GASTSPIEL VON DR. FRAUKE PETRY: Vor dem Musk-Interview mit Weidel: „Das Personal entscheidet, nicht das Programm, Elon!“

Elon Musk hat eine Wahlempfehlung für die AfD abgegeben und das gegenüber der Zeitung „Welt“ begründet.
Er konstatiert, aus meiner Sicht zu Recht, dass Deutschland sich an einem kritischen Punkt und am Rande des wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenbruchs befinde. Konkret merkt er an, dass die deutsche Wirtschaft in Bürokratie und Vorschriften versinke, dass das Land seine Grenzen zwar aus humanitärer Absicht geöffnet habe, dies aber zu kulturellen und sozialen Spannungen führe. Weiterhin betreibe die derzeitige Koalition (und ich ergänze: auch die vorangegangenen Koalitionen unter Agela Merkel) eine wirtschaftlich kostenintensive und geopolitisch naive Energiepolitik.
Die AfD wolle all dies politisch anders lösen
Dies gehe aus dem Programm der AfD hervor, so Musk. Das ist zunächst weitgehend richtig. Es spielt aber für die Frage der berechtigten Erwartungen praktisch keine Rolle. Programme sind Werbeprospekte, im Falle der AfD noch dazu ganz wesentlich aus dem Jahre 2016 stammend. Entscheidender für die Einschätzung tatsächlich zu erwartender Politik ist etwas anderes, nämlich das zur Verfügung stehende Personal.
Nehmen wir beispielsweise Gerhard Schröder. Als Kanzler und Sozialdemokrat hat er mit der Agenda 2010 Sozialreformen durchgesetzt, die in keinem seiner SPD-Programme standen. Ohne ihn hätte Angela Merkel weit weniger Substanz vorgefunden, die es ihr letztlich erlaubten, 16 lange Jahre das Land in praktisch allen wichtigen Fragen kaputtzuverwalten. Aber auch ihre wichtigsten Entscheidungen standen in keinem Wahlprogramm der Union. Weder der Ausstieg aus der Kernkraft war dort im Jahr 2011 vorgesehen, noch eine Grenzöffnung für große Zahlen minderqualifizierter und sozio-kulturell nicht integrierbarer muslimischer Männer war angekündigt, letzteres von ihr sogar 2005 noch gegenteilig kommuniziert. Die Übernahme sozialistischer Gesellschaftsentwürfe war ebenso wenig vorgesehen.
Schauen wir auf das aktuelle Wahlprogramm der Union
Dort finden wir Deregulierung und eine Kehrtwende in der Migrationspolitik, wie sie noch vor Monaten kaum jemand erwartet hätte. Hört man Christian Lindner heute zu, muss man annehmen, er habe aus drei Ampel-Jahren die notwendigen Konsequenzen gezogen und sei nun entschlossener denn je, den lähmenden Apparat zu entschlacken und auch bei der Asylpolitik andere Wege zu beschreiten.
Warum also empfiehlt Elon Musk nicht die Wahl von Union oder FDP? Ganz einfach: Weil er nicht dumm ist.
Natürlich ist von Lindner spätestens nach den Ampel-Jahren keine Kehrtwende zu erwarten. Natürlich ist Merz und Linnemann nicht zuzutrauen, dass sie den lähmenden Apparat der Union auf neue Spur bringen, nachdem sie es viel zu lange versäumt haben, die Merkel-Vertrauten von ihren parteiinternen Machtposten zu vertreiben.
Es ist seit jeher immer das Personal und nicht das Programm, das den entscheidenden Ausschlag gibt. Im Fall von Union und FDP versteht das auch fast jeder.
Was für ökonomische Gesetzmäßigkeiten im Markt gilt, gilt auch für menschliches Handeln in der Logik von Parteiapparaten und damit auch für die AfD. Das Personal entscheidet, nicht das Programm, Elon!
Um eine weitere Analogie aus der Wirtschaft zu bemühen: Kein Unternehmensinhaber würde Personal nur nach Aktenlage der Bewerbungsmappe einstellen. Das persönliche Vorstellungsgespräch ist unerlässlich. Hier ist es noch etwas komplizierter, denn das Personal ist in eine Struktur eingebettet.
Wer sich das Trump-Team von 2016 ansieht und mit dem Trump-Team von 2024 vergleicht, erkennt sofort augenfällige Unterschiede.
J.D. Vance statt Mike Pence. Hier eine starke Persönlichkeit, dort ein schwacher Nebendarsteller. Elon Musk statt Stephen Bannon. Damals ein nationalistischer Vertreter der Neuen Rechten, heute ein libertärer Unternehmer.
Deutschland ist zudem, anders als die Vereinigten Staaten, keine Präsidialdemokratie, sondern eine föderale parlamentarische Demokratie, in der Regierungskoalitionen die Regel, absolute Mehrheiten einer Partei die große Ausnahme sind. Daher erfordern diese Systeme andere Modelle zur Veränderung des status quo. Dazu zählt in Deutschland vor allem der Machtfaktor Partei. In Deutschland ist die Partei viel stärker in ihrer Stellung als in den USA. Eine Kanzlerin Weidel könnte also nicht ohne Rücksicht auf ihre Partei durchregieren, sie wäre auch schon verfassungsmäßig weit entfernt von der starken Stellung eines US-Präsidenten. Stattdessen müsste sie Rücksicht nehmen auf die dezidiert antikapitalistischen und tribalistischen Strömungen in ihrer eigenen Partei.
Ein weiterer Unterscheidungspunkt betrifft das Team
Weidel hat kein Team, weder innerhalb der AfD noch außerhalb. Dieser Zustand wird angesichts der aktuellen Problemlage nicht dadurch besser, dass die Kanzlerkandidaten der anderen Parteien auch keine überzeugenden Köpfe an ihrer Seite vorweisen können.
Wer Wahlempfehlungen nach Programmen ausspricht, versteht nichts von Politik. Das ist nicht schlimm, weil Elon Musk viele andere Dinge kann, die man bewundern muss.
