Urteilen ohne nachzufragen – wie der Mainstream alles framt, was nicht links ist

Ein bisschen wäre ich enttäuscht gewesen, wenn sie mich nicht erwähnt hätten, die Kollegen vom Magazin FOCUS. Die beschäftigen sich in der aktuellen Ausgabe ab Seite 38 unter der Headline „Hetze und Headlines“ mit einem „bunten Biotop an rechtsextremen Medien“. Dazu ein großes Foto von AfD-Rechtsaußen Björn Höcke gemeinsam mit Russland-Freund Jürgen Elsässer vom Magazin „Compact“.

Über mich schreiben die FOCUS-Kollegen:

„Der ehemalige ‚Bild‘-Journalist ist Gastautor rechter Medien wie ‚Tichy’s Einblick‘. In seinem Blog ‚TheGermanZ“ bezeichnet er die AfD als „einziges politisches Gegenprogramm zur Ampel Stümperei“. Daneben hat er das politische Netzwerk für die neue Partei des AfD-affinen Ex-Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen organisiert.“

Man merkt die Absicht und ist verstimmt

Denn im Grunde ist dieser ganze Absatz blabla. Ja, ich bin ehemaliger BILD-Journalist. Gastautor bei Roland Tichy war ich genau ein einziges Mal, „Tichy’s Einblick“ ist kein rechtes Medium, TheGermanZ ist auch kein Blog. Und ja, liebe FOCUS-Rechercheure, die AfD IST das einzige politische Gegenprogramm zur Ampel-Stümperei. Ach so, und ich habe für Hans-Georg Maaßen und seine neue Partei kein politisches Netzwerk organisiert.

Ich bin privat Mitglied der WerteUnion von Anfang an. Und ich habe Hans-Georg Maaßen als Redner eingeladen bei meinen alljährlichen Schwarmtreffen. Und ich finde, dass er viele richtige Dinge sagt und den Schritt mit einer eigenen Partei überaus mutig. Aber „Netzwerk organisiert“ für…? Frei erfunden!

Der ein oder andere wird jetzt sagen, aber Herr Kelle, der „Spiegel“ hat das doch auch schon geschrieben… Ja, das hat er. Aber auch das ist frei erfunden. Und niemand hat bei mir gefragt.

Damit kommen wir zum Problem

Weder der „Spiegel“ noch der „Focus“ haben mal bei mir angerufen, um mich zu fragen, ob das stimmt, oder wie meine Geschichte lautet. Null. Genauso wie der einstmals bürgerliche Berliner „Tagesspiegel“ und sein Beiboot „Potsdamer Neueste Nachrichten“ (PNN). Die haben inzwischen drei Mal groß über den „rechten Radiosender“ in Potsdam geschrieben mit dem „dubiosen“ und „ultrakonservativen“ Herrn Kelle als Chefredakteur.

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Nach dem ersten Artikel entblödete sich einer der beiden PNN-Autoren, die so gern investigativ sein möchten, nicht, mir eine Mail mit Fragen über eine Nachbarin zu schicken, die auch ganz doll rechts sein solle. Ob ich die kenne und so. Bis nächsten Tag mit Uhrzeit solle ich das beantworten. Ich schrieb zurück, dass ich unseriösen Journalisten gar nichts beantworte. Da kam gleich der nächste Artikel, wo ich praktisch als enger Kombatant dieser Nachbarin dargestellt wurde. Völliger Unsinn, aber es klingt so schön verschwörerisch.

Ich schrieb dem Tagespiegel/PNN-Aufklärer, dass ich in meiner Journalistenausbildung gelernt hatte, dass, wenn man über jemandem schreibt, den auch mal dazu befragt, bevor man beginnt, mit Unrat zu schmeißen. Der Mann schrieb mir allen Ernstes zurück, er habe doch den Geschäftsführer gefragt, ob ich so ein böser „ultrakonservativer“ Mensch sei. Man weiß nicht, ob man weinen oder lachen soll über solche Amateure. Ich habe mich entschieden, zu lachen.

Nicht so wichtig

Wissen Sie, wenn Sie wie ich seit 40 Jahren mit Journalismus das Leben verbringen, dann haben Sie nahezu alles schon erlebt.

Mit Journalismus und sauberer Recherche hat das alles nichts zu tun, was derzeit in diesem Land passiert. Nehmen Sie die Quasselrunde von Frau Will, Herrn Böhmermann oder die Volkserziehungs-„Tatorte“ der ARD! Wenn Sie das alles nicht mehr ernstnehmen, am besten auch nicht mehr einschalten, fühlen sie sich besser. Versprochen!

