Angeschlagen wie nie: Angela Merkel im freien Fall

Dieses Mal ist es spürbar anders. Wer die Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion miterlebt hat, der weiß, dass die Amtszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel auch abrupt enden kann. „So eine Stimmung wie heute habe ich in unserer Fraktion noch nie erlebt“, wird ein altgedienter Abgeordneter zitiert. In der Debatte um Seehofers Asylplan und die Kanzlerin, die ihm in den Arm gefallen ist, meldeten sich heute 13 Parlamentarier zu Wort. Nicht einer verteidigte das Vorgehen von Merkel.

Überall in der Union ist die Spannung zu spüren, überall ist der Unmut zum Greifen nah – auch bei denen, die jeden Modernisierungs-Unfug Merkels bisher mitbeklatscht haben.

Unter Angela Merkel wird die CDU in diesen Tagen in einen Abwärtsstrudel gezogen, der das Ende der Union als Volkspartei bedeuten kann. Wer es nicht glaubt, schaue bitte auf die SPD. Horst Seehofer steht – dieses Mal glaube ich daran! Wenn ihm jetzt noch zwei, drei andere aus der ersten Reihe offen zur Seite stehen, war’s das…

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben…auch in der CDU.




Lieber Herr Laschet, wie wär’s mal mit einem Adventssingen für Muslime in der Staatskanzlei?

Das Trauerspiel, das Politiker der „Christlich“-Demokratischen Union in diesen Tagen vor den Augen der Bürger aufführen, ist kaum noch zu ertragen. Von der Bundesregierung der Pfarrerstochter Angela Merkel darf der gläubige Christ in Deutschland bekanntermaßen ohnehin nichts erwarten. Ein Pfingstgruß der Kanzlerin an die über 50 Millionen Mitglieder christlicher Kirchen im Land? Sie scherzen wohl.

Stattdessen salbungsvolle Worte der Bundesregierung zum friedvollen Ramadan für für inzwischen fast fünf Millionen Muslime hierzulande. Das kann man machen, aber die Millionen gläubigen Christen nicht ähnlich zu würdigen, ist eine Unverschämtheit.

Da darf natürlich auch Deutschlands einst erster Integrationsminister Armin Laschet nicht fehlen, inzwischen Ministerpräsident des größten Bundeslandes und getaufter Katholik. Er bat jetzt in seiner Staatskanzlei zum Fastenbrechen zu Tisch, sowohl Vertreter der muslimischen Verbände als auch der christlichen Kirchen, Politiker, Diplomaten und so weiter…eine Gesellschaft so bunt, wie das Land, das er sich wünscht. Zuvor hatte er in einem Interview öffentlich gefordert, den Islam in Deutschland staatlich anzuerkennen, ungeachtet der Frage, was das eigentlich ist „der Islam“ in Deutschland. Denn anders als christliche Kirchen gibt es „den Islam“ gar nicht, sondern vielfältige Ausprägungen, die sich teilweise bis aufs Messer – entschuldigen Sie mir den Kalauer – bekämpfen.

Dass die Bundesregierung durch CSU-Seehofer und Ministerpräsident CDU-Laschet den Millionen Muslimen im Land seine Referenz erweisen, ist dabei absolut in Ordnung. Die Leute sind hier, viele gerade vor islamistischen Fanatikern in ihren Heimatländern geflohen und froh, bei und mit uns leben zu dürfen. Aber die Unfreundlichkeit und Ignoranz, mit denen ausgerechnet die Repräsentanten der C-Partei die christliche Mehrheit in Deutschland behandeln, ist zum Kotzen.

Ich bin gespannt, ob der katholische Ministerpräsident von NRW im Dezember auch Muslime zum Adventssingen in seine Staatskanzlei einlädt – sofern es sowas dort gibt




Von Roten und Grünen, die viel Spaß haben

Die CDU bleibt auch auf kommunaler Ebene die mit Abstand stärkste Kraft in Thüringen. Das zeigte sich gestern wieder, wo bei Bürgermeister- und Landratswahlen die Union überall klar vorn lag. Leider nicht in der Landeshauptstadt Erfurt, wo sich der seit zwölf Jahren Oberbürgermeister Andreas Bausewein von der SPD, getragen auch durch Linke und Grüne gegen die bärenstarke Marion Walsmann von der CDU durchsetzte. Nur die FDP hatte zu ihrer Wahl in der Stichwahl aufgerufen, und das war deutlich zu wenig.