Zu Angela Merkel hätte man lieber die Merkel-Chronistin Gertrud Höhler befragen sollen als das Wahlprogramm der Union, zu Christian Lindner seinen einstigen Ziehvater Gerhard Papke. Zur AfD und Alice Weidel sollte man Menschen befragen, die sie persönlich kennen, anstatt Jahre alte Parteiprogramme zu Rate zu ziehen.
Weil Elon Musk wörtlich von „politischem Realismus“ spricht, erlaube ich mir einen Hinweis auf die Vergangenheit.
Im April 2017 stellte ich einen Antrag, der eine strategische Hinwendung der AfD zu einer realpolitischen Strategie und eine Abwendung von der schon damals fundamentaloppositionellen Strategie bewirken sollte. Der Antrag wurde damals durch Nichtbefassung deutlich abgelehnt. Die meisten seiner damaligen Unterstützer sind inzwischen aus der AfD ausgetreten. Es gibt diese realpolitische Strömung in der Partei praktisch nicht und auch Weidel hat diese abgelehnt.
Ihre Hinwendung zum Höcke-Parteiflügel begann zum selben Zeitpunkt im April 2017, als sie, ungeachtet eines damals laufenden Ausschlussverfahrens gegen Björn Höcke, folgendes sagte: „Klar werde ich mit Björn Höcke Wahlkampf machen. Höcke und ich sind zwei Teile einer Partei.“ Diese Äußerung und ihre Annäherung an Höckes national-sozialistische Positionen stehen in einer inhaltlichen Kontinuität bis heute. Erst 2022 äußerte sie in Erwartung der neuen Wagenknecht-Partei nicht etwa Kritik am seit langem völlig ausgeuferten deutschen Sozialstaat, sondern „Wir als AfD müssen unser sozialpolitisches Profil weiter schärfen, gerade in dem Bereich starke Köpfe einsetzen und prominent machen.“
Wie sehr solche Worte auf Höckes Zustimmung stoßen, konnte man anlässlich ihrer Nominierung zur Spitzenkandidatin vor wenigen Wochen erfahren, als er dazu äußerte, dass er und Weidel seit 2017 viele Gespräche geführt und gemeinsame Standpunkte entdeckt hätten. Sie spiele nun die „erste Geige“, wichtig sei nun die gemeinsame Partitur. Höcke ist zwar kein Musiker, aber die Kenntnis über die Rollenverteilung in einem Orchester sollte man ihm schon zutrauen.
Lohnend ist auch ein Blick in andere Länder Europas, zu denen insbesondere Elon Musk gute persönliche Beziehungen unterhält.
In Europa nämlich ist die AfD unter den sognannten „rechten Parteien“ isoliert
Das hat Ursachen, die darin begründet sind, dass man die AfD nicht nur personell, sondern auch ideologisch viel besser versteht, als die meisten ihrer Kritiker hierzulande.
Die deutsche Rechte krankt seit Jahrzehnten an demselben Problem. Jede konservative Kraft muss ihr Verhältnis zur Geschichte des eigenen Landes klären, weil Konservatismus in der Regel einhergeht mit einem positiven Bezug zur eigenen Geschichte und Herkunft. Das führt in jedem Land zu Problemen, weil alte, aus der Zeit gefallene politische Konflikte in die Gegenwart getragen werden.
Der Narrensaum der politischen Rechten hat in jedem Land seine eigenen Probleme, aber in Deutschland ist es nicht der Faschismus, sondern der „nationale Sozialismus“, der sich in Randbereichen bemerkbar macht.
Dieser Unterschied ist wichtig, weil der Nationalsozialismus, im Gegensatz zum Faschismus, ein eigenes geschlossenes Ideengebäude darstellt. Die Zahl seiner Anhänger ist auch in Deutschland marginal, aber anders als in anderen europäischen Ländern, fällt die Distanzierung von diesen „Woken von rechts“ besonders schwer. Maximilian Krah hat beredtes Zeugnis davon im Europawahlkampf als Spitzenkandidat der AfD hiervon abgelegt. Den Europäischen Parteien von Orbans Fidesz, Melonis Fratelli d’Italia, Le Pens Rassemblement national oder Wilders PVV war das nun zu viel.
„Melonisierung“ gilt andersherum in der AfD als Beschimpfung für eine zu weich gespülte Politik. Le Pen, Orban, sie alle gelten in AfD-Kreisen als keine Partner. Die Ablehnung gilt wechselseitig.
Oder um es mit Krah zu sagen: „Zum einen habe die AfD im Gegensatz zu allen anderen Rechtsparteien in Europa ihre Stabilisierung und ihren Ausgriff auf über 20 Prozent der Wähler nicht durch eine Bewegung in Richtung liberalkonservativer Mitte erreicht. Vielmehr sei sie so erfolgreich aufgrund der unausgesetzt gesendeten Botschaft, es handele sich bei ihr tatsächlich um eine grundsätzliche Alternative.“
Nun frage man besser nicht, was die AfD denn ist, wenn nicht liberal oder konservativ und wie sich diese „grundsätzliche Alternative“ denn eigentlich definiert. Oder vielleicht doch! Vielleicht ist es an der Zeit, dass diese Frage endlich gestellt wird.
Fakt ist: Die AfD will den wuchernden Staatsapparat nicht nach Javier Mileis Vorbild entschlacken, sie will ihn lediglich mit eigenem Personal besetzen. Erhalten bliebe uns der Tribalismus, also die Einteilung von Individuen in Kollektive und ethnische Schubladen. Erhalten bliebe uns auch das eifrig eingeübte Freund-Feind-Schema; bloß mit anderen Vorzeichen. Erhalten bliebe uns auch die Unfähigkeit des Personals.
Es gibt zur Zeit in Deutschland keine Partei, die erkannt hat, welche drastischen Veränderungen in Deutschland notwendig sind, um die inzwischen eingetretenen Probleme zu lösen. Und es gibt keine Partei, die das dafür notwendige Personal zusammenbringen kann.



