Dass Krah jetzt den Fischer macht, gefällt vielen Volksgenossen überhaupt nicht

„Die Zeit“, die „Frankfurter Rundschau“, der Berliner „Tagesspiegel“ – sie alle kriegen sich in diesen Wochen nicht darüber ein, dass die spannendste politische Diskussion außerhalb des tagesaktuellen Irrsinns in Deutschland ausgerechnet von ganz rechts kommt.

Das ist Maximilian Krah zu verdanken, einem schillernden Typen, Jurist aus Dresden (geboren in der Oberlausitz), einst CDU heute AfD. Und man kann viel über Herrn Krah denken und sagen, aber er ist ganz sicher nicht dumm.

Anders als viele Spitzenpolitiker der AfD hat der Sachse mit Sitz im Deutschen Bundestag begriffen, dass seine Partei trotz aller Wahlerfolge und glänzender Umfrageergebnisse keinen Millimeter voran kommt im bundesdeutschen Machtgefüge. Gern wird dann „das System“ bemüht, das „Kartell der Altparteien“ und natürlich die „Systemmedien“. Und, machen wir uns ehrlich: Die Art und Weise, wie die AfD im parlamentarischen Alltag und medial behandelt wird, ist einer freiheitlichen Demokratie unwürdig. Ich habe das in vielen Beiträgen hier und auch in Mainstreammedien kritisiert.

Dennoch gibt es immer zwei Seiten einer Medaille

Es gibt die offenkundige Benachteiligung der AfD, etwa wenn es um die personelle Besetzung des Bundestagspräsidiums und die Vorsitzenden parlamentarischer Fachausschüsse geht. Es gibt das Vorenthalten staatlicher Gelder für die AfD-nahestehende Desiderius-Erasmus-Stiftung. Und über den alltäglichen Umgang im Hohen Haus gegenüber Politikern der AfD müssen wir gar nicht sprechen.

Aber Maximilian Krah hat erkannt, dass Gejammer und Wagenburg-Mentalität seine Partei nicht weiterbringen werden.

Selbst dann nicht, wenn sie irgendwie in Ostdeutschland, etwa nächstes Jahr in Sachsen-Anhalt, eine Mehrheit mit Wagenknechts Fußkranken des Weltsozialismus zusammenbekommen sollten.

Die AfD wird Paria und von jeglicher Machtbeteiligung in Deutschland ausgeschlossen bleiben, wenn sie sich nicht dem gemeinsamen Common Sence der Demokraten fügt. So ein paar wenige Punkte, wo klar ist, dass es nicht verhandelbar ist, wenn man eine irgendwie geartete Beteiligung an der Macht haben will. Israel und die gemeinsame Vergangenheit ist so ein Punkt. Höckes „Schuldkult“und das „freundliche Gesicht des NS“ in der Bundestagsfraktion sind da – sagen wir – nicht hilfreich, wenn man mit anderen Parteien ins Gespräch kommen will.

Der Streit um Maximilian Krah und seine absolut richtigen Überlegungen, dargebracht in einem Streitgespräch mit dem rechten Vordenker und Verleger Götz Kubitschek, zeigt das Dilemma rechts überdeutlich. „Ich verstehe nicht, warum eine Partei, die 20 Prozent stemmt, ihre Agenda ändern soll“, sagt Kubitschek und verliert dabei leider aus den Augen, dass es noch 80 Prozent andere in Deutschland gibt, die den völkisch-nationalen Kurs umso heftiger ablehnen und die AfD für immer weg von politischer Macht halten wird, wenn er und die seinen sich durchsetzen.

Bei der Grünen war es zu Beginn ganz ähnlich

Als die Ökosozialisten 1983 in den Bundestags einzogen, hätte niemand für möglich gehalten, welchen Siegeszug durch das politische Deutschland sie nach ihrer Häutung antreten würden und dass sie bis heute die politische Agenda weitgehend bestimmen in unserem Land. Den Weg dahin hat einst Joschka Fischer mit seinen Realos freigekämpft. Raus mit maoistischen Spinnern, weg mit der Kinderschänderfraktion, keine Sympathie für Terroristen und Gewalt bei gleichzeitiger Akzeptanz staatlicher Institutionen.

Und so war plötzlich möglich, was vorher undenkbar schien. Ausschussvorsitze, Präsidium, Geld, Teilhabe an der Macht, Dazwischen eine kleine Pizza-Connection.

Und die EU muss natürlich auch ganz anders werden, aber wenn man dabei mitreden will, muss man halt drin sein.

