Lieber Matthias, die Einladung zu meinem Geburtstag steht!

Die Woche fängt schlecht an, jedenfalls ist mir immer noch übel von den Links, die mir schon vor sechs Uhr heute Morgen via WhatApp über die Geburtstagsfeier meines Kollegen Matthias Matussek geschickt wurden. Matthias hatte seinen 65. Geburtstag mit zahlreichen Gästen in Hamburg gefeiert. Orchestriert von ARD-Beckmann berichten Medien nun groß über die illustren Gäste des früheren 68ers, Spiegel-Kulturchefs und Bestsellerautors.

„Ich hätte dort nicht hingehen sollen“, schreibt Reinhold Beckmann aus Facebook, und da hat er absolut recht. Solche Gäste, die ein Ständchen singen, am Buffet naschen und dann einen Kübel Dreck über seinen Gastgeber ausschütten, würde ich auf meinem Geburtstag auch nicht haben wollen.

Was hat MM also falsch gemacht? Er hat wohl für den medialen Mainstream die falschen Gäste eingeladen. Erika Steinbach zum Beispiel, frühere Bundestagsabgeordnete und lange Jahre Präsidentin des Bundes der Vertriebenen. Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und der Lebenshilfe für geistig Behinderte. Mitglied im Ehrenamtlichen Rat des Komitees des Gedenk- und Versöhnungshügels in Auschwitz. Trägerin des Bayerischen Verdienstordens. Eine streitbare Frau, eine, die ihren Überzeugungen ihr ganzes Leben treu geblieben ist. Überzeugungen, die bis heute Millionen Menschen in Deutschland teilen. So lange sie beim Bund der Vertriebenen war und Mitglied des Bundestages für die CDU wurde sie zwar angefeindet – das gehört zum Geschäft – aber wenigstens von ihren eigenen Leuten anständig behandelt. Seit sie wegen Frau Merkel und deren Irrsinns-Kurs die „Volkspartei der Mitte“ verließ und den Vorsitz der neuen AfD-Stiftung übernahm, hat sie ihr Recht auf Fairness im Establishment anscheinend verwirkt.

Mal ganz nüchtern betrachtet: Wieso ist es ein Skandal, wenn Matthias Matussek Erika Steinbach zum Geburtstag einlädt? Oder meinen Freund Dieter Stein, einen klugen, hochanständigen Mann, der als Chef der konservativen Wochenzeitung Junge Freiheit einen konservativen aber ohne Wenn und Aber verfassungstreuen Kurs fährt? Der in seinem Büro hinter dem Schreibtisch ein großes Portrait des Widerstandskämpfers Claus Schenk Graf von Stauffenberg aufgehängt hat. Wieso ist es ein Skandal, mit Dieter Stein Geburtstag zu feiern?

Was wir hier zum wiederholten Male erleben, ist genau das, was „Rechte“ immer lautstark kritisieren und was Menschen wie ich immer bestritten haben. Hier wird Gesinnung abgestraft, eine konservative und damit unliebsame Gesinnung. Und ich finde das ekelhaft.

Matthias war schon alles: Maoist, 68er, Atheist, jetzt „Neurechter“ und tiefgläubiger Katholik. Ein Verehrer des katholischen Literaten Chesterton. Und ein begnadeter Schreiber. Ich sauge seine wunderbar formulierten Reportagen auf. Ich mag die Art, wie er Zusammenhänge herstellt, auf die man ohne Weiteres gar nicht kommen würde. Matthias Matussek ist auch das, was Amis eine „Unguided Weapon“ nennen. Er ist unberechenbar, und gute Journalisten müssen unberechenbar sein. Gut möglich, dass er nächste Woche wieder irgendwas anstellt, was niemand für möglich gehalten hätte. Wenn es etwas Linkes ist, darf er auf medialen Beifall hoffen…obwohl, nach der „Berichterstattung“ heute wahrscheinlich auch nicht mehr.

