Zeitenwende in der AfD: Die Ära Meuthen ist vorbei – doch was folgt jetzt?

Letztlich war es keine Überraschung mehr. Prof. Jörg Meuthen, lange das bürgerliche Gesicht an der Spitze der AfD, schmeißt hin. Beim Bundesparteitag im Dezember wird er nicht mehr für den Vorsitz antreten. Wer ihm nachfolgt, ist noch unklar. In den rechten Zirkeln von Schnellroda (Sachsen-Anhalt) und Thüringen hat man da zweifellos genaue Vorstellungen.

Was nun genau passieren wird, bleibt erstmal völlig offen. Ein Jörg Meuthen hätte vielleicht noch das Potential gehabt, das Ruder im Dezember haarscharf rumzureißen, denn im Westen der Republik hat der bodenständige und bürgerliche Politiker durchaus noch viele Unterstützer. Aber im Osten ist es ganz dunkel für ihn, im Bundestagswahlkampf gab es kaum AfD-Wahlveranstaltungen, zu denen er noch eingeladen wurde. Kann das aus Dauer gut gehen? Ich denke nicht. So macht Meuthen Platz für andere und wird selber, ja, was eigentlich?

Es werden Namen genannt, natürlich, die aber – jedenfalls von mir – nicht auf den offenen Markt getragen werden. Auch überraschende Namen sind dabei. Aber, egal wer antritt, das Rennen ist vollkommen offen.

Und unübersehbar ist, dass die AfD keine homogene Partei ist, vielleicht war sie es nie. Die Kameraden im Osten, viele kamen in Scharen von den linksextremen SED-Nachlassverwaltern, ticken in der Breite ganz anders als die West-Riege, die sich im Wesentlichen aus früheren CDUlern rekrutiert hat, die enttäuscht über den stetigen Linkskurs der Merkel-Union irgendwann der Partei Adenauers und Kohls den Rücken gekehrt haben.

Ist die AfD wirklich eine Partei mit einem gemeinsamen Ziel? Ich habe große Zweifel. Viele AfDler im Osten träumen von der „guten alten Zeit“, bejubeln unreflektiert jeden Winkelzug Putins gegen Deutschland, Europa und den Westen, halten den Sozialismus eigentlich für eine gute Idee, wenn man patriotisch oder völkisch davor schreibt. So ähnlich wie bei den Grünen übrigens, bei denen der Sozialismus auch viel netter aussieht, wenn man öko davor schreibt. So wächst zusammen, was….aber lassen wir das.

Wenn die AfD als Gestaltungskraft überleben will, braucht sie einen neuen bürgerlichen Kopf, der eingebunden wird an der Spitze. Setzen sich die Rechtsaußen durch, dann ist die AfD in wenigen Jahren mausetot. Denen, die einfach nur zur Beutegemeinschaft gehören, wird das egal sein, für unsere Gesellschaft ist das schlecht, wenn es überhaupt kein konservatives Angebot an die Bürger mehr gibt. Und konservativ oder auch patriotisch ist ganz etwas anderes als rechtsextrem. Das sind keine natürlichen Verbündeten, sondern erbitterte Gegner.

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AfD Niedersachsen: Gemäßigte siegen auf der ganzen Linie

Deses Mal waren die gemäßigten AfD-Mitglieder in Niedersachsen besser vorbereitet als noch im September. Bei der Aufstellung der Kandidaten für die Bundestagswahl in Braunschweig fügten sie dem angeblich aufgelösten rechtsextremen „Flügel“ der Partei eine schwere Niederlage zu. Der frühere Bundeswehr-General und OB-Kandidat in Hannover, Joachim Wundrak (65), wird die niedersächsische AfD in den Wahlkampf 2021 führen. Er setzte sich in einer Stichwahl mit 283 gegen 229 Stimmen gegen den umstrittenen Armin Paul Hampel, jetzt noch Mitglied des Bundestages, durch. Auch der erst im September zum Landesvorsitzenden gewählte Bundestagsabgeordnete Jens Kestner wird sich nach einem neuen Job umsehen müssen. Alle von den 500 stimmberechtigten Mitgliedern auf die ersten zehn Plätze der Landesliste gewählten Kandidaten gelten als gemäßigte Politiker. Erst im September hatte Kestner an gleicher Stelle in Braunschweig die bisherige gemäßigte Landesvorsitzende Dana Guth gestürzt. Sie hat inzwischen die Partei verlassen.

