„Wie der Hase da so läuft“: Eine Ministerin vor hohen Hürden

Demokratie ist eine feine Sache. Wenigstens hin und wieder wird das Volk gefragt, in welche Richtung ungefähr sich die Politik bewegen soll. Und jeder, auch die, die keine Ahnung haben, dürfen mitreden und für ihre Überzeugungen streiten. Manche schaffen es bis nach ganz oben, etwa ein Taxifahrer und linksextremer Straßenschläger, der in Deutschland Vizekanzler und Bundesaußenminister werden konnte. Und er hat es gut gemacht, der Joseph Fischer aus Gerabronn, der Deutschland auf internationaler Bühne selbstbewusst vertreten und keine Scheu hatte, selbst einem Schwergewicht auf der Weltbühne wie dem damaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld klar zu sagen, dass er und damit Deutschland nicht „convinced“, also nicht überzeugt sei und deshalb nicht in den Irakkrieg ziehen werde. Das war klasse von Joschka.

Oder nehmen Sie Ursula von der Leyen, die noch 1978 für wohltätige Zwecke gemeinsam mit ihrer Familie eine Single mit zwei Volksliedern aufnahm, darunter „Wohlauf in Gottes schöne Welt“. Sie studierte Archäologie, dann Volkswirtschaft und schließlich Medizin. Und jetzt ist sie Bundesministerin der Verteidigung, leider auch noch die nächsten dreieinhalb Jahre (lesen Sie dazu mehr hier).

Nun also Anja Karliczek aus dem schönen Münsterland, genau aus Ibbenbüren. Eine gelernte Bankkauffrau, die dann zur Hotelfachfrau umschulte. Berufsbegleitend absolvierte sie auch noch noch ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der FernUniversität in Hagen, das sie 2008 mit dem akademischen Grad Diplom-Kauffrau abschloss. So lesen wir es auf Wikipedia. Und nun wird sie Bundesministerin für Bildung und Forschung.

Warum denn nicht? Ich meine, Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe ist eigentlich Jurist, und er hat seinen Job nach Meinung vieler Mediziner exzellent gemacht. Deshalb wird er ja auch im neuen Kabinett nicht mehr vertreten sein. Das ist so unter Führung von Angela Merkel, die ja immer wieder vom Volk gewählt wird. Muss man halt mit klarkommen…

Doch zurück zu Anja Karliczek. Die stellte sich nach ihrer für die Öffentlichkeit überraschenden Nominierung dem WDR zu einem Interview, das sie hier noch einmal genießen können. Auf die Frage, was denn das „Leuchtturmprojekt“ ihrer Amtszeit sein werde, das sie zur Chefsache machen werde, antwortete Karliczek sinngemäß, sie wolle sich erstmal alles genau anschauen, weil sie ja eigentlich noch keine Ahnung habe. Und dann wörtlich: „Ich werde so lange fragen, bis ich ein gutes Gefühl habe, wie der Hase da so läuft.“

Ja, das überzeugt! So stelle ich mir eine Bundesministerin für Bildung und Forschung vor. Sie will sich im Amt erst mal bilden und forschen, was da so los ist, Seit ich dieses Interview gesehen habe, bin ich mir aber doch nicht mehr sicher, ob es ausreicht, mal einen Bauernhof besucht zu haben, um Bundeslandwirtschaftsminister zu werden oder ob ein Sommerurlaub im Robinson Club Agadir (Marokko) dafür ausreichend qualifiziert, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu werden.

Immerhin: Ursula von der Leyen hat die Bundeswehr in ihrer Amtszeit schon jetzt so intensiv geprägt, dass sie auch nach ihrer Amtszeit unvergessen bleiben wird.




Heute ist unser Tag: Lassen wir unseren fröhlichen Patriotismus einfach mal raushängen

von KLAUS KELLE

Herzlichen Glückwunsch zum Tag der Deutschen Einheit!

Finden Sie seltsam, diesen Gruß? Warum eigentlich?