In der BILD las ich eben, dass Mario Müller bei der Party in Hamburg dabei war. Vorbestrafter Rechtsextremist und „Spitzenkader der „Identitären Bewegung“!“ Müller sei 2012 verurteilt worden, „weil er einen Antifa-Aktivisten mit einem selbstgebastelten Totschläger (Socke mit Hantelmuttern) schwer verletzt hatte“. Keine Ahnung, warum MM Müller eingeladen hat. Ich kenne den Mann nicht und Gewalt lehne ich konsequent ab. Aber erinnern Sie sich noch an die Willkommenspartys in den linken Szene, auf denen verurteilte RAF-Terroristen nach ihrer Haft begrüßt wurden? Wo armselige Gestalten in T-Shirts des Serienmörders Ché Guevara mit Bierflasche in der Hand rumstanden? Oder die besonders unappetitliche „Willkommen zurück, Freund“-Party eines bekannten Talkshow-Moderators mit damals ausgeprägtem Hang zu ukrainischen Nutten und Kokain, wo einige der prominentesten Köpfe unserer Republik gern mit dabei waren? Alles kein Problem, wenn man die richtige Gesinnung hat.

Ich war am Samstag bei Matthias eingeladen. Ich wäre sehr gern gekommen, weil ich diesen verrückten Typen und großartigen Journalisten mag. Aber weil es meiner Mutter (93) nicht gut geht, habe ich schweren Herzens zwei Tage vorher abgesagt. Matthias hatte Verständnis dafür. So, wie Beckmann bedauert, dabei gewesen zu sein, so bedauere ich es heute morgen, in Hamburg nicht dabei gewesen zu sein.

Lieber Matthias, im Juni feiere ich meinen 60. Geburtstag. Und ich lade Dich jetzt schon vorab herzlich dazu ein. Es wird ordentlichen Rotwein ( aus Italien) geben und – das kann ich Dir versprechen – eine bunte und vielfältige Gästeschar wird mit mir feiern. Reinhold Beckmann wird nicht dabei sein. Ich würde mich ehrlich freuen, wenn Du kommst…




Rechtsradikal verzeifelt gesucht

Nur vorab: Jedes Land hat das Recht, zu entscheiden, wen es einreisen lässt und wen nicht. Das gilt für jedes Land auf der Welt, außer Deutschland vielleicht, dessen Regierungschefin irgendwann verlauten ließ, es sei nicht möglich, die deutschen Grenzen zu schützen. So darf hier also inzwischen nahezu jeder rein. Aber das ist eine deutsche Absonderlichkeit.

In Großbritannien nimmt man das mit den Grenzkontrollen noch ernst, wie jetzt Martin Sellner erfahren musste. Er ist einer der Sprecher der Identitäten Bewegung (IB) in Österreich und wollte als solcher an einer internationalen Tagung dieser europaweiten irgendwie rechten Bewegung teilnehmen. Das erlaubte das Königreich aber nicht, setzte Sellner fest und verweigerte die Einreise. Sellner habe in der berühmten Speaker’s Corner im berühmten Hyde Park eine Rede gegen Islamisierung und Masseneinwanderung halten wollen. Ja, schlimm, wo doch so viele nette Leute aus dem islamischen Kulturkreis unsere westlichen Gesellschaften neuerdings bereichern.

Mal ehrlich: Ich kenne die IB nur aus Presseberichten. Da wird sie als rechtsextrem oder rechtsradikal bezeichnet. Aber eine Begründung, warum das so sein soll, habe ich bisher nicht gehört, außer dass viele Medien das schreiben. Die Aktionen der Gruppe wie etwa die Besetzung des Brandenburger Tors muss man nicht gut finden, aber wie alles, was die Identitären bisher veranstaltet haben, war es gewaltfrei. Und als einst mutmaßlich Christenhasser große Holzkreuze in den österreichischen Alpen umsägten, kraxelten Identitäre wie Sellner dort rauf und stellten neue auf. Das fand ich gut. Und die Aktion im Mittelmeer vergangenes Jahr mit einem gecharterten Schiff – super. Kreativ, gewaltfrei – so, wie Greenpeace auch.