Der gestrige Erfolg der moderaten Kräfte in der AfD könnte Auswirkungen auf die anstehende Entscheidung des Bundesamtes für Verfassungsschutz haben, ob die Partei insgesamt als Beobachtungsfall eingestuft wird.




Dritte Fraktion im Norden geplatzt: Die AfD kämpft um ihr Überleben

Nach Bremen und Niedersachsen ist heute auch die AfD-Landtagsfraktion in Schleswig-Holstein geplatzt. Der Abgeordnete Dr. Frank Brodehl (Foto) trat aus der Partei und der Fraktion aus. Die besteht nun dort nur noch aus drei Abgeordneten – notwendig wären vier. Jetzt werden die parlamentarischen Möglichkeiten eingeschränkt, es gibt deutlich weniger Geld, Arbeitsplätze sind gefährdet, ja, die AfD insgesamt droht am laufenden Machtkampf zu zerbrechen.

Brodehl (49) ließ keinen Zweifel über die Motive seines Schrittes: „Die völkisch-nationalistischen Kräfte haben eher noch zugenommen, während die bürgerlich-wertkonservativen Mitglieder die Partei verlassen.“ Tatsächlich hatte erst am vorherigen Wochenende ein (Mitglieder-) Parteitag in Braunschweig, die als gemäßigt geltende nidersächsische Landesvorsitzende Dana Guth gestürzt. Neuer Chef ist jetzt der Bundestagsabgeordnete Jens Kestner, ein Höcke-Freund und “Flügel”-Sympathisant, der unmittelbar nach seiner Wahl daran ging, Strukturen zu verändern, um auch den Resteinfluss gemäßigter Parteifreunde im Norden zu kappen.

Anfang der Wochen waren die abgewählte Vorsitzende Dana Guth und die beiden Abgeordneten Jens Ahrends und Stefan Wirtz aus der neunköpfigen Landtagsfraktion in Hannover ausgetreten, weil die beiden “Flügel”-nahen Abgeordneten nicht bereit waren, die Fraktion freiwillig zu verlassen. Auch jetzt stehe die Tür, sofort wieder eine gemeinsame AfD-Fraktion zu bilden und die Arbeitsplätze der Mitarbeiter zu erhalten, weit offen, hört man aus dem Umfeld von Guth. Aber nicht mehr mit den “Flügellanten”.

Nach vielen Fortschritten im Kampf  gegen den Rechtsaußenflügel – wie zuletzt der Ausschluss von Exponenten wie Andreas Kalbitz, Doris von Sayn-Wittgenstein, Räpple und Gedeon im Südwesten, zeigen die aktuellen Vorgänge vor allen Dingen eins: Der rechtsextreme “Flügel” der Partei ist alles andere als aufgelöst und seine Macht wurde in Braunschweig eindrucksvoll demonstriert. Nun geht es wohlmöglich um die Existenz der gesamten Partei.

 




Die AfD sollte jetzt den Kalbitz-Moment nutzen und ihre Wagenburg aufgeben

BERLIN – Viele, wahrscheinlich die meisten, Bürger denken, dass es in der großen Politik irgendwie am Ende immer noch rational zugeht. Doch das ist falsch. In der Regel geht es darum, dass Politiker ihre Macht erhalten und unbedingt recht behalten wollen. Wer hat das eindrucksvoller dokumentiert als Bundeskanzlerin Angela Merkel selbst, als sie am Tag nach der von ihr zu verantwortenden schlimmsten Wahlschlappe der Union seit 1949 vor dem Fernsehkameras trat und sagte: „Ich wüsste nicht, was ich hätte anders machen sollen.“.