Unsere parlamentarische Demokratie braucht einen Neuanstrich

Heute morgen habe ich einen Beitrag von Spiegel-TV aus dem Jahr 2010 mit großem Vergnügen gesehen. Es ging um ein Pixi-Bücher für Kinder, in denen – schlimm, schlimm – das traditionelle Familienbild gezeigt wird, also Vater, Mutter, Kinder – so, wie es Alltag ist in Deutschland. Und es wird bemängelt, dass gar nicht genug Multikulti in den Darstellungen vorkommt. Am besten schauen Sie es sich selbst an, um zu verstehen, mit welch wichtigen Themen sich unsere Berufspolitiker so beschäftigen.

Gestern morgen war ich zum Frühstück mit einem guten Freund verabredet, der beruflich für eine Parlamentspartei tätig ist. Auch er erzählte mir Geschichten aus dem Alltag in der Fraktion, der meistens von atemberaubender Schlichtheit ist. Über das Bemühen, sich persönlich als Abgeordneter legal geldwerte Vorteile zu verschaffen. Über Tricksereien bei der Finanzierung von Mitarbeitern. Und auch über Zynismus und Interessenlosigkeit von einzelnen Volksvertretern für die Sorgen der eigenen Wähler. Nur der Vollständigkeit halber: Ich habe oft darüber geschrieben, was es auch heute noch in unseren Parlamenten für unglaublich engagierte und fleißige Abgeordnete gibt – und zwar in allen ?arteien.

