GASTSPIEL Stefan Hartmann über das Kreuz des Kardinals mit dem Kreuz und seinen Bischöfen

„Ich fürchte nicht die Stärke des Islams, sondern die Schwäche des Abendlandes. Das Christentum hat teilweise schon abgedankt. Es hat keine verpflichtende Sittenlehre, keine Dogmen mehr.“

Dieser Satz des großen Publizisten und Islamkenners Peter Scholl-Latour (1924-2014) könnte die Kreuzprobleme von Kardinal Reinhard Marx, des amtierenden Münchener Erzbischofs und Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, etwas erklären helfen. Zusammen mit dem evangelischen bayerischen Landesbischof und EKD-Vorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm sah er sich Ende Oktober 2016 bei einer bischöflichen Pilgerreise ins Heilige Land verpflichtet, auf dem Jerusalemer Tempelberg das bischöfliche Brustkreuz abzulegen. Das Foto davon machte die Runde und war kein glücklicher Auftakt zum ökumenisch angelegten Reformationsjubiläum.

Der mediale „shitstorm“, dem die beiden Kirchenführer daraufhin ausgesetzt wurden, war gewaltig, das nachfolgende Fehlereingeständnis eher halbherzig. Kein Dogma der Christen ist so zentral wie das „pro nobis“ des die Menschen in Christus erlösenden Kreuzes, aber genau dieses Dogma wurde durch das Jerusalemer Zeichen relativiert. Vielleicht war dies indirekt ein Grund für den bekennend evangelisch-lutherischen neuen bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, mit einem „Kreuzerlass“ für Behörden des Freistaats ein öffentliches Gegenzeichen zu setzen. Aber nun verfällt derselbe Kardinal wenige Tage nach dessen Ankündigung über die „Süddeutsche Zeitung“ in eine mediale Schelte des Politikers, wirft ihm „Spaltung“, Unruhestiftung und Instrumentalisierung des Kreuzes für politische Zwecke vor.

Der CSU gegenüber distanzierte Teile des katholischen Milieus in Medien und Ordinariaten sekundierten ihm, ein Jesuit und ein Hochschulpfarrer schreiben einen offenen Brief, aber viele Gläubige sind irritiert und verärgert über das Vorgehen gegen ein politisches Glaubenszeichen, sei es nun mehr kulturell-ethisch oder religiös verstanden. Es folgt ein weiterer und noch heftigerer „shitstorm“, aber auch fundierte Unterstützung der Staatsregierung durch besonnenere Bischöfe. Hier liegt ein weiteres „Kreuz“ des Münchener Kardinals. Er meinte, eine Glaubensfrage wie die Zulassung evangelischer Ehepartner zur katholischen Eucharistie zum Gegenstand einer Mehrheitsentscheidung machen zu können. Dem widersprachen alle fünf bayerischen Bischöfe mit dem Kölner Kardinal Woelki in einem Brief an die Glaubenskongregation. Ein Brief, der auf merkwürdige Weise aus dem Bonner Sekretariat der Bischofskonferenz an den Kölner Stadtanzeiger durchgestochen wurde. Seither gibt es den „Kommunionstreit“ in einer gespaltenen Bischofskonferenz – der Auslöser dazu war die fehlerhafte Moderation des Kardinals mit den Kreuzproblemen.

Nun ist der aus Geseke in Westfalen stammende Münchener Kardinal Reinhard Marx zwar kein Bayer, aber der barocken Lebensweise durchaus nicht abgeneigt. Er leitet das weltweit wohl reichste Erzbistum mit einem sechs Milliarden Euro Besitz. Dagegen wäre nichts zu sagen, ein fähiger Generalvikar (Msgr. Peter Beer) verwaltet das Kirchenvermögen transparent und solidarisch gegenüber Hilfsbitten aus der Weltkirche. An „Macht“ scheint es also dem Erzbischof von München nicht zu fehlen, warum also die zeitgeistkonformen Machtdemonstrationen gegenüber der CSU-Staatsregierung und den etwas anders denkenden Mit-Bischöfen?

Viele Laien und Kleriker nicht nur in München und Bayern vermissen ein mehr spirituelles Profil beim Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. Bei aller Sympathie für seinen evangelischen Kollegen Bedford-Strohm sollte dieses Profil auch als katholisch erkennbar bleiben. Um der Einheit und des Friedens in der deutschen katholischen Kirche bedarf es also einer Besinnung und Umkehr – oder der Neuwahl eines Vorsitzenden, der wieder wie Erzbischof Zollitsch und Kardinal Lehmann nach außen die Einheit der Bischofskonferenz glaubwürdig vertreten kann. Der „Ball der Einheit“ wurde durch den besorgten Brief der sieben Diözesanbischöfe ins römische Feld gespielt, von dort aber wieder zurückgegeben. Die Lösung liegt allein vor Ort in der Erkenntnis, dass geistliche und pastorale Fragen nicht durch Machtdemonstrationen einer Mehrheit entschieden werden können, sondern einvernehmlich in Verbundenheit mit der Lehre der Kirche. Deshalb ist man noch lange nicht eine „Filiale Roms“, wie es ein weiteres unglückliches Wort des überforderten Kardinals mit den Kreuzproblemen zum Ausdruck brachte.




Vom letzten Tabu: Bunte Vielfalt gilt auch für katholische Priester

Am Fronleichnam war richtig was los auf meinem Facebook-Profil. Glauben Sie es oder nicht: es ging mal wieder heftig um den Zölibat. Lassen wir heute mal außen vor, ob das eine sinnvolle Sache für katholische Priester oder buddhistische Mönche ist (wie ich finde) oder ganz böse leibfeindlich. Dazu sind alle Argumente ausgetauscht.

Mein Thema heute ist: Warum fühlen sich so viele Menschen berufen, anderen vorschreiben zu wollen, wie sie zu leben haben sollten müssen… Ich meine, ich würde niemals auf die Idee kommen, einem evangelischen oder auch atheistischen Bekannten vorschreiben zu wollen, dass er oder sie zukünftig enthaltsam leben müssen. Was treibt diese Leute an? Was geht es sie an? Ich meine, Ehen und Partnerschaften gehen auch schief. Da gibt es viel Leid, Schmerz und Tränen. Wollen wir das den nicht zölibatär Lebenden nicht lieber ersparen?

Nehmen wir zum Beispiel mals einen sogenannten „Aussteiger“, also einen, der sich von der Zivilisation bewusst und freiwillig verabschiedet. Und das auf Dauer. Der irgendwo in die Dritte Welt zieht, mit den Menschen dort lebt ohne Klimaanlage, fließendes Wasser und Netflix. Wollen wir den auch zwangsbeglücken? Ich glaube, niemand würde das tun. Warum auch?

Oder nehmen wir das „Swinger-Pärchen“, wie das heute heißt. Sie entscheiden sich freiwillig dafür, sich regelmäßig oder unregelmäßig mit anderen, auch fremden, Leuten zu treffen, um zusammen Sex zu haben. Nicht mein Ding, aber würden Sie Bekannte ansprechen, die das tun, und ihnen sagen: Hey, lasst das doch mal schön sein, das gehört sich nicht! Aber wenn Sie das sagen würden, wären ihre Gesprächspartner empört: „Tickst Du noch richtig? Das ist MEIN Leben, ich mache damit, was ICH will!

Und damit kommen wir zum letzten Tabu in unserer ach so bunten und vielfältigen Gesellschaft. Warum können wir nicht akzeptieren, dass sich Männer (und in Orden auch Frauen) frei dafür entscheiden, ein zölibatäres Leben anzustreben, also auf Partner, Familienglück und Sex zu verzichten, um – nach ihrer Überzeugung – einem höheren Zweck zu diesen? In diesem Fall sieben Tage die Woche 24 Stunden für andere Menschen, ihre Sorgen und Probleme, da zu sein. Was ist daran verwerflich? Was geht es die Leute an, die nicht so leben wollen?

Nur noch mal zur Erinnerung: Man MUSS gar nicht katholischer Priester werden. Und wenn man Pfarrer werden will, dann kann man das auch in der evangelischen Kirche. Warum fühlen sich so Viele berufen, katholische Priester zu ihrem vermeintlichen Glück zu drängen? Bei einer Diskussion vor einigen Jahren in der Kölner Universität sagte mal ein Priester, der dem katholisch-konservativen Opus Dei angehört: „Bald will keiner in unserer Gesellschaft mehr heiraten. Aber katholische Priester, die sollen jetzt müssen….“




GASTSPIEL MARTIN D. WIND: Von einer publizistischen Vendetta gegen Kardinal Woelki

Der Kardinal hat Fehler gemacht. Der Kölner Erzbischof Rainer Kardinal Woelki hat bei kirchenrechtlichen Fragen und bei Personalentscheidungen nicht nach dem Gusto von Joachim Frank entschieden. Sie kennen Joachim Frank nicht? Dann ist das eine Bildungslücke – unerheblich zwar, aber dennoch. Frank, „Chefkorrespondent des Kölner Stadtanzeigers“, ist, neben Drobinski von der Süddeutschen oder auch Deckers von der Frankfurter Allgemeinen, einer des Dreigestirns der „kritischen Beobachtung“ der Entwicklung innerhalb der Kirche in Deutschland. Das heißt, diese Drei sind für die mediale Begleitung und die Berichterstattung über Gemeinden, Laiengremien, Priester, Bischöfe und der Bischofskonferenz insgesamt verantwortlich. Sie sind Journalisten.

Ehrlich gesagt, wenn Ihnen in jüngster Zeit Herr Frank nicht vor die Füße gefallen ist, haben Sie als Katholik wahrscheinlich ruhiger gelebt, als jemand, der sich dessen Texte im Kölner Stadtanzeiger angetan hat. Frank hat sich verbissen, denn Woelki tanzt einfach nicht nach seiner Pfeife. Und das geht natürlich gar nicht, schon gar nicht, wenn der Flötenspieler nebenher auch noch „Vorsitzender der Gesellschaft katholischer Publizisten“ (GKP) ist. Da weiß man per se, was für die Kirche eigentlich besser wäre.

Wie kommt man zu diesem Verdikt „wenig journalistisch“? Im Journalismus geht es in erster Linie darum, möglichst neutral – andere würden sagen „objektiv“ – „Bericht zu erstatten“. Das ist der Urgrund dessen, was den größten Teil medialer „Berichterstattung“ ausmacht. Die eigene Meinung hat da weitestgehend außen vor zu bleiben. Man zeigt viele Aspekte einer geschilderten Lage auf und lässt möglichst alle Seiten zu Wort kommen. Die eigene Meinung kann man in Kommentaren verbraten. Da ist dann Platz für eine Einordnung des geschilderten Geschehens. Solche Texte werden in der Regel auch mit der Marke „Kommentar“ versehen.

Wer lange genug „im Geschäft“ ist, der weiß, dass manche Journalisten Ihr Handwerk gut beherrschen und sich viel Mühe geben, den Ansprüchen gerecht zu werden. Es gibt aber eben auch Texter, die keinerlei Skrupel haben, handwerkliche Grundsätze schamlos über den Haufen zu schmeißen (dieser Satz ist ein eindeutiges Signals: Hier wird ein Kommentar geschrieben!). Auch Frank scheint da keinerlei Bedenken zu haben. Schon in der Vergangenheit ist er dadurch aufgefallen, dass er Tendenzberichterstattung betreibt. Unter anderem ist es Teil guten Journalismus, dass man in einer Konfliktsituation beide Seiten eines Falles zu gleichen Teilen zu Wort kommen lässt. Dieser Aspekt des berufilchen Ethos guter Journalisten scheint beim Betrachten der Frankschen Ergüsse im Stadtanzeiger keinerlei Rolle mehr zu spielen. Reihum kommen – bis auf sehr wenige Alibistimmen – in der Regel Kritiker des Kardinals zu Wort.

Frank schämt sich nicht mal, in einem Artikel einen protestantischen Amtsträger ausführlich und massiv Angriffe gegen den Kölner Kardinal fahren zu lassen, um dann etwas später geheuchelte Schnappatmung ob der Übergriffigkeit dieses hausfremden Predigers zu simulieren. Dabei war das Verhältnis zum Meisner-Nachfolger nicht immer so getrübt. Einen ersten Schatten warf wohl Woelkis klare Kante gegen den Verein „donum vitae“, der sich trotz kirchlicher Ablehnung deutscher Praxis an der Vergabe von staatlichen Abtreibungsscheinen beteiligt. Dieser Verein wurde von Katholiken gegründet, die sich damit massiv gegen den Willen des Papstes und des Lehramts stellen und sich durch Ihr Handeln nach Meinung vieler selbst exkommunizieren. Solange Woelki sich lediglich sozial-caritativ äußerte oder an einer kindischen Aktion für „Gutmenschen“ teilnahm – lehramtlich nicht spürbar und damit seiner eigentlichen Berufung demnach nicht nachkommend – , medienwirksam ein Schlepperboot vom Mittelmeer nach Köln karren ließ, solange bekam er von Frank nur Schulterklopfen und Wohlwollen.

Nachdem Woelki dann aber auch noch einen neuen Generalvikar ins Amt berief, der Herrn Frank kirchenpolitisch nicht behagt, ging es mit steigender Kadenz gegen den Kardinal. Es gibt kaum noch Tage, an denen der Chefkorrespondent nicht fleißig möglichst viele kritische Stimmen gegen Woelki zusammenträgt und mit einer wirklich durchaus gelungen-grenzwertig beurteilenden Sprache denen zum Fraß vorwirft, die „schon immer wussten, dass der Kardinal ein elender Traditionalist ist“. Dabei kann man sich als Katholik freuen, dass Woelki sich endlich wieder erkennbar katholisch zeigt. Nicht zufällig kommt dieses geschärfte Profil zutage, nachdem sich der Erzbischof von seinem ehemaligen „Kommunikationsdirektor“, Dr. Ansgar Mayer, getrennt hatte.

Doch