Warum wir allen Grund haben, diese deutschen Wochen zu genießen

Verloren, und doch kein Kater. Ich bin heute Morgen im Deutschland-Trikot zur Bäckerei gefahren, um Brötchen zu holen. Und meine Autofahne bleibt auch noch mindestens bis zum 14. Juli dran. Es ist so gut, mal wieder zu sehen, wie es sich anfühlt, in der Öffentlichkeit selbstbewusst Deutscher zu sein. Schade, dass wir das anscheinend immer nur bei Fußballturnieren hinbekommen. Sonst pfui, böse, wegen der Vergangenheit, Sie wissen schon.

Was mich immer wieder beschäftigt ist, warum viele unserer Landsleute sich in ihrem deutschen Selbsthass geradezu suhlen. Das gibt es  sonst nirgendwo auf der Welt – vielleicht ein bisschen noch in Österreich, aber nicht so ausgeprägt wie hier bei uns.

Die Fußball-EM in Deutschland ist ein positives Aushängeschild für unser Land

Bis auf einen englischen Reporter, der zurecht mit Gelsenkirchen abrechnete, sind die Reaktionen aus ganz Europa super. Unsere Gäste fühlen sich wohl bei uns, wir sehen klasse Fußballspiele, und die wunderbaren Fans aus den anderen Staaten – die Zehntausenden Schotten mit ihren Dudelsäcken, die schon mittags in Münchner Brauhäusern dafür sorgten, dass kein Bier mehr in den Fässern war, die riesigen Menschenmengen orange gekleideter Holländer, die das Hüpfen von rechts nach links und umgekehrt kultiviert haben, all das hat die Sonne scheinen lassen in Deutschland.

Fußball ist eben doch völkerverbindend

Der Sport ist es. Wer zusammen mitfiebert, „Hop, Hop, Hop“ brüllt, Bier trinkt und sich in den Armen liegt, der ist einfach mal raus aus dem vielleicht harten Alltag, der führt keine Kriege und der hasst nicht Menschen aus anderen Ländern.

Und Deutschland ist zurück im Kreis der Fußball-Großmächte

Daran ändert die knappe Niederlage gestern Abend kurz vor Ende der Nachspielzeit nichts.

Natürlich hätten wir den Elfmeter bekommen müssen, das ist doch überhaupt keine Frage. Aber wenn ich gestern in den Sozialen Netzwerken von einer Verschwörung gegen Deutschland durch den Schiedsrichter lese, dann fehlen mir wirklich die Worte.

Kaum einer hat der deutschen Nationalmannschaft bei diesem Turnier etwas zugetraut. Wir haben uns aufgeregt über Rüdigers Finger und über violette Trikots. Aber das entscheidende ist doch: Wir haben eine phantastische Mannschaft, Julian Nagelsmann hat nahezu alles richtig gemacht. Und wir haben nach einem Schiedsrichterfehler kurz vor Abpfiff der Nachspielzeit gegen die beste Mannschaft des Turniers verloren. NA UND?

Ich bin total stolz auf die Leistung unserer Spieler, unserer Nationalmannschaft

Die Stimmung in den Stadien, wie gestern in Stuttgart, war und ist phantastisch. Und in den Kneipen und bei Public Viewings habe ich es selbst erlebt. Einmal bei „Tante Käthe“ im Prenzlauer Berg, einmal zu Hause und dreimal in Dallgow-Döberitz auf der Terrasse der Tanzschule bei Rostbratwurst und kaltem Hefeweizen. Fast alle trugen Deutschlandtrikots, die meisten in Schwarz oder Weiß, vielleicht 5 Prozent in Violett. Mehr als 500 Menschen standen auf und sangen vor dem Großbildschirm „Einigkeit und Recht und Freiheit…“ aus voller Kehle.

Alle, die für Schottland waren oder für Ungarn oder Spanien, alle die sich am Schiedsrichter hochziehen wollen oder an der Trikotfarbe oder an Toni Rüdiger, der übrigens einer unserer besten Spieler war: macht das ruhig! Trinkt stilles Wasser im Keller, grantelt vor euch hin! Irgendwas gibt es immer zu meckern.

Die große Mehrheit, alt oder jung, arm oder reich, Mann oder Frau, politisch rechts oder links, haben mit diesen lächerlichen Kindereien nichts am Hut. Sie, wir genießen diese deutschen Wochen. Und das ist auch gut so….

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Wir haben immer eine Chance – auch und gerade im Fußball

Ein herrlicher Fußballabend war das, oder? Und wie einfach es ist, wenn man will, wenn man sich auf das Wesentliche konzentriert. Den Fußball und den unbedingten Willen zum Erfolg

Auch nach der Reihe vergeigter Spiele unter Ex-Nationaltrainer Hansi Flick habe ich immer an unsere Mannschaft geglaubt. Ich meine, da spielen Jungs, die in ihren Vereinen absolute Spitzenleistungen abliefern, die Champions League gespielt und sogar gewonnen haben. Und dann schreibt ein Facebook-Freund nach dem 1:4 gegen Japan, man solle die „alle rausschmeißen“.

Nein, das Spielermaterial ist da, aber der Rauswurf von Hansi Flick war alternativlos. Und weil man keinen Nationaltrainer zur Hand hatte, musste Rudi nochmal ran. Eine geniale Entscheidung.

Einer von den alten weißen Männern, die schon erfolgreich als Spieler und als Trainer waren. Einer mit einer markanten Frisur, der bei ungünstigem Spielverlauf das Kinn grimmig nach oben recken kann. Und alle wissen dann, die Stimmung ist nicht gut gerade…

Und ein großes Kompliment auch an die über 60.000 Fans im Dortmunder Stadion. Sie machten die Arena vom ersten Moment an zum Hexenkessel, feierten Völler, trieben unsere Nationalmannschaft an.