Nun muss man wissen, dass Frau Walsmann eine bürgerlich-konservative Politikerin und gläubige Christin ist, weit entfernt von den üblichen Klatschkohorten für die Vorsitzende und Kanzlerin Merkel. Eigentlich eine ideale Kandidation, um auch für AfDler, die keinen eigenen Kandidaten mehr haben, das Kreuz taktisch zu setzen.

Doch da war ihr CDU-Landesvorsitzender Mike Mohring davor, der am Tag vor der Wahl in einem Interview in der Leipziger Volkszeitung tönte, man werde alles tun, um einen AfD-Erfolg in Gera – die einzige Stichwahl mit AfD-Beteiligung in Thüringen – zu verhindern. Es kam, wie es kommen musste: Die AfD in Erfurt schickte am Samstag unter Verweis auf die Aussage Mohrings eine Rundmail an alle Unterstützer, bloß nicht die CDU-Kandidatin zu wählen. Und das wirkte. Nun wird im Erfurter Rathaus weitere sechs Jahre rot-rot-grüne Politik gemacht.

Wäre ich Roter oder Grüner, ich fände in diesen Wochen vor Lachen abends nicht in den Schlaf….




Bürgerliche könnten jetzt endlich etwas verändern – aber wir streiten uns lieber

„Ich bin von Vodafone“, sage ich in jüngster Zeit immer mal, wenn mich jemand fragt, was ich so beruflich mache. Und füge dann hinzu: „Connecting People!“ Der frühere Werbespruch des britischen Telefommunikationsriesen. Leute zusammenbringen, vorzugsweise solche, die eigentlich nicht miteinander sprechen sollen, es aber gerne möchten. Das ist eine schöne Aufgabe, bei der man – nebenbei bemerkt – höchst faszinierende Leute kennenlernt.

Ich weiß nicht, ob Sie schon mal von „CPAC“ gehört haben, der alljährlichen Konferenz der amerikanischen Konservativen, Christen und Libertären? Tausende Teilnehmer aus mehr als 100 Organisationen treffen sich dort, um über Fragen der Zeit und ihre Antworten aus konservativer Sicht zu diskutieren. Es ist ein Schaulaufen auch für mögliche Präsidentschaftskandidaten. Wer sich hier ordentlich präsentiert, hat die Aufmerksamkeit mindestens der halben amerikanischen Nation. Und wieder einmal sind die Amis viel weiter als wir.

Bei der Bundestagswahl im September 2014 war für mich und viele andere das wichtigste Ergebnis: Es gibt keine rot-rot-grüne Mehrheit mehr in Deutschland. Endlich! Es gibt keine Mehrheit für all den Irrsinn in der Flüchtlingspolitik, der inneren und äußeren Sicherheit, den schwachsinnigen Gender-Kreationismus, den wir alle mit dreistelligen Millionenbeträgen pro Jahr finanzieren müssen. Und mir würden noch andere Themen einfallen in der Europapolitik, bei den Steuern oder dem aufgeblähten Öffentlich-Rechtlichem Rundfunk.

Wir Bürgerlichen könnten endlich etwas verändern, aber wir streiten uns, wir grenzen uns aus, wir verweigern das Gespräch. Ist das nicht irre? Schauen Sie nach Österreich, was dort in den vergangenen Wochen passiert ist. Und ja, das ist nicht 1:1 zu vergleichen. Die FPÖ hat 30 Jahre gebraucht, bis sie zu einer koalitionsfähigen Kraft herangereift ist. Und immer noch tauchen da manchmal – vorsichtig gesagt – seltsame Irrlichter auf. Aber Sebastian Kurz? Der Wahnsinn! Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich mir einen solchen Mann an der Spitze von Partei und Land hier wünsche.

