Ich habe Norbert Röttgen wirklich unterschätzt

Sachen gibt’s, die gibt’s gar nicht… Ich habe den CDU-Politiker Norbert Röttgen wirklich unterschätzt. Ich hatte seine grottenschlechte Wahlkampagne um die nordrhein-westfälische Staatskanzlei verfolgt. Seine Unbeholfenheit im Umgang mit dem normalen Volk, seine Beratungsresistanz, von der mit Hauptamtliche aus der Parteizentrale in der Düsseldorfer Wasserstraße erzählten. Und dann das Katastrophenergebnis mit 26 Prozent an Rhein und Ruhr. Jürgen Rüttgers errang 2005 bei seinem Sieg 42 Prozent, dann kam er…

Nein, Norbert Röttgen mag ein netter Kerl sein, der seinen sicheren Wahlkreis immer gewinnt, aber für mich war er der Prototyp des Apparatschik Merkelscher Prägung. Einer, der sich nie etwas traut, der im Grunde auch keine politischen Herzensanliegen in sich trägt. Der auf Parteitagen grüßt und Hände schüttelt, gesehen werden will und bei den absurden Klatschorgien um Merkel brav mittendrin ist.

Und nun das: Norbert Röttgen reiht sich ein in die Kritiker, die kräftig Klartext reden. Unter Merkel habe es in der CDU eine „inhaltliche Entleerung“ gegeben sagte er im Berliner Tagesspiegel: „Noch nie in der Geschichte der CDU“ habe es emotional und politisch einen so weitgehenden Vertrauensverlust gegeben. Es sei an der Zeit, nicht nur über die Verjüngung der Parteispitze zu reden, sondern endlich auch wieder über Inhalte.

Sicher werden jetzt wieder die immer gleichen Nörgler kommen und sagen: Das meint er doch gar nicht so oder das kommt viel zu spät. Mag sein, wenn es da nicht zunehmend Politiker gäbe, die endlich den Mund aufmachen und aussprechen, was viele an der Basis schon lange denken. Mike Mohring, Landeschef in Thüringen, ist so einer. Und Hessens früherer Ministerpräsident Roland Koch sorgte auch mit massiver Kritik für Aufsehen vor ein paar Tagen.

Reicht das? Ich weiß es nicht, aber der dicke Dampfer CDU ist in Bewegung gekommen. Endlich…




Kanzlerinnendämmerung: Es kann jetzt auch ganz schnell gehen

„Ganz klar – in eine Regierung von Angela Merkel werde ich nicht wieder eintreten.“
Martin Schulz

Wir sind mittendrin in den närrischen Tagen, und der Höhepunkt der Karnevals wird in diesem Jahr nicht der Rosenmontag sein. Es scheint, als wäre der heute schon.

Was ist seit der Bundestagswahl alles passiert? Wochenlange Jamaika-Sondierungen und dann das Scheitern per Erklärung durch Christian Lindner. Dann das Zieren der SPD, auch nur über eine Neuauflage der Großen Koalition nachzudenken geschweige denn zu verhandeln. Dann die zähen Sondierungsgespräche zwischen Union und Sozialdemokraten. Dann – wenig überraschend – ein Koalitionspapier, das für CDU/CSU einer „Demütigung“ gleichkommt (Friedrich Merz). Der mit Abstand kleinere Partner SPD bekommt die meisten Schlüsselressorts, die politischen Verabredungen lesen sich wie das Programm einer SPD-Alleinregierung. Carsten Linnemann vom Wirtschaftsflügel der Union ergeht sich in düsteren Andeutungen vom Ende der Volkspartei CDU. Und dann Sigmar Gabriel, der populäre Außenminister aber in der eigenen Partei ungeliebte Ex-Vorsitzende. Er erklärt in einem Interview, dass er sich von seiner eigenen Partei desavouiert fühlt und erzählt, was seine kleine Tochter über den „Mann mit Bart“ denkt. Und am nächsten Tag will eben genau dieser Mann mit Bart doch nicht mehr Außenminister werden. Und viele Genossen fordern öffentlich: Der Siggi muss jetzt weitermachen!

Deutschland erlebt in diesen Wochen ein politisches Kasperletheater der Extraklasse. Unions-Granden wie Altmaier, Klöckner oder Bär schwärmen in sozialen Netzwerken, wie toll sie verhandelt haben und was für eine wunderbare Bundesregierung Deutschland jetzt bekommt.

