollkommen egal sind. Doch eine solche Aktion wie jetzt in Bochum ist in meinen Augen obszön und ekelhaft. Im Wohlstandsland Deutschland stellen sich Wohlstandsbürger in einen LKW – Tür auf – , um mal ein paar Augenblicke nachzuempfinden, wie das wohl sein muss, kurz bevor man elendig erstickt. Es ist einfach nur krank.