Natürlich geht das alles nicht so einfach. Unter Frau Merkel wird es keine liberal-konservative Politik in Deutschland geben. Und christliche Überzeugungen werden auch in den nächsten dreieinhalb Jahren bei ihr nicht festzustellen sein. Und ja, es gibt in der FDP nach wie vor eine Tiefkühl-Verstimmung gegenüber der Merkel-Union. Zu tief sitzt die Erinnerung an die Fernsehbilder 2013 von den aus dem Bundestag fliegenden Liberalen und dann die Bilder von der freudetrunkenen und singenden CDU-Führungsriege. „Merkel wollte uns damals vernichten, und sie hat es zunächst geschafft“, sagte mir erst in dieser Woche ein FDP-Bundestagsabgeordneter im persönlichen Gespräch. Und dann die AfD… sechs Millionen Deutsche haben sie in einer freien und geheimen Wahl auf dem Stimmzettel angekreuzt. Und während gestern auf Facebook ein CDU-Europaparlamentarier, von dem ich politisch in Brüssel noch niemals irgendetwas Relevantes gehört habe, meine Frau und mich anpöbelte, wegen unseres „Geschäftsmodells“ Konservativ, kam mir in den Sinn: Sollten wir nicht mal darüber nachdenken, WARUM diese Menschen keinen anderen Ausweg wussten, als eine rechtskonservative Neugründung zu wählen? Sollten wir nicht darüber nachdenken, wo die etablierten Parteien niederschmetternd versagt haben? Wo sie sich um Volkserziehung bemühten, statt darauf zu hören, was der Bevölkerung wirklich auf den Nägeln brennt?

Es ist auch nicht einfach für einen bürgerlichen Konservativen wie mich mit der AfD. Ich kenne ein halbes Dutzend Bundestagsabgeordnete der AfD persönlich. Denn ich bin nicht nur „bei Vodafone“ 🙂 sondern in erster Linie Journalist. Und ich spreche, mit wem ich will. Und es waren wirklich gute Gespräche über unser Land und seine Probleme. Trotzdem bleibt für mich die Hürde bei Herr Höcke und seiner völkischen Gesinnung, die ich überhaupt nicht teile. Ich lebe gern in einem freien Europa der Vaterländer, in einer Gesellschaft, in den jeder so leben kann, wie er oder sie es frei für sich entscheidet. In Wohlstand und in Sicherheit, ohne auch nur daran zu denken zu müssen, dass bei uns einmal die Scharia zum Gegenstand der Rechtspflege werden könnte.

Als der großartige US-Präsident Ronald Reagan 1988 aus dem Oval Office schied, schaute und hörte ich mir seine „Farewell Address to the Nation“, seine Abschiedsrede an die Nation, an, und mir kamen die Tränen vor dem Fernseher:

„Zeit meines politischen Lebens habe ich über die leuchtende Stadt gesprochen, und ich weiß nicht, ob ich jemals verständlich machen konnte, was ich damit meinte, wenn ich sie sah und von ihr sprach. In meiner Erinnerung war sie eine große Stadt, die auf massiven Steinen gebaut wurde, stärker als ein Ozean, windgepeitscht und von Gott gesegnet. Und in dieser Stadt wimmelte es von ganz unterschiedlichen Menschen von überall her, die harmonisch und in Frieden zusammenlebten. Eine Stadt mit einem großen Hafen, wo freier Handel betrieben wurde und wo es wimmelte von Kreativität. Und es gab auch Stadtmauern, doch die hatten Tore. Und die Tore standen offen für jeden mit dem Herzen und dem Willen hier dabei zu sein. Das ist es, was ich sah und immer noch sehe.“

Und genau das ist es, wie ich mir als Konservativer mein Land und meinen Kontinent auch heute vorstelle.

Die ganze Rede finden Sie übrigens hier. Legen Sie Tempotaschentücher bereit!

Am 8. September sind Sie alle eingeladen, zum dritten Treffen der bürgerlichen Schwarmintelligenz nach Paderborn zu kommen. Laden Sie Gleichgesinnte dazu ein, treffen Sie Autoren und Politiker aus dem bürgerlichen Lager, die mit Ihnen und Euch über den Zustand unseres Landes diskutieren, einander kennenlernen und feiern wollen.

Wenn Sie dabei sein möchten, schreiben Sie mir an kelle@denken-erwuenscht.com ! Das ist noch keine verbindliche Anmeldung, aber es hilft uns, zu planen.