Bekommt Deutschland eine neue Große Koalition? Ich halte das längst nicht mehr für sicher. Selbst vielen der 11:40-Minuten-Klatscher auf CDU-Bundesparteitagen dämmert inzwischen, dass Angela Merkel ein Auslaufmodell ist. In Hinterzimmer-Runden in Berlin spielt eine wachsende Zahl von Unionspolitikern Kanzlerinnen-Sturz-Modelle durch. Abgeordnete erzählen von wütenden Briefen ihrer treuesten Wähler und vielen Austritten, nachdem der Ausverkauf der letzten politischen Überzeugungen durch Frau Merkel und die Ihren bekannt geworden ist.

Noch vor Wochen erzählten mir Abgeordnete, dass sie denken, die Bundeskanzlerin werde sich noch bis 2019 über die Zeit retten, wenn bei der EU hohe Spitzenposten frei werden. Ich glaube nicht mehr, dass es so lange dauert. Wenn die SPD-Mitglieder gegen die Große Koalition entscheiden oder wenn 44 frei gewählte Abgeordnete des deutschen Volkes aus CDU, CSU oder SPD ganz allein in der Wahlkabine eine Entscheidung gegen Frau Merkel treffen, dann ist diese Ära im gleichen Moment vorbei.




Die Machtbasis der CDU-Vorsitzenden bröckelt wie noch nie

In Mainz findet heute eine Veranstaltung statt, die die linke Szene ein wenig unruhig macht, insbesondere diejenigen, die staatlich alimentiert gut davon leben, dass sie mit der völlig schwachsinnigen Gender-Theorie materiell ein gutes Auskommen haben. Veranstalter ist die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), der Think Tank (wie man das heute nennt) oder die Denkfabrik der CDU. Ja, Denkfabrik! Die Konrad-Adenauer-Stiftung ist eine weltweit aktive Denkfabrik, die trotz der sogenannten Modernisierung ihrer Mutterpartei unter der Vorsitzenden Angela Merkel großartige Referenten auf hochwertigen Veranstaltungen aufbietet, kluge Denkschriften verfasst (bei denen man nicht immer sicher ist, dass die von den Spitzen der Union auch gelesen werden) und nebenbei weltweit hilft, christlich-demokratische Überzeugungen zu verbreiten.

Die Adenauer-Stiftung in Rheinland-Pfalz hat unter ihrem unerschrockenenen und großartig unkonventionellen Leiter Karl-Heinz van Lier zu einer Veranstaltung mit dem schönen Titel „Gender, Instrument der Umerziehung?“ eingeladen. Nun werden unermüdliche CDU-Hasser wie mein Facebook-Freund Andreas an dieser Stelle einwenden: Warum steht denn da ein Fragezeichen? Und ja, wenn Gender neben grassierendem Schwachsinn eins ist, dann ein Instrument zur Umerziehung. Van Lier begründet das in seiner Einladung überzeugend: „Wer heute Mann ist, kann sich morgen als Frau definieren. Dass diese auf Selbstoptimierung ausgerichtete Ideologie die Familie negiert, mit dem christlichen Menschenbild nichts zu tun hat, ist offenkundig.“ Ja, das ist es. Und als Höhepunkt obendrauf zitiert der Mann von der Adenauer-Stiftung Papst Franziskus, der den Gender-Quatsch als „einen Weltkrieg, um die Ehe zu zerstören“ bezeichnet hat. Ein wichtiger Mann in der Stiftung der CDU bezieht sich öffentlich auf den Heiligen Vater – Peng! Das hat es lange nicht mehr gegeben…

Diese kleine Episode ist nur eine von vielen Entwicklungen, die sich seit der Bundestagswahl in der Merkel-Union zeigen. Die einst uneinnehmbar scheinende Machtzentrale rund um die angeblich alternativlose Partei- und Regierungschefin bröckelt. Der Berliner Kreis konservativer CDU/CSU-Bundestagsabgeordneter, der in der Vergangenheit oftmals auf Wolfgang Bosbach reduziert wurde, kommt zu neuer nicht geahnter Blüte. Waren es in der vergangenen Legislaturperiode ganze 17 wackere Mitglieder, die sich zum Konservativ-sein bekannten – was Mut erfordert in Muttis Partei – so sind es jetzt schon 35, Tendenz steigend. In einem Positionspapier, das vergangene Woche in Berlin vorgestellt wurde, redeten die Abgeordneten des Berliner Kreises Klartext, dass es nur so krachte: „Die historisch schlechtesten Ergebnisse in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, die Stammländer der CDU waren, sind bitter für die gesamte Union und ihr bisher schwerster Rückschlag. Die Ursachen sind nicht nur zu suchen in der Flüchtlingspolitik, sondern auch in der Tatsache, dass die CDU mit ihrem gesellschaftspolitischen Kurs Platz geschaffen hat für eine Partei rechts von ihr.“ Und das ist die AfD, der Merkels verheerender Kurs allein im September 2017 eine Million frühere Unionswähler direkt zuführte.