1989 haben die Deutschen in einer friedlichen Revolution die Einheit unseres Vaterlandes (darf man das noch sagen?) erzwungen. Auf den Straßen in Leipzig und Dresden, unter großer Gefahr und ohne Wissen, ob es letztlich gut ausgehen würde. In Bonn sangen die Angeordneten „Einigkeit und Recht und Freiheit“ im alten Bundestag, Kanzler Helmut Kohl saß ausgerechnet beim Staatsbesuch in Warschau fest, als der Mantel der Geschichte wehte am 9. November. Ich hatte das Privileg, live dabei zu sein. Als Reporter des ersten privaten Radiosenders Hundert,6 in der geteilten Metropole nahm ich an diesem Abend an der Geburtstagsfeier des Gründers Ulrich Schamoni in einem Gasthaus in Neukölln teil. Politiker hielten Grußworte, die Schöneberger Sängerknaben traten auf, ich meine mich zu erinnern, dass Karl Dall auch dabei war. Chamapgner floß in Strömen, Hummer wurden auf Servierwagen durch den Saal geschoben. Ziemlich dekadent die Veranstaltung, aber der Uli war einer, der es gern auch mal krachen ließ.

Als sich dann die Nachricht von Schabowskis legendär verunglückter Pressekonferenz im Ostteil der Stadt verbreitete, gab es für uns kein Halten mehr. Lederjacke über den Smoking, rein in die Ü-Wagen, Kopfhörer auf, Mikro in der Hand und los, Weltgeschichte erleben. Bis zum Sonnenaufgang berichtete ich über den Wahnsinn an der Bornholmer Straße, am Checkpoint Charlie und morgens ab vier Uhr am Ku’damm vor der Gedächtniskirche. Interviews mit weinenden Menschen, im Gedränge Politiker wie Walter Momper von der SPD (mit dem roten Schal) und Eberhard Diepgen von der CDU. Ein Taumel der Gefühle und das Bewusstsein: So etwas werde ich nicht noch einmal erleben.

Es folgten die aufregendsten Wochen in meinem Journalistenleben. Eine dreistündige Live-Sendung vor zigtausenden Ostberlinern mit Martina und Uly vom Weihnachtsmarkt am Alexanderplatz. Spannende Reportagen etwa in NVA-Kasernen, wo die Vorbereitungen der Übergabe an die Bundeswehr liefen. Die Offiziere waren mies drauf, hatten das Gefühl, gegen „den Westen“ verloren zu haben. Die Mannschaftsdienstgrade freuten sich unverholen, denn plötzlich hatten sie Rechte.

Und dann der 3. Oktober 1990, Wiedervereinigung! Der gigantische Festakt am Reichstag, wo die Fahne des wiedervereinigten Deutschlands aufgezogen wurde. Hunderttausende waren live dabei so wie ich. Und ja, ich schäme mich nicht, dass mit als Reporter die Tränen kamen als ich das Meer schwarz-rot-goldener Fahnen sah.

Aber wie feiern wir heute? Einen Festakt wird es geben im Reichstag, viele Menschen mit wichtigen aufgesetzten Mienen in dunklen Kostümen und dunklen Anzügen. Die Nationalhymne wird sicher live dargeboten und anschließend ist für die Staatsspitze und Gäste ein feines Buffet angerichtet. Rheinland-Pfalz ist dieses Mal mit der Ausrichtung des Bürgerfestes dran, in Mainz herrscht zwei Tage Ramba-Zamba. Nur in Mainz. Und im Rest der Republik?

Waren Sie mal bei den Feierlichkeiten zum französischen Nationalfeiertag dabei? Oder am 4. Juli, Independence Day in den USA? Ich schon, vor vielen Jahren in Florida, in Clearwater Beach. Berauschend, wie die Amis ihr großes Fest feiern. Mit Barbecue natürlich, mit eiskaltem Budweiser direkt aus einem Bier-Tanklastwagen. Tausende saßen auf Decken und Campingstühlen im Park, veranstalteten ein großes Picknick. Neben der großen Bühne flatterte ein beeindruckendes Sternenbanner vor dem kräftigblauen Himmel. Der örtliche Highschool-Chor sang „God bless the USA“ von dem wunderbaren Lee Greenwood:

„From the lakes of Minnesota
To the hills of Tennessee
Across the plains of Texas
From sea to shining sea
From Detroit down to Houston,
And New York to L.A
Well there’s pride in every American heart
And its time we stand and say
That I’m proud to be an American…“

