Wir sind viele und wir werden immer mehr

Die linksalternative taz übte sich in Frontberichterstattung. Dem Linksbündnis „der Fußkranken der Weltrevolution“ (frei nach Helmut Kohl) sei es gemeinsam mit Abtreibungsfans und organisiertem Emanzentum gelungen, den „Marsch für das Leben“ am Samstag in Berlin für fast eine Stunde zu blockieren. Toll oder?

Es ist nichts Neues, dass der linke Mainstream in Deutschland unfähig geworden ist, sich politisch oder gar tolerant mit unerwünschten Ansichten auseinanderzusetzen. Mal blockiert man eine Demo, mal bedroht man AfD-Politiker, versperrt Veranstaltungsräume, schmeißt Scheiben ein oder zündet Autos an. Links war auch schon mal besser drauf, aber das ist lange her. So als könnte man Denken und das Verbreiten von Überzeugungen mit Kreischen und Trillerpfeifen aufhalten.

Geradezu erbarmungswürdig der junge Dummkopf am Straßenrand mit seinem lila Schildchen und der Aufschrift „Einmal hin, nichts mehr drin“. Ob ihm irgendwann auffällt, dass das genau die Diktion der Nazi-Horden von einst war? Die totale Entmenschlichung anderer Menschen aus politischem Hass. Da konnte man bei dem Plakat der Klimademo vom Vortag noch schmunzeln. Eine kleine Gruppe Frauen hielt dort ein Schild mit der Aufschrift „Fickt mich, aber nicht das Klima“ hoch. Ein kurzer Blick und die feste Überzeugung: Nein, danke! Wirklich nicht!

Halten wir uns an die Fakten, und die sind mehr als erfreulich. Egal, ob es 8.000 oder 10.000 Pro Lifer waren: Die Lebensschützer in Deutschland haben einen Lauf. Ich weiß noch, wie alles angefangen hat damals beim sogenannten „1.000-Kreuze-Marsch, wo die Zahl der engagierten Teilnehmer der ersten Stunde noch niedriger war, als die zu tragenden Kreuze. Diese Zeiten sind lange vorbei. Die Lebensschutzbewegung ist auch in Deutschland zu einem beachtlichen Faktor geworden, der auch von der Politik wahrgenommen wird.

Niemand hätte für möglich gehalten, dass in der weitgehend atheistischen Bundeshauptstadt einmal eine so beeindruckende und vor allem friedliche Demo für das Leben stattfinden würde, mit vielen jungen Männern und Frauen, Priestern (fünf Bischöfe waren im Demonstrationszug dabei), und Nonnen, Kindern, Kindern, Kindern, deren Eltern sie einst einfach angenommen haben. Die Luftballons, die Live-Musik, der blaue Himmel über Berlin. Ein überwältigendes Erlebnis.Wir sind viele und wir werden immer mehr, auch beim Lebensschutz…




Wer sind die Mörder von Colombo?

207 Tote, darunter 32 Ausländer, und 500 teil schwer Verletzte. Das ist die erste Bilanz einer konzertierten Terroraktion, die heute Morgen gegen drei katholische Kirchen und vier Luxushotels auf dem asiatischen Inselstaat Sri Lanka gerichtet wurden. Die ersten Explosionen fanden zwischen 8.30 und neun Uhr Ortszeit  in den Kirchen St. Antonius in Colombo und St. Sebastian in dem nahegelegenen Ort Negombo statt. Die dritte Kirche liegt in Batticaloa im Osten Sri Lankas.

Die Kirchen waren voll besetzt mit Christen, die das Fest der Auferstehung Jesu feierten. Zeitgleich explodierten Bomben in mehreren Fünfsternehotels in Colombo. Etwa sechs Prozent der 22 Millionen Einwohner Sri Lankas sind Katholiken.