Die AfD schaffte es nach der vergangenen Europawahl nicht einmal, in die vorher gemeinsame Fraktion der europäischen Rechten aufgenommen zu werden. Und Krah ließen sie sogar nicht in die AfD-Delegation, obwohl er vorher Spitzenkandidat zur Wahl war. Müsste da nicht mal irgendwer in der AfD auf den Gedanken kommen, dass man vielleicht im eigenen Laden beginnen sollte, aufzuräumen?

Schweden, Italien, Niederlande und weitere – überall werden die Rechten inzwischen mit einbezogen, überall sitzen sie mit am Tisch, wenn Entscheidungen getroffen werden – selbst in Brüssel. Nur die AfD bleibt außen vor. Und das ist nicht nur die Schuld der anderen.

Die Wortmeldungen aus dem rechten Vorfeld der AfD gegen den eigenen Mann Maximilian Krah triefen mittlerweile vor Hass. Was hat er getan?

Er hat sich einfach mit der real existierenden deutschen Gesellschaft beschäftigt und nicht Wunschträume verfolgt, sondern gesagt: Was machen wir mit denen, die von Merkel reingelassen wurden und heute hier normal mit uns zusammen leben? Die Deutsch sprechen, arbeiten für ihren Lebensunterhalt, unsere Gesetze und Traditionen respektieren. Viele von denen sind froh, dass sie in Deutschland eine Chance auf ein menschenwürdiges Leben und eine gute Zukunft für ihre Kinder haben.

Einfach immer nur „Remigration“ zu blöken und „alle raus“ ist sehr dünn

Über die anderen müssen wir nicht streiten. Messerstecher, Terroristen, Gruppenvergewaltiger und auch Arbeitsverweigerer müssen raus. Alle. So schnell wie möglich, da gibt es unter Menschen, die jeden Tag den Alltag hierzulande erleben, überhaupt keinen Dissens.

Aber warum soll die Pflegerin aus Polen, die Kellnerin aus der Ukraine oder der Bäcker aus Eritrea unbedingt „remigriert“ werden, wenn wir diese Leute aus eigenem deutschen Interesse unbedingt brauchen?

Die Debatte, die Krah angestoßen hat, ist das Wichtigste, was er derzeit in der AfD zu besprechen gäbe.

Und ja, alle sprechen drüber, aber viele eben unter dem Gesichtspunkt, wie man den unbequemen aber klugen Kopf rauskegeln kann.  Die große Debatte in der AfD, ob sie sich selbst genügt mit all den schönen Mandaten und Mitarbeiterstellen, mit Diäten und Altersversorgung, oder ob sie den Willen zur demokratischen Teilhabe und echter Politikwende für Deutschland hat, die hat gerade erst begonnen.




Hubert Aiwanger ist weiter an Bord – gut so!

Zum „Fall Aiwanger“ habe ich so viel – auch Gutes – gelesen, dass ich mich schwer damit tue, jetzt noch etwas weiteres Originelles dazu zu schreiben. Nach dem Motto „Es ist schon alles gesagt, aber noch nicht von jedem…“

Das antisemitische Flugblatt, um das es angeblich ging, ist ein ganz mieses Stück Agitation und Hetze gegen Juden. Darüber müssen wir keine 2 Sekunden streiten. Ob Hubert Aiwanger es selbst geschrieben hat? Ich weiß es nicht, aber klar, möglich ist auch das. Jedenfalls klang die Einlassung seines älteren Bruders in höchster Not, er sei der Verfasser, für mich eher wie ein Hinweis, dass Hubert Aiwanger doch der Verfasser ist, als nach einee Entlastung. Aber hey, die Unschuldsvermutung gilt auch für Politiker.

Jedenfalls für linke Politiker

Denn, wenn Sie sich erinnern, was der frühere Bundesaußenminister und Vizekanzler Joschka Fischer so als Hobby betrieben hat – Polizisten gewaltsam angegriffen und sowas – oder der frühere Europaparlamentariere Daniel Cohn-Bendit. Der schrieb, wahrscheinlich fiebrig erregt, 1982 von einem  „erotischen Spiel“, wenn ein fünfjähriges Mädchen sich ausziehe. Wie krank ist das eigentlich? Und trotzdem durfte auch er  weiter aktiv Politik betreiben.

Und Aiwanger? Wenn er das Flugblatt verfasst hat, dann ist das übel. Aber tatsächlich wissen wir nicht, ob er der Autor war.