Unter dem Label „WerteUnion“ versammelt inzwischen Alexander Mitsch aus Baden-Württemberg überall in Deutschland Konservative Kreise und Konservative Aufbrüche um sich, denen sich inzwischen mehrere Tausend Mitglieder von CDU und CSU angeschlossen haben sollen, die die Talfahrt ihrer traditionsreichen Partei nicht mehr tatenlos erleiden wollen.

Erst Anfang Dezember hatten mehrere CDU-Urgesteine wie sogar der eigentliche „Modernisierer“ Jürgen Rüttgers ein schärferes Profil seiner Partei angemahnt. Hamburgs ehemaliger Bürgermeister Ole von Beust kritisierte: „Man kann nicht alles verdecken mit der These: Uns geht’s so gut wie noch nie.“ Der frühere Umweltminister Klaus Töpfer übte indirekt Kritik an CDU-Generalsekretär Peter Tauber, als er sagte: „Ich fände es ganz prima, wenn wir wieder so eine ganz profilierte Persönlichkeit als Generalsekretär hätten, der mit strategischem Denken die Themen anstößt, die wir hinterher auch im Regierungshandeln wieder aufgreifen können.“

Die Kanzlerdämmerung hat nicht nur begonnen, am Horizont wird es für jeden sichtbar dass es jeden Tag dunkler wird…




Es muss endlich mal eine(r) aufstehen

Die Merkel-Dämmerung ist im politischen Berlin überall greifbar. Nach der Pleite bei der Bundestagswahl, die die Frau aus der Uckermark wohl zunächst wieder ins Kanzleramt spülen wird, ist der Nimbus der Unbesiegbarkeit weg. Ja, die Union ist weiter mit Abstand stärkste politische Kraft im Land, aber noch eine Klatsche wie am 24. September kann sich die Partei nicht leisten. Dazu kommt ein beträchtlicher Aderlass an Mitgliedern, keineswegs nur der hohen Sterberate in einer überalterten Partei geschuldet.

Das nächste Reformvorhaben im deutschen Parteiensystem ist die CDU. Kaum vorstellbar, dass die notwendigen Schritte dazu von Angela Merkel selbst eingeleitet werden. Ein Bundestagsabgeordneter der CDU sagte mir dazu letztens in einem Vier-Augen-Gespräch: „Die interessiert sich vielleicht noch für Europa, aber die deutsche Innenpolitik ist der egal.“ Ist DER egal… Respekt geht anders.

Wer soll’s denn machen, fragen Sie jetzt vielleicht. Kanzlerin – im Moment wohl alternativlos. Parteivorsitzende – jederzeit ersetzbar, wenn sich die Partei endlich dazu durchringt. Vorstellbar wären ein halbes Dutzend Kandidaten und Kandidatinnen. Ursula von der Leyen? Das wäre ein Treppenwitz, nachdem sie einst die Familienpolitik der Union pulverisiert hat. Und nun mit dem Ruinieren der Bundeswehr ihr Meisterstück an Diletantismus abliefert. Aber Julia Klöckner? Jens Spahn? Carsten Linnemann? Günter Krings? Alles möglich, alles gute Leute. Nur: Es muss endlich mal einer aufstehen…