Und ganz plötzlich lief der Ball, plötzlich kamen die kurzen Pässe wieder an, plötzlich glaubten alle wieder an die eigene Exzellenz.

Wir sind Deutschland. Wir können alles, wenn wir zusammenhalten und an uns glauben

Ich fände es phantastisch, wenn Völler noch bis Ende kommenden Jahres Trainer bliebe und die Europameisterschaft daheim zum Sommermärchen machen würde. Aber das wird nicht passieren.

Gut möglich, dass sie Julian Nagelsmann als Nationaltrainer holen. Aus meiner Sicht wäre das keine gute Entscheidung. Er ist gut, aber zu jung, zu unerfahren für den Job. Und wenn zwei Spiele verloren gehen, kommen die deutschen Selbsthasser wieder aus ihren Löchern und reden alles nieder.

Louis van Gaal wäre klasse, aber der wir dann einem Teil des Publikums auch wieder nicht recht sein, weil nicht toitsch genug. Irgendwas ist immer, und Deutschland ist ein Volk der Jammerer und Miesmacher geworden. Ich fände Magath übrigens super.

Ihr habt uns nach einer langen Dürreperiode endlich wieder einen erfrischenden und erfolgreichen Fußballabend geschenkt, Jungs. Dafür herzlichen Dank!

Aber wir sind noch nicht raus aus dem Tal, jetzt Schritt für Schritt weitergehen auf dem Weg zum Sommermärchen 2024. Und wird Deutschland dann Europameister? Keine Ahnung, schau’n mer mal! Aber wenn wir es wirklich wollen, haben wir immer eine Chance.




Reden wir! Über Deutschland, Ost und West!

Erinnern Sie sich noch an den 17. Juni 1953? Volksaufstand in den DDR? Erinnern Sie sich überhaupt noch an die DDR?

Ich schon

Die DDR ist heute noch präsent, auch wenn es überall Coca Cola und McDonalds in Ostdeutschland gibt. Die Mentalitätsunterschiede zwischen Deutschen in Ost und West sind – bei den Älteren – auch nach 33 Jahren immer noch gravierend. Ich erinnere mich an ein Telefonat mit Hans-Georg Maaßen vor ungefähr vier Jahren. Ich fragte ihn, ob er es für möglich halte, dass alte Stasi-Seilschaften im vereinten Deutschland auch heute noch Einfluss und Macht haben. Seine Antwort: „Wenn, dann in Brandenburg.“

Werde ich nie vergessen, diese Antwort

Die Lebensverhältnisse haben sich stark angeglichen seit 1990, das ist unübersehbar. Weimar, Erfurt, Potsdam, Leizig und Dresden sind phantastische Städte, viel schöner als die meisten vergleichbaren Städte in Westdeutschland. Wenn ich da irgendwo mit Freunden in einem Café sitze, dann kommen Begriffe wie Ossi und Wessi nie vor. In den Sozialen Netzwerken allerdings sind sie täglich präsent. Das nervt.

Wir könnten es so schön haben in Deutschland. Klar, wenn die Politik anders wäre, dann wäre es noch besser, aber bitte: Sie wählen, wie Sie wählen. Scholz, Habeck und Lindner sind nicht als Fallobst vom Baum gefallen, sondern sie wurden von einer Mehrheit der Wähler gewählt. Wenn Sie andere Verhältnisse wollen, dann wählen Sie halt anders bzw. werben dafür, dass viele Bürger anders wählen. So einfach ist das.

Unterschiedliche Mentalitäten sind nicht einfach umzuschalten

Ich habe vor ein paar Tagen darüber geschrieben, wie großartig ich Potsdam finde. Das historische ebenso wie das moderne Potsdam. So wunderbare Bausubstanz, so viele kleine tolle Restaurants, Bagel-Shops und Geschäfte aller Art. Und 20 Prozent wählen hier immer noch die SED in freien geheimen Wahlen. Was ist los mit diesen Leuten? Was läuft da schief?

Ich könnte hier noch stundenlang Beispiele und Begegnungen mit Freunden aus Ostdeutschland zitieren. Aber Sie kennen das Thema ja selbst.

Wir wollen einen Beitrag leisten, dass Deutsche aus Ost und West ins Gespräch darüber kommen, wer wir sind, und wie wir gemeinsam in eine gute Zukunft kommen. Ohne Streit und Neidgunst.

Wir werden am 17./18. Juni 2023 eine Veranstaltung organisieren: „Ost und West am Feuerkorb“, wo wir Sie und Euch einladen, miteinander zu sprechen über das, was gut läuft, über das, was nicht funktioniert, und warum das so ist, wie es ist. Und wie wir voran kommen mit unserer gemeinsamen deutschen Identität. Erzählen Sie Ihre Geschichten und hören Sie, was andere denken!

Die Veranstaltung wird in einer Stadt an der früheren Grenze zwischen Brandenburg und Niedersachen stattfinden. Mehr erfahren Sie, wenn Sie sich JETZT kostenlos und unverbindlich registrieren mit einer Mail an: kelle@denken-erwuenscht.com. Bitte mit Namen, Vornamen, Wohnort!

+++Und wenn Sie einfach nur dafür spenden wollen, dass solche Veranstaltungen stattfinden: das ist natürlich auch möglich: PayPal @KelleKlaus oder durch Überweisung auf DE18 1005 0000 6015 8528 18+++




Deutsches Kulturgut Currywurst

Man nennt sowas heute Fast Food, Street Food oder auch Soul Food, kleine Mahlzeiten für den Hunger zwischendurch.

