Meine grundsätzliche Kritik am System

Von Winston Churchill stammt die Weisheit, dass die Demokratie die schlechteste Staatsform ist. Außer allen anderen.

Ich denke, dass der gute Winson damit recht hat.

Bei allem, was auch wir hier jeden Tag kritisieren und wo wir schimpfen, ist die Demokratie eine schöne Erfindung.

Die vielgepriesene Herrschaft des Volkes ist in der parlamentarischen Demokratie allerdings nicht die uneingeschränkte Herrschaft des Souveräns, also unsere, sondern eine Beteiligung. In Form der westlichen liberalen Demokratie sind die Grundelemente einer Demokratie das allegmeine, freie und geheime Wahlrecht, aber auch die Trennung der Staatsgewalt in Gesetzgebung, Regierung und Rechtsprechung sowie unbedingt die Garentie unumstößlicher Grundrechte in einer Staatsverfassung.

All das haben wir, aber leider wird an der ein oder anderen Stelle gekratzt, und das ist besorgniserregend.

Heute Morgen telefonierte ich mit einem Freund, der einige Jahre für eine Parlamentsfraktion gearbeitet hat, und wir kamen auf dieses Thema und darauf, was beim Parlamentarismus in Deutschland geändert werden müsste. Und da fiel uns dofort ganz viel ein.

Vorab vielleicht nochmal zur Erinnerung: Bei aller Kritik an der Politik und an Politikern – ich beteilige mich nicht am allgmeinen Bashing, wie das neudeutsch jetzt heißt. Ich kenne aus jahrzehntelanger Arbeit als politischer Journalist Heerscharen von Abgeordneten aller Parteien. Und da gibt es auch heute eine Menge beeindruckender Menschen darunter.

Und ich kenne – leider – auch Menschen aus der „Beutegeminschaft“, also Abkassierer, stillose Faulpelze, Zyniker, denen nur das eigene Wohlergehen am Herzen liegt, und die uns – das Volk – einen Dreck interessieren. Denken Sie an korrupte Abkassierer, die qua Mandat nebenbei Maskendeals eingetütet und damit ihr eigenes Konto gefüllt haben. Denken Sie an einzelne Abgeordnete, die die Hände aufhalten und nicht unsere Interessen vertreten, sondern die von Lobbygruppen und – besonders ekelhaft – anderen Staaten wie jüngst Katar, Marokko, Russland und China. Abgeordnete, die abkassieren, die korrupt sind, und die in manchen Fällen nicht davor zurückschrecken, für Profit ihr eigenes Land zu verraten.

Solche Fälle gibt es auch heute, und das hat mit vielen Faktoren zu tun.

Wenn in Parlamenten Leute sitzen, die im Leben nix geleistet haben, die ohne Mandat eine trostloses Existenz wären, ihren Berufsalltag als Karusselbremser bestreiten müssten, und plötzlich in dunklen Limouinen zu Staatsempfängen gefahren werden. Und so das Gefühl haben, wichtig zu sein. Solche Leute denken morgens beim Aufstehen nicht daran, was sie heute für Ihr Land, für uns tun können.

Aber, liebe Freunde, wir uns ich, wir haben sie doch gewählt. Zumindest mittelbar, weil wir Partein,selten Namen ankreuzen.

Weil es ein Fehler ist, dass ein großer Teil der Mandate über die ausgekungelten Listen der Parteien vergeben werden. So kommen Leute über Jahrzehnte an Macht und Geld, ohne sich je den normalen Menschen zur Wahl stellen zu müssen.

Weil die Parlamente viel zu groß aufgeblasen wurden. Das amerikanische Repräsentantenhaus umfasst 400 Abgeordnete. Für 330 Millionen Bürger, die eine Supermacht sind. Und wir leisten uns in Deutschland 736 Bundestagsabgeordnete für ein Fünftel der Einwohnen. Warum?

Weil die Apparate hinter den Mandatsträger aufgeblasen sind. Wo früher ein Abgeordneter einen Mitarbeiter im Büro hatte, gibt es heute Hinterbänkler, die fünf, sechs oder sieben Mitarbeiter beschäftigen. Warum? Was leisten die für ihre guten Gehälter mehr als die wenigen früher?

Weil auch die Landtage zu groß sind. Und brauchen wir überhaupt so viele Bundesländer? Das kleinste Bundesland Bremen hat 680.000 Einwohner in zwei Städten. Und 68 Bürgerschaftsabgeordnete, also einen für 10.000 Bürger. Es gibt in Bremen zehn Ministerien, Inneres, Wirtschaft, Finanzen, das ganze Programm. Bremen hat ein Landesverfassungsgericht, einen Verfassungsschutz, eine Vertretung bei der EU in Brüssel.