GASTSPIEL CHRISTEAN WAGNER: Angela Merkel muss ihren Kurs korrigieren

Die deutsche Politik hat in diesen Monaten die schwierigste Phase der Regierungsfindung und -bildung zu bestehen, die es seit Gründung der Bundesrepublik gegeben hat. Dieser Sachverhalt folgt aus der Tatsache, dass sowohl Union als auch SPD bei der Bundestagswahl ihr historisch jeweils schlechtestes Ergebnis erhalten haben. Der erste Anlauf, eine Koalition zu schmieden, ist gescheitert. Die FDP hat die sogenannte Jamaika-Sondierungen beendet, weil sie bei einem Teil der Spitzenvertreter der Union eine größere Nähe zu den Grünen befürchtete. Die SPD hat noch am Wahlabend eine Große Koalition ausgeschlossen. Der Wähler hat mit seiner Stimmabgabe seine Pflicht getan. Nun sind die Gewählten dran. Diese haben das Wahlergebnis nicht zu beklagen, sondern zu gestalten. Auf Druck des Bundespräsidenten öffnet sich nun in diesen Tagen die SPD für Gespräche mit der Union. Zweifellos wäre für die Stabilität einer neuen Bundesregierung eine verbindliche Koalition zwischen Union und SPD das Beste. Aber sicher ist die nicht. Deshalb wäre es vorschnell, eine Minderheitsregierung kategorisch auszuschließen. Sie hätte auch ihre Vorteile, sie kann allein durch administratives Agieren Kontinuität und Stabilität wahren.

Einen wesentlichen Beitrag zur Stabilität unseres Landes muss die Union selbst leisten, indem sie selbstkritisch und schonungslos die Ursachen für ihr schlechtestes Wahlergebnis seit 1949 offenlegt. Die CDU hat in allen Bundesländern, in denen sie angetreten ist (also außerhalb Bayerns ohne CSU), 26,9 Prozent erzielt – ein nicht hinnehmbarer Tiefstand! Hier ist die Parteivorsitzende Merkel gefordert. Anstatt eine sichtbare Kurskorrektur vorzunehmen, weicht sie seit dem Wahltag beharrlich einer Fehleranalyse aus und behauptete wenige Stunden nach Schließung der Wahllokale, sie wisse nicht, was sie falsch gemacht habe und was sie jetzt anders machen müsse. Wenn sie vorschnell reklamiert, sie wolle im Falle von Neuwahlen wieder Spitzenkandidatin sein, dann muss sie erklären, mit welchen Inhalten und Korrekturen sie sicherstellen will, dass das katastrophale Ergebnis sich nicht wiederholt. Dazu gehört, dass sie ihre Regierung verjüngt und für personelle Neuanfänge sorgt. Ursachen für das schlechte Abschneiden sind zweifellos die Flüchtlingskrise und die Vernachlässigung der liberal-konservativen Anhängerschaft. Beides hat zum Erstarken der AfD geführt. Hier liegt der fundamentale Korrekturbedarf!

Der Autor ist Sprecher des Berliner Kreises, eines Zusammenschlusses konservativer CDU-Politiker




Ein Abend bei der CDU in der Provinz

Die „große Volkspartei der Mitte“ (eigene Einschätzung) wurde bei der Bundestagswahl im September arg gerupft. 2,8 Millionen frühere Unionswähler kehrten CDU und CSU den Rücken, die meisten wanderten zu FDP und AfD ab. Was liegt für ein CDU-Mitglied also näher, als der Einladung zur Mitgliederversammlung in unserer Kleinstadt nach langer Zeit mal wieder zu folgen?

Der erste Eindruck ist erstaunlich positiv. 550 Mitglieder hat die Partei bei uns, für 70 war der Saal bestuhlt, schließlich drängten sich 126 Parteifreunde im Raum. Stühle und Tische wurden reingetragen, 26 leute saßen an unserem Tisch. Mineralwasser gab es reichlich, aber nur sechs Flaschen Bitburger standen bereit. Das können die Freunde von der bayerischen Schwesterpartei besser, wie ich letztens in Landshut erleben durfte.

19.30 Uhr, wenig Bier und zum Verzehr nur „Weckmänner“. Na gut, ein paar mehr aufgeweckte Parteifreunde und -freundinnen könnten der Union in diesen Zeiten gut zu Gesicht stehen…

Ich will sie nicht mit Regularien und Wahlergebnissen langweilen, aber zwei Dinge möchte ich Ihnen erzählen. Der neue Vorsitzende erhielt ohne Gegenkandidaten 30 Prozent Gegenstimmen. Der vorgesehene Geschäftsführer fiel ohne Gegenkandidat in zwei Wahlgängen krachend durch. Die Regie, die in der Partei Adenauers und Kohls, über Jahrzehnte reibungslos lief, hat Risse bekommen in der Provinz. Das war auch an den Tischen überall festzustellen, wo in einer Respektlosigkeit gegenüber der Parteivorsitzenden Merkel geredet wurde, die ich wirklich bemerkenswert fand.