Wenn Sie wie ich viel unterwegs sind, nutzen Sie die Gelegenheiten, mal schnell an einer Currywurstbude in Berlin eine extra scharf zu bestellen, wenn fünf Minuten mehr Zeit ist, auch mit Pommes Majo, was wiederum nicht gesund für alte weiße Männer mit ein klein wenig Übergewicht ist.

Aber was ist schon gesund an diesem Leben?

Ich habe nichts gegen Döner oder Gyros/Pita, schmeckt mir sehr, aber Currywust ist meine Nummer 1 an der Imbissbude. Seit Jahrzehnten.

Angeblich wurde die Currywurst in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg in Berlin erfunden.

Wo denn auch sonst? Von Herta Heuwer, die (laut wikipedia) seit Sommer 1949 einen Imbissstand an der Ecke Kant-/Kaiser-Friedrich-Straße in Charlottenburg betrieb. Am 4. September 1949 servierte sie, so die Legende, ihren Gästen erstmals eine gebratene Wurst mit einer selbst angerührten Currywurstsauce nach eigenem Rezept. Und schwupps, schon hatte sie ein Stück Weltkulturerbe geschaffen.

Und weil das Geschäft lief, schrieb sie „1. Currywurst-Braterei der Welt“ auf ein Schild vor ihrem Imbiss, ja, sie ließ sich die Wort-Bild-Marke „Chillup“ für ihre Sauce schützen – eine Mischung aus Chilli und Ketchup. Bill Gates und Elon Musk hätten ihre Freude an Hertas Erfolgsgeschichte.

Warum erzähle ich Ihnen das?

Zum einen, weil ich nachher auf den Weihnachtsmarkt gehe, und vermutlich vor dem Glühwein noch schnell eine Currywurst essen werde.

Zum anderen, weil ich gestern an einer Autobahnraststätte an der A 2 in Niedersachsen – auf dem Rückweg von Berlin nach Hause – anhielt, um eine Currywurst zu essen und danach einen Kaffee zu trinken.

Die Currywurst, die mir dort skandalöserweise vorgesetzt wurde, war keine Bratwurst, sondern eine Brühwurst, wie man in meiner Heimat sagen würde: eine Bockwurst.

Und das geht überhaupt nicht. Currywurst muss zwingend Bratwurst sein. Besser nicht in einer Fettpfanne wie in manchen Fußballstadien im Rheinland, sondern auf dem Holzkohlegrill gebrutzelt. HOLZKOHLEGRILL – bei Union Berlin, auf der Bielefelder Alm und in Thüringen weiß man genau, was ich meine. Nur das ist eine echte Currywurst, nur das verdient es, von Ihnen und mir gegessen zu werden.

Guten Appetit!




Patriotismus und Selbsthass passen nicht zusammen

Es ist also genauso gekommen, wie Spötter das erwartet und zunehmend auch öffentlich artikuliert haben. Fußball-WM in Katar, erstes Spiel der Vorrunde, Klatsche gegen Japan. Und wer sich am Abend das 7:0 unseres nächsten Gruppengegners Spanien gegen Costa Rica angeschaut hat – den beschleicht eine Ahnung, dass am Sonntagabend im deutschen Mannschaftsquartier schon die Reisetaschen gepackt werden könnten.

Uli Hoeneß, sozusagen der Vater aller deutschen Fußballmanager, hat es heute in einem RTL-Interview klar ausgesprochen:

„Die WM, wie sie sich derzeit darstellt, wird auf jeden Fall kein Erfolg sein, das ist jetzt schon klar, und sie wird dem Fußball insgesamt auf jeden Fall schaden.“ Amen!

Aber so einfach wollen wir es uns nicht machen. Der Bayern-Ehrenpräsident klagt nämlich nicht nur über das Ansehen der globalen Sportveranstaltung, über sinkende Zuschauerzahlen in den Stadien und vor dem TV-Bildschirmen. Er sagt auch:

„Jahrelang hatte man Zeit genug, die Dinge anzusprechen und die entsprechende Macht auszuüben. Ich glaube, die europäischen Verbände haben überhaupt noch nicht erkannt, welche Macht sie wirklich haben.“

Und das ist der Punkt. Jetzt sind alle gratismutig. Die Mannschaft, unsere Nationalmannschaft, macht sich mit der Beteiligung an der selten dämlichen Binden-Diskussion zum Gespött selbst gutwilliger Fußballfans. Rund um die Uhr wird über fehlende Vielfalt bei der WM und Homosexuellenrechte in Katar in den Medien palavert. Rundfunkmoderatorinnen, deren Namen ich noch nie vorher gehört habe, schaffen es auf Titelseiten, weil sie im Studie diese alberne Binde tragen, die den Sportlern von der FIFA verboten wurde. Und Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist besonders mutig und trägt die Armbinde in der Ehrenloge neben dem peinlichen FIFA-Päsidenten. Wo seid Ihr alle die vergangenen zwölf Jahre gewesen?

Was soll das alles? Ein einziges Kasperletheater, und Deutschland ganz vorn dabei.

Wie Sie wissen, teile ich die Kritik an all dem und noch vielen anderen Dingen im Zusammenhang mit dieser Fußball-WM. Aber ich bin auch Fußballfan, und ich bin Deutscher.