Merkel und die anderen Entscheider  im Raumschiff Berlin wissen nicht, was sie hätten anders machen sollen. Und wenn etwas total schief geht, dann sind entweder die anderen Parteien schuld oder die dummen Bürger, die den Glanz der dargebotenen Politik so gar nicht zu würdigen wissen.

Die Partei, die das in Deutschland immer wieder zu recht anprangert, ist die AfD. Nur leider verhält man sich dort nicht anders als die anderen Parteien, wenn es um Selbstkritik geht. Die Causa Kalbitz ist ein gutes Beispiel dafür. Das Bundesschiedsgericht der Partei hat gestern mit 7 gegen 2 Stimmen bestätigt, dass der Rauswurf des ehemaligen AfD-Landesvorsitzenden und Vorturners des rechten „Flügels“ in der Partei – der offiziell aufgelöst wurde aber natürlich weiter besteht – rechtens ist. Nun wissen alle, dass damit das letzte Wort keineswegs gesprochen wurde. Kalbitz, früher mal auf einer, nennen wir es, Interessentenliste des Bundes Heimattreuer Jugend (BHJ) registriert, bestreitet bis heute, je Mitglied dort gewesen zu sein. Und dass er Mitglied bei der Partei „Die Republikaner“ gewesen ist, ja, das hat er wohl einfach vergessen zu erwähnen, als er AfD-Mitglied wurde. Für die knappe Mehrheit der Bundesvorstands um Jörg Meuthen und die große Mehrheit des Bundesschiedsgerichts reicht diese Unterlassung, um Andreas Kalbitz aus der Partei auszuschließen. Was Zivilgerichte dann irgendwann entscheiden, werden wir alle mit Interesse und wahrscheinlich Staunen verfolgen.

Doch damit zurück zur Notwendigkeit einer nüchternen Selbstbetrachtung der AfD. Ob in Ost- oder Westdeutschland – kaum einer will Nazi und Antisemit sein. Die Distanzierung kommt wie aus der Pistole geschossen. Natürlich! Aber deutlich lossagen wollen sich viele auch nicht von den strahlenden AfD-Wahlsiegern in Thüringen, Brandenburg und Sachsen, die Rekordergebnisse für die Partei einfahren, gleichzeitig aber selbst das größte Hindernis darstellen, selbst irgendwann an politischen Entscheidungsprozessen mitwirken zu können.

AfD-Abgeordnete in Westdeutschland klagen zunehmend, dass es bei ihren Sprechstunden und Infoständen um nichts anderes geht als Höcke, Kalbitz, Flügel. Um nichts. Welcher Bürger will hören, was die AfD zur wirtschaftlichen Lage nach Corona sagt? Wer will hören, wie die jüngste EU-Geldverteilung von der AfD bewertet wird? Niemand! Nur: Höcke, Kalbitz, Flügel – rauf und runter, immer wieder!

Kann man machen, wenn man die AfD ist, und ich stelle mich auf – sagen wir – mindestens 100 üble Beschimpfungen per Mail oder Chat ein, wie ich es hier wagen könne, als CDU-Mitglied der AfD Ratschläge zu erteilen. Und Merkel, und Migration und Gesichtsmasken, ok. bin ich alles schuld dran als zahlendes Mitglied am Niederrhein. Aber was ich bei Abgeordneten und Funktionsträgern der AfD zunehmend eben auch feststelle: Immer mehr auch von denen, die im innerparteilichen Grabenkampf gar nicht eindeutig einem Lager zuzuordnen sind, haben die Nase gestrichen voll von diesem Dauertheater. 12,6 Prozent holte die AfD bei der Bundestagswahl 2017, 20 Prozent schätzen seriöse Demoskopen das Wählerpotential der Partei. Doch nur noch knapp neun Prozent würden AfD wählen, wäre am Sonntag Wahl.

