GASTSPIEL CHRISTINE KIRCHHOFF: Wer fragt, was Frauen eigentlich wollen?

Während mehr als 30 Jahren im Personalbereich in verantwortlicher Funktion im technisch-produzierenden Bereich, zuletzt in leitender Funktion mit weltweiter Verantwortung in einem DAX-Konzern, habe ich mich mit Forderungen nach einer Frauenquote beruflich mehrfach abquälen müssen. Solche Moden verbreiten sich in der Industrie in Wellen und ebben, weil sie Rohrkrepierer sind, dann auch schnell wieder ab.

Aber sie branden so sicher wie das Amen in der Kirche auch wieder auf, weil die schmerzhaften Erfahrungen alsbald vergessen sind und weil der nächste Manager – erstaunlich oft ein Mann – Meriten erwerben will, indem er politische Forderungen umsetzt und den ganzen Konzern mit den darauf folgenden nichtproduktiven Aktivitäten durchschütteln will.

Jetzt brandet das Thema durch den Impuls der CDU, die sich auf eine Koalition mit den Grünen vorbereitet, erneut auf. Mir fallen da die skurrilsten Erlebnisse aus meiner Berufstätigkeit wieder ein. Es muss 2003 oder 2004 gewesen sein, als der neue Personalvorstand meines damaligen Arbeitgebers das Thema „Diversity Management“ aufbrachte. Hochglanzbroschüren wurden gedruckt, die Personalleute wurden auf Messen mit dem Auftrag, „female talents“ zu rekrutieren geschickt und diejenigen Mitarbeiterinnen, die „potential“ hatten, wurden allesamt in ein Hotel mit großer Veranstaltungshalle eingeladen, um auch sie als Mentorinnen für Frauen zu gewinnen. Es war schon komisch, als mehrere hundert Frauen zusammenkamen und der männliche Personalvorstand durch die Menge nach vorne ging und das Mikrofon ergriff. Ich weiß nicht, ob ich die einzige war, die das komisch fand.

In der Folge wurden Personalentwicklungskonzepte abgeändert, das Controlling musste neue Berichtsformate ersinnen und etablieren und die verdichteten Zahlen wurden dem Personalvorstand vorgelegt, der nimmermüd’ mehr Frauen in Verantwortung forderte. An alles wurde gedacht, nur nicht an die Kosten der Kampagne. Aus operativer Sicht war es jedoch so, dass es eben nicht genug Frauen gab, die MINT-Fächer studiert hatten und noch dazu daran interessiert waren, jederzeit weltweit versetzt werden zu können. Auch konzernintern war das Interesse eher durchwachsen, denn Frauen sind nach meiner Beobachtung mehrheitlich sozial und lokal stark eingebunden, bspw. durch ihre Familie, und haben daher oft wenig Interesse an einem regelmäßigen Zwölf-Stunden Tag, regelmäßigen mehrtägigen Dienstreisen und der Aussicht auf Versetzung ans andere Ende der Welt.

Der Personalvorstand war nach knapp fünf Jahren Geschichte und wurde durch eine Frau ersetzt. Immerhin sind es in der Industrie ja gemeinhin die Bereiche Finanzen, Öffentlichkeitsarbeit und Personal, in der sich genügend weibliche Bewerberinnen finden, so dass wenigstens dort eine vorzeigbare Quote machbar ist. „Personal kann jede/r“ war damals der running gag. „Einkauf auch!“ war die Pointe.

Zehn Jahre später kam die nächste Welle. Wieder wurden Quoten festgelegt, wieder vom Vorstand kontrolliert. Kein Einstellgespräch, ohne dass mindestens zwei Bewerberinnen interviewt wurden – und das musste dokumentiert werden.  Wenn es partout keine Bewerberinnen für Spezialfunktionen im technischen Bereich gab, dann wurde eben ein Headhunter beauftragt. Wieder wurden Berichtswesen und Personalentwicklungsprozess weltweit umgestellt. Das Management kam jedoch schnell dahinter, dass man in die Bewerberrunden dann halt „Quereinsteigerinnen“ einlud, die im Endeffekt nie in die engere Wahl kamen. Aber die Bemühungen zu mehr „diversity“ waren dokumentiert. War ein Headhunter eingeschaltet, so wurde natürlich trotzdem ein ordentlicher Batzen Geld fällig.

Manager aus Indien, Korea und Japan führten endlose Gespräche mit den Vorständen und versuchten Verständnis dafür zu gewinnen, dass es in ihren Ländern wenig bis keine Frauen mit technischer Ausbildung gab und dass überdies mitunter Frauen keine Chance auf Akzeptanz in einer Führungsfunktion hätten. Vergebens.

Spätestens dann jedoch, als sich die ersten unverzichtbaren Top-Manager beim Vorstand über den Quoten-Unsinn beschwerten und mit Wechsel zur Konkurrenz drohten, weil sie sich ausrechnen konnten, dass sie auf Jahre keine Chancen auf Beförderung oder attraktive andere Funktionen mehr hatten, wurde die Situation etwas entspannter.

Heute hat der Konzern ohnehin andere Sorgen. Aber ich bin sicher, die nächste Welle wird kommen.

Aus meiner Sicht wird bei der Forderung nach einer Frauenquote – womöglich noch 50 Prozent – viel zu wenig nachgefragt, was die Frauen eigentlich wollen. Viele, so meine Erfahrung, wollen nicht als Expatriate nach Mexiko City, Kaluga oder Bangalore  gehen. Viele wollen eine ausgeglichene work-life-balance und wissen genau, dass das mit Führungsverantwortung im internationalen Umfeld schwer zu erreichen ist.  Das wird ausgeblendet.

