Drei AfD-Abgeordnete auf „Informationsreise“ im Donbass

Der Bundesvorstand der AfD ist ein klein wenig nervös. In Niedersachsen stehen demnächst Landtagswahlen an, und Umfragen sehen die dort durch Flügelkämpfe, Intrigen und Austritte gebeutelte Partei derzeit bei sieben Prozent.

Da kommt die anscheinend mit der Parteispitze völlig unabgestimmte  „Informationsreise“ dreier AfD-Politiker nach Russland und in von russichen Soldaten besetzten Gebiete im Osten der Ukraine gerade etwas…unpassend.

Hans-Thomas Tillschneider, stellvertretender Vorsitzender der AfD-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt, sein Fraktionskollege Daniel Wald und aus NRW der Landtagsabgeordnete Christian Blex wollen nicht mehr von den bösen deutschen Propagandamedien desinformiert werden, sondern mal herausfinden, wie es wirklich so ist im Donbass mit den ukrainischen Faschisten und der sogenannten „Befreiung“ durch Herrn Putin.

Nun fragt man sich unwillkürlich, wie man einfach da einreisen kann, und wie weit wohl jemand wie ich da rein käme oder auch die meisten von Ihnen. Ohne Protektion von Moskau, ohne organisatorische Hilfe des russischen Militärgeheimdienstes GRU ist das nicht vorstellbar.

Der Berliner „Tagesspiegel“ berichtet unter Berufung auf den – für gewöhnlich gut informierten US-Think Tank -, dass das Robert Lansing Institute Informationen habe, dass die AfD-Gruppe wohl mit anderen Polit-Touristen in die russische Stadt Rostow geflogen wird und von dort in den Donbass gefahren. Woher ein Think Tank sowas weiß? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…

Der NRWler Blex war übrigens 2018 schon einmal auf der völkerrechtswidrig von Russland annektierten Krim für einen Fototermin russischer Gast. Und weil er schonmal unterwegs war und genügend Hemden eingepackt hatte, flog er dann auch noch „privat“ weiter nach Syrien. So privat, dass er einenMinister der syrischen Regierung traf, die nur noch im Amt ist durch die massive militärische Einmischung Russlands dort.

Aber, wie sagt man in der AfD so schön: Hat alles nix mit nix zu tun…

Jedenfalls hat der AfD-Bundesvorstand gestern mit 10 Ja- und einer Nein-Stimme bei einer Enthaltung beschlossen:

„Die Bundesvorstand fordert die unter anderem aus drei Landtagsabgeordneten unserer Partei bestehende Reisegruppe auf, die Organisation und Durchführung ihrer Reise vollumfänglich offenzulegen und jegliche die Reise betreffende Kommunikation vorab mit dem Bundesvorstand abzustimmen.“

Ich denke, das ist eine sehr gute Idee des AfD-Bundesvorstandes.




Flügelschlag über Niedersachsen

Von Björn Höcke hört man wenig in den vergangenen Monaten – außer natürlich im unmittelbaren Zusammenhang mit der Landtagswahl in Thüringen, seiner Heimatbasis. Da hat er mit der AfD einen starken Wahlerfolg eingefahren. Und danach der saft- und kraftlosen CDU ein vergiftetes Stück Kuchen angeboten. Er sei bereit, selbst aus der ersten Reihe zurückzutreten und die AfD werde einen Ministerpräsidenten Mike Mohring von der CDU unterstützen, um den Freistaat vom rot-rot-grünen Regierungselend zu befreien.

Kluger Schachzug, sich als den Retter des Abendlandes zu inszenieren, wohl wissend, dass Mohring und die CDU ein solches Angebot nie und nimmer annehmen kann und wird. Nach der Dresdner „Schuldkult“-Rede ist der Name Höcke Synonym für eine AfD, mit der niemand koalieren, je nicht einmal zusammenarbeiten will.

Und weil er weiß, das das so ist, wirkt er nicht mehr als Marktschreier auf dem Domplatz in Erfurt oder als „Schuldkult“-Apologet im Bierkeller, sondern als Strippenzieher im Hintergrund.

So auch am vergangenen Samstag, als ein „privates Treffen“ bei einem AfD-nahen Unternehmer in Niedersachsen stattfand. Handverlesene Gäste des Flügels fanden sich da ein zum „Widukind Treffen“. Zwei niedersächsische Landtagsabgeordnete der AfD nahmen ebenso teil wie zwei Bundestagsabgeordnete. Und ein Gast aus Nordrhein-Westfalen, der Warendorfer Landtagsabgeordnete Christian Blex, wie Höcke ein Lehrer, im Nebenjob „Flügel“-Freund. Als die erste Reisegruppe der AfD aufbrach, um die von Russland annektierte Krim zu besuchen, war Blex natürlich dabei.

Nach Informationen meines Blogs war Blex am Samstag derjenige, der die Teilnehmer einzustimmen versuchte, die gemäßigte Landesvorsitzende Dana Guth und ihren Vorstand abzuschießen. Sie sei zu liberal und müsse aus der Spitze der Landes-AfD verschwinden. Im Mai wird im Landesverband ein neuer Vorstand gewählt. Guth, eine fleißige und durch und durch bürgerliche Politikerin, hatte nach harten Kampf eine Mehrheit hinter sich versammelt. Der AfD-Bundesvorstand hatte ihren Vorgänger Armin-Paul Hampel zuvor des Amtes enthoben, weil er „schwerwiegend gegen die Grundsätze beziehungsweise die Ordnung der Partei verstoßen“ habe. Im Zuge eines Ermittlungsverfahrens waren Hampels Haus und das niedersächsische AfD-Büro durchsucht worden. Das Verfahren wurde bald darauf eingestellt, und Hampel sprach von einem „Missbrauch der Justiz“ gegen die AfD.

Im April 2018 wurde Dana Guth mit 280 gegen 205 Stimmen (für Hampel) zur neuen Landesvorsitzenden gewählt. Es scheint, dass die Verlierer von damals jetzt einen neuen Anlauf zum Sturz der Realpolitikerin Guth nehmen wollen.