Zu Besuch bei der CDU in Leipzig: Wir dürfen den anderen jetzt nicht das Feld überlassen

Zum Beginn meiner Frühjahrs-Vortragsreise (und natürlich zur Promotion meiner Buches) war ich gestern Abend in Leipzig, einer Stadt mit einer spürbar guten Atmosphäre. Mit solch alten Straßenbahnen bin ich seit den 70er Jahren nicht mehr gefahren, aber es war sehr stimmungsvoll. Eingeladen hatte die CDU, und da ist überall in Deutschland die Stimmung seit zwei Jahren mächtig angespannt. Moderator gestern war Michael Weickert, ein sympathischer junger Stadtrat, der sich mir als einer der 27 Ausgestoßenen vorstellte. Vergangene Woche hatte er beim Bundesparteitag vom Rednerpult aus der „Mutti“ seine kritischen Gedanken direkt gesagt…und anschließend gegen den Koalitionsvertrag gestimmt. Einer von 27…

Das Publikum ist altersmäßig gut gemischt, die Hälfte junge Leute, die andere eher älter. Einer meldet sich, er ist seit 60 Jahren CDU-Mitglied und wie seine CDU unter Frau Merkel deformiert wird, gefällt ihm gar nicht. Mein launiger Vortrag aber sehr, sagt er. Das freut mich.

Was sollen wir denn tun? Diese Frage wird oft gestellt, wenn ich bei der Union unterwegs bin. Ein Student vom RCDS meldet sich zu Wort. Auch er hat die Nase gestrichen voll. Wenn es stimme, dass Fraktionschef Volker Kauder mit den Sozis einen Deal geschlossen hat, dass die mit den Linken und der FDP das Werbeverbot für Abtreibungen kippen, werde er austreten.

Mein Schlusswort: Wir Christen und Konservativen sind immer noch viele in dieser traditionsreichen Partei. All die selbsternannten Modernisierer, die den programatischen Kern der CDU seit Jahren Stück für Stück zerstören, freuen sich über jeden von UNS, der geht. Sie wollen keine Diskussion mit uns. Sie wollen nicht einräumen, dass sie schlimme Fehler gemacht haben, in der Flüchtlingspolitik, bei der Inneren Sicherheit, bei der Familienförderung. Sie wollen keinen Widerspruch auf Parteitagen, sie wollen Leute, die klatschen und die Schnauze halten. Und genau deshalb, müssen wir bleiben und weitermachen.

Anschließend kommen zwei junge Bundeswehrsoldaten zu mir, die für einen Medienworkshop ein Interview führen möchten über Leipzig und meine Eindrücke hier. Die Soldatin, gut gelaunt, bildhübsch und in Zivil, stellt die Fragen, ihr männlicher Kamerad, blonde Haare, sportlicher sympathischer Typ (erinnert mich spontan an unseren Sohn Paul) hält die Kamera. Wir sprechen über Frau von der Leyen, ihre Dienstherrin, über den Stolz auf das eigene Land. Sie erzählen davon, wie gern sie Soldaten sind und dass sie sich darauf freuen, in Auslandseinsätze kommandiert zu werden. Aber auch die andere Seite: Beleidigungen von Wildfremden, die junge Frau ist mal angespuckt worden, als sie in Uniform durch den Leipziger Hauptbahnhof ging. Zum Schluss gebe ich beiden die Hand und danke Ihnen dafür, dass sie unserem Land und uns allen als Soldaten dienen.




Heute jährt sich der Tag, an dem ich vor dem Fernseher weinte

Heute vor 35 Jahren wurde Helmut Kohl vom Volk zum Bundeskanzler gewählt. Schon am 1. Oktober 1982 war er durch den dringend notwendigen Koalitionswechsel von der SPD und Schmidt zur Union ins Amt gekommen. Die Bürger bestätigten die schwarz-gelbe Vernunftehe eindrucksvoll. Und die Sozialdemokraten verabschiedeten ihren großen Kanzler Helmut Schmidt mit einem schäbigen und gegenüber der Sowjetunion unterwürfigen Beschluss gegen den NATO-Doppelbeschluss, der später maßgeblich zum Zusammenbruch des kommunistischen Imperiums Moskauer Prägung führte.

