Die CDU stirbt quälend langsam, aber sie stirbt

Das Ergebnis der Bürgerschaftswahl gestern in Hamburg kann keinen regelmäßigen Zeitungsleser überraschen. Totalklatsche für die CDU, die nur noch bei elf Prozent landete, die FDP raus (mit minimaler Restchance) und die AfD haarscharf wieder drin. Die linken Parteien triumphieren, die SPD bleibt die Nummer 1 trotz schwerer Verluste, die Grünen verdoppeln sich und die Linke wird gar nicht gebraucht. Linke regieren und in der Opposition sitzen auch Linke, fast auf Augenhöhe mit der CDU. Kann man sich gar nicht ausdenken, passiert aber.

Der gestrige Wahlabend ist für die Partei Adenauers, Kohls und Merkels nicht einfach eine schwere Niederlage bei einer Wahl in einem kleinen Bundesland. Wir alle werden Zeuge des qualvollen Endes der großen Volkspartei der Mitte, die unser Land so viele Jahrzehnte bestens regiert hat. Es tut weh, zumal wenn man wie ich seit über 40 Jahren dazu gehört, den Absturz dieser traditionsreichen Formation aus katholischem Sozialgewissen, Konservativismus und Liberalität  beobachten muss, ohne wirklich etwas tun zu können. Die gute Nachricht für die Hinterbleibenden am Sterbebett: Es wird nicht mehr lange dauern.

Fast 20 Wahlen hintereinander Klatsche um Klatsche. Nur einer gelang es, auszubrechen und einen echten Wahlsieg mit Zuwachs zu erkämpfen, und das war ausgerechnet Annegret Kramp-Karrenbauer, die glücklose Kurzzeitvorsitzende, die gerade ihren Rücktritt angekündigt hat.

Die CDU wird sterben ebenso wie die SPD sterben wird. Farblose Parteien, die keine Antworten auf die großen Probleme dieser Zeit haben, die ein erschreckend farbloses Personalangebot vorweisen, die einfach irgendwann für immer einschlafen werden. Und es werden andere kommen, die ihren Platz einnehmen. Das müssen nicht einmal neue Parteien sein, das können auch die Grünen werden, die ebenso wie auf der rechten Seite die AfD die einzigen Kräfte im Parlament zu sein scheinen, die sich noch für Politik interessieren. Die anderen schreiben gegenseitig voneinander ab und sichern sich ihre Altersversorgung – Ausnahmen gibt es natürlich, auch richtig gute. Aber es werden immer weniger.

Gestern Morgen las ich auf SPIEGEL Online, dass Friedrich Merz in Thüringen Bodo Ramelow für nicht wählbar hält. Klasse, dachte ich, bis ich den Text öffnete. Die AfD ist an allem schuld, hieß es da sinngtemäß. Ist sie das wirklich, unser größtes Problem in Deutschland? Ich glaube nicht und die Tabuisierung von Themen und Argumenten, die dem linksgrünen Mainstream widersprechen, nervt nur noch. Wenn wir einfach so tun als wären die mit ihren sechs Millionen Wählern gar nicht da, dann wird sich das schon irgendwie erledigen, ist naiv.

Natürlich müssen unsere Sicherheitsbehörden genau hinschauen beim Geflügel – so wie bei den „Reichsbürgern“, bei der NSU, beim versuchten Anschlag auf die Synagoge in Halle. Genau hinschauen und konsequent eingreifen.  Oder auch mal  wieder bei der linksextremen sogenannten „antifa“ vorbeischauen, die das genau kopieren, was sie angeblich bekämpfen wollen. Die Gewalt gegen missliebige Politiker ausüben und gegen Polizeibeamte wie gerade wieder in der Rigaer Straße in Berlin. Die von linksradikalen Schwerkriminellen besetzte Häusezeile dort ist jeden Tag ein Beleg des Versagens nicht nur des Berliner Senats (RRG), sondern unseres Rechtsstaats insgesamt. Ich musste gerade meinen Führerschein abgeben, weil ich mehrfach  geblitzt wurde. Ich bekam eine Aufforderung und gab den Lappen ab, weil sonst Polizeibeamte bei mir vor der Tür stehen. Polizeibeamte vor der Tür stehen? In der Rigaer Straße oder im Görlitzer Park in Berlin, im Schanzenviertel in Hamburg?