In deutschen Nachrichten enthält man sich jeder Aussage, wer hinter den Anschlägen stecken könnte. In Sri Lanka haben Medien den Namen eines Verdächtigen veröffentlich, der Mohamed Azzam Mohamed heißen soll, also wahrsheinlich ein Skandinavier…




Keiner weiß, wie schwer die katholische Kirche auf Dauer beschädigt sein wird

Über Jahrzehnte, wahrscheinlich Jahrhunderte, sind Menschen in Pfarrhäusern und Einrihtungen der katholischen Kirche weltweit missbraucht worden Es ist eine Schande, was in der Kirche Jesu alles möglich war und ist. Ja, oberste Kirchenführer haben sich zu ihrer Schuld bekannt, der Heilige Vater selbst hat immer wieder Opfer getroffen, um Vergebung gebeten und mit ihnen zusammen geweint. Das ist gut und richtig so. Wie nachhaltig die katholische Kirche durch den Vertrauensverlust beschädigt ist, mit all dem Wegschauen und Vertuschen, kann niemand von uns sagen.

Nicht erst mit dem zügellosen Relativismus, der in beide christichen Kirchen seit Jahren eingesickert ist, haben sich immer mehr Gläubige von ihren Hierarchien und Autoritäten abgewandt und versuchen, ihre Überzeugungen in Basisgemeinden, geistlichen Aufbrüchen und Hausgebetskreisen zu leben. Oberste Kirchenführer, die auf dem Tempelberg ihre Kreuze verstecken – das Kreuz, an dem Jesu für alle gelitten hat und einen schrecklichen Tod starb:  Ich empfinde für diese „Oberhirten“ nur noch Verachtung und ich hoffe, auf all die anständigen und tiefgläubigen Priester und Ordensleute – ohne jeden Zweifel die überwältige Mehrheit auch heute.

In Abspräche mit Papst Franziskus hat sich jetzt ganz aktuell Papst emeritus Benedikt XVI zu den Missbrauchsfällen in seiner Kirche geäußert – und das in einer Klarheit, die keine Fragen offen lässt.

„In verschiedenen Priesterseminaren bildeten sich homosexuelle Clubs, die mehr oder weniger offen agierten und das Klima in den Seminaren deutlich veränderten“, beschreibt er die Situation. Den  sogenannten 68ern weist Benedikt eine erhebliche Mitschuld zu, denn zwischen 1960 und 1980 seien die „geltenden Maßstäbe in Fragen der Sexualität vollkommen weggebrochen“. Der „Zusammenbruch der katholischen Moraltheologie“ habe  die Kirche „wehrlos gegenüber den Vorgängen in der Gesellschaft“ gemacht, schreibt Benedikt weiter. Vorgänge, bei denen „Pädophilie als erlaubt und als angemessen diagnostiziert wurde“.

 




Vielleicht erwarte ich einfach nur zu viel

Als regelmäßige Leser meiner Beiträge wissen Sie, dass die Teilnahme an der katholischen Messe für mich zu jedem Sonntag unbedingt dazu gehört. Uns so saß ich auch heute in meiner Gemeinde in der vierten Reihe und wartete auf das, was da kam. Es war ein Gastprediger, der Pastor der evangelischen Kirchengemeinde im Ort. Es ist hier üblich, dass er einmal im Jahr bei uns predigt, und unser Pfarrer einmal im Jahr zu den evangelischen Brüdern und Schwestern geht.

Unser Gast erfüllte meine erwartungen zu 100 Prozent. Sein Thema war der G20-Gipfel. Was die Staatschefs alles nicht beschlossen hätten, was sie hätten anders machen sollen, über was nicht einmal geredet wurde, dass sie sich für die ihnen anvertrauten Menschen überhaupt nicht interessieren und so weiter. Christus pur, sozusagen.

Über die tagelangen Gewaltexesse in Hamburg und mehr als 200 verletzte Polizisten sagte er nichts. Und das ist auch gar nicht nötig, denn er ist ja ein Gottesmann und kein Politiker. Er hätte einfach über Jesus Christus und das Evangelium sprechen können, aber leider verpasste er diese Chance. Meine Erwartungen an moderne christliche Prediger sind einfach zu hoch.




Nachschlag: Wut-Bürger gibt’s ja, aber gibt es auch Wut-Christen?

Am frühen Morgen des ersten Weihnachtstages habe ich heute meinen Unmut über das gestrige Erlebnis eines Weihnachtsgottesdienstes in der niederrheinischen Provinz niedergeschrieben. Sie finden den Text hier… Und weil der Beitrag viel gelesen und in Netzwerken intensiv diskutiert wird, erlaube ich mir hier im Blog einen „Nachschlag“ dazu.

Natürlich kann man in der Kirche ein Krippenspiel inszenieren, um insbesondere Kinder an die großartige Geschichte von Josef und Maria heranzuführen, die Gottes Sohn Jesus Christus in einem Stall in Bethlehem zur Welt brachten. Und natürlich ist es besser, kirchenferne Menschen, die aus Tradition einmal im Jahr am Heiligen Abend zur Kirche gehen, mit dieser Geschichte wieder in Berührung zu bringen, bevor sie nach Hause gehen, ein Bier aufmachen und RTL 2 gucken.

Mein Ärger resultierte aber aus etwas anderem. Weihnachten, der Heilige Abend, die Geburt Jesu – das ist das zweitwichtigste Fest im Kirchenjahr für Christen überhaupt (nach Ostern). Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, wenn dann in der überfüllten Kirche kein Pfarrer zugegen ist, sondern eine – sicher privat sympathische – Dame aus dem Pfarrgemeinderat – sagen wir – durch’s Unterhaltungs-Programm führt. Aber es gibt doch so wenige Pfarrer, werden Sie jetzt spontan erwidern? Falsch! Im Erzbistum Köln ist die Zahl der Priester seit Jahren recht konstant. Aber die Zahl der katholischen Gläubigen und Gottesdienst-Besucher nimmt spürbar ab. Das heißt: das Verhältnis Zahl der Priester zu Zahl der Gläubigen ist sogar BESSER geworden. Wieso soll es also nicht möglich sein, dass beim Gottesdienst oder bei der Messe am zweitwichtigsten Fest für die Christen ein Geistlicher anwesend ist? Ist das wirklich unzumutbar? Ist es unzumutbar, wenn ein Pfarrer zwei oder drei Gemeinden betreuen muss, zwei oder drei Messen zu lesen. An Weihnachten, dem christlichen Fest also, zu dem deutlich mehr Gläubige und Ungläubige strömen als zu den anderen Gottesdiensten im Jahreskreis?

Ich habe kein Verständnis dafür, nicht weil ich Kirchensteuer zahle und eine „Gegenleistung“ erwarte, sondern weil ich denke, dass auch die heutigen Priester die Nachfolger der Jünger Jesu sind, und eigentlich brennen müssten für ihren Glauben. Eigentlich immer, aber mindestens am Fest der Geburt ihres, unseres Herrn…

Ich soll mich mal nicht schon wieder so aufregen, wird jetzt der ein oder andere der geschätzten Leser denken? Doch, ich rege mich auf! Dass meine Kirche, nein, falsch, meine deutsche Kirche zu so einem Quasi-Beamtenladen geworden ist, wo zur Messe der Caritas am Jahresanfang bei 1.000 Hauptamtlichen nicht mehr als zwei Dutzend kommen. Wo in der einzigen katholischen Grundschule in der Nachbarstadt einmal im Jahr Erstklässler eingeschult werden und die Gemeindereferentin den Job übernehmen muss, den eigentlich der Pfarrer ausüben sollte. Und wo ein katholischer Kardinal und Erzbischof des größten Bistums in Deutschland Flüchtlingsboote ankauft und vor den Dom stellen lässt. Und mit einer Spaydose das Wort „Gutmensch“ aufs Kölner Straßenpflaser sprüht. Was haben wir bloß in der Kirche Jesu in Deutschland für ein belangloses und uninspiriertes Personal?

Noch ein Wort zur Klarstellung: Es gibt großartige Priester in deutschen Gemeinden und den Ordensgemeinschaften. Evangelische, Katholische, Orthodoxe. Sie sind der Grund, warum ich immer wieder hingehe. Sie erkären mir den Glauben. Sie sind für meine Familie und mich da, wenn wir Beistand und Rat brauchen. Sie haben Zeit für uns, hören zu, beten gemeinsam mit uns. Aber in diesem Land werden sie subjektiv betrachtet immer weniger.




Kirche? Nur dann, wenn wir sie plötzlich brauchen

In der Stadt Meppen im schönen Emsland sind 30.000 Bürger aufgerufen, unsere Demokratie mit Leben zu füllen. Der Stadtrat beschloß am vergangenen Donnerstag mit 18 zu 17 Stimmen, eine Bürgerabstimmung über die Frage zu veranstalten, ob eine geplante Kindertagesstätte in städtischer oder katholischer Trägerschaft geführt werden soll. Nun macht mich erst einmal das knappe Ergebnis von 18:17 stutzig, denn wer kann etwas dagegen haben, wenn mal die Bürger, um die es ja irgendwie geht, direkt befragt werden? Ich habe die Diskussion der Ratsherren und -frauen nicht verfolgt, nehme aber an, die Grund für die Nein-Stimmen sind in den Kosten von 50.000 Euro für Einwohnerbefragung zu finden. Demokratie kann teuer sein.

Im Internet können die Meppener übrigens jetzt schon abstimmen, und der Stand ist, dass die Befürworter der katholischen Trägerschaft der Kita mit über 50 Prozent klar vorn liegen. Katholisch…. da war doch was… Ist das nicht diese Kirche alter Männer mit völlig überholten Ansichten? Ist das nicht dieser Prunk-Laden, wo die Zentrale in Rom Goldschätze hortet und Dan Brown den verschollenen Schatz der Templer vermutet? Werden da nicht Frauen ständig unterdrückt und Messdienser missbraucht? Zwingt man da nicht die armen Priester zur Ehelosigkeit und einem freudlosen Dasein? „Niemand will heute mehr heiraten“, sagte mir mal ein Geistlicher in Köln, „aber die Priester, die sollen jetzt müssen…“ Gefällt mir der Satz, der geistreich aufspießt, dass man in diesem Land gegenüber jeder Form von Lebensgestaltung tolerant sein muss. Swinger-Club und SM-Studio, schwarze Messen auf dem Friedhof, Metallringe durch Nase und sonstwo – alles ganz prima im modernen bunt-grünen Deutschland. Aber wenn sich ein junger Mann, der an Gott glaubt, freiwillig dafür entscheidet, Priester oder Ordensmann zu werden, 24 Stunden am Tag für seine Gemeinde und seinen Glauben zu leben und dafür auf Familie, Sex und Malle-Urlaube zu verzichten – dann wollen ihn alle erretten. Schon irre, oder?

Was will ich aber sagen? Viele katholische Kindergärten in Deutschland haben lange Wartelisten. Katholische Krankenhäuser erfreuen sich auch großer Beliebtheit bei evangelischen und sogar muslimischen und zweifellos auch atheistischen Patienten. Ist schon schön, wenn man da so im Krankenbett liegt und nicht nur die Schwester mit der Pillenschachtel kommt vorbei, sondern auch die alte Schwester in der Ordenstracht. Die, die sich Zeit nimmt für den oder die Kranke, die zuhört, die Händchen hält, wenn die Angehörigen keine Zeit dafür haben. Barmherzigkeit und Nächstenliebe sind der größte Trumpf der Christenheit. Wussten Sie, dass die Caritas, also der Sozialverband der katholischen Kirche mit rund 600.000 Arbeitnehmern der zweitgrößte Arbeitgeber in Deutschland nach dem Staat ist? Ist auch ein großes Geschäft, keine Frage, ein Konzern. Aber auf was und wen baut das alles auf? Nicht auf das Bodenpersonal von ZdK und Bischofskonferenz, das mir in Deutschland zunehmend Missvergnügen bereitet. Sondern auf diesen Mann, der vor rund 2000 Jahren mit einer Handvoll Männer im Nahen Osten unterwegs war und von Liebe und Barhmherzigkeit gepredigt hat.

Immer weniger Menschen gehen in unserem Land – anders als rund um den Erdball – regelmäßig zum Gottesdienst. Beten? Nur kurz vor der Abi-Prüfung oder wenn Oma krank ist. Mal etwas in der Bibel lesen? Geht nicht, „Wer wird Millionär“ fängt gleich an. Wir nutzen, die großartigen sozialen Einrichtungen der christlichen Kirchen, die nicht nur Kirchen, sondern Essenausgabe, Hospize, Kindergärten, Altenheime, Drogenberatungsstellen und vieles mehr betreiben. Und wir schimpfen auf ihre Priester, wenn sie zu Demut, Gebet oder – ganz furchtbar – Enthaltsamkeit mahnen. Und wir wollen von ihrer Lehre nichts wissen, die manchmal mühsam ist und uns immer auch mal den Spiegel vorhält. Das ist es, was mir heute morgen zu Meppen einfällt…




Eine kleine Trilogie im Zeichen des Kreuzes

Teil 1 Die Liebe

Im heutigen Tagesevangelium erfahren wir, wie Jesus Christus uns auffordert, es ihm nachzutun. „Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe“, sagte er, und das sind Worte, die wohl fast jeder unterschreiben könnte. Der Alltag sieht leider anders aus, auch und gerade bei den Christen hierzulande. Wer wie ich viel unterwegs ist unter gläubigen Christen und in christlich inspirierten Zirkeln, kommt nicht umhin, festzustellen, dass da wohl Einige nicht richtig zugehört bzw. gelesen haben. Mitunter erlebt man dort Intrigen und einen Zynismus, wie ihn keine Partei und kein Verein besser bieten könnte. Menschen, die sich als gläubig empfinden, die aber hartherzig sind, besonders gegenüber Schwachen und Menschen am Rande der Gesellschaft. Ich glaube, das ist einer der Gründe, warum das Christentum in Deutschland auf Talfahrt ist. Die Kirche ist wichtig, weil sie den Glaubenden hilft, ihren Bezug zu Gott zu entwickeln und zu pflegen. Aber attraktiv wird die Kirche Jesu nur, wenn sich alle, die dazu gehören, bemühen, ein gutes Beispiel gelebten Glaubens und echter Nächstenliebe abzugeben. Christen, die im Alltag nicht anders sind und handeln alls alle Anderen, braucht man nicht.

Teil 2 Die Sichtbarkeit

Ich liebe Rom, eine ganz wunderbare Stadt. Das Lebensgefühl der Römer, der Pulsschlag dieser Metropole, in der an jeder Ecke spürbar ist, dass man sich im Zentrum einer Weltkirche befindet, geben eine einzigartige Symbiose ab. Was dazu beiträgt, sind die Priester und Ordensleute, die das Leben auf den Straßen prägen. Kein Restaurant, kein öffentlicher Platz, an dem man nicht Frauen und Männer in Ordenstracht oder mit weißem Kragen sieht. Diese weißen Kragen sind eigentlich auch in Deutschland für die Kleriker der katholischen Kirche vorgeschrieben. Doch sieht man sie im Bild unserer Städte? Köln ist das Zentrum des größten Bistums in Deutschland mit rund zwei Millionen Katholiken. Man kann in dieser Stadt tagelang unterwegs sein, ohne einen einzigen Priester zu erkennen. Ich habe es früher auch in meine Gemeinde erlebt. Das Abschlusslied der Gemeinde war noch nicht beendet, da hatte sich der Pfarrer bereits umgezogen, um bloß auf der Straße nicht als Priester erkannt zu werden. es könnte einen ja jemand ansprechen. Auch das trägt zur Marginalisierung im Alltag bei. Ich würde mir wünschen, dass auch hierzulande gilt: Priester tragen weiße Kragen.

Teil 3 Die Besserwisser

Begleitet von einer wohlmeinenden Medienschar erleben wir seit einigen Monaten die Kampagne von an sich innerkirchlich bedeutungslosen Organisationen und Einzelpersonen, jeden Gläubigen, der noch das Vaterunser auswendig aufsagen kann und überzeugt ist, dass Jesus nicht so eine Art erster Sozialist der Menschheitsgeschichte war, als „Rechtskatholiken“ zu brandmarken. Wer Christus‘ Lehre ernst nimmt, wer die Familie aus Mann, Frau und Kindern als natürliche Gemeinschaft ansieht, soll an den Rand gedrängt werden. Ein Unterfangen, das allein deshalb schon aussichtslos ist, weil die gewaltige Mehrheit der Deutschen dies genauso sieht – übrigens auch die, die religiös nicht musikalisch sind. Ich habe mich entschieden, die Deutungshoheit über mein Leben und meinen Glauben nicht einer Handvoll Besserwissern zu überlassen, die mir sagen wollen, was ich denken und glauben und neuerdings auch, was ich als Christ für Zeitungen lesen darf. Sie sind es nicht einmal wert, ignoriert zu werden.




„Nicht an ihren Worten, sondern ihren Taten sollt ihr sie erkennen“

Es hätte alles so schön sein können. Die Reise des Papstes zu den Gläubigen auf den Philippinen war ein Thriumphzug sondergleichen. Eine Heilige Messe mit sechs Millionen begeisterten Katholiken, ein Papst, der zu den Armen geht, zu denen, die kaum noch Hoffnung auf ein besseres Leben haben. Ein Pontifex, der im gelben Regencape Sturm und Regen trotzt. Was für gewaltige Bilder aus dem Fernen Osten verbreiteten sich da in Windeseile um die Welt. Und dann kam der Rückflug…
„Einige glauben, dass wir, um gute Katholiken zu sein, wie die Kaninchen sein müssen“, sagte Papst Franziskus, um dann Journalisten seine Vorstellungen von verantworteter Elternschaft zu erläutern. Man ist geneigt, sich kurz aufs Ohr zu klopfen und dann zu fragen: „Was hat er gesagt?“ Vergleicht er wirklich die Millionen, oft kinderreichen, katholischen Familien rund um den Globus mit „Karnickeln“? So einen rhetorischen Missgriff hat es in der Geschichte des Papsttums lange nicht mehr gegeben. Viele, gerade die Treuesten der Treuen, sind verstört und verärgert. Geradezu erleichernd zwischendurch die ironische Gelassenheit eines Internetbeitrages, den ich gestern dazu las: „Was? Wir müssen gar nicht wie die Karnickel „züchten“? Hätte ich das bloß früher gewusst, mein armer schmerzender Rücken….“
Die falsche Wortwahl auf dem Rückflug von Manila macht ein Thema greifbar, das besonders viele traditionsbewusste Katholiken umtreibt und zunehmend verärgert. Es geht um die Frage: Wie volkstümlich darf ein Pontifex öffentlich formulieren? Darf er Worte wie „Karnickel“ und „Schnickschnack“ verwenden, ohne die Autorität seines Amtes zu beschädigen? Schwer, eine Antwort darauf zu finden, denn ich gebe zu, auch mich hat die aktuelle Aussage, nennen wir es, befremdet. Dabei gibt es theologisch an Papst Franziskus nichts auszusetzen. Er lehrt, was zuvor Benedikt XVI. und davor Johannes Paul II und davor Paul VI. gelehrt hat. Alle diejenigen, die annehmen, der neue Stil im Vatikan werde zu den – im wesentlichen von Nichtkatholiken geforderten – so genannten Reformen führen, werden sich wundern. Dieser Papst ist Gegner der Abtreibung, dieser Papst verteidigt den Zölibat, und dieser Papst schätzt und ehrt die traditionelle Familie. Es gibt nichts, das darauf hindeutet, daran könnte sich etwas ändern. Es gibt lediglich ein unglücklich und missverständlich gewähltes Wort.
Vielleicht müssen wir, die wir aus Überzeugung zur katholischen Weltkirche gehören, uns mit dem Stil des neuen Papstes arrangieren, so lange die Lehre unverwässert bleibt. Franziskus kommt aus einem anderen Kulturkreis, er hat einen anderen Lebensweg hinter sich, als kirchensteuerfinanzierte Hochwürden hierzulande, die wegen First Class-Flügen ins Gerede kommen. Der Pontifex aus Südamerika geht einen anderen Weg. Er folgt dem, was Jesus Christus von seiner Kirche verlangt. Er geht zu den Armen, zu den Menschen an den Rändern der Zivilisation. Seine Worte und Gesten erreichen viele Menschen, die zum Beispiel der von mir verehrte, intellektuell wie rhetorisch brillante Benedikt nie hätte erreichen können. Und – noch einmal – die Botschaft von Franziskus für diese Menschen ist klar und unverwässert. Es ist eine Botschaft des Glaubens an Gott, der Liebe und des Mitgefühls. Darauf, und nur darauf kommt es letztlich an. Ich empfehle deshalb: sehen wir ihm seinen „Schnitzer“ nach. Er formuliert gern aus dem Stegreif, manchmal auch für meinen Geschmack zu flapsig. Aber er ist der richtige Papst zur richtigen Zeit. Und wir Katholiken glauben, dass ein Konklave eine solche Wahl nicht aus Zufall trifft.