Lu Wang leitet Bremens Außenhandelsbüro in Shanghai/China, Erol Tüfekçi das in Izmir/Türkei, Peter Decu das in London/GB, Huong Thi Hoang das in Ho-Chi-Ming-Stadt/Vietnam.

Verstehen Sie mich nicht falsch, das sind bestimmt fleißige Leute, die auch Aufträge für Bremen besorgen. Aber Düsseldorf hat auch 620.000 Einwohner und da reist auch immer mal eine Wirtschaftsdelegation hinaus in die Welt. Aber warum muss Bremen ein eigenes Bundesland sein? Warum Hamburg, warum das Saarland. Ich verstehe es einfach nicht.

Und damit komme ich zu meiner Fundamentalkritik: Jeder weiß, dass das im Grunde alles idiotisch ist, aber das System ist nicht so angelegt, dass es geändert werden könnte – außer die Leute entscheiden selbst, dass sie sich und ihre schönen Pöstchen und das viele Geld abschaffen.

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass da jemals passiert? Da ist wahrscheinlicher, dass der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk abgeschafft wird. Ich zumindest werde das nicht mehr erleben…

Übrigens…

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Mutig und auf Kurs – aber unter Wasser: Bremen nach der Wahl

Der Landesvorsitzende der Bremer Grünen Hermann Kuhn hat mehr Humor als die großartigen Dieter Nuhr und Carolin Kebekus zusammen aufzubringen vermögen. Als er heute ankündigte, dass Sozis, Grüne und SED-Nachfolgepartei über eine Koalition an der Weser verhandeln werden, kündigte er allen Ernstes „mutige, neue Schritte in der Politik“ an. Mutige Schritte…ausgerechnet! Ein Linksbündnis, von dem wir erwarten dürfen, dass es das kleinste Bundesland noch weiter herunterwirtschaften wird.

Bremen ist eine tolle Stadt, zweifellos. Die Lebensqualität in der Hansestadt ist phänomenal, wie ich selbst in meinen drei Bremer Jahren erleben durfte. Und es ist nicht nur eine linksgrüne Politik, die das stolze Zwei-Städte-Bundesland so gnadenlos an die Wand gefahren hat. Bremen hat objektiv schlechte Voraussetzungen, um erfolgreich zu sein. Zum einen ist es ein Witz, dass man mit 650.000 Einwohnern ein Bundesland sein darf – mit Landesregierung, Ministerien, Landtag, Verfassungsgericht, Verfassungsschutz, Öffentlich-Rechtlichem Staatssender und so weiter. Doch um das zu ändern, müssten die Bremer selbst zustimmen, was sie niemals tun werden (und Niedersachsen würde sich bedanken). Das ist so wie bei der gewünschten Verkleinerung von Parlamenten überall, wo Abgeordnete ihre eigene Lebensgrundlage per Abstimmung abschaffen müssten. Wer macht das schon?

Bremen hat nicht nur ein munteres Vergnügungsviertel und einen Hafen, sondern auch starke Unternehmen, etwa ein Mercedes-Werk. Problem: Viele derjenigen, die hier gutes Geld verdienen und in Bremen arbeiten, leben im beschaulichen Umland und zahlen dort ihre Steuern. Ein Teufelskreis. Bremen muss die Infrastruktur vorhalten und einen riesigen Schuldenberg unter Kontrolle halten. Und Niedersachsen freut sich über die Steuereinnahmen der Einfanmilienhaus-Besitzer.

Niemals hat die CDU im Bundesland Bremen eine Landesregierung geführt. Nun ist die Partei seit vielen Jahrzehnten um ersten Mal stärkste Kraft geworden – mit einem hauchdünnen Vorsprung. Und wieder darf sie nicht ans Ruder der leckgeschlagenen Fregatte.

Rot-Rot-Grün an der Weser – ok, die Wähler haben es so gewollt, denn wie gesagt: Gut leben kann man da, auch wenn das Land ohne die Alimentierung aus dem Länderfinanzausgleich schon lange nicht mehr existieren würde. Und diejenigen, die gehofft haben, die unterirdische Schulpolitik des Bundeslandes, das in allen wichtigen Rankings immer auf dem letzten Platz landet, werde nun besser, die werden sich wundern, was Rote und Grüne in den nächsten Jahren noch für Ideen haben…