Vorhin war es ein bisschen so wie früher – für 45 Minuten wenigstens und ohne Grill. Mit ein paar Freunden vor der Glotze, Deutschland gegen Japan, Auftaktspiel der deutschen Nationalmannschaft. Bier auf dem Tisch (König Ludwig Hefeweizen), Siegeszigarren griffbereit. Die erstes Halbzeit unserer Mannschaft war richtig gut, schnell, ballsicher, bestens eingestellt. Wer da etwas anderes gesehen hat, der hat vom Fußball nicht den Hauch einer Ahnung.

Was man den Männern im deutschen Trikot vorwerfen kann, ist einzig, dass sie nach dem 1:0 nicht nachlegen konnten. Meine kühne Behauptung, die wir nie belegen können werden: Wäre das zweite Tor kurz vor der Halbzeit nicht aus einer Abseitsposition gefallen, und die Jungs wären mit 2:0 zum Pausentee gegangen, dann hätte die deutsche Mannschaft das Ding gewonnen, vielleicht letztlich sogar noch 3:0. Und Deutschland läge im Siegestaumel. Aber hätte, hätte, Fahrradkette…

Es kam anders, wie Sie wissen.

Die Japaner kamen auf den Platz zurück, rannten und dribbelten und kämpften, als ginge es um ihr Leben. Sie wollten das Spiel gewinnen. Sie zeigten diesen unbändigen Willen, den man früher bei deutschen Mannschaften bewundert hat. Und sie siegten, völlig verdient mit 2:1 gegen unsere Helden, die dafür bei Armbinden und Haltungsgesten aber stilbildend sind.

Viel spricht dafür, dass am Sonntag gegen Spanien für die deutsche Mannschaft Schluss sein wird. Spanien und Japan kommen weiter, die Deutschen fliegen mit ihren ungetragenen Armbinden nach Hause.

Was mich aber bei all dem stört, ist die Häme eines nicht unerheblichen Teils des Publikums gegen die deutsche Mannschaft.

Das macht man nicht. Auch wenn ich das ganze Theater um Manuel Neuer und Oliver Bierhoff und die FIFA und den DFB und die Armbinde und die Hände vorm Mund für ätzend, ja lächerlich, halte, ist dies unsere deutsche Fußballrepräsentanz in aller Welt. „Unsere“ Nationalmannschaft. Und ich weiß nicht, wie man sich als Patrioten verstehen kann und dann unbedingt will, dass die eigene Mannschaft verliert. Da ist dann der Punkt, wo ich nicht mitgehe.

Wenn man „Deutschland zuerst!“ fordert, und aber gleichzeitig hofft, dass unsere Mannschaft in der Vorrunde ausscheidet, dass es im Winter in unseren Wohnungen kalt bleibt, oder – wie neulich ein Vollhonk auf Facebook schrieb – dass „die Russen gleich durchmarschieren bis zum Rhein“, dann ist man nichts eeniger als ein Patriot.

Und im Übrigen: Die deutsche Mannschaft hat noch immer alle Chancen, das Turnier erfolgreich zu bestreiten. Wir werden im Winter beheizte Wohnungen haben in Deutschland. Und die Russen kommen augenscheinlich nicht mal an Cherson vorbei. Also: den Superpatrioten spielen, aber gleichzeitig hoffen, dass alles zusammenbricht, das ist vollkommen unlogisch.

 




Jetzt ist vielleicht die letzte Chance…

Liebe Leserinnen und Leser,

in was für Zeiten leben wir bloß? Krise reiht sich an Krise, Teile der Bevölkerung radikalisieren sich, andere tauchen in Lethargie ab und beschäftigen sich mit den Weihnachtsvorbereitungen. Ich erkenne unser Land an manchen Tagen nicht wieder. All dieser Streit, all dieser Hass, und dabei sollten wir Deutschen doch gerade jetzt zurammenrücken und zusammenhalten.

Ich weiß wirklich nicht, wie das in der Zukunft alles irgendwann wieder gut werden soll.

Die bürgerliche Mitte, das klingt gut, oder? Ist es auch.

Der Mittelstand, der Rechtsstaat, Heimat und Tradition – wir könnten es richtig schön haben. Und ja, wenn Sie Ihre Ersparnisse ein wenig verteilt haben auf Konten in aller Welt, sofern Sie Ersparnisse haben und ein Appartment in der Schweiz, Kroatien oder den Vereinigten Staaten, dann kommen Sie zurecht. Aber wer hat das schon?

Große Teile unserer Gesellschaft bangen, was vor uns allen liegt. Wie bezahlen wir Strom, Lebensmittel, unsere Versicherungen und Darlehen demnächst?

Ich kenne einige wirklich wohlhabende Menschen, die meisten von Ihnen verprassen ihr Geld keineswegs fürs Luxusleben, sondern sie geben der Gesellschaft etwas zurück, wie das so schön heißt, und spenden großzügig für soziale Projekte, für die Armen, für Kinder, die keine Perspektive auf ein gutes Leben haben.

Und dann die andere Seite, die wachsende Verwahrlosung im Volk der Dichter und Denker. Was mir Polizeibeamte erzählen, die bei Durchsuchungen und Festnahmen fremde Wohnungen betreten, das können Sie sich nicht vorstellen. Da leben Leute buchstäblich im Müll, und es scheint sie nicht einmal zu stören, solange der Flachbildschirm flimmert und die Handyrechnung bezahlt ist. Letztens erzählte mir ein Polizeibeamter in Ostdeutschland von einer Wohnung, wo der Kühlschrank innen grün schimmerte, alle Lebensmittel waren seit Monaten abgelaufen. Müll, schmutzige Wäsche überall verstreut, ein mehr als strenger Geruch, vom Klo oder was man Badezimmer nennen könnte, will ich Ihnen gar nicht erzählen hier.