Immer noch besser als die FDP, wird jetzt mancher denken. Aber mit der FDP redet  und koaliert man, mit der AfD nicht. Und schuld daran tragen nicht die vielen engagierten, klugen und anständigen Leute, die dort mitmachen. Schuld tragen diejenigen, die mit ihren ständigen Grenzverletzungen den braunen Qualm am Dampfen halten, das Spielen mit dem Antisemitismus und dem Holocaust-Gedenken. Das wird nie, nie, nie mehrheitsfähig in unserem Land sein. Richtig so! Ja, wir sollten Patrioten sein und uns zu unserem Land bekennen. Unbedingt. Ich persönlich würde mir eine Bundesregierung wünschen, die auch „Deutschland zuerst“ fordert und unsere Interessen klar in den Mittelpunkt stellt – wie alle anderen Länder das auch machen. Aber „Vogelschiss“ und „Schuldkult“ das ist widerwärtig. Und solche politischen Kampfbegriffe und die, die sie propagieren, bleiben die Einzigen, die die AfD immer noch kaputtmachen können. Aus einer Wagenburgmentalität, die auch die noch verteidigt bis zur letzten Patrone, die es nicht wert sind.




Was sich die ARD von der AfD wünscht

Der öffentlich-rechtliche Staatssender ARD definiert erneut, was die AfD tun müsse, damit es der Sendeanstalt gefällt. In einem „tagesschau“-Kommentar von gestern sagt Alfred Schmit vom SWR:

„Die führenden Köpfe dieser Partei – einschließlich Meuthen – distanzieren sich noch immer nicht klar und deutlich von harten Rechtsextremen in ihren Reihen.“

Das mag für manche zutreffen, aber Meuthen? Niemand in der Spitze der Partei geht seit Monaten so entschieden gegen den rechten Narrensaum der Partei vor wie er. Über diesen knallharten Kurs hat er sich sowohl mit seinem Co-Vorsitzenden Chruppalla als auch mit den führenden Köpfen der Bundestagsfraktion – Gauland und Weidel – überworfen. Was will SWR-Schmitt sonst noch? Selbstkasteiung Meuthens auf einem Marktplatz?

Und Schmit legt nach:

„Das zeigt sich vor allem daran, dass es beim Parteiausschluss von Kalbitz gar nicht darum ging, ob er aktuell rechtsextreme Positionen vertritt, sondern ob er dies früher getan und verschwiegen hat.“

Das würde ich in der ARD mal gern in Bezug auf Grüne und SED-Nachfolger hören! Es war nicht „früher“, als Bundestagsviz_*In Claudia Roth hinter dem Transparent „Deutschland Du mieses Stück Scheiße“ herlief. Und es war nicht „früher“, als eine neue SED-„Verfassungsrichterin“ in Meck-Pomm die DDR-Diktatur weichspülte. Alles ganz neu – aber unser  Staatsfunk legt bei politischen Bewertungen gern mal sehr unterschiedliche Maßstäbe an.




Rechtsextremer“Flügel“ der AfD unter Beobachtung

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat den nationalistischen sogenannten „Flügel“ der AfD als „rechtsextrem“ eingestuft. Das ist wenig überraschend, denn das ist er ja auch. Thomas Haldenwang, Leiter der Behörde sagte vor Journalisten, der „Flügel“ sei eine „erwiesen extremistische Bestrebung“,deren Frontleute Björn Höcke (Thüringen) und Andreas Kalbitz (Brandenburg) seien „Rechtsextremisten“.