Weil egal, was sie sagen, sollten sie doch einmal gefragt werden, niemand hat vor, fair zu berichten, wenn der Gegenstand der Berichterstattung irgendwie rechts sein könnte.

Als ich damals in Erfurt meine Schwarmkonferenz veranstaltete, versuchte ein Redakteur der „Thüringer Allgemeine“ (TA) vorher mich wohl für ein Interview über die Veranstaltung zu erreichen. Ich rief und schrieb nicht zurück, weil ich weiß, dass TA der Funke-Mediengruppe, formerly known as „WAZ“, gehört und ein linkes Blättchen ist. Am Tag, an dem die Konferenz begann, widmete der Autor meiner Konferenz und mir einen Vierspalter. Und weil er nichts Aktuelles wusste, hatte er sich für seinen Artikel bei irgendeinem unbekannten und völlig bedeutungslosen linken  Internet-Blog bedient. Wie rechts ich sei und wie schlimm diese Veranstaltung bestimmt werde.

Beim Eröffnungsabend zur Konferenz in einem wunderbaren Erfurter Bierkeller las ich den Artikel bei meiner Begrüßung der 300 Teilnehmer vor. Man, was wurde da gelacht, so abstrus zusammen geschwurbelt hatte der über das angebliche rechte Geheimtreffen geschrieben.

In der Woche danach – und jetzt wird es interessant – wurde der TA-Artikel auf „Wikipedia“ von einem Aktivisten eingestellt. Die Behauptungen basierten – ich sage es nochmal – auf einem linken Mini-Blog, wurden aber nun geadelt durch Veröffentlichung in der angesehen Thüringer Tageszeitung.

Seitdem werde ich immer wieder mal angeschrieben oder angesprochen, wenn ich Leute neu kennenlerne und die vorher bei wiki nachgelesen haben. Ja, die Thüringer Allgemeine habe doch geschrieben, dass ich sozusagen das Bindeglied zwischen AfD und CDU sei.

Zu viel der Ehre

Wie Sie als meine Leser wissen, bin ich kein Bindeglied für irgendwas, ich finde bloß, dass man eine Partei, die das Vertrauen von 22 Prozent der Wähler hat, die im Bundestag und 14 Landtagen mit Fraktionen vertreten ist, in vielen Kommunen und im EU-Parlament, nicht einfach wegdenken kann.

Ich finde es skandalös, dass die SED-Stiftung jedes Jahr Millionen aus unseren Steuergeldern erhält, und um der AfD kein Geld für ihre Stiftung auszahlen zu müssen – das ihr zusteht – extra ein neues Gesetz verabschiedet wurde, von ALLEN anderen Parteien im Bundestag, die den Topf dann schön unter sich aufteilen.

Ich finde, wenn sechs Millionen Menschen in freier und geheimer Wahl die AfD wählen, dann muss man diese Partei mit den gleichen Rechten ausstatten und fair behandeln wie alle anderen auch.

Man nennt das Demokratie und Rechtsstaat

Niemand von Ihnen weiß, was ich demnächst wählen werde. Ich kann das so sicher schreiben, weil ich es selbst noch nicht weiß. Ich schaue mir das an, und dann gehe ich ins Wahllokal.

Und was der Mainstream schreibt, ohne mit mir zu sprechen, das ignoriere ich nicht einmal. Rutscht mir den Buckel runter!




Warum der gedruckte „Spiegel“ ein Genuss ist

Dieser Blog ist bekannt, ich würde fast sagen berühmt, für unkonventionelles Denken, das – wie der Name sagt – erwünscht ist. Heute möchte ich Ihnen wieder etwas zum Denken geben, das Sie vielleicht überraschen wird: ich will eine Lanze für das linkslastige Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ brechen.

Meine Präferenzen bei Printmedien sind eindeutig. Seit fast 40 Jahren lese ich „Die Welt“, die ich damals an der Universität in Bielefeld für ein Jahr kostenlos geliefert bekam, weil ich im RCDS war, danach dann auch deutlich verbilligt. Ich bin der bürgerlichen Tageszeitung bis heute treu geblieben. Damals war sie konservativ, heute ist sie liberal – anspruchsvoll und lesenswert ist sie geblieben. 25 Jahre lang habe ich den Spiegel gelesen, das selbsternannte „Sturmgeschütz der Demokratie“, das es zweifellos auch lange Jahre Jahre gewesen ist. Wie viele Schweinereien in unserer Gesellschaft wurden durch seine Redakteure aufgedeckt? Eine Demokratie braucht unerschrockene Journalisten, sonst funktioniert sie nicht.