Als „Systemjournalist“, wie ich ja bisweilen beschimpft werde, möchte ich natürlich auch die Identitäten ganz doll böse und radikal finden. Kann mir bitte irgendjemand einen Grund nennen, warum ich das auch finden sollte?




Dürfen eigentlich „Rechte“ abends einfach so auf einem Bahnsteig stehen?

Darf man über „Rechte“ unvoreingenommen berichten? Ja, klar, werden viele Leser jetzt sagen. Journalisten müssen immer unvoreingenommen berichten. Sehe ich im Grundsatz auch so, aber das Thema „Rechts“ ist heikel in Deutschland, auch noch 72 Jahre „danach“. Man darf das nicht vergessen, was sich im deutschen Namen ereignet hat, man muss die Erinnerung an den Holocaust weiterhin wach halten, damit sich so etwas nie wieder ereignet. Sie kennen meine Haltung dazu.

Nun ist es aber gar nicht so einfach, zu unterscheiden. Ein Rassist, ein Antisemit – klar, die sind stramm rechts, und mit denen will ich – und ich hoffe auch Sie alle hier – nichts zu tun haben. Aber die politische Geografie ist durchaus nicht immer klar zu verorten. Waren die Nationalsozialisten nicht rechts, aber als Sozialisten auch links? Ist nicht der französische Front National mit ihrem Kampf gegen Zuwanderung originär rechts? Aber hat der FN nicht ein Parteiprogramm, das ansonsten Sozialismus pur ist? Ich rate allen Freunden, bei den neuen Parteien und Bewegungen genau hinzuschauen, was da in der Packung alles drin ist! Und werden nicht in Deutschland ehemalige Stasi-Spitzel vom Staat gefördert, um selbst CDU-Mitglieder zu „rechts“ zu erklären, nur wenn sie die Ehe von Mann und Frau immer noch gut finden? Man wird schnell zum „Rechten“ heutzutage. Auch, wenn man gar nicht rechts ist. Lesen Sie bei Orwell nach, wie so etwas geht.

In Wien gab es gestern einen Sturm der Empörung im Blätterwald um einen jungen Mann namens Martin Sellner. Der ist einer der Sprecher der rechten „Identitären Bewegung“, die es mit politischen Aktionen wie zum Beispiel letztens der „Besetzung“ des Brandenburger Tores bis auf die Titelseite der BILD geschafft hat. Martin Seller ist ein bekanntes Gesicht in Wien. Der „Identitäre“ steht nicht zum ersten Mal in der Zeitung. Am vergangenen Freitag gegen 22 Uhr wurde er an einer U-Bahn-Station von fünf linken sogenannten „antifas“ erkannt und mit Tritten und Schlägen angegriffen. Der junge Rechte wehrte sich mit einer „Pfefferspray-Pistole“ und vertrieb so die maskierten Angreifer.

Martin Sellner mischte sich aus Gründen seiner körperlichen Unversehrheit unter die Leute am Bahnhof und rief die Polizei, die dann auch kam und den Vorfall aufnahm. Erstaunlich aber, was am nächsten Tag berichtet wurde. „Identitärer schoss mit Waffe um sich“ lauteten da Überschriften. Auf Twitter schrieben österreichische Journalisten, Seller hätte doch „zuhause bleiben sollen“ und „provoziert“. Einfach, weil er abends das Haus verließ und auf einem Bahnsteig stand.

Ich weiß nicht, ob Herr Sellner rechtsradikal ist. Die Frage, warum er eine Gaspistole dabei hat, wenn er abends durch Wien geht, erklärt er in einem Interview damit, dass er schon mehrfach körperlich von linksradikalen Gewalttätern körperlich attackiert worden ist und vor einigen Monaten das Auto seiner Eltern angezündet wurde.

Von den Identitären weiß ich nicht mehr als das, was ab und an in der Zeitung über ihre Aktionen berichtet wird. Aber ich denke, man kann auch als Journalist nicht zweierlei Maß gelten lassen und aus einem Opfer einer Gewalttat einen Täter machen. Einfach nur weil er „rechts“ sein könnte.