Was kann man über den „Flügel“ sagen, außer dass sich dort Menschen treffen, die „Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt“ singen? Nicht meins dieses Milieu, passt nicht mehr in die Zeit, aber das darf man in einer freien Gesellschaft denken. In einem 258 Seiten starken Bericht haben die Verfassungsschützer Informationen zusammengetragen, was beim „Flügel“ so gedacht, geschrieben und geredet wird. Und manches davon klingt  eher nach NPD als nach AfD. Doch wenn der „Spiegel“ schreibt, Höcke sei bei seinem jüngsten Kyffhäusertreffen „triumphal in die Halle eingezogen“, man habe einen Werbefilm abgespielt, der ihn „als eine Art ‚Messias‘ darstelle, der das deutsche Volk retten solle“, dann wird es grotesk. Schauen Sie sich mal alte Wahlwerbespots von Helmut Kohl zu Zeiten der Wiedervereinigung an! Der masssige Anführer, umspielt von einem Meer aus schwarz-rot-goldenen Fahnen und „Deutschland, Deutschland“-Sprechchören – für den heutigen Verfassungsschutz wäre Kohl mit diesen Bildern zweifellos zum „Prüffall“ geworden.

 




Am Scheideweg: Die AfD zwischen „Narrensaum“ und „Prüffall“

Die beiden Bundesvorsitzenden der AfD, Prof. Dr. Jörg Meuthen und Tino Chrupalla. haben gestern in einem internen Rundschreiben offen die aktuelle Dramatik rund um die angekündigte Beobachtung der größten Oppositionspartei durch den Verfassungsschutz (Foto: BfV-Zentrale in Köln) thematisiert. Seit Monaten herrscht schon Nervosität in den Führungsgremien der Partei, dass der Partei ein ähnliches Schicksal drohen könnte, wie einst den Republikanern in den 90er Jahren. Die sind nach anfänglichem Höhenflug bei Wahlen wieder von der Bildfläche verschwunden. Die bekannt gewordene Beobachtung durch den Inlandsgeheimdienst war einer der entscheidenden Faktoren, wie auch der letzte Bundesvorsitzende der Republikaner, Rolf Schlierer, bei Vorträgen bis heute glaubhaft darlegt.

Die Beobachtung durch den Verfassungsschutz ist denen egal, die nichts zu verlieren haben, den braven Parteisoldaten oder Leuten, die einen eigenen Betrieb haben – obwohl: auch da wächst der Druck von antifa und linksgrünen Aktivisten massiv, wenn Sie zetwa daran denken, dass die Berliner AfD seit vielen Monaten scheitert, Räume für einen Landesparteitag anzumieten. Von nackter Gewalt, eingeworfenen Scheiben, Drohungen und abgefackelten Autos ganz zu schweigen. Man muss wahrlich kein AfD-Freund sein, um das, was hier derzeit passiert, ohne dass sich die Spitze des Staates und die etablierten Partein dagegen stellen, als für einer Demokratie unwürdig zu beurteilen.

Aber zurück zum Verfassungsschutz. Bereits im Januar 2019 haben die Sicherheitsbehörden begonnen, Material über den rechtsextremen „Flügel“ und die Jugendorganisation Junge Alternative (JA) zu sammeln. Ein „Prüffall“ sind Teile der AfD seither. Der Bundesvorstand klagt gegen diese Einstufung, und Funktionäre der Partei geben im persönlichen Gespräch offen zu, wie sehr sich viele in der Partei inzwischen fürchten, dass die AfD insgesamt so eingestuft wird. Jetzt wurde bekannt, dass die rechtslastigen Landtagsabgeordneten Björn Höcke, Andreas Kalbitz und Hans-Thomas Tillschneider auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwacht werden. Das heißt im Klartext, Telefonate werden mitgeschnitten und e-Mails mitgelesen. Die Einschläge kommen näher.

Besonders die Staatsdiener, die sich in der AfD engagieren, bekommen feuchte Hände angesichts dieser Entwicklung. Allein heute habe ich die Namen von zehn Fuktionsträgern zusammengesammelt, die in dieser Woche der AfD den Rücken gekehrt haben. Keine Bundespolitiker, aber Beamte im Öffentlichen Dienst, die konkrete berufliche Nachteile bis hin zu Kündigungen befürchten, wenn in den nächsten drei Wochen, wie man hört, die AfD in Gänze zum Prüffall wird.