Ich war junger Wahlhelfer in einem Wahllokal der Hauptschule Holzhausen in meiner Heimatstadt Bad Salzuflen. Noch nie zuvor war die CDU dort auch nur in die Nähe der 40 Prozent gekommen. Als wir an diesem Abend ausgezählt hatten und der Wahlleiter hinter der CDU als erste Zahl eine 4 mit Kreide an die Tafel schrieb, begriff ich, das heute etwas Historisches in meinem Land geschehen würde. Freiheit statt Sozialismus hatte Kohl im Wahlkampf versprochen und eine geistig-moralische Wende. Ich hatte wochenlang jeden Tag Wahlkampf betrieben in unserer Ortsunion, die von einem Bauern geleitet wurde. Im strömenden Regen fuhren wir mit einem CDU-beschrifteten VW Bulli nachts durch die Stadtteile und klebten Kohl-Konterfeis auf Plakatständer. Samstags standen wir in der Fußgängerzone der Innenstadt, verteilten Broschüren und Luftballons und Aufkleber. Ab und an kamen Aktivisten der örtlichen DKP-Ortsgruppe vorbei und pöbelten uns an. „Fußkranke der Weltrevolution“, so hatte Kohl solche Leute bei einer Kundgebung vor dem Detmolder Rathaus genannt.

Die geistig-moralische Wende kam nicht, was mich irgendwann sehr enttäuschte. Dafür wurde das Privatfernsehen eingeführt, was ich gut fand und finde. Nicht wegen Dschungelcamp und Casting-Shows, sondern wegen Pluralität und echter Konkurrenz zum Staatsfunk. Das wurde letztlich auch enttäuschend für mich.

Die Einheit hat nicht Helmut Kohl erfunden, aber er hatte den richtigen Riecher. Als der „Mantel der Geschichte“ wehte, griff er beherzt zu. Mit seinem Zehn-Punkte-Plan zur Wiederherstellung der staatlichen Einheit unseres Vaterlandes (Aufpassen Gender-StaSi!), mit seiner unnachahmlichen Umarmungsstrategie gegenüber skeptischen Staatschefs. Die Amerikaner unter George Bush senior waren sofort an Deutschlands Seite. Margret Thatcher wollte überhaupt nicht, aber Kohl nötigte sie so lange zum Saumagen-Essen, bis sie aufgab. Und mit Gorbatschow saß er am Rhein und philosophierte um Truppenabzug und Einheit, später mit Jelzin soff und schwitzte mein Kanzler in einer russischen Sauna. Ja, ich stehe heute noch dazu, dass ich Kohl immer wieder gewählt habe, obwohl er kein Konservativer war. Aber er war ein Patriot, für den das Wort Pflichterfüllung keine leere Hülse war. Der Platz ließ für die Flügel, der den Herz-Hesu-Marxisten Blüm ins Kabinett holte und den schwarzen Sheriff Dregger für die Konservativen. Welcher Minister stand eigentlich im Kabinett Merkel zuletzt für…irgendwas? Außer Frau von der Leyen für das Runterwirtschaften der Bundeswehr.

In wenigen Tagen wird Frau Merkel erneut zur Bundeskanzlerin gewählt. Wahrscheinlich werde ich wieder weinen. Aber aus anderen Gründen als damals.




Leute, die so denken wie ich, sind nur als Stimmvieh gern gesehen

Armin Laschet CDU-Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, hat wieder einen rausgehauen. Die Union sei gar nicht die Heimat der Wertkonservativen, stellte er so ähnlich gerade klar wie sein Kollege in Schleswig-Holstein auch. Wie man hört ist die Stimmung in der CDU wenige Tage vor dem Bundesparteitag, sagen wir, ein klein wenig angespannt. Die kümmerlichen Verhandlungsergebnisse der kanzlerin und ihrer Getreuen bei den Koalitionsverhandlungen mit der 16-Prozent-SPD haben dazu geführt, dass selbst treuen Parteisoldaten wie Norbert Röttgen angesichts dieses Dilettantismus der Kragen platzt. Die Kanzlerin muss sich aus meiner Sicht keine Sorgen machen, die braven Lohnabhängigen werden schon wieder ordentlich klatschen… ich glaube, 11:50 Minuten sind dieses Mal drin. Revolution können Christdemokraten einfach nicht.