Ich halte die parlamentarische Demokratie für eine wirklich großartige Sache, aber ich wüsste auch Bereiche, wo eine Reform das Parlamentarismus dringend erforderlich wäre. Die frühere AfD-Chefin Frauke Petry versucht mit ihrer „Blauen Wende“ in Sachsen Menschen zu sensibilisieren, über das Parteiensystem grundsätzlich nachzudenken. Mit einer Bürgerbewegung. Ihre Gedanken in Kurzform: Wer politisch etwas verändern will, kann das letztlich nur über eine Partei tun. Um aber etwas verändern zu können, muss man dabei ständig Kompromisse machen. Man muss kandidieren, man muss um Listenplätze kämpfen, man muss sich mit Leuten verbünden, die man nicht ausstehen kann und so weiter. Und weil das so ist, wollen Menschen zunehmend gar nicht mehr in die real existierenden Parteien in Deutschland gehen. Schade eigentlich…

Übrigens: Meine einstige Freundin Lilly von den „Geisterjägern“ gegen Rechts hat ein neues Buch geschrieben. Also ich hoffe, dass sie es selbst geschrieben hat. Schade, dass sie diesen Beitrag vorher nicht zu lesen bekommen hat. Dann hätte sie noch ein Kapitel darüber schreiben können, dass „der konservative Publizist Klaus Kelle“ jetzt auch noch die parlamentarische Demokratie abschaffen will…




Die Spannung hinter den Kulissen der AfD ist mit Händen zu greifen

Hinter den Kulissen der AfD ist etwas in Bewegung geraten. Frauke Petry hat mir ihrer Grundsatzkritik an den ständigen Querschlägen insbesondere von Alexander Gauland absolut recht. Eine Partei, die sich selbst rechts im Koordinatensystem verortet und wenige Tage vor einer vielleicht entscheidenden Wahl über die Wehrmacht des Dritten Reiches philosophiert, hat nicht mehr alle Tassen im Schrank.

Ich erwarte dennoch nicht, dass die richtigen Aussagen von Frau Petry der AfD am Sonntag schaden werden. Zu viele Menschen in Deutschland empfinden einen Überdruss gegen den etablierten Einheitsbrei im Parteiensystem unseres Landes. Die Zehn-Prozent-Hürde wird die Partei allemal nehmen. Aber was danach kommt, wird möglicherweise richtig spannend.




Die Partei, die Intriganten, das Paar und die Tragödie

Als Umfragen die Alternative für Deutschland um die Jahreswende herum bei fast 15 Prozent sahen, hätte niemand für möglich gehalten, dass der Einzug der Partei in den Deutschen Bundestag nochmal ernsthaft in Gefahr kommen könnte. Derzeit sehen alle Demoskopen die Partei irgendwo zwischen sieben und acht Prozent. Das würde immer noch reichen, aber es sind ja auch noch ein paar Monate bis zur Bundestagswahl im September. Und wenn man sich anschaut, was derzeit so hinter den Kulissen läuft, müsste zumindest den AfD-Anhängern langsam mulmig werden.

Betrachten wir die aktuelle Situation vor dem AfD-Bundesparteitag in Köln:

Die neueste Intrige
In Goslar gab es jetzt auf Initiative des bekanntermaßen überehrgeizigen niedersächsischen AfD-Funktionärs Armin Paul Hampel, der auch im Bundesvorstand der Partei sitzt, ein Geheimtreffen, bei dem darüber beraten wurde, wie man die unliebsame Parteichefin Fraue Petry als Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl verhindern kann. Der Plan ist, Bundesvize Alexander Gauland und die baden-württembergische Frontfrau Alice Weidel als neues Spitzenteam durchzusetzen. Erstaunlich, denn Gauland hatte jüngst öffentlich erklärt, er strebe nicht mehr an, Spitzenkandidat zu werden, sondern überlasse Petry kampflos das Feld. Erstaunlich auch, dass beim Treffen in Goslar nach Informationen des Spiegel“ auch der thüringische Landeschef Björn Höcke dabei war, gegen den ja ein Parteiausschlussverfahren läuft, und der kürzlich aus dem AfD-Bundesvorstand mit Adolf Hitler in Bezug gebracht wurde.