Es war so ergreifend, dass ich noch heute die Gänsehaut spüren kann, die mir damals den Rücken herunterrieselte, als ich mit meiner Frau und Freunden dort in der Menge stand. Keine Überheblichkeit, kein Nationalismus, einfach ein gesunder Patriotismus, die höchst emotionale Identifikation mit dem eigenen Land. Denn darum geht es uns allen doch, die wir auch politisch engagiert sind: das Beste herausholen für unser Land, auf das wir stolz sein können. Trotz der 12 düsteren Jahre. Stolz, für das, was unsere Industrie, die Arbeiter und Ingenieure leisten. Für die besten Autos der Welt, die hier entwickelt und gebaut werden. Für das Bier, den Schweinebraten, das Oktoberfest und den Bremer Freimarkt, für den Fußball.

Warum feiern wir diesen 3. Oktober nicht so wie die Menschen in vielen anderen Ländern? Fröhlich, ausgelassen, sich selbst vergewissernd, wer wir sind und was uns ausmacht? Das darf man nicht nur wenn Fußball-WM, wenn Sommermärchen ist. Das darf man, ich meine, das muss man auch heute endlich wieder.

Wollen wir es mal versuchen, alle gemeinsam? Holen Sie die schwarz-rot-goldenen Fahnen vom Länderspiel wieder raus, hängen Sie eine Nationalfahne aus dem Fenster, bringen Sie schwarz-rot-goldene Utensilien heute wieder am Auto an! Und ärgern sie die Miesmacher von der Grünen Jugend!

Wissen Sie was? Fangen wir einfach jetzt an! Hier und heute! Zeigen Sie friedlich und fröhlich, dass man in Deutschland den Nationalfeiertag auch ausgelassen feiern kann! Starten Sie eine Aktion, laden Sie Nachbarn zum Grillen unter einer schwarz-rot-goldenen Fahne ein. Freuen Sie sich nochmal auf Youtube an dem Moment 2013, an dem der CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe für wenige Sekunden unsere Fahne in der Hand halten durfte, bevor sie ihm von dieser Frau aus der Hand gerissen wurde.

Und wenn Sie ein schönes Foto von ihrer Einheits-Idee, Ihrer Fahne, Ihrem Autosticker geschossen haben, schicken Sie es uns an redaktion@the-germanz.de.

Erzählen Sie Ihren Freunden und Nachbarn davon, motivieren Sie Mitbürger, zu feiern! Und teilen Sie vor allem diesen Artikel, damit es weit verbreitet wird in Deutschland.

Und das Allerbeste: Nächstes Jahr machen wir das dann wieder!




GASTSPIEL: Dr. Albert Wunsch über Sex-Akrobatik als Lebenshilfe für Kinder und Jugendliche

„Mama, wieso spritzt die Feuerwehr die Hose von dem Mann nass?“ Der Mutter schießen die verschiedensten Gedanken durch den Kopf. Dann setzt bei ihr reichlich Ärger ein. Wieso werden Kinder auf dem Weg zu KiTa oder Schule mit einem solchen Plakat konfrontiert? Was sollen Eltern antworten? „Das weiß ich auch nicht.“ Zuhause erfuhr die Mutter dann, als sie die ganze Plakatserie „Liebes-Leben“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) per Internet kennenlernte, dass – bei anderen öffentlich zur Schau gestellten Plakate – auch die Frage lauten könnte: „Mama, was machen die Frau und der Mann denn da im Aufzug? Wieso turnen da zwei Männer nackt auf einen Nachtschrank?“

Werden unsere Kinder nicht schon viel zu intensiv mit sexistischen Bildern und Äußerungen konfrontiert? Wie hätte wohl zuständige Bundesgesundheitsminister und Vater Gröhe, der die Serie am 4.Mai präsentierte, vor einigen Jahren auf entsprechende Fragen seiner kleinen Kinder reagiert?