Laschet, ein sympathischer Mann, der wie ich mich erinnere selbst aus der katholischen Jugendarbeit kommt, verweist darauf, dass nicht Konservativ sondern Christlich-Demokratisch der Markenkern der Union ist. Und da hat er recht. Man sollte sich aber mal die Mühe machen, zusammenstellen, wo die Partei auch beim C versagt hat, etwa beim Lebensschutz, bei Abtreibung und in Teilen bei Sterbehilfe und Stammzellenforschung. Wo ist das Christliche der Merkel-CDU, wenn die Bundeskanzlerin öffentlich neben einem osteuropäischen Diktator stehend den deutschen Papst Benedikt vor laufenden Fernsehkameras abkanzelt? Wo ist das C, wenn hochrangige CDU-Politiker katholischen Priestern empfehlen, wie sie zu leben haben? „keiner will heute mehr heiraten“, sagte mal ein Priester in Köln bei einer Podiumsdiskussion an der Uni, „aber die Pfarrer sollen jetzt müssen.“

Ich habe mich am Wahlabend in NRW gefreut, dass Rot-Grün endlich abgewählt wurde und das Schwarz-Gelb unter Laschet eine knappe Mehrheit errungen hat. Noch kurz vorher hat das keiner für möglich gehalten. Der geschickte Schachzug des Christdemokraten aus Aachen war, kurz vor der Wahl den bundesweit anerkannten konservativen CDU-Innenexperten Wolfgang Bosbach ins Team zu holen, der beim Thema Innere Sicherheit ein Vertrauen in der Bevölkerung genießt, das weit über seine Partei hinausreicht. Viele Beobachter sind sicher, dass das den Ausschlag für die Ein-Stimmen-Mehrheit von CDU und FDP gegeben hat. Das Vertrauen in einen Konservativen in der CDU hat Laschet den Job in der Staatskanzlei gesichert, der jetzt nichts mehr wissen will von Leuten wie mir, die mit geballter Faust in der Hosentasche seine Regierung gewählt haben….




Ich habe Norbert Röttgen wirklich unterschätzt

Sachen gibt’s, die gibt’s gar nicht… Ich habe den CDU-Politiker Norbert Röttgen wirklich unterschätzt. Ich hatte seine grottenschlechte Wahlkampagne um die nordrhein-westfälische Staatskanzlei verfolgt. Seine Unbeholfenheit im Umgang mit dem normalen Volk, seine Beratungsresistanz, von der mit Hauptamtliche aus der Parteizentrale in der Düsseldorfer Wasserstraße erzählten. Und dann das Katastrophenergebnis mit 26 Prozent an Rhein und Ruhr. Jürgen Rüttgers errang 2005 bei seinem Sieg 42 Prozent, dann kam er…

Nein, Norbert Röttgen mag ein netter Kerl sein, der seinen sicheren Wahlkreis immer gewinnt, aber für mich war er der Prototyp des Apparatschik Merkelscher Prägung. Einer, der sich nie etwas traut, der im Grunde auch keine politischen Herzensanliegen in sich trägt. Der auf Parteitagen grüßt und Hände schüttelt, gesehen werden will und bei den absurden Klatschorgien um Merkel brav mittendrin ist.

Und nun das: Norbert Röttgen reiht sich ein in die Kritiker, die kräftig Klartext reden. Unter Merkel habe es in der CDU eine „inhaltliche Entleerung“ gegeben sagte er im Berliner Tagesspiegel: „Noch nie in der Geschichte der CDU“ habe es emotional und politisch einen so weitgehenden Vertrauensverlust gegeben. Es sei an der Zeit, nicht nur über die Verjüngung der Parteispitze zu reden, sondern endlich auch wieder über Inhalte.

Sicher werden jetzt wieder die immer gleichen Nörgler kommen und sagen: Das meint er doch gar nicht so oder das kommt viel zu spät. Mag sein, wenn es da nicht zunehmend Politiker gäbe, die endlich den Mund aufmachen und aussprechen, was viele an der Basis schon lange denken. Mike Mohring, Landeschef in Thüringen, ist so einer. Und Hessens früherer Ministerpräsident Roland Koch sorgte auch mit massiver Kritik für Aufsehen vor ein paar Tagen.