Der Fall Höcke
Der AfD-Vorsitzende von Thüringen hat allein das Zeug, einen Wahlerfolg der AfD noch zu verhindern. So als wollte man mit dem Kopf durch die Wand, bejubeln seine Fans in der Partei jeden Auftritt, selbst wenn er von Inhalt, Gestik und Mimik objektiv betrachtet als gruselig betrachtet werden kann. Selbst die schmerzfreien Parteifreunde in der AfD werden irgendwann begreifen müssen, dass Wahlen in diesem Land irgendwo in der bisweilen großen konturlosen und schwabbeligen Mitte gewonnen werden, nicht aber an den Rändern. Viele Bürgerliche, die ihre Hoffnung auf die neue Partei gesetzt haben, wenden sich mit Grausen ab, wenn da einer mit stahlblauem Blick und kantigem Kinn in den Abendhimmel auf dem Erfurter Domplatz brüllt.

Und – das Gerücht ist vielen schon seit langem bekannt – sollte sich beweisen lassen, was im AfD-Bundesvorstand jetzt schon als sicher gilt, dass nämlich Höcke unter dem Pseudonym „Landolf Ladig“ für NPD-nahe Blätter geschrieben hat, bleibt der Partei endgültig nichts anderes übrig, als sich sofort von diesem Mann zu trennen.

Der Autor und das Paar

Der Buchautor und langjährige Focus-Redakteur Michael Klonovsky fährt aktuell schweres Geschütz gegen die Partei-Chefin Frauke Petry und ihren frischvermählten Ehemann, den Landesvorsitzenden von NRW, Marcus Pretzell auf. In einem langen Beitrag auf seinem Blog schreibt Klonovsky: „Frau Petry mag vielleicht die talentierteste Politikerin der AfD sein, aber wem das Schicksal der Partei am Herzen liegt, der darf diese Frau nicht unterstützen.“

Der Journalist, der heute in Diensten der sächsischen AfD-Landtagsfraktion steht und nach eigenen Angaben auch in Diensten des EU-Parlamentariers Pretzell („ein Gauner“), verlangt noch 24.000 Euro Honorar von dem, die er einklagen will. Das muss man wissen zu diesem Thema, denn Klonovsky, ein begnadeter Schreiber und Buchautor, ist sauer. Seine Schmähschrift ist überschrieben mit „Bonnie und Clyde der AfD“. In der Tat treffe ich in jüngster Zeit immer wieder AfD-Funktionäre und -Abgeordnete, die der Meinung sind, das größte Problem der Partei sei nicht Björn Höcke, sondern die private Verbindung der beiden Politiker.

Frau Petry
Ganz ehrlich: Frauke Petry tut mir leid. Wir saßen mal vor zweieinhalb Jahren gemeinsam auf einem Podium in Hamburg beim Kongress Christlicher Führungskräfte über die Medienlandschaft in Deutschland. Bevor es losging, tranken wir eine Tasse Kaffee zusammen. Ich fand sie sympathisch. Und intelligent ist sie auch. Aber ich lese, wie viele in der Partei sie geradezu hassen, weil sie hart gegen Höcke vorgeht, weil sie manchen bei der Planung persönlicher Karrieren im Weg steht. Und weil sie Lucke maßgeblich mit gestürzt hat damals in Essen. Gut, das spielt heute in der AfD keine Rolle mehr, da ist man weitgehend froh, den Professor loszusein.
Aber es berührt mich, wie diese schwangere Frau im fortgeschrittenen Stadium von „Parteifreunden“ in Sachsen angegifftet wird, rücksichtslos. Wie ihr vor laufenden Kameras die Tränen kommen. Politik ist ein schmutziges Geschäft, das kam mir wieder in den Sinn, als ich die Bilder vom Parteitag sah. Und das stimmt. Nicht nur in der AfD, sondern überall in den Parteien.

Es ist eine wirkliche Tragödie, was sich derzeit um Frauke Petry herum abspielt. Und wikipedia schreibt über Tragödien: „Das Scheitern des Helden ist in der Tragödie unausweichlich.“ Oder auch das Scheitern der Heldin…




Wollen wir Zustände wie früher? Oder setzen wir demokratisches Verhalten durch?