Als der großartige Helmut Markwort („Fakten! Fakten! Fakten! Und immer an die Leser denken.“) mit „Focus“ ein bürgerliches Nachrichtenmagazin dagegen setzte, war ich von Anfang an dabei. Als er aufhörte, gefiel es mir schon nach kurzer Zeit überhaupt nicht mehr. Ich verabschiedete mich als Stammleser so wie auch beim gedruckten Spiegel. Dazu müssen Sie wissen, dass ich als politischer Journalist natürlich immer wieder in Spiegel und Focus schauen muss, weil hier oftmals die Agenda gesellschaftlicher Debatten in Deutschland vorgegeben werden. Heute lese ich den gedruckten Focus jede Woche, weil der junge Chefredakteur Robert Schneider dem einstigen Markwort-Magazin eine thematische Breite und eine brillante Optik verpasst hat, die nur noch Spaß bereitet.

Der Vollständigkeit halber möchte ich noch erwähnen, dass ich seit gut zehn Jahren die konservative Wochenzeitung „Junge Freiheit“ lese – so etwas wie die linksalternative TAZ, nur auf der anderen Seite und journalistisch erheblich anspruchsvoller, sprich: besser.

In den vergangenen drei Tagen habe ich die beiden jüngsten gedruckten Ausgaben des Spiegel gelesen, und es war ein wahrer Genuss. Man denkt ja, das Magazin aus Papier und Spiegel Online seien quasi eins. Doch mitnichten! SPON ist schnell und aktuell, bleibt aber journalistisch weit hinter anderen Medien zurück. Man bedient professionell den Mainstrem und leistet sich mit dem großartigem Kolumnisten Jan Fleischhauer einen brillanten konservativen Autor. Der Rest ist grauer Mainstream-Brei, wie man ihn sonst so konsequent nur noch bei den öffentlich-rechtlichen Sendern findet.

Aber diese beiden gedruckten Spiegel-Ausgaben waren wie eine Offenbarung nach längerer Zeit, in der ich bewusst auf dieses Lesevergnügen verzichtet habe. „Todesgrüße aus Moskau“ ist der Titel aus der vergangenen Woche überschrieben, eine fesselnde Story über den „mysteriösen Giftanschlag von Salisbury“. Und dann der Beitrag des überragenden Autors Alexander Osang über den Tod einer jungen Amerikanerin im weltweit bekannten Technoklub „Berghain“. Und dann die aktuelle Ausgabe mit dem Titel „Die Falle Facebook“ und den Streitgesprächen mit Feministinnen und Nicht-Feministen*_Innen oder wie man das heute schreiben muss. Klar, ich wollte diese Ausgabe in erster Linie lesen, um zu wissen, wie sich Birgit Kelle, meine Frau, dort geschlagen hat. Und sie war wie erwartet wunderbar. Aber ebenso viel Lesevergnügen hat mir die Geschichte über das politische Ende von Martin Schulz in der SPD bereitet. Nicht, weil ich Freude am galoppierenden Untergang der deutschen Sozialdemokratie habe. Wirklich nicht! Sondern weil der Erzählstil der Kollegen beim Spiegel oftmals mitreissend und ein intellektueller Genuss sind. Etwa wenn wir erfahren, dass Schulz Freundschaften in der Politik für möglich hält und dann hinzufügt: „Aber vielleicht nicht mit Sigmar Gabriel.“

Oder als er auf dem Weg nach Berlin ist, wo er den Vorsitz der traditionsreichen Arbeiterpartei SPD abgeben wird und die Limousine am Flughafen wegen einer „Reifendrucksystenstörung“ nicht weiterfahren kann. Der Autor beschreibt, wie Schulz danach „verfolgt von überraschten, mitleidigen Passantenblicken einmal quer durch den Flughafen“ läuft, um dann in ein Taxi zu steigen. Der Spiegel-Journalist weiter: „Ein Vorgeschmack aufs neue Leben.“ Ganz groß!

Ich habe heute Morgen beschlossen: Ab dieser Ausgabe gehört der gedruckte Spiegel wieder zu den Blättern, die ich regelmäßig lesen werde.