Unsere Anführer – was sind das eigentlich für Menschen?

„Lassen Sie es wie einen Unfall aussehen…“ So hätte der Pate im gleichnamigen Welterfolg von Mario Puzo wohl reagiert, wenn Michael Cohen sein Consigliere gewesen wäre. Cohen hatte Glück. Sein Pate war Donald Trump, jetzt Präsident der Vereinigten Staaten. Cohen diente ihm zehn Jahre lang als Anwalt und Consigliere, was viel mehr ist als einer, der Verträge vor der Unterschrift liest oder Mahnbescheide verschickt.

Ein Consigliere ist ein enger Vertrauter und Ratgeber – im berühmten Mafiafilm übrigens von Robert Duvall („Tom Hegen“) brillant verkörpert. Ein Consigliere kümmert sich um alle Wünsche seines Paten. Er lässt Drohungen persönlich überbringen, er besorgt Nutten oder die passenden Leute für Aufgaben, die keiner gern macht, die aber erledigt werden müssen. Er fälscht Dokumente, lügt und betrügt, um seinen Meister im hellen Licht erstrahlen zu lassen. Consiglieri gibt es überall, und sie werden fürstlich bezahlt, für das was sie tun. Und manche zahlen einen hohen Preis für die jahrelange Loyalität. So wie Cohen.

Der muss jetzt für drei Jahre ins Gefängnis, weil er offenbar für Trump das erledigt hat, was erledigt werden musste. Gestern sagte der Ex-Anwalt vor dem Ausschuss für die Kontrolle der Regierungsgeschäfte im amerikanischen Repräsentantenhause aus. Es wurde zu einer totalen Abrechnung.

„Er ist ein Rassist. Er ist ein Betrüger. Er ist ein Schwindler!“ So wörtlich der frühere Consigliere Trumps, während der zeitgleich in Hanoi mit dem Mafioso aus Nordkorea über Atomketen und Maisanbau erfolglos parlierte. Rassist, Betrüger und Schwindler – so nennt einer, der ganz nah an ihm dran war, den heute mächtigsten Mann auf dem Planeten. Beunruhigend ist das schon.

Sie wissen, dass ich ein ambivaltens Verhältnis zu Donald Trump habe. Am Tag, als er gewählt wurde, dachte ich spontan: „Die Amis haben nicht mehr alle Latten auf dem Zaun.“ Nachdem er ein paar Monate im Oval Office präsidierte, fand ich zunehmend Gefallen an ihm – wegen seiner unkonventionellen Art, die Dinge anzupacken. Er machte das, was zu erwarten war, aber auf eine ungewöhnliche Art. Er berief Konservative in den Obersten Gerichtshof, er eröffnete Stahlwerke wieder, die vorher geschlossen worden waren. Seine Leitmotive hießen „America first“ und „Jobs! Jobs! Jobs!“. Sollten das nicht die Leitmotive eines jeden Staatschefs für das eigene Land sein? Frau Merkel, für das eigene Land! Schon mal gehört?

Die Wirtschaft in den USA boomt, Trump droht mit dem Vorschlaghammer, danach schließt er Deals und alle können irgendwie zufrieden sein. Es gab wahrlich schlechtere US-Präsidenten in der Geschichte des Land of the Free. Aber es gab eben auch bessere. Wir alle, die wir wissen, dass Politik ein schmutziges Geschäft ist, wissen natürlich auch, dass Präsidenten lügen und ihre Frauen betrügen. Und wir haben Emanzipation. Wenn irgendwann mal eine Frau im Oral Office (entschuldigen Sie!) einzieht, wird sie mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eine Affäre beginnen.  Mächtige und berühmte Menschen sind so. Warum betrügen Sie ihren Mann? Weil ich’s kann!

Doch jetzt kommt der Aspekt, der für Bürgerlich-Konservative, Christen sowieso, relevant ist. Wir wollen Anführer, die auch irgendwie Vorbild sind. Ich will eine Kanzlerin, einen US-Präsidenten, einen Papst, der oder die (Papst immer DER) Vorbild sind. Natürlich lügen Politiker, und ja, manche von ihnen betrügen ihre Ehepartner. Gefällt mir nicht, ist aber leider so. Aber wenn diese Leute keine Ideale haben, nichts, an das sie glauben und für das sie brennen, dann stellt sich irgendwann die Sinnfrage. Für wen ziehen wir in den ideologischen Kampf um die Zukunft unserer freien Gesellschaften, wenn wir es mit Leuten zu tun haben, die nur ein Ziel kennen: sich selbst…?

Was Cohen gestern aussagte, war das zu Erwartende. Doch was ich wirklich erschütternd fand – wenn es denn wahr ist, was der Anwalt aussagte – war der Zynismus, den Trump an den Tag legt. Schwarze Menschen würde nie für ihn stimmen, habe der Präsident der Vereinigten Staaten zu ihm gesagt. Und weiter: „Dafür sind sie zu dumm.“ Sollte dieser Satz wirklich so gefallen sein, bin ich fertig mit Herrn Trump.