Als am 23. März 1933, einem Donnerstag, das „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“ im Reichstag beschlossen werden sollte, das die Welt als „Ermächtigungsgesetz“ kennt, mussten die Abgeordneten ein wahres Spießrutenlaufen über sich ergehen lassen, bis sie überhaupt ins Parlament gelangen konnten. SA- und SS-Leute bildeten Spaliere, durch die sich die gewählten Vertreter des deutschen Volks drängeln mussten. Zeitzeugen erzählten, dass sie beleidigt wurden, einigen schlugen die Braunhemden die Hüte vom Kopf, sie wurden angerempelt, es herrschte eine aggressive, bedrohliche Atmosphäre vor dem Parlament.

Die Nationalsozialisten setzten schließlich durch, dass die Reichsverfassung von Weimar außer Kraft gesetzt wurde. Die deutsche Demokratie schaffte sich mit Mehrheit selbst ab. Und der SPD-Abgeordnete Otto Wels hielt eine Rede, die in der Geschichte der Menschheit hoffentlich nie vergessen wird und die in dem Satz gipfelete: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht…“

Als ich jetzt Berichte über den Wahlkampfauftakt der AfD in Schleswig-Holstein am vergangenen Freitag las, kam mir spontan der Gedanke: Was ist im Grundsatz eigentlich heutzutage anders im politischen Kampf? Ja, eine Wahlkundgebung ist etwas anderes als eine Reichstagssitzung. Und klar, im Norden standen keine uniformierten und bewaffneten Nazis vor der Halle, sondern geifernde antifa-Aktivisten. Aber die Methode? Schon am Vortag musste ein massives Polizeiaufgebot in Lübeck dafür sorgen, dass die AfD überhaupt auftreten konnte. Wer zur Veranstaltung mit Parteichefin Frauke Petry wollte, musste sich durch ein Spalier hasserfüllter Demonstranten drängeln.

Die Tageszeitung „Die Welt“ berichtete:

„Ob ältere Ehepaare, jüngere Männer, ältere Männer, einzelne Frauen, die sich aus Angst vor den Umstehenden lieber von einem Polizisten durch die Absperrungen begleiten ließen – sie alle wurden, ohne groß zu unterscheiden, als „Rassisten“, „Faschisten“ und „Nazis“ beschimpft, bepöbelt, ausgepfiffen. Massive Anfeindungen, ein wahres Spießrutenlaufen, das selbst der bei Lübeck lebende, jedweder rechter Umtriebe unverdächtige Flüchtlingsbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Stefan Schmidt, nur mit unwilligem Kopfschütteln quittierte.“

Tage vorher hatten die Gewerkschaften Ver.di und GEW in Lübeck versucht, die städtischen Räumlichkeiten sperren zu lassen. Die Grünen unterstützten das. Eine Wahlkampfveranstaltung der AfD im Kieler Schloss wurde unter Verweis „auf die nur schwierig zu schützende“ Lage der „Liegenschaft mit ihren vielen Zugängen“ abgesagt. Frauke Petry musste in den kleinen Ort Aukrug bei Neumünster ausweichen. Auch dort versuchten 400 „Demonstranten“ die Veranstaltung zu verhindern. Der NDR berichtete (von wegen „Lügenpresse“) über „linke Gruppierungen“. Ein Polizeisprecher wird zitiert: „Gegen eine Gruppe von 20 bis 30 Leuten sind Platzverweise ausgesprochen worden.“

Und auch das noch: In der Nacht zu Donnerstag wurde das Auto der Frau des rheinland-pfälzischen AfD-Vorsitzenden Uwe Junge durch einen Brandanschlag komplett zerstört. „Nachbarn haben das brennende Auto am Donnerstag gegen 3.00 Uhr entdeckt und sofort Feuerwehr und Polizei alarmiert“, teilte die AfD mit. Nur so konnte verhindert werden, dass die Flammen auf das Wohnhaus von Junges Familie übergriffen. Es entstand ein Sachschaden von ca. 15.000 Euro.

Man muss nicht mit der AfD sympathisieren und man muss sie auch nicht wählen. Aber muss man die klammheimliche Freude linker Aktivisten aus dem antifa-Milieu über solche Gewalttaten in den sozialen Netzwerken hinnehmen? Muss man hinnehmen, dass eine Partei, die in zehn Landtagen und dem EU-Parlament vertreten ist, mit psychischer und physischer Gewalt am Reden gehindert wird? Natürlich darf man gegen Frau Petry und ihre Partei demonstrieren. Aber friedlich! Warum stellen sich Frau Merkel, Herr Schulz, Herr Özdemir und Herr Lindner nicht in dieser Frage schützend vor die AfD? Warum sagen Sie nicht: Wir lehnen Euch, eure Ideen und Politik von ganzem Herzen ab, aber wir verteidigen auch das Recht der AfD, in Deutschland zu sprechen, wo immer sie will?