All das passiert im Jahr 2022, im besten Deutschland, in dem wir gut und gerne blabla. Erstmals überhaupt habe ich den Eindruck, dass dieses Land, unser Vaterland, kippen könnte. In nicht allzu langer Zeit. Die Wirtschaft angeschlagen, die Meinungsfreiheit eingeschränkt und Bekloppte da draußen, die Lauterbach entführen und das Deutsche Reich von 1871 neu errichten wollen, mittels Bürgerkrieg. Was ist los da draußen? Und wer leistet Widerstand, wer versucht den drohenden Kollaps aufzuhalten? Die CDU? Die FDP? Die AfD? Ja, glauben Sie das wirklich immer noch?

Ich glaube das nicht. Wir haben viele Jahre gehört, es könnte ja schlimmer sein. Und mussten dann erfahren, dass es aber auch immer schlimmer wurde. Was ich Ihnen sagen möchte: Ich glaube an das Konzept der bürgerlichen Mitte. Wirklich. Ich setze auf die Menschen, die noch arbeiten für ihr Geld. Auf alle die, die durchhalten, die versuchen, ihre Familien zusammenzuhalten, Kinder bekommen und Ihnen eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen. Ich glaube an den Rechtsstaat und unabhängige Gerichte, an freie Wahlen.

Aber, bitte entschuldigen Sie die Formulierung, dazu müssen wir alle endlich den Arsch hochkriegen!

Wir denken doch alle immer, es wird schon irgendwie alles gut. Et hätt noch imma joot jejange…nein, dieses Mal nicht.

Wir müssen uns zur Wehr gegend die schlimmen Fehlentwicklungen setzen, uns ernsthaft mit realer Politik beschäftigen, und organisieren und einen gemeinsamen Kurs einschlagen – nicht alle im Detail einig – aber in der großen Richtung.

Und ich lade Sie, jeden einzelnen, ein, mich auf diesem Weg zu begleiten und zu unterstützen. Bei unserer Schwarmkonferenz Ende Oktober können wir den Startschuss geben. Nicht für eine neue Partei, nicht für wirre Theorien, aber für einen neuen gesellschaftlichen Aufbruch. Die bürgerliche Mitte hat in der deutschen Geschichte so oft versagt, wenn es drauf ankam. Dieses Mal ist Versagen keine Option mehr.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

Wenn Sie Ideen zu diesem Thema haben, und Ihre Gedanken aufschreiben möchten, schreiben Sie mir: kelle@denken-erwuenscht.com!

Wenn Sie noch eine der letzten paar Dutzend Tickets für das Schwarmtreffen vom 28. bis 30. Oktober 2022 in Nordbayern haben möchten, schreiben Sie mir mit Namen, Vornamen, Wohnort ebenfalls an: kelle@denken-erwuenscht.com!

 

 




Nicht alles schlecht in Deutschland

Einer meiner beiden Onkels lebt in Andorra. Nach dem großen Krieg verliebte er sich in den 60ern in die Tochter eines britischen Offiziers und zog nach England. Nicht einfach so als Deutscher damals, aber er kämpfte sich durch, wurde irgendwann Prokurist in einer Firma, dann Geschäftsführer und als er das Rentenalter erreichte, verkaufte er die über viele Jahre angesammelten Aktien und lebt seitdem vom Ersparten aus dieser Zeit heute in Andorra.

Warum erzähle ich Ihnen mal wieder mein Familiengedöns?

Weil es interessant ist, was er sich wünscht, wenn ich Freitag dort ankomme. Vorweg muss ich sagen, mein Onkel stammt wie unsere ganze Kelle-Sippe aus einem kleinen Kaff namens Lage im schönen Lippe. Und die Erinnerungen sind offenbar nicht verblasst, denn er bat mich, ob ich ihm wohl lippische Landleberwurst mitbringen könne.

Vielleicht sollte ich erwähnen, dass mein Onkel inzwischen 95 Jahre alt ist und neben den üblichen Gebrechen des Alters in bester Verfassung. Er selbst führt das darauf zurück, dass er auch heute noch manchmal auf seiner Terrasse dem Sonnenuntergang zuschaut und dabei einen Scotch trinkt und eine gute Zigarre raucht.

Aber seine Zeit in Lage ist ungefähr 60 Jahre vorbei. 60 Jahre! Und er möchte die Leberwurst von damals. Ja, die Heimat…

Ich habe die natürlich inzwischen besorgt und noch Pommersche Landleberwurst, weil die auch sehr gut ist. Und ein paar Flaschen verschiedener bayerischer Biersorten und für seine Lebensgefährtin gibt’s – auch auf ihren ausdrücklichen Wunsch – Marzipan aus Lübeck.

Lerne: Es ist nicht alles schlecht in Deutschland!




Auf Dauer ist Peking die einzige globale Herausforderung für den Westen

Der Angriff Russlands auf die Ukraine überdeckt seit drei Monaten jedes andere Thema in diesem Teil der Welt und damit natürlich auch in Deutschland. Putins Russland und der aggressive globale Islamismus – so denken viele Deutsche –  sind außenpolitisch unsere größten und gefährlichsten Herausforderungen. Doch diese Sichtweise ist verengt. In Südostasien lauert eine ungleich größere Herausforderung auf Deutschland, Europa und die westliche Welt: China.