Da ich Minister Gröhe schon vor Wochen – nach einigen Facebook-Aktionen – mitteilte, dass diese Plakat-Aktion nicht hinnehmbar sei, liegt mir zwischenzeitlich auch eine differenzierte Stellungnahme vor. Ein Auszug: Um wichtiger Ziele willen müsse man „durchaus kalkuliert Tabubrüche in Kauf zu nehmen, um überhaupt eine Gesprächsfähigkeit etwa im Hinblick auf die Nutzung von Kondomen zu erreichen. Solch kalkulierter Tabubruch müsse und muss stets vermeiden, Schamgrenzen in unserer Gesellschaft rücksichtslos zu missachten“. Doch genau das ist der Kritikpunkt. Hier werden sowohl Schamgrenzen missachtet als auch ein inakzeptabler Umgang mit dem Thema Sexualität propagiert. Und durch die öffentliche Plakatierung werden Kinder und Jugendliche auf eine Weise mit diesem Thema konfrontiert, welche weder dem Alter der Heranwachsenden, noch einem ethisch vertretbaren Umgang mit dem Thema entspricht. Im Grunde geht es um die Frage, ob oder bis zu welchem Punkt der – gute oder wichtige – Zweck die Mittel heiligt?

Auch wenn um der wichtigen AIDS-Prävention willen drastische oder ins Auge springende Aktionen geplant werden, sollte möglichst kein Kollateralschaden entstehen. So fragte ich mich schon vor Jahren, wieso die sicher wichtigen Info-Spots zur Nutzung von Kondomen zur AIDS-Prävention in solche Film-Situationen eingebettet wurden, wo – so nebenbei – durch den situativen Kontext deutlich wurde, dass sich das Paar erst ganz kurz kannte. Damit wurde gleichzeitig – gewollt oder ungewollt – für den One-Night-Stand geworben.

Ein Sexualakt im Aufzug mag vielleicht ein lustiger Hingucker für Erwachsene sein, aber keinesfalls für Kinder. Alle Menschen müssten sich jedoch fragen, was eine solch artistische Akrobatik denn mit Liebe und einem verantwortlichen Umgang mit einer Beziehung zu tun hat. Denn eine Plakatserie wird nicht dadurch dem sittlich-kulturellen Wert der Liebe gerecht, wenn man ihr das Etikett „LiebesLeben“ anheftet. Etikettenschwindel gibt es schon genug.

Sie schreiben mir, sehr geehrter Herr Minister, dass es bei dieser Plakataktion nicht nur um AIDS geht. Das wird nicht in angemessener Weise erkennbar. So steht auf etlichen Motiven: „Gib AIDS keine Chance“. Aber auf den Plakaten, bei welchen es um Geschlechtskrankheiten geht, müsste dann konsequenterweise der Hinweis stehen: „Gib Geschlechtskrankheiten kein Chance.“
Ich unterstreiche: Das Ziel, den dramatischen Anstieg an Neuinfektionen bei anderen sexuell übertragbaren Krankheiten zu stoppen, ist wichtig. Aber ein verändertes Sexualverhalten hat in erster Linie etwas mit Verantwortung, einer Abkehr vom Prinzip „Genuss, jetzt und sofort!“ mit der schon von Sigmund Freud als so wichtig angesehenen Bedürfnis-Aufschub-Fähigkeit und weniger mit lustig wirken sollenden Plakat-Information zu tun. Die BZgA setzt so auf – durch rot-grün-rot gepuschte – Ideologien einer so genannten sexuellen Vielfalt im Zuge einer Gendererisierung unserer Gesellschaft. Wollen wir das hinnehmen?

Copyright: Dr. Albert Wunsch, 41470 Neuss, Im Hawisch 17

Dr. Albert Wunsch ist Psychologe, Diplom Sozialpädagoge, Diplom Pädagoge, Kunst- und Werklehrer sowie promovierter Erziehungswissenschaftler. Bevor er 2004 eine Lehrtätigkeit an der Katholischen Hochschule NRW in Köln (Bereich Sozialwesen) begann, leitete er ca. 25 Jahre das Katholische Jugendamt in Neuss.

ACHTUNG:Einen Link zu einer Petition, diese Kampagne zu stoppen, finden Sie unter: http://www.citizengo.org/de/pc/35049-sex-plakate-der-bzga-stoppen