Aber wir wissen, dass er sich nicht nur vom Inhalt distanziert und sich für seine Mitschuld – er hatte die Blätter in seiner Schultasche – entschuldigt hat. Wir wissen auch, dass Aiwanger 35 Jahre lang ein untadeliges Leben geführt und sich besonders um den Freistaat Bayern verdient gemacht hat.

Was haben Sie alle gemacht, als sie 17 waren?

Jemanden umgebracht? Jemanden vergewaltigt? Das wäre nicht zu verzeihen und diqualifiziert einen Volksvertreter auch nach 35 Jahren.

Aber möglicherweise ein irres Flugblatt geschrieben und dann Entlassung und berufliche Existenz zerstören? Nein, das ist nicht in Ordnung.

Markus Söder und die CSU haben richtig entschieden, Aiwanger den Rücken zu stärken. Bayern kann ihn und die Freien Wähler gut gebrauchen für die Zukunft.

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„Wie der Hase da so läuft“: Eine Ministerin vor hohen Hürden

Demokratie ist eine feine Sache. Wenigstens hin und wieder wird das Volk gefragt, in welche Richtung ungefähr sich die Politik bewegen soll. Und jeder, auch die, die keine Ahnung haben, dürfen mitreden und für ihre Überzeugungen streiten. Manche schaffen es bis nach ganz oben, etwa ein Taxifahrer und linksextremer Straßenschläger, der in Deutschland Vizekanzler und Bundesaußenminister werden konnte. Und er hat es gut gemacht, der Joseph Fischer aus Gerabronn, der Deutschland auf internationaler Bühne selbstbewusst vertreten und keine Scheu hatte, selbst einem Schwergewicht auf der Weltbühne wie dem damaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld klar zu sagen, dass er und damit Deutschland nicht „convinced“, also nicht überzeugt sei und deshalb nicht in den Irakkrieg ziehen werde. Das war klasse von Joschka.

Oder nehmen Sie Ursula von der Leyen, die noch 1978 für wohltätige Zwecke gemeinsam mit ihrer Familie eine Single mit zwei Volksliedern aufnahm, darunter „Wohlauf in Gottes schöne Welt“. Sie studierte Archäologie, dann Volkswirtschaft und schließlich Medizin. Und jetzt ist sie Bundesministerin der Verteidigung, leider auch noch die nächsten dreieinhalb Jahre (lesen Sie dazu mehr hier).

Nun also Anja Karliczek aus dem schönen Münsterland, genau aus Ibbenbüren. Eine gelernte Bankkauffrau, die dann zur Hotelfachfrau umschulte. Berufsbegleitend absolvierte sie auch noch noch ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der FernUniversität in Hagen, das sie 2008 mit dem akademischen Grad Diplom-Kauffrau abschloss. So lesen wir es auf Wikipedia. Und nun wird sie Bundesministerin für Bildung und Forschung.

Warum denn nicht? Ich meine, Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe ist eigentlich Jurist, und er hat seinen Job nach Meinung vieler Mediziner exzellent gemacht. Deshalb wird er ja auch im neuen Kabinett nicht mehr vertreten sein. Das ist so unter Führung von Angela Merkel, die ja immer wieder vom Volk gewählt wird. Muss man halt mit klarkommen…

Doch zurück zu Anja Karliczek. Die stellte sich nach ihrer für die Öffentlichkeit überraschenden Nominierung dem WDR zu einem Interview, das sie hier noch einmal genießen können. Auf die Frage, was denn das „Leuchtturmprojekt“ ihrer Amtszeit sein werde, das sie zur Chefsache machen werde, antwortete Karliczek sinngemäß, sie wolle sich erstmal alles genau anschauen, weil sie ja eigentlich noch keine Ahnung habe. Und dann wörtlich: „Ich werde so lange fragen, bis ich ein gutes Gefühl habe, wie der Hase da so läuft.“

Ja, das überzeugt! So stelle ich mir eine Bundesministerin für Bildung und Forschung vor. Sie will sich im Amt erst mal bilden und forschen, was da so los ist, Seit ich dieses Interview gesehen habe, bin ich mir aber doch nicht mehr sicher, ob es ausreicht, mal einen Bauernhof besucht zu haben, um Bundeslandwirtschaftsminister zu werden oder ob ein Sommerurlaub im Robinson Club Agadir (Marokko) dafür ausreichend qualifiziert, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu werden.

Immerhin: Ursula von der Leyen hat die Bundeswehr in ihrer Amtszeit schon jetzt so intensiv geprägt, dass sie auch nach ihrer Amtszeit unvergessen bleiben wird.