China hat eine Strategie, die es seit Jahrzehnten beharrlich verfolgt. China will die global bestimmende Macht werden. Und China hätte das Zeug dazu, die Vereinigten Staaten als Führungsmacht irgendwann abzulösen, weil Peking viel klüger vorgeht, als der Islam und Russland sowieso, das mit seinem imperialen Gehabe gerade alles einreißt, was es positiv in den vergangenen 20 Jahren aufgebaut hat.

Die Russische Föderation stützt sich einzig auf ihre reichhaltigen Öl- und Gasvorkommen im Boden und natürlich auf die gewaltigen Weizenproduktionen, die große Teile der Welt vor Hunger bewahren – jedenfalls bisher. Und natürlich auch auf seine Atomwaffen. Die so hochbewertete Armee zeigt seit dem 24. Februar 2022 dagegen, was für eine desorganisierte und unmotivierte Durchschnittsstreitmacht sie tatsächlich ist. In einer Woche in Kiew und dann zurück nach Hause? War wohl nichts. Da hat sich ein „Stratege“ im Kreml selbst entzaubert.

Auch die islamischen Staaten sind – differenziert betrachtet – für den Westen interessanter als Russland. Zum einen Steinzeit-Länder wie Afghanistan, Somalia oder Jemen, die nur insofern wichtig für uns sind, als dort weiter terroristische Krebsgeschwüre wuchern. Hier sind die Demokratien und das christliche Abendlang gefragt, stets ein Auge drauf zu behalten, dass Al-Kaida und der IS nicht wieder ihr mörderisches Haupt aufrichten und uns bedrohen können. 9/11 und der Angriff auf Paris am 13. November 2015 sind nicht vergessen und dürfen niemals vergessen werden, sonst erleben wir irgendwann wieder Ähnliches oder sogar Schlimmeres. Der islamische Terror ist ein Krebsgeschwür, und der Westen darf nicht zulassen, dass sich wieder Metastasen bilden.

Interessant ist natürlich der Kurs des islamisch geprägten Staates Türkei, dessen Präsident Erdogan einen ganz anderen, für uns unberechenbar erscheinenden Kurs fährt. Zweifellos will er den Einfluss und die Macht Ankaras im Nahen Osten und Europas verstärken. So kauft er Flugabwehrraketen bei den Russen, ist Mitglied des westlichen Bündnisses NATO, mit einem extrem wichtigen Standort an der NATO-Außengrenze zum explosiven Nahen Osten, blockiert die Beitrittswünsche Schwedens und Finnlands, hält der EU Millionen Flüchtlinge vom Leib, kassiert dafür Milliarden aus Brüssel und Berlin, bombardiert die Kurden im Norden Iraks und verbreitet gute Laune im Rosengarten des Weißen Hauses beim Plausch mit Uncle Joe. Das muss Erdogan erstmal einer nachmachen.

Interessant auch die Bemühungen der reichen Öl-Staaten wie Dubai und Katar, die ihre sprudelnden Dollar-Milliarden in Tourismus, Sport, Beteiligungen in USA und Europa und nun auch in Erdgasgeschäfte mit Deutschland stecken. Die Scheichs denken voraus, sie wollen weiter ganz vorn dabei sein, wenn irgendwann das Öl nicht mehr sprudelt. Sie investieren in ihre Zukunft. Schade, dass Präsident Putin keine Zeit hat, sich mit solchen Dingen zu beschäftigen.

Und wenn wir gerade dabei sind: Pakistan ist auch ein islamisches Land, und es hat Atomwaffen. Direkt daneben liegt der aufstrebende Riese Indien. Der hat auch Atomwaffen. Und weil der mit Moskau rummacht, ist Pakistan automatisch unser Freund. Oder so. Aber ist er das wirklich? Freund der Amerikaner wollen sie auf jeden Fall bleiben, auch wenn ihr Geheimdienst ISI gern mit den Taliban im Nachbarland kungelt.

Ist der Iran nun soweit?

Und dann wollen wir auch nicht diese Mittelmacht Iran vergessen, der Unruheherd schlechthin im Nahen Osten. Der Gegenspieler Saudi-Arabiens, der Exporteur von Terrorismus und Entwickler von Atomwaffen. Gerade las ich, dass es mal wieder so weit ist.

Rafael Grossi, Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) warnt, dass der Iran „in einigen Wochen“ genug Uran angereichert haben wird, um eine Atomwaffe herzustellen. „Das wird passieren“, sagte Grossi am Montag in Wien.

Für einen Atomsprengkopf braucht ein Staat etwa 50 Kilogramm angereichertes Uran mit einem Reinheitsgrad von 90 Prozent. Der Iran besitzt laut IAEA bereits 43 Kilogramm mit einem Reinheitsgrad von 60 Prozent. Da ist es nicht mehr weit…

Kann insbesondere der Staat Israel – ebenfalls Atommacht – und kann Europa zuschauen, wenn ein fanatisches Mullah-Regime in den Besitz einer solchen Waffe kommt? Zumal es in der Vergangenheit immer wieder Führer in Teheran gab, die davon schwafelten, Israel von der Landkarte auslöschen zu wollen? Ich denke, hier können die USA, Europa und insbesondere Israel nicht tatenlos zuschauen.

Es gibt ganz viele Facetten in diesem großen Spiel, weit mehr, als man in einem einzelnen Beitrag hier schildern kann. Im Grunde müsste ich mal ein Buch darüber schreiben, was ich zu diesem Thema inzwischen alles an Informationen habe.Wenn ich bloß nicht seit vier Jahren schon an einem anderen Buch schreibe, dass jetzt endlich mal fertig bekommen sollte.

