Heute beginnt der FDP-Bundesparteitag – digital, versteht sich. Neben der Neuwahl des Bundesvorstands, bei etablierten Parteien immer der Kern solcher Heerschauen, dreht sich dieses Mal alles um die Frauenfrage. Echt ideenreich, oder? Schon 1984 hatte die CDU allerdings auf einem Parteitag die Frauenfrage zum Thema gemacht. Motor der Debatte um das eigene Frauenbild, Karrierechancen und Vereinbarkeit von Familie und Beruf war damals…ein Mann, der Generalsekretär Heiner Geißler. Schon damals wurde – allerdings noch gegen erheblichen Widerstand in der Partei über Quoten und gläserne Decken diskutiert. Aber mit Rita Süßmuth begannen dann alle Dämme zu brechen, Ursula von der Leyen zerstörte das Vorzeigethema der Union als Familienpartei dann vollends.
Unvergessen auch eine Fernsehtalkshow, bei der die frühere SPD-Familienministerin Renate Schmidt vor fünf Jahren ihre Amtsnachfolgerin aus Niedersachsen ausdrücklich lobte, dass sie als Christdemokratin die sozialdemokratische Familienpolitik endgültig zum Erfolg gemacht hatte mit staatlicher Übernahme der Kindererziehung, mit Quoten in Parteien und inzwischen auch vielen Unternehmen, und mit einem Heer von Gleichstellungsbeauftragt_*Innen, die sich hauptberuflich mit der Verhunzung der deutschen Sprache und der richtigen Anzahl an Toiletten für die unendlichen unterschiedlichen Geschlechter beschäftigen, die es angeblich geben soll. Man könnte darüber den Kopf schütteln, man könnte schallend über diesen überflüssigen Zinnober lachen, wenn das alles nicht tatsächlich gerade passieren würde.
Und nun also die FDP, die allen Ernstes in den Bundestagswahlkampf ziehen will mit der Forderung nach einem „liberalen Feminismus“, als hätte dieses Land, in dem Horden junger Männer „Tod den Juden, Tod Israel!“-skandierend durch die Straßen unserer Großstädte ziehen und viele mittelständische Unternehmen krachend vor die Wand gefahren werden nach einer durch und durch misslungenen und handwerklich erbarmungswürdigen Corona-Politik der schlechtesten Bundesregierung, die unser Land seit 1949 jemals hatte.
Man kann ja der Meinung sein, dass Frauenförderung auch heute noch wichtig ist, in offenen und bunten Gesellschaften, wo gut ausgebildete selbstbewusste Frauen gar nicht von kurzhaarigen Gleichstellungsbeauftragt_Innen mit Doppelnamen gerettet werden wollen. Die meisten wollen all diesen alten Retro-Kram gar nicht, aber die Generation der Frauen, die Rita Süßmuth und ihrer Agenda folgten, möchten jetzt unbedingt den jungen Frauen über die Straße helfen, die an der Ampel bereits im dunklen Burberry-Kostüm mit ihrem E-Roller stehen.
Der Anteil der weiblichen FDP-Mitglieder liegt nur wenig über 20 Prozent. Das ist ein Problem, so ähnlich bei den anderen Parteien außer den Grünen. Doch gerade dort sieht man an der Entscheidung über die Spitzenkandidatin Baerbock, dass es eben keine Frage des Geschlechts sein sollte, ob jemand nach oben kommt, sondern der persönlichen Performance. Meinetwegen auch der bestehenden Buddy-Netzwerke von Männern. Ich gehöre auch einigen solcher Runden an, aber der Punkt ist nicht, dass wir keine Frauen dabei haben wollten, sondern der Punkt ist, dass Frausein allein unter Umständen nicht reicht.
Mir ist völlig wurscht, wie hoch der Frauenanteil im Parlament, in der FDP oder im Aufsichtsrat der Düsseldorfer Stadtwerke ist. Es ist belanglos. Die Leute, die in eine hohe Position kommen, müssen vor allem geeignet und gut sein. Nur das zählt, nicht – wie der unvergessene frühere SPD-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag Friedhelm Fahrtmann unter geballter Empörung eines Landesparteitags mal sagte – „…ob sie zwischen den Beinen anders aussehen als ich.“
Und so ist es auch jetzt bei der FDP, wo ich überhaupt nichts darüber lese, wie sie die Zukunft unseres Landes weiterentwickeln wollen. Es geht nur um zwei Themen: Werden wir in eine Koalition eintreten und Macht bekommen, und wie viele Abgeordnete wird die FDP demnächst haben, die zwischen den Beinen anders aussehen als Friedhelm Fahrtmann. Das ist alles. Und das nervt langsam.