Vielleicht erinnern Sie sich: CDU ist die Abkürzung für Christlich Demokratische Union, ein stolzer Anspruch, der sich in diesem Namen manifestiert. 18 Mitglieder wurden an diesem Abend in Funktionen gewählt oder nicht. Sie alle durften sich der Basis kurz vorstellen. Wir erfuhren, wer wie viele Kinder hat, wer verheiratet ist, wer einen Hund hat, wer was beruflich macht und wie lange er oder sie schon Mitglied ist und was im Schützen- und Sportverein geleistet wurde – Volkspartei halt. Nur eins fehlte: 17 Kandidaten erwähnten nicht, ob sie einer Kirche angehören, katholisch oder evangelisch sind. Lediglich ein Kandidat erwähnte, er sei evangelisch. Der Mann ist gebürtiger Japaner mit doppelter Staatsbürgerschaft. Er sagte auch, er bewundere Konrad Adenauer und sei stolz, in diesem großartigen Deutschland leben zu dürfen. Er war der Einzige, der an diesem Abend so etwas sagte…




Die Zeit ist reif: Von Sebastian Kurz lernen, heißt siegen lernen!

„Das Wahlergebnis zeigt, dass der Wunsch nach Veränderungen sehr groß ist in Österreich.“ So analysierte der Chef der rechtskonservativen Freiheitlichen Partei FPÖ, Heinz-Christian („HC“) Strache, gestern Abend seinen Wahlerfolg. Der Wunsch nach Veränderungen ist groß in Österreich, das stimmt. Der Wunsch nach Veränderungen ist überall in Europa groß, in den USA war er so groß, dass er sogar Donald Trump ins Oval Office spülte. Und in Deutschland ist der Wunsch nach Veränderungen ebenso groß. Am Abend wurde in einer TV-Analyse präsentiert, dass 57 Prozent der Deutschen der Auffassung sind, zwölf Jahre Bundeskanzlerin Angela Merkel seien genug.

In Niedersachsen hat die SPD gewonnen, und die CDU verloren. Die programmatisch entkernte Merkel-Union ist trotz Auftrag zur Regierungsbildung im Bund ein Schatten ihrer selbst. Keine frischen Ideen, keine beflügelnden Zukunftsvisionen… Und dann das Führungspersonal: kein Esprit, nichts Frisches, keine Begeisterung: Merkel, Tauber, Kauder und Altmaier. Fehlt noch, dass sie Herrn Polenz ins neue Kabinett holen…

Vergleichbar war auch die Situation bei der österreichischen Schwesterpartei der Union. Die ÖVP war genau so satt, selbstverliebt und lethargisch wie die Führungsriege (Einzelne natürlich ausgenommen) der selbstproklammierten Volkspartei der Mitte namens CDU. Weit weg von dem, was die Bürger denken und wollen, überhebliche Besserwisser, die sich über ihre Altersversorgung freuen.

Und nun Sebastian Kurz – 31 Jahre jung, bald der jüngste Regierungschef Europas. Ein bekennender Europäer, ein Konservativer, ein smarter Typ, der daran glaubt, dass Politik etwas zum Positiven verändern kann. Wenn man den richtigen Kompass, wenn man den Willen zur Veränderung und das Charisma hat. Die ÖVP ist die Blaupause, das Gegenmodell zur abgewirtschafteten Merkel-CDU. Es gibt auch smarte Jungs und Mädels in ihren Reihen zwischen 30 und 40 Jahren. Die Namen sind bekannt. Ich will ihnen hier nicht schaden, indem ich sie noch einmal nenne. Aber, Freunde: Die Zeit ist reif. Wann, wenn nicht jetzt, ist der Zeitpunkt aufzustehen? Wann, wenn nicht jetzt dem Abwärtssog entgegentreten? Ja, Angela Merkel wird noch einmal Kanzlerin. Aber ihre Tage an der Spitze der CDU sind gezählt. Die Zeit ist gekommen, die Machtfrage in der Union zu stellen. Und es müssen gemäßigte Konservative sein, die diese Machtfrage stellen.