Aber ein Aspekt fiel mir heute noch auf zum Thema China. Der Rote Drache kauft ja seit vielen Jahren Beteiligungen an ertragsreichen und strategisch wichtigen Unternehmen in den USA, Europa und anderen Teilen der Welt. Da geht es um Hightech und die Möglichkeit, weiter Wissen zu klauen, wie sie das seit vielen Jahren tun. Da geht es aber auch um verschachtelte Beteiligungen zum Beispiel an Versicherungsunternehmen, um sich Zugang zum europäischen Bankensystem zu verschaffen.

Heute überraschte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) mit einer Aussage im „Handelsblatt“, er und das Bundesland würden eine denkbare Übernahme von Mercedes durch chinesische Investoren „im Notfall verhindern“.

Denn die bereits jetzt starke Stellung von zwei chinesischen Großinvestoren bei Mercedes hatte in der Vergangenheit Ängste ausgelöst. Der Stuttgarter Dax-Konzern befindet sich bereits zu knapp einem Fünftel in chinesischer Hand. Der chinesische Mercedes-Partner BAIC ist bei den Schwaben größter Einzelaktionär mit einem Anteil von 9,98 Prozent. Der chinesische Investor Li Shufu hält zudem über eine Firma 9,69 Prozent. Auch der Staatsfonds von Kuwait hat mit 6,84 Prozent ein dickes Aktienpaket.
Dass neben der Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nun auch der einzige grüne Ministerpräsident in der Außenpolitik klare Kante zeigen – ich muss sagen, das überrascht mich wirklich.

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Zero Points for Germany – warum mag uns niemand?

Alles wie erwartet. Beim European Song Contest, kurz ESC, gewann das Kalush Orchestra aus der Ukraine. Alles andere wäre einer Sensation gleichgekommen. Natürlich hatte diese Entscheidung nichts mit Musik oder Wettbewerb zu tun, sondern war politisch, was eigentlich beim ESC nicht erlaubt ist.

Schön war, dass die Entscheidung nicht von Juroren am Grünen Tisch getroffen wurde, sondern durch das überwältigende Publikums-Voting zustande kam. Und das ist wirklich gut, denn es beweist, dass es hier nicht um die bösen Politiker geht, alle ferngesteuert von den Bilderbergern und mit Soros-Milliarden und vom politisch-militärischen Komplex ferngesteuert. 200 Millionen Menschen in Europa haben sich das gestern angeschaut, und viele von ihnen haben abgestimmt. Und sie haben der ganzen Welt gezeigt, was wir in Europa von Diktaturen halten, die mit Gewalt Grenzen verschieben und andere Völker unterwerfen wollen. Nämlich nichts. Null. Eat this, Putin!

Aber kommen wir zu einem kleinen Nebeneffekt, der heute wieder – wie fast jedes Jahr – heißt diskutiert wird: Warum schneiden wir Deutschen immer so grottenschlecht ab? Warum werden wir immer Letzter oder – ein großer Erfolg – auch mal Vorletzter beim ESC? Warum hassen uns die anderen Europäer bloß so? Das kann doch nicht nur an Ursula von der Leyen liegen.

Stimmt! Die Erklärung ist viel banaler. Was schicken wir bloß jedes Jahr für Mutanten in diesen „Wettbewerb“? Untalentiert, der breiten Öffentlichkeit zu recht vollkommen unbekannt, mit schlechter Musik und belanglosen Zeitgeist-lalala-Texten.

Es ist nicht so, dass die anderen uns alle nicht leiden mögen. Wir schicken einfach jedes Jahr die schlechtesten Barden der Welt ins Rennen.

Kann bitte irgendwer Stefan Raab zurückholen? Dann klappt’s auch wieder mit dem „Voting“ (der Abstimmung).

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War vielleicht alles umsonst?

Klar, gibt es Unterschiede wie in anderen Ländern auch. In Ballungszentren interessiert man sich eher für Klima und Gender-Gedöns als auf dem platten Land. Das ist im Osten ebenso wie im Westen, auch auf unterschiedlichem Niveau der reinen Zahlen, aber von der Tendenz her.

Und politisch? Klar gibt es da deutliche Unterschiede, weil ganze Generationen in gegensätzlichen Systemen gelebt haben. Das kann man nicht einfach abschalten. Great Reset in der Lausitz. Und dass viele Landsleute im Osten andere Prioritäten setzen als die – ich traue mich kaum, das zu schreiben – Mitbürger im Westen, ist auch klar. Wenn man sich die Einheit erkämpft hat wie die Ostdeutschen, dann hat man in der Regel ein intensiveres Verhältnis zu Vaterland und Patriotismus, als Westler, die durch die 68er-Mangel gedreht wurden. Soweit ist das alles nachvollziehbar.

Nicht nachvollziehbar für mich – ebenso wie viele andere in Westdeutschland – ist diese Putin-Besoffenheit in Teilen Ostdeutschland. Wo man Fotos vom Bierabend mit alten Kameraden aus der Nationalen Volksarmee postet, versehen mit einem Text im Sinne von: „Läuft doch gut …“ Das war ganz zu Beginn, als es noch so aussah, als laufe es gut für die russische Armee, die nur noch darauf gewartet hat, dass die Ukrainer mit Winkelementen der Russischen Föderation am Straßenrand stehen, um sie willkommen zu heißen. Die stehen da aber gar nicht, und manch einem ist inzwischen klar, dass dieser Krieg vielleicht gar keine gute Idee war. Aber das ist nicht mein Thema heute.

Die Frage lautet: Ist das eigentlich überhaupt noch zu kitten, was gerade abgeht.