Wollen wir eine Gesellschaft, in der tatenlos zugesehen wird, wie man politische Gegner mit Methoden von früher mundtot machen will? Und keiner steht auf, weil die Undemokraten von Heute linke Extremisten sind und keine Uniformen sondern bunte Wollmützchen tragen…




Wochenende der Entscheidungen – Teil 1: die AfD

Am Ende konnte es nicht mehr wirklich überraschen. Frauke Petry hat sich im parteiinternen Machtkampf bei der „Alternative für Deutschland“ klar gegen Bernd Lucke durchgesetzt. Und, um es vorweg zu sagen: Im persönlichen Vergleich haben die Mitglieder richtig entschieden. Wenn der Gründer, Parteisprecher und Übervater Bernd Lucke noch im Januar dieses Jahres von einer großen Mehrheit der Parteimitglieder getragen und bejubelt und ein halbes Jahr später ausgepfiffen und abgewählt wird, dann hat er etwas falsch gemacht. Alles andere wäre Augenwischerei. Lucke hat durch seinen Sachverstand in der Staatsschuldenkrise bisweilen sogar seine Gegner mit großem Fachwissen beeindruckt. Als Parteigründer und Frontmann sind ihm die Mitglieder in den ersten Monaten zu Füßen gelegen. Doch das ist vorbei. Die große Mehrheit will keinen Dozenten an der Spitze. Das Votum gestern war eindeutig. Mit Frauke Petry hat die AfD nun eine Vorsitzende, die nicht bloß den Kopf von Menschen anspricht, sondern auch Bauch und Herzen. Das ist für eine Parteichefin ein gewaltiges Pfund. Hinzu kommt, dass sie machtbewusst ist, weiß wie Politik funktioniert und außerdem eine sympathische Frau ist, die anders daherkommt als manch freudlose und verbissene Konservative, die man bei Europas Konservativen sonst so erlebt.
Ob die gestrige Entscheidung für die Partei insgesamt gut ist, da habe ich meine Zweifel. Zum einen finde ich den Umgang mit Lucke schäbig. Auch wenn man seine politische Positionierung für falsch hält, geht man so nicht mit einem Mann um, ohne den es diese Partei nicht gäbe. Ich gehe selbst gern ins Fußballstadion und stehe dort auf einer Tribüne hinter dem Tor. Dort wird geschmäht und gepfiffen, manchmal weit über das gebotene Ziel hinaus, und es macht Spaß. Aber eine solche Atmosphäre auf dem Parteitag einer Partei, die selbst den Anspruch erhebt, eine „Volkspartei“ zu werden, das ist unwürdig.
Wohin die Reise der AfD nun gehen wird, ist schwer abzusehen. Ich denke, Petry wird den Vorsitz gut managen. Aber was, wenn die Lucke-Anhänger vom „Weckruf“ den Laden verlassen? Ist ein solcher Aderlaß, bei dem auch viele Funktionsträger und Abgeordnete dabei wären, überhaupt zu kompensieren? Und was, wenn sie bleiben? Geht der Dauerstreit dann weiter? Haben die Wähler Lust auf so etwas?

Und inhaltlich? Eine Mehrheit der Deutschen empfindet Unbehagen angesichts eines zunehmend als Bedrohung empfundenen Islam. Wenn die anderen Parteien in Deutschland das nicht ernst nehmen, wird die AfD aus diesem (PEGIDA-)Reservoir eine Menge Stimmen fischen können. Die schleichende Zerstörung der traditionellen Familie in Deutschland – Stichworte „Ehe für alle“, Gender-Wahn, Frühsexualisierung der Kinder – ist auch so ein Thema, bei dem die anderen etablierten Parteien in Deutschland bisher keine überzeugenden Antworten gefunden haben. Auch hier wird die AfD punkten, wenn nicht wenigstens die bürgerlichen Parteien endlich aufwachen. Aber sonst? Der größte Konstruktionsfehler der AfD ist ihre auch nach zwei Jahren existierende programmatische Unschärfe. Da kämpft eine Beatrix von Storch im EU-Parlament leidenschaftlich gegen den Genderwahn, während sich im Brandenburger Landtagswahlkampf Spitzenkandidat Alexander Gauland bei früheren PDS-Wähler anbiedert, indem er das Kinderaufbewahrungssystem in der früheren DDR als vorbildlich preist. Was gilt denn nun? Beides zusammen geht nicht.

Bei der EU-Wahl, die der erste große Erfolg für die AfD gewesen ist, speiste sich der Zulauf der Wähler im Wesentlichen aus Nichtwählern, früheren FDP-Wählern und früheren Linke-Wählern. Mit einigem Abstand folgten dann enttäuschte frühere CDU-Wähler. Diese Säulen alle zusammenzuhalten, erscheint mit nach dem gestrigen Tag als unmögliches Unterfangen. Wenn ein führender Funktionär der AfD unter dem Jubel der Mitglieder allen Ernstes fordert, auf das Freihandelsabkommen TTIP mit der führenden Wirtschaftsnation der Welt zu verzichten und stattdessen einen gemeinsamen Wirtschaftsraum Europas mit Russland zu bilden, ist das weder im Interesse Deutschlands, noch klug, aber schon gar nicht attraktiv für Wähler, die sich mit wirtschaftlichen Fragen beschäftigen und ernstzunehmende Alternativen im politischen Angebot wünschen.

Nicht wenige Kommentatoren sehen heute mit der gestrigen Entscheidung das Ende der AfD eingeläutet. Ich bin da nicht so sicher. Es wird entscheidend davon abhängen, welchen Kurs Frauke Petry nun mit ihrer neuen Macht einschlägt. Es wird davon abhängen, ob es den großen „Luxit“ gibt, und es wird davon abhängen, ob es der Partei gelingt, programmatisch eine echte Alternative mit eigenen Ideen zu entwickeln. Eine realistische Alternative, denn Wahlen werden nicht bei „Russia Today“ gewonnen, sondern durch inhaltlich und personell überzeugende Angebote.




Immer feste druff auf Kirche und Glauben

In Hamburg findet derzeit der Kongress Christlicher Führungskräfte statt. 3.000 evangelische und katholische Unternehmer und Manager beschäftigen sich dort mit christlichen und aktuellen gesellschaftlichen Themen. Ich durfte in einem gut besuchten Workshop mit Frauke Petry von der AfD über den Stand der Meinungsfreiheit in Deutschland diskutieren. In manchem waren wir uns einig, in manchem auch nicht – so, wie es bei einer Diskussion ja auch sein soll. Grundsätzlich erkennt Frau Petry durchaus an, dass es hierzulande eine vielfältige und weitgehend freie Medienlandschaft gibt. Aus ihren Erfahrungen im Zusammenhang mit der AfD-Berichterstattung aber auch mit der Art, wie über Pegida berichtet wurde, schließt sie, dass die Meinungsfreiheit allerdings zunehmend bedroht wird. Für mich war die sich im Laufe der Pegida-Berichterstattung zeigende sehr differenzierte Betrachtung bei vielen etablierten Medien dagegen eher ein Hinweis, dass eine neue Nachdenklichkeit in vielen Redaktionen eingesetzt hat, ob man das Ohr wirklich noch am Puls des Volkes hat. Und das stärkt die Meinungsfreiheit. Heute Morgen las ich dann beim Frühstück wieder einen Beitrag des öffentlich-rechtlichen NDR, bei dem ich mir selbst erneut die Sinnfrage gestellt habe, denn es war ein reiner Kampagnenbeitrag, der sich in eine aktuelle Kette widerwärtiger Stimmungsberichte gegen Christen in Deutschland einfügt. Dieses Mal wurde Hamburgs gerade frisch wiedergewählter Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) von den Gralshütern der Political Correctness gegeißelt, weil er es gewagt hat, die Schirmherrschaft für den Kongress zu übernehmen. Begründet wird das mit einigen wenigen Infoständen von Abtreibungsgegnern und Missionswerken, die – böse, böse! – sogar in islamischen Ländern missionieren wollen. Muss man nicht mögen, ist aber erlaubt, glaube ich. Man kann ohne Übertreibung feststellen, dass in jüngster Zeit verschiedene Medien – vorneweg öffentlich-rechtliche – eine regelrechte Kampagne gegen engagierte Christen betreiben. Ob das zum Auftrag der Grundversorgung gehört, mag ich nicht beurteilen. Immerhin blieb Scholz standhaft. Sein Sprecher teilte mit, der Senat habe geprüft, wer die Organisatoren und die anderen Teilnehmer seien. Es gebe zwar kritische Punkte, aber in der Gesamtheit sei es aus ihrer Sicht in Ordnung, dorthin zu gehen.