Haben Sie noch Zweifel? Dann schauen Sie auf Sebastian Kurz und was er aus der ÖVP macht. Von ihm lernen, heißt siegen lernen…




Muttis Zeit läuft ab, die Ära der jungen Männer hat auch in der Union begonnen

Eine echte Revolution gab es nicht, Rücktrittsforderungen an Angela Merkel nur vereinzelt und wenn, dann begleitet von kräftigen Buh-Rufen. Aber der Wille zu programmatischer Klarheit und einem personellen Neuanfang der Union war beim Deutschlandtag der Jungen Union in Dresden mit Händen zu greifen. Die Junge Union? Ist das nicht ein Haufen Karrieristen, die immer mal zum großen Wurf ansetzen und sich dann aber nicht trauen? Nein, genau das ist sie nicht, die Parteijugend von CDU und CSU. 110.000 Mitglieder stark, ist sie ein wichtiger Faktor bei jedem Wahlkampf ihrer Partei. Es sind die JUler, die an den Infoständen in Fußgängerzonen stehen, die den Grill beim Sommerfest der Ortsunion und die Bierbänke aufbauen. Es sind Jungunionisten, die Flyer in die Briefkästen der Haushalte verteilen, die Kandidaten bei Hausbesuchen begleiten und orangefarbene „Team“-T-Shirts tragen. Ohne die JU würde Vieles nicht mehr laufen in der träge und langweilig gewordenen Volkspartei der Mitte. Jens Spahn, den inzwishen viele in der Union als Gegenmodell zu Merkel sehen, bringt es auf den Punkt: „Glaubt denn irgendjemand ernsthaft im Saal, wir hätten in Baden-Württemberg zwölf Prozent an die AfD verloren – wegen der Pflegepolitik?“ Der Saal jubelt. Spahn wird nach seinem 40-minütigen Grußwort vom Nachwuchs der Partei gefeiert wie ein Popstar. Und manch einer wird einen kurzen Gedanken an Sebastian Kurz von der österreichischen Schwesterpartei ÖVP zugelassen haben. Neue Gesichter, junge Anführer sind gefragt bei den Bürgerlichen. Kurz macht es vor, Lindner hat es bei der FDP gezeigt und Spahn könnte der Mann der Zukunft bei der CDU sein. Mutti? Die ehrt man, aber der vertraut man nicht die Zukunft an.

Sie haben sich alle nochmal in bequeme Ämter gerettet, die Wahlverlierer. Merkel wird wieder Kanzlerin und moderiert eine Koalition mit Grünen und CSU – viel Spaß dabei! Seehofer wird in seiner CSU unverholen als Auslaufmodell betrachtet – von den eigenen Parteifreunden. Peter Gauweiler hat es knackig zusammengefasst: „Horst, es ist Zeit!“. Als Peter Tauber, der überforderte Generalsekretär in der Tradition eines Ruprecht Polenz, beim Deutschlandtag einzog, erntete er Pfiffe aus dem Auditorium. CDU/CSU-Fraktionschef Kauder fuhr bei seiner Wiederwahl ein grottenschlechtes Ergebnis der Abgeordneten ein. Und über Peter Altmeiers unsägliches Zitat aus der vergangenen Woche will ich hier gar nicht anfangen…

Sie sind die Leute von gestern, die sich hier nochmal die Pfründe und Dienstwagen gesichert haben. Ein Skandal, dass niemand, wirklich niemand von denen die Verantwortung für den katastrophalen Wahlkampf und die historische Niederlage übernimmt, die zudem – bisher ein No-Go – mit der AfD eine starke Partei rechts der Union in den Bundestag spülte. Merkels Zeit ist vorbei, sie weiß es nur noch nicht. Die Zeit der Spahns, Linnemanns und Ziemiaks (JU-Chef) hat längst begonnen.




Was die moderne Volkspartei der Mitte und die Titanic gemeinsam haben

Armin Laschet, Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen und CDU-Landesvorsitzender, hat sich festgelegt. Neun Prozent Verlust – das ist doch kein Problem. Eine Kursänderung der Union werde es wegen so einer Lappalie nicht geben. Und wenn Armin Laschet das sagt, dann ist das so, denn als NRW-Ministerpräsident ist er ein mächtiger Mann und – das wiegt in der KanzlerInnen-Partei noch viel schwerer – er ist in Berlin bei Hofe gut gelitten, einer der treuesten Gefolgsleute Merkels durch alle Stürme.

Eine Kurskorrektur wird es also nicht geben bei der CDU? Wenn alle weiter mittanzen und einmal im Jahr brav 11 Minuten und 40 Sekunden Beifall klatschen, wird es eben weiterhin ein großangelegtes Konjunkturprogramm für AfD und FDP geben. 33 Prozent ist für die Union ein schwacher Wert, aber da ist auch noch viel Luft nach unten.