Für die Fans des „Flügel“ ist der Fall klar: Das System ist schuld, Merkels Imperium schlägt jetzt gnadenlos zurück. Man wolle die unbequeme Oppositionspartei „zerschlagen“, wie man das in diesen Kreisen nennt. Dass der Verfassungsschutz – nachdem man sich seines früheren Chefs Hans-Georg Maaßen entledigt hat und auch ihn mit maßlosen Beschimpfungen überzieht – zunehmend den Eindruck hinterlässt, politisch instrumentalisiert zu werden, ist dabei nicht von der Hand zu weisen.

Mag alles sein, aber die Medaille hat auch eine Kehrseite. Viel zu lange hat der Bundesvorstand mit seiner Appeasement-Politik gegenüber dem „rechten Narrensaum“ die Dinge laufen lassen, allen voran Alexander Gauland, der über Höcke und Konsorten mehr als einmal die schützende Hand hielt.

So ist die AfD, die gerade nur knapp den Wiedereinzug in die Hamburger Bürgerschaft geschafft hat, in einer Zwickmühle – zum einen durch die drohende Einstufung als „Prüffall“ und damit verbunden einem stärker werdenden Aderlass an gutem Personal. Und zum anderen durch einen immer aggressiveren Flügel, der zwar nur die Landesverbände Thüringen (Höcke) und Brandenburg (Kalbitz) komplett unter Kontrolle hat, aber aggressiv gegen gemäßige AfD-Politiker in Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen vorgeht. Dort kämpft Landeschefin Dana Guth um ihre Wiederwahl im Mai. Björn Höcke ist immer wieder selbst dort unterwegs, zuletzt wurde er von BILD-Reportern fotografiert, wie er zum rechten Geheimtreffen in den Privaträumen eines wohlhabenden Gönners eilte. AfD-Abgeordnete aus Bundes- und Landtag nahmen auch daran teil.

Wenn der Bundesvorstand der AfD nicht konsequent gegen den „rechten Narrensaum“ in der Partei durchgreift und sich von den radikalen Irrläufern, von „Vogelschiss“ und „Schuldkult“-Provokationen trennt und distanziert, dann kann auch diese bisher an den Wahlurnen so erfolgreiche Partei immer noch scheitern.

 

 




Flügelschlag über Niedersachsen

Von Björn Höcke hört man wenig in den vergangenen Monaten – außer natürlich im unmittelbaren Zusammenhang mit der Landtagswahl in Thüringen, seiner Heimatbasis. Da hat er mit der AfD einen starken Wahlerfolg eingefahren. Und danach der saft- und kraftlosen CDU ein vergiftetes Stück Kuchen angeboten. Er sei bereit, selbst aus der ersten Reihe zurückzutreten und die AfD werde einen Ministerpräsidenten Mike Mohring von der CDU unterstützen, um den Freistaat vom rot-rot-grünen Regierungselend zu befreien.

Kluger Schachzug, sich als den Retter des Abendlandes zu inszenieren, wohl wissend, dass Mohring und die CDU ein solches Angebot nie und nimmer annehmen kann und wird. Nach der Dresdner „Schuldkult“-Rede ist der Name Höcke Synonym für eine AfD, mit der niemand koalieren, je nicht einmal zusammenarbeiten will.

Und weil er weiß, das das so ist, wirkt er nicht mehr als Marktschreier auf dem Domplatz in Erfurt oder als „Schuldkult“-Apologet im Bierkeller, sondern als Strippenzieher im Hintergrund.