Facebook hat uns gestern eine intensive Warnung geschickt, dass sie eine Gruppe von mir mit fast 3000 Nutzern abschalten werden, wenn wir nicht die Hassorgien einzelner Poster unter Kontrolle bekommen. Unsere Moderatoren haben gestern in einem einzigen Fall erstmals einen Teilnehmer blockiert, weil wir nicht alles gefährden wollen, nur weil Einzelne nicht das Wasser halten können. Bei Corona war der Ton schon deutlich aggressiver geworden, aber das war nicht so ein Ost-West-Ding. Klar, in Ostdeutschlands fanden große Demos mit Zehntausenden statt, aber in Hamburg, Stuttgart und Berlin eben auch. Und in Sachsen waren die Querdenker eher Rechte, und im Schwabenland eher Ökos. Alles im Rahmen.

Aber jetzt ist es anders, und ich nehme mich persönlich da gar nicht aus. Auch mir schreiben einst Wohlmeinende und fragen, was ist mit Dir los? Warum antwortest Du aggressiver als früher auf Angriffe. Ich merke das ja auch selbst, aber die totale Zerstörung von Städten wie Mariupol, das Abschlachten von Zivilisten, die widerwärtigen Massenvergewaltigungen, das lässt mich nicht kalt. Und wenn ich unter solchen Berichten, Fotos und Filmen, dann Grinse-Smileys von offensichtlich intellektuell limitierten oder zumindest vollkommen empathielosen Zeitgenossen für das Leid anderer Menschen sehe, dann platzt mir eben auch der Kragen – zumindest in der Kommentierung in den Sozialen Netzwerken. Mit unserer Tageszeitung und den Portalen versuchen wir zumindest ausgewogen unsere Arbeit zu machen. Aber klar: Auch da gibt es in der Grundtendenz kein Verständnis für diesen sinnlosen Krieg, der alle nur zu Verlierern machen wird. Wer kann denn Verständnis haben für all das Morden und Zerstören?

Und warum sehen das so viele Ostdeutsche ganz anders? Ich verstehe das wirklich nicht. All die Osteuropäer haben doch auch die gleichen schlechten Erfahrungen mit Sowjetunion und Russland gemacht. Wie stolz sind die Esten, die Polen, die Kroaten, die Rumänien, dass sie endlich „zum Westen“ gehören. Was ist da los bei euch, liebe Freunde drüben?

„Wir denken alle hier so“, schreibt mit gestern ein ostdeutscher Freund auf Facebook. „Wir hier“?

Wo lebst Du, Junge? Wir haben seit 31 Jahren Deutsche Einheit. Oder doch nicht?

Vielleicht ist es so, vielleicht sollte man sich auch gar nicht mehr bemühen, Leute zu überzeugen, die meinen, sie könnten 1989 zurückdrehen und jetzt Sozialismus mal richtig machen mit Audi und Ikea. Einfach „patriotisch“ davor schreiben, dann läuft das. Was für ein kranker Gedanke, aber ich habe das wirklich schon gehört von einem Landsmann, der mir ernsthaft sagt, eigentlich sei die DDR ja der bessere Staat gewesen… und eine sehr gute ostdeutsche Freundin schreibt in einer FB-Gruppe wenige Tage nach dem russischen Angriff auf die Ukraine, das sei alles nicht schön, aber nun gelte es, gegen die Amerikaner zu kämpfen. Man denkt unwillkürlich, das mit der Drogensucht könnte vielleicht ein viel größeres Problem sein als angenommen. Putin lässt morden, und jetzt müssen wir die Amerikaner bekämpfen? Irgendwie bekomme ich das nicht zusammen.

Ist aber auch egal, doch es ist deprimierend, wie wir alle – jeder an seinem Platz – intensiv daran arbeiten, unser gemeinsames Land in Stücke zu schlagen. Und das war mal wirklich ein phantastisches Land.

Als ich mit 16 Jahren politisch aktiv wurde, war mein großes Thema die Existenz der DDR, mit Mauer, Stacheldraht, Selbstschussanlagen. Das war der Grund, warum ist mich überhaupt politisierte. Wie oft bin ich mit der JU und der IGFM nach Berlin gefahren, um zu demonstrieren, Besuch im Mauermuseum am Checkpoint Charlie, Aussichtsplattform an der Bernauer Straße, Grenzer gucken und mit dem Mittelfinger grüßen.

Als ich dann 1989 auf meinem Hotelzimmer in Berlin im Fernsehen die Ankunft der ersten Züge im bayerischen Hof, voll mit Landsleuten von drüben, verfolgte, liefen mir die Tränen die Wangen runter. 9. November 1989 wieder an der Bernauer Straße mit Mikro und Kopfhörer, 9. Dezember 1989 live auf einer großen Bühne auf dem Alexanderplatz mit zigtausenden Deutschen-Ost, meine erste Grilletta, das junge Mädchen, das mir in einer kurzen Pause der Live-Sendung von Radio Hundert,6 auf die Bühne einen kleinen Rauschgoldengel reichte und schenkte, der dann jahrelang auf meinem Schreibtisch im schnuckeligen Funkhaus an der Paulsborner Straße stand, die junge Frau aus Ost-Berlin, die in der Nacht vom 9. auf den 10. November mit ihrem Motorrad liegen blieb, und der wir helfen konnten, ihre Maschine wieder flottzumachen… Sie bedankte sich mit einem strahlenden Lächeln und sagte zu mir: „Seid Ihr im Westen alle so nett?“

Nein, sind wir nicht. Und seid Ihr auch nicht.

Es war alles umsonst, so erscheint es mir jedenfalls in diesen Tagen und Wochen.

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