Ein Freund, CDU-Mitglied in Nordrhein-Westfalen, schrieb mir eben über seinen Landesvorsitzenden: „Das ist wie auf der Titanic, nur dass der Kapitän noch Gas gibt statt dem Eisberg auszuweichen…“ Mir fällt da zum gleichen Thema ein schöner Satz ein, den ein norwegischer Freund in ähnlichem Zusammenhang mal zu mir sagte: „It’s like arranging the tables on deck of the Titanic…“




DIE UNION VOR EINER ZEITENWENDE: Es müsste endlich einer aufstehen und sagen: „Danke, Kanzlerin, aber es reicht!“

Angela Merkel und die sie tragenden Unionsparteien haben bei der Bundestagswahl gestern die meisten Wähler hinter sich versammelt. Im Berliner Konrad-Adenauer-Haus wurde begeistert geklatscht, nun möchten die führenden Köpfe der CDU gern zurück an ihre alltägliche (Regierungs-)Arbeit gehen. Die internen Wahlanalysen werden wie nach den für die CDU desaströsen Landtagswahlen vor zwei, drei Jahren schnell abgehandelt sein. Weiter so! „Voll muttiviert!“ Die hippen Berater mit Fünf-Tage-Bart schreiben üppige Rechnungen und trinken ein Gläschen Barolo dazu. Kölner würden sagen: „Es hät noch imma joot jejange…“ Aber nichts ist gut bei der Union am Tag danach.

Diesmal nicht. Der CDU und der CSU steht eine Zeitenwende bevor. Die Strategie der „Modernisierung“, das Schielen auf die sogenannten „urbanen Millieus“ durch Übernahme vieler über Jahrzehnte als falsch erkannt und bekämpften linksgrünen Themen (unkontrollierte Massenzuwanderung, Homoehe, der unwissenschaftliche Gender-Quatsch) ist ein politischer Rohrkrepierer, wie ihn das politische Deutschland selten erlebt hat. „Wer erfahren will, wie es der CDU in Zukunft ergeht, schaue sich die Entwicklung der ÖVP an“, sagte mir vergangenes Jahr ein Journalist nach einer gemeinsamen Podiumsdiskussion in Wien am Buffet. Und wenn man heute die ÖVP unter ihrem neuen Superstar Sebastian Kurz anschaut, bekommt man eine Ahnung davon, was für eine bürgerliche Partei auch in Deutschland möglich wäre, die sich programmatisch klar aufstellt und ein neues, überzeugendes Gesicht an der Spitze präsentiert. Doch dazu später…

Union und SPD sind die großen Verlierer des Wahlabends, AfD und FDP die Gewinner. Bei der SPD kündigte sich das Desaster schon vor Wochen an, die Union hatte mit 41,5 Prozent vor vier Jahren wenigstens ein ordentliches Polster, das rund neun Prozent Verlust wegstecken lässt …wenigstens ein Mal.

Neun Prozent Verlust insgesamt, auch die bayerische Überpartei CSU quer durch den Freistaat gerupft – und kommendes Jahr ist dort Landtagswahl, eine absolute Mehrheit oberste CSU-Pflicht. Nein, es geht nicht so weiter. Die Union muss kernsaniert werden, oder sie wird über kurz oder lang den Weg anderer christdemokratischer Parteien in Europa antreten …nach unten. Eine Volkspartei ist nur dann Volkspartei, wenn sie auf ihr Volk hört. Anfang 2016 gab es in Deutschland eine repräsentative Meinungsumfrage des YouGov-Instituts, nach der 70 Prozent der Befragten der Meinung sind: Der Islam passt nicht zu Deutschland. 70 Prozent! Haben Sie im Deutschen Bundestag auch nur einen einzigen Abgeordneten von CDU/CSU gehört, der das dort vom Rednerpult aus vertreten hat?Dabei geht es gar nicht um Abstimmungen oder Mehrheiten. Ein einziger, der es wenigstens mal erwähnt hat?