Reicht das? Ich weiß es nicht, aber der dicke Dampfer CDU ist in Bewegung gekommen. Endlich…




Kanzlerinnendämmerung: Es kann jetzt auch ganz schnell gehen

„Ganz klar – in eine Regierung von Angela Merkel werde ich nicht wieder eintreten.“
Martin Schulz

Wir sind mittendrin in den närrischen Tagen, und der Höhepunkt der Karnevals wird in diesem Jahr nicht der Rosenmontag sein. Es scheint, als wäre der heute schon.

Was ist seit der Bundestagswahl alles passiert? Wochenlange Jamaika-Sondierungen und dann das Scheitern per Erklärung durch Christian Lindner. Dann das Zieren der SPD, auch nur über eine Neuauflage der Großen Koalition nachzudenken geschweige denn zu verhandeln. Dann die zähen Sondierungsgespräche zwischen Union und Sozialdemokraten. Dann – wenig überraschend – ein Koalitionspapier, das für CDU/CSU einer „Demütigung“ gleichkommt (Friedrich Merz). Der mit Abstand kleinere Partner SPD bekommt die meisten Schlüsselressorts, die politischen Verabredungen lesen sich wie das Programm einer SPD-Alleinregierung. Carsten Linnemann vom Wirtschaftsflügel der Union ergeht sich in düsteren Andeutungen vom Ende der Volkspartei CDU. Und dann Sigmar Gabriel, der populäre Außenminister aber in der eigenen Partei ungeliebte Ex-Vorsitzende. Er erklärt in einem Interview, dass er sich von seiner eigenen Partei desavouiert fühlt und erzählt, was seine kleine Tochter über den „Mann mit Bart“ denkt. Und am nächsten Tag will eben genau dieser Mann mit Bart doch nicht mehr Außenminister werden. Und viele Genossen fordern öffentlich: Der Siggi muss jetzt weitermachen!

Deutschland erlebt in diesen Wochen ein politisches Kasperletheater der Extraklasse. Unions-Granden wie Altmaier, Klöckner oder Bär schwärmen in sozialen Netzwerken, wie toll sie verhandelt haben und was für eine wunderbare Bundesregierung Deutschland jetzt bekommt.

Bekommt Deutschland eine neue Große Koalition? Ich halte das längst nicht mehr für sicher. Selbst vielen der 11:40-Minuten-Klatscher auf CDU-Bundesparteitagen dämmert inzwischen, dass Angela Merkel ein Auslaufmodell ist. In Hinterzimmer-Runden in Berlin spielt eine wachsende Zahl von Unionspolitikern Kanzlerinnen-Sturz-Modelle durch. Abgeordnete erzählen von wütenden Briefen ihrer treuesten Wähler und vielen Austritten, nachdem der Ausverkauf der letzten politischen Überzeugungen durch Frau Merkel und die Ihren bekannt geworden ist.

Noch vor Wochen erzählten mir Abgeordnete, dass sie denken, die Bundeskanzlerin werde sich noch bis 2019 über die Zeit retten, wenn bei der EU hohe Spitzenposten frei werden. Ich glaube nicht mehr, dass es so lange dauert. Wenn die SPD-Mitglieder gegen die Große Koalition entscheiden oder wenn 44 frei gewählte Abgeordnete des deutschen Volkes aus CDU, CSU oder SPD ganz allein in der Wahlkabine eine Entscheidung gegen Frau Merkel treffen, dann ist diese Ära im gleichen Moment vorbei.




Die Machtbasis der CDU-Vorsitzenden bröckelt wie noch nie

In Mainz findet heute eine Veranstaltung statt, die die linke Szene ein wenig unruhig macht, insbesondere diejenigen, die staatlich alimentiert gut davon leben, dass sie mit der völlig schwachsinnigen Gender-Theorie materiell ein gutes Auskommen haben. Veranstalter ist die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), der Think Tank (wie man das heute nennt) oder die Denkfabrik der CDU. Ja, Denkfabrik! Die Konrad-Adenauer-Stiftung ist eine weltweit aktive Denkfabrik, die trotz der sogenannten Modernisierung ihrer Mutterpartei unter der Vorsitzenden Angela Merkel großartige Referenten auf hochwertigen Veranstaltungen aufbietet, kluge Denkschriften verfasst (bei denen man nicht immer sicher ist, dass die von den Spitzen der Union auch gelesen werden) und nebenbei weltweit hilft, christlich-demokratische Überzeugungen zu verbreiten.