So auch am vergangenen Samstag, als ein „privates Treffen“ bei einem AfD-nahen Unternehmer in Niedersachsen stattfand. Handverlesene Gäste des Flügels fanden sich da ein zum „Widukind Treffen“. Zwei niedersächsische Landtagsabgeordnete der AfD nahmen ebenso teil wie zwei Bundestagsabgeordnete. Und ein Gast aus Nordrhein-Westfalen, der Warendorfer Landtagsabgeordnete Christian Blex, wie Höcke ein Lehrer, im Nebenjob „Flügel“-Freund. Als die erste Reisegruppe der AfD aufbrach, um die von Russland annektierte Krim zu besuchen, war Blex natürlich dabei.

Nach Informationen meines Blogs war Blex am Samstag derjenige, der die Teilnehmer einzustimmen versuchte, die gemäßigte Landesvorsitzende Dana Guth und ihren Vorstand abzuschießen. Sie sei zu liberal und müsse aus der Spitze der Landes-AfD verschwinden. Im Mai wird im Landesverband ein neuer Vorstand gewählt. Guth, eine fleißige und durch und durch bürgerliche Politikerin, hatte nach harten Kampf eine Mehrheit hinter sich versammelt. Der AfD-Bundesvorstand hatte ihren Vorgänger Armin-Paul Hampel zuvor des Amtes enthoben, weil er „schwerwiegend gegen die Grundsätze beziehungsweise die Ordnung der Partei verstoßen“ habe. Im Zuge eines Ermittlungsverfahrens waren Hampels Haus und das niedersächsische AfD-Büro durchsucht worden. Das Verfahren wurde bald darauf eingestellt, und Hampel sprach von einem „Missbrauch der Justiz“ gegen die AfD.

Im April 2018 wurde Dana Guth mit 280 gegen 205 Stimmen (für Hampel) zur neuen Landesvorsitzenden gewählt. Es scheint, dass die Verlierer von damals jetzt einen neuen Anlauf zum Sturz der Realpolitikerin Guth nehmen wollen.

 




AfD-Bundesparteitag: Kandidatenkarussell ohne entscheidende Machtverschiebungen

Der Bundesparteitag der AfD am Wochenende in Braunschweig hat nicht für die großen Schlagzeilen gesorgt und war dennoch höchst aufschlussreich für Beobachter, die sich für das Innenleben dieser Partei interessieren. Selbst gemäßigte Kandidaten, die bei Wahlen unterlegen sind, wollten nicht von einem „Rechtsruck“ sprechen oder von einem steigenden Einfluß des völkischen-nationalistischen Flügels. Und das, obwohl Exponenten des realpolitischen Teils der Partei wie Georg Pazderski aus Berlin, Uwe Junge aus Rheinland-Pfalz und Dana Guth aus Niedersachsen bei den Delegierten durchfielen.

Beatrix von Storch schaffte es als dritte stellvertretende Bundesvorsitzende nur knapp wieder ins Leitungsgremium, Flügel-Frontmann Andreas Kalbitz ist wieder drin, gewann gegen Kay Gottschalk, der jüngst zu 100 AfD-Politikern gehörte, die einen Appell gegen Rechtsaußen Björn Höcke unterzeichnet hatten. Nach der Niederlage trat  Gottschalk noch einmal zur Wahl an. Und verlor dann erneut  gegen Flügel-Mann Stephan Protschka.

Dennoch ist nicht erkennbar, dass der Flügel die Partei im Griff hat. Die Mehrheitsverhältnisse im Bundesvorstand haben sich nicht entscheidend verschoben. Bundessprecher Jörg Meuthen und Gaulands Kandidat Tino Chrupalla stehen an der Spitze der Partei, beide erscheinen großer Rechtslastigkeit unverdächtig. Pazderski ist raus, aber mit dem Hamburger Alexander Wolf ist nun ein neuer Realpolitiker eingezogen. So what?