Im übrigen habe ich in meiner 30-jährigen Erfahrung als Personalleiter auch nie erlebt, dass einer gleich qualifizierten Frau ein Mann vorgezogen worden wäre. Geeignete Führungskräfte und Spezialisten im technischen Umfeld sind, besonders im technischen Umfeld, seit jeher eher Mangelware. Und das wird sich angesichts der Defizite im Bildungswesen auch an den Hochschulen, wohl kaum so bald ändern.

Chistine Kirchhoff war über 30 Jahre im Personalbereich verschiedener Konzernunternehmen tätig.




Quote für Kandidatenlisten: Warum nur Frauen und Männer?

Der Landtag von Brandeburg wird heute mit der Mehrheit von SPD, Linken und Grünen einen Frauenquote beschließen. Die Parteien müssen dann bei der Aufstellung ihrer Landeslisten für die nächste Landtagswahl Männer und Frauen abwechselnd platzieren, damit der Frauenanteil deutlich erhöht wird.

Nun bin ich ein bisschen altmodisch und denke immer noch, dass es bei einer Wahl darauf ankommt, die Besten nach vorne zu bringen. Das könnte übrigens von mir aus auch eine Mehrheit weiblicher Kandidaten sein. Es ist mir vollkommen egal, ob ein Kandidat – um den früheren SPD-Fraktionsvorsitzendenn in NRW, Friedhelm Fahrtmann, zu zitieren – „zwischen den Beinen anders aussieht als ich“. Nur gut müssen sie sein, und sie müssen sich um die Sorgen und Nöte der Bürger kümmern.

Nun wissen wir, dass diese altmodische Denke im bunten Deutschland der Vielfalt ein wenig gelitten hat in den vergangenen Jahren. Und wir wissen, dass Frauen heutzutage an die Spitze von Regierung, Bundesländern, Medienkonzernen, Familienunternehmen kommen, ganz ohne Quote – einfach, weil sie richtig gut sind. Und wir wissen, dass es schon bei den Grünen in Urzeiten trotz Quote immense Probleme gab, überhaupt genug Kandidatinnen zu finden, um alle Quotenplätze besetzen zu können.

Doch, was mich am meisten schockiert: Brandenburg führt nun eine Quote ein, die nur Männer und Frauen berücksichtigt. Was ist eigentlich mit den Transgender-Leuten, den Intersexuellen, den CIS-Frauen und denen, die sich gar nicht entscheiden wollen, was sie sind? Und was ist mit denen, die sich auch gern mal umentscheiden? Haben die nicht auch das Recht, bei der Vergabe der Listenplätze gefördert zu werden? Die vielleicht als Frau auf Listenplatz 3 gewählt werden, und dann am nächsten Tag entscheiden, dass sie jetzt ein Mann sein wollen? Werden die dann von der Liste gestrichen? Gibt es für die eine zweite Chance, sich um einen Männer-Platz zu bewerben?

Merkt eigentlich jemand, was für ein völliger (Gender-)Schwachsinn hierzulande gepflegt wird? Wundert sich noch jemand, dass immer weniger Menschen, diese Art von Politik nicht mehr ernst nimmt?




Ein überflüssiges Gesetz

Der Deutsche Bundestag hat mit großer Mehrheit den Weg für eine verbindliche Frauenquote freigemacht, die in Deutschland schätzungsweise rund 300 Karrierefrauen zusätzlichen Schub im Wettbewerb um die besten Plätze an den Futtertrögen verschaffen wird. Neid ist mir fremd, also gönne ich es den Damen, von denen nicht wenige demnächst auch Mehrfachmandate erwarten dürfen. Wir kennen das aus Norwegen, wo man schon früher mit Quoten für Konzernvorstände und Aufsichtsräte begonnen hat. Mangels einer ausreichenden Zahl qualifizierter Bewerberinnen gibt es seither eine Gruppe von Frauen, die gleich eine ganze Reihe von lukrativen Posten besetzen dürfen. In Norwegen nennt man sie „Goldröcke“, eine schöne Bezeichnung.
Nachdenklich stimmt, wie breit die Mehrheit im Parlament letztlich war. Die Entscheidungsfreiheit von Unternehmen wird eingeschränkt, das Leistungsprinzip marginalisiert. Obwohl man uns gerade in einem großangelegten Umerziehungs-Experiment namens Gender Mainstreaming beizubringen versucht, dass es zwischen Männern und Frauen keine Unterschiede gibt, sagt man uns jetzt, dass Unternehmen von den besonderen weiblichen Eigenschaften profitieren werden. Ja, was denn nun? Am Schlimmsten finde ich aber, dass sich dynamische, kluge und fleißige Frauen auf ihrem Weg an die Spitze nun dem Generalverdacht ausgesetzt sehen werden, dass sie eine Führungsposition nur deswegen erhalten hätten, weil sie eine Frau sind. Wir haben in Deutschland die am besten ausgebildete Frauengeneration aller Zeiten. Mädchen machen längst die besseren Schulabschlüsse als Jungs. Alle Jobs stehen ihnen offen. Was der Bundestag heute beschlossen hat, ist Politik der 80er Jahre. Es geht an der Lebenswirklichkeit junger und ehrgeiziger Frauen vorbei. Und die große Masse der Frauen hat sowieso nichts von diesem überflüssigen Gesetz.