Wahlniederlagen in einem Stadtstaat? Ein paar besetzte Häuser hier und da? Damit kommt ein freiheitlicher Rechtsstaat doch klar, sollte man meinen, der sonst doch so energisch wird, wenn es um den „rechten Narrensaum“ (laut Beatrix von Storch)  geht. Und der wird immer weiter ausgelegt, weil man die Bürgerlichen insgesamt und die Konservativen im Speziellen von der politischen Landkarte Deutschlands tilgen will. Unfassbar der Hass, mit denen CDU-Politiker gegen die brave Basisbewegung WerteUnion hetzen („Krebsgeschwür“), ein Kommentator-Darsteller in der ARD, der allen Ernstes meine geschätzten Kollegen Tichy und Broder für die Morde eines psychisch kranken Rassisten in Hanau mitverantwortlich macht und die WerteUnion (!) und die AfD sowieso, weil alles Nazi. Die Familie von Thomas Kemmerich (FDP) unter Polizeischutz, seine Frau angespuckt auf offener Straße. Das Haus der früheren CDU-Bundestagsabgeordneten Erika Steinbach nachts beschmiert, Flaschen gegen die Fensterscheiben geworfen. Hass und Gewalt überall – und eine satte Wohlstandsgesellschaft schaut einfach zu.

Alles Nazis, alles, so lautet das Drehbuch – politischer Kampf, passiert. Aber die Leute machen es in der Masse mit. Wie eine Schafherde, der man die Richtung vorgibt und dann trotten alle los. Wirklich gute langjährige Freunde von mir, die glauben das alles, was ihnen im Fernsehen vorgegeben wird. Wenn ein rechter, psychisch kranker Rassist mordet – dann sind AfD und WerteUnion schuld daran. Wenn ein islamistischer Fanatiker, der gar nicht hätte in Deutschland sein dürfen, mit einem LKW in einen Weihnachtsmarkt rast und tötet, dann  hat das nix mit nix zu tun. Einzeltäter, traumatisiert und fertig. Warum die Regierung Merkel Leute wie Anis Amri in unser Land gelassen hat, wer die Verantwortung für mehr als 200 Morde in Deutschland jedes Jahr, begangen von Flüchtlingen und Migranten an Deutschen, tragen muss – das fragen Sie bloß nicht. Sonst, zack! Nazi!

Dass es politische Kräfte gibt, die versuchen, uns Bürger hinters Licht zu führen – geschenkt. Desinformation gibt es seit es die Demokratie gibt. Und dass nicht alle Linken friedfertige Gutmenschen sind, wie auch nicht alle AfD-Mitglieder friedfertige Patrioten, das kann keiner bestreiten, der bei Verstand ist. Aber jeden, der Frau Merkels Politik der vergangenen Jahre kritisiert, zum Nazi umzuuwidmen – das geht definitiv zu weit. Und da ist massiver Widerstand geboten, besonders wenn es um direkte Angriffe gegen Politiker, Angehörige und Gastwirte gibt, die der AfD Räume vermieten wollen.

Die Dreißiger Jahre sind noch in Erinnerung, in denen Radikale von Links und Rechts die Weimarer Republik in die Zange nahmen, mit Gewalt auf Andersdenkende losgingen, von denen manche für immer leblos auf einem Berliner Straßenpflaster endeten. Was daraus wurde, das wissen wir alle.

Die Lehren von damals sind eindeutig: Die Entscheidung für den Fortbestand einer freien demokratischen Gesellschaft fällt nicht primär in der Frage Rechts oder Links. Sie entscheidet sich daran, ob die bürgerliche Mitte ihre Regeln und Gesetze durchsetzen kann, oder ob sie den Extremisten das Feld kampflos überlässt. Nicht Andersdenkende an sich sind der Feind der freien Gesellschaft, sondern die Radikalen, die sie abschaffen wollen. Und das dürfen wir nicht zulassen, wenn unsere Kinder in Freiheit aufwachsen wollen.

Die CDU wird nie wieder zu Kräften kommen. Der Vertrauensverlust nach Merkel und jetzt, wenn Abgeordnete der Partei Adenauers und Kohls einen von der Bevölkerung abgewählten Kommunisten zum Ministerpräsidenten von Thüringen machen, wird nie wieder zu kitten sein. Die Democratia Christiana (DC) existiert noch in irgendeinem italienischen Politbiotop. Aber es ist vorbei. So wie es für die CDU und ich fürchte auch die CSU vorbei ist. Aber wenigstens können sie dann auf den Grabstein schreiben: „Wir sind zwar tot, aber wir waren immer gegen Rechts…“

Übrigens: Hamburg ist eine großartige Stadt, die ich im vergangenen Jahr bei einigen Besuchen wirklich lieben gelernt habe. Darüber wollte ich mal einen Text schreiben, aber auch das lohnt nun nicht mehr. Denn wenn die von Vielen erwartete wirtschaftliche Großkrise in der zweiten Jahreshälfte 2020 beginnt, ist auch das belanglos…