Der AfD-Parteitag verlief erstmals strukturiert und sachlich, ohne Chaos wie früher, so wie halt bei anderen etablierten Parteien auch. Das wird Manche beim Flügel beunruhigen, die auf keinen Fall wollen, dass die AfD auch so wird wie die anderen. So eine „Systempartei“ eben…

Laut wurde es nur einmal, als der erklärte Antisemit Wolfgang Gedeon als Kandidat für den ersten Bundessprecher ans Rednerpult trat. Laute Pfiffe und Buhrufe begleiteten den gespenstigen Auftritt, viele Delegierte drehten ihm den Rücken zu oder zeigten Rote Karten. Einer stellte die Frage, die sich geradezu aufdrängte, an Gedeon: „Schämen Sie sich nicht?“ Wahrscheinlich schämt er sich nicht. Immerhin 22 Delegierte stimmten dennoch für Gedeon, über den Tino Chrupalla, der neue Mann in der Doppelspitze, hinterher sagte, er werde dafür sorgen, dass der nie wieder auf einem Bundesparteitag der AfD sprechen könne.




AfD an der Küste: „Die Gräfin macht keine Gefangenen“

Ich weiß nicht, ob mir das jetzt schadet, aber ich bekenne frei heraus: Die AfD ist derzeit für mich die unterhaltsamste Partei in Deutschland. In Schleswig-Holstein, also da, wo die angeblich so sturen Norddeutschen leben, hat der Landesparteitag gestern bewiesen, dass rheinischer Karneval auch hier eine Chance hätte.

Die einstmals haarscharf bei der Wahl zur Bundessprecherin gescheiterte Doris von Sayn-Wittgenstein, die von ihrer eigenen Landtagsfraktion ausgeschlossen wurde und gegen die der Bundesvorstand ein Parteiausschlussverfahren betreibt, weshalb sie als Landesvorsitzende zurücktrat, ist seit gestern wieder AfD-Landesvorsitzende. Die „Gräfin“ erhielt 137 Stimmen, ihr Gegenkandidat Christian Waldheim 100 und ein weiterer Kandidat vier.

So weit so schlecht, wird „die Gräfin“ doch dem rechsextremen Flügel der AfD von Höcke &. Co. zugerechnet. Und das Parteiausschlussverfahren des Bundesvorstands wurde eingeleitet, weil die Doris einen rechtsextremen Verein in Thüringen unterstützt haben soll. Alles ein Lehrbeispiel dafür, wie man verhindert, dass die eigene Partei für andere Parteien Kooperationspartner werden könnte. Die Roten und Grünen im Land und die Merkel-Fans in der Union lachen sich schlapp, wenn sie das Kasperletheater an der Küste betrachten.

Immerhin: Kampgne kann die „Gräfin“. In den vergangenen Wochen tingelte sie emsig von Kreisverband zu Kreisverband und rührte die Werbetrommel für ihre Wiederwahl. In einem Bewerbungsvideo bezeichnete sie diejenigen, die eine andere Führung der AfD wollten, wörtlich als „Feinde in den eigenen Reihen“. Und sie zeigte auch gestern ehrliches Mitgefühl…allerdings nur mit sich selbst.

Der Bundesvorstand der AfD habe sie „zum Abschuss freigegeben“, sie werde als „rechts gebrandmarkt“, obwohl sie doch nur „uns unser Land zurückholen“ wolle. Und – mein Lieblingssatz: „Sogar in unserer Partei sind schon jene Kräfte am Werk, die am Tod unserer Nation mitwirken.“

Die Gräfin hat sich ihr Amt zurückgeholt. Aufsehen erregte ein junger Mann im schwarzen T-Shirt gestern mit der goldenen Aufschrift „DSW-Ultra“ und einem goldenen Krönchen. Das Lager des unterlegenen Realos Waldheim hat düstere Vorahnungen von einer „Nacht der langen Messer“ bei der nächsten Kandidatenaufstellung zur Landtagswahl in etwa zwei Jahren. Landtagsabgeordnete und die loyalen Mitarbeiter der Fraktion gehen davon aus, dass sie sich berulich werden neu orientieren müssen. Denn: „Die Gräfin macht keine Gefangenen…“