Ganz witzig am Rande übrigens: Der SPIEGEL berichtet, dass in der „engeren Spitze unterhalb von Lindner“ diesmal weniger Frauen sein werden als bisher, da die Hamburgerin Katja Suding der Politik ganz den Rücken kehrt. Und vielleicht stürzt sich die FDP deshalb auf dieses Thema, weil es kein anderes Relevantes gibt, das sie sich anzufassen trauen. Man muss schließlich geschmeidig für alle bleiben, wenn man später koalieren will. Und Themen gäbe es mehr als genug: der wachsende Antisemitismus unserer Gäste aus dem islamischen Kulturkreis auf deutschem Boden, die unfassbaren Kosten für Migration, Klima und jetzt Corona-Folgen, das Drängen aus Brüssel, einen europäischen Nationalstaat zu schaffen. Da wäre eine liberale Stimme in unserer Hauptstadt durchaus gefragt, aber Schweigen im magentafarbenen Walde.
Es ist Zeit, die Frauenfrage in dieser Gesellschaft neu auf den Tisch zu bringen, aber anders als sich das Frau Will aus dem Fernsehen und die total überflüssigen Gender Studies-Lehrstuhlbesetzerinnen vorstellen. Und das ginge so:
<strong>Alle Lehrstühle für Gender Studies an unseren Universitäten unverzüglich abschaffen, weil wissenschaftlicher Nonsens.</strong>
Gender Studies in privater Trägerschaft, herzlich gerne. Dies ist ein freies Land. Aber nicht auf meine und Ihre Kosten.
<strong>Alle Gleichstellungsbeauftragten in Behörden der Kommunen, der Länder und des Bundes ersatzlos abschaffen!</strong>
Keine Steuergelder für eine Aufgabe, die inzwischen komplett gelöst ist. Wir haben eine Bundeskanzlerin, die es ganz nach oben geschafft hat ohne Quote. Die Palaverrunden im Staatsfernsehen werden dominiert von Frauen. Die Chefin des größten europäischen Verlagshauses ist ebenso eine Frau wie die Chefin des Bertelsmann-Konzerns mit Verlagen und Sendern. Die Mehrzahl der Krankenhausärzte in Deutschland sind inzwischen Frauen, die neu besetzten Richterstellen – sage ich unter Vorbehalt – sind mehrheitlich Frauen, hat man mir zugerufen.
Jeder Frau kann es in diesem Land ganz nach oben schaffen, und es ist herrlich, dass wir in so einem Land leben, wenngleich ich persönlich auf die amtierende Bundeskanzlerin gern verzichtet hätte.
Es gibt so unglaublich kluge, fleißige und erfolgreiche Frauen, ich habe das Privileg ein paar zu kennen, die ich liebend gern als Chefin hätte, weil sie besser sind, weil sie es wissen und ich auch. Von mir aus könnte der nächste Bundestag zu 80 Prozent oder mehr aus Frauen bestehen – aber auf dem ganz normalen Weg über Leistung und Netzwerke. Niemand hält Frauen auf, sich zu organisieren, aber warum debattiert ein ganzes Land über ein paar hochbezahlte Positionen für Quotenfrauen in Aufsichtsräten? Und wann kümmert sich die Politik mal um den Lebensalltag von ganz normalen Frauen, die weder in die FDP noch in einen Aufsichtsrat wollen, sondern auf ökonomischer Augenhöhe so leben, wie sie selbst es sich aussuchen, mit Kindern oder ohne Kinder, die Frauen sollten das selbst entscheiden. Aber ohne Gender-Gedöns, Quoten und Sternchen – weg damit! Nur, weil diese Frauen einfach gut sind und nicht, weil sie…lesen Sie bei Fahrtmann nach!
Dieser Text von Klaus Kelle erschien zuerst am 5. Mai 2021 bei der Online-Tageszeitung TheGermanZ hier
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