Die Adenauer-Stiftung in Rheinland-Pfalz hat unter ihrem unerschrockenenen und großartig unkonventionellen Leiter Karl-Heinz van Lier zu einer Veranstaltung mit dem schönen Titel „Gender, Instrument der Umerziehung?“ eingeladen. Nun werden unermüdliche CDU-Hasser wie mein Facebook-Freund Andreas an dieser Stelle einwenden: Warum steht denn da ein Fragezeichen? Und ja, wenn Gender neben grassierendem Schwachsinn eins ist, dann ein Instrument zur Umerziehung. Van Lier begründet das in seiner Einladung überzeugend: „Wer heute Mann ist, kann sich morgen als Frau definieren. Dass diese auf Selbstoptimierung ausgerichtete Ideologie die Familie negiert, mit dem christlichen Menschenbild nichts zu tun hat, ist offenkundig.“ Ja, das ist es. Und als Höhepunkt obendrauf zitiert der Mann von der Adenauer-Stiftung Papst Franziskus, der den Gender-Quatsch als „einen Weltkrieg, um die Ehe zu zerstören“ bezeichnet hat. Ein wichtiger Mann in der Stiftung der CDU bezieht sich öffentlich auf den Heiligen Vater – Peng! Das hat es lange nicht mehr gegeben…

Diese kleine Episode ist nur eine von vielen Entwicklungen, die sich seit der Bundestagswahl in der Merkel-Union zeigen. Die einst uneinnehmbar scheinende Machtzentrale rund um die angeblich alternativlose Partei- und Regierungschefin bröckelt. Der Berliner Kreis konservativer CDU/CSU-Bundestagsabgeordneter, der in der Vergangenheit oftmals auf Wolfgang Bosbach reduziert wurde, kommt zu neuer nicht geahnter Blüte. Waren es in der vergangenen Legislaturperiode ganze 17 wackere Mitglieder, die sich zum Konservativ-sein bekannten – was Mut erfordert in Muttis Partei – so sind es jetzt schon 35, Tendenz steigend. In einem Positionspapier, das vergangene Woche in Berlin vorgestellt wurde, redeten die Abgeordneten des Berliner Kreises Klartext, dass es nur so krachte: „Die historisch schlechtesten Ergebnisse in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, die Stammländer der CDU waren, sind bitter für die gesamte Union und ihr bisher schwerster Rückschlag. Die Ursachen sind nicht nur zu suchen in der Flüchtlingspolitik, sondern auch in der Tatsache, dass die CDU mit ihrem gesellschaftspolitischen Kurs Platz geschaffen hat für eine Partei rechts von ihr.“ Und das ist die AfD, der Merkels verheerender Kurs allein im September 2017 eine Million frühere Unionswähler direkt zuführte.

Unter dem Label „WerteUnion“ versammelt inzwischen Alexander Mitsch aus Baden-Württemberg überall in Deutschland Konservative Kreise und Konservative Aufbrüche um sich, denen sich inzwischen mehrere Tausend Mitglieder von CDU und CSU angeschlossen haben sollen, die die Talfahrt ihrer traditionsreichen Partei nicht mehr tatenlos erleiden wollen.

Erst Anfang Dezember hatten mehrere CDU-Urgesteine wie sogar der eigentliche „Modernisierer“ Jürgen Rüttgers ein schärferes Profil seiner Partei angemahnt. Hamburgs ehemaliger Bürgermeister Ole von Beust kritisierte: „Man kann nicht alles verdecken mit der These: Uns geht’s so gut wie noch nie.“ Der frühere Umweltminister Klaus Töpfer übte indirekt Kritik an CDU-Generalsekretär Peter Tauber, als er sagte: „Ich fände es ganz prima, wenn wir wieder so eine ganz profilierte Persönlichkeit als Generalsekretär hätten, der mit strategischem Denken die Themen anstößt, die wir hinterher auch im Regierungshandeln wieder aufgreifen können.“

Die Kanzlerdämmerung hat nicht nur begonnen, am Horizont wird es für jeden sichtbar dass es jeden Tag dunkler wird…