Politiker der Union gehen gern zur Vernissage ins alternative Kulturzentrum, zur Moschee-Eröffnung und zum Christopher Street Day. Das dürfen und sollen sie, wenn ihnen danach ist. Aber es würde zum Profil einer Volkspartei der Mitte passen, wenn ihre Spitzenpolitiker häufiger bei Freiwilliger Feuerwehr und Landfrauen vorbeischauen oder sonntags in der Kirchenbank sitzen und um Vergebung ihrer Sünden beten. Um die eigenen Leute kümmern, die eigenen Wähler dort abholen, wo sie sind, Flagge zeigen, wo es eben nicht nur modern und hipp zugeht. Denn dort drängeln sich ja schon all die anderen.

Ein (CSU-)Freund aus München wiederholte vor Jahren in den sozialen Netzwerken immer wieder wie ein Mantra, dass es a) kaum noch Konservative in Deutschland gebe und b) die wenigen verbliebenen ja nichts anderes wählen können als die Union. Ja, wieder so eine Expertenmeinung, die kläglich in sich zusammenfällt.

Neun Prozent verlieren und einfach so weitermachen wie immer? Das wird dieses Mal nicht funktionieren. Angela Merkel hat verloren und dennoch gesiegt. Und als Bundeskanzlerin ist sie derzeit alternativlos. Oder wollen Sie Martin Schulz oder Alexander Gauland lieber als deutschen Regierungschef? Aber muss eine Parteivorsitzende nach solch einer krachenden Klatsche weiterhin Parteivorsitzende bleiben, die allein eine Million CDU-Wähler von der Bundestagswahl 2013 an die rechtskonservative AfD verloren hat – so wie hunderttausende Parteimitglieder in ihrer Amtszeit? Werden sich die Freiheitlich-Konservativen Aufbrüche in der Union, die unter dem Dach einer WerteUnion beachtlichen Zulauf gefunden haben, endlich trauen, personelle Konsequenzen zu fordern? Trennung von Parteiamt und Kanzleramt wäre schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. Den Rücktritt des Generalsekretärs Peter Tauber immerhin haben sie am Abend schon gefordert. Und wer die Stellungsnahmen der Altmaiers und Kauders gestern Abend im Fernsehen gesehen hat, der weiß: es muss sich dringend etwas verändern an der Spitze der Christlich Demokratischen Union.

Wirtschaftlich und finanziell steht unser Land gut da, Wohlstand und soziale Sicherheit sind höchst respektabel im Weltmaßstab. Aber in Fragen der Inneren Sicherheit ist viel zu tun, bei der Sicherung unserer Grenzen, bei der Abschiebung rechtskräftig abgelehnter „Flüchtlinge“. Warum finanzieren CDU-geführte Regierungen mit Millionenbeträgen aus unserer Steuern linksextreme Netzwerke und dubiose Stiftungen, die sie dann selbst bekämpfen? Warum fördern CDU-Regierungen den Gender-Schwachsinn mit Millionenbeträgen, gegen den der sogenannte Kreationismus christlicher Fundamentalisten lupenreine Wissenschaft ist? Warum machen die C-Parteien in Baden-Württemberg, Hessen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen mit bei der Frühsexualisierung von Kleinkindern? Das C, liebe Freunde aus der Union, ist nicht ein Marketinginstrument, es ist ein Gütesiegel. Kein Programm für politischen Handeln, aber ein Kompass, was richtig ist und was falsch.

Ein guter Freund, der seit Jahrzehnten immer treu bei jeder Wahl die CDU gewählt hat, antwortete mir vor drei Wochen am Telefon auf die Frage, was er denn diesmal wählen werde, lapidar mit „Die AfD“. Und ich fragte ihn, wie das denn sein könne und was sein Grund dafür sei. Er sagte entwaffnend: „Ich habe die Schnauze voll!“ So viel zum Thema, die Konservativen können ja nichts anderes wählen außer Merkel.

Nochmal zurück nach Österreich mit einem Blick auf die über viele Jahre schwindsüchtige ÖVP, dort sozusagen die schwachbrüstige Volkspartei der Mitte. Ich habe mir am Wochenende den Wahlkampfauftakt von Sebastian Kurz in einer überfüllten Halle auf Facebook angeschaut, den jungen, sympathischen, rhetorisch brillanten Hoffnungsträger. Und ich habe mir durchgelesen, was die vielen Bürger dort im Forum kommentierten. Auffällig viele outeten sich als Deutsche, die begeistert waren und immer wieder schrieben: So einen brauchen wir auch in Deutschland! Und das ist wahr. Es gibt solche auch in Deutschland. Sie müssen nur endlich aufstehen und sagen: „Danke, Kanzlerin, aber es reicht!“