Ein rasanter Vorbeiflug von Belanglosem

Unter dem Begriff „Nachricht“ verstand man einst im Wortsinn relevante Mitteilungen, nach denen sich andere richten – im Sinn von orientieren – konnten. Als ich heute Morgen meine Frau zum Düsseldorfer Flughafen brachte, von wo aus sie mit der Fluggesellschaft Germanwings zu einigen Vorträgen startete, kam mir unwillkürlich der Gedanke, dass der mutwillig herbeigeführte Absturz einer Germanwings-Maschine in den südfranzösischen Alpen schon wieder Lichtjahre entfernt scheint. Sechs Wochen ist das her, dass ein wohl depressiver Co-Pilot ein Passagierflugzeug bewusst gegen einen Berg steuerte. Alle 150 Menschen an Bord waren sofort tot. Beschäftigt uns das noch? Reden wir darüber, wenn wir uns mit Freunden treffen? Schließen wir die Angehörigen der Todesopfer in unser Abend- oder Sonntagsgebet ein? Immerhin, die Katastrophe mit 150 Toten hat uns alle kurz beschäftigt, viel intensiver als ungleich mehr Opfer anderer Katastrophen zum Beispiel in Afrika. Deutsche Opfer sind uns näher, auch wenn ein Mensch eigentlich ein Mensch ist. Während ich so über all das nachdachte, hörte ich nebenbei im Autoradio die neueste Meldung des heutigen Tages: Christian Wulff und Bettina Wulff ziehen wieder zusammen, die Scheidung wurde abgesagt. Wie schön, wenn sich zwei Menschen nach einer Lebenskrise wieder zusammenfinden. Ich wünsche ihnen, dass sie es hinbekommen, aus ihrer Ehe doch noch eine glückliche Angelegenheit zu machen. Aber wie relevant ist eine solche „Nachricht“ tatsächlich für den Rest der Bevölkerung? Was ich sagen will: Wir reden viel über „Lügenpresse“, wir reden nie über Relevanz. Und nicht über die wachsende Geschwindigkeit, mit der Nachrichten heutzutage an uns vorbeifliegen und resonanzlos verglühen.




Warum gibt es solche Tage wie heute?

Geht Ihnen das ähnlich? Seit ich heute gegen Mittag vom Absturz der Germanwings-Maschine in Südfrankreich gehört habe, ist meine Motivation, irgend etwas zu tun, nahe Null. So eine Tragödie lähmt uns, lässt fast alles andere als nebensächlich erscheinen. Es beschäftigt uns den ganzen Tag über. Was mag da hoch über den Wolken passiert sein? Und welches Grauen haben die 150 Menschen im Flieger in den letzten Augenblicken ihres Lebens verspürt? Wir können es uns nicht einmal ansatzweise vorstellen. Die Benutzung eines Verkehrsflugzeuges ist für viele von uns heutzutage kaum noch etwas Aufregendes. Wir fliegen geschäftlich in der Gegend herum, wir lassen uns zu Sonnenstränden und historischen Tempeln in aller Welt fliegen. Und plötzlich ist es vorbei. Einfach so. Je älter ich werde, desto mehr nimmt mich eine Katastrophe wie diese mit. Alles ist immer durchgeplant, alles ist hektisch und auf Effektivität getrimmt. Die Wirtschaft muss funktionieren, die Politik muss funktionieren und jeder Mensch in unserem System muss natürlich auch funktionieren. Und plötzlich ist alles dunkel, und die Gedanken sammeln sich. Warum passiert so etwas? Oder auch die berühmte Frage: Warum lässt Gott das zu? Und warum gerade diese Maschine und diese Menschen, unter ihnen einen Gruppe Schüler aus Nordrhein-Westfalen auf Heimreise vom Austauschprogramm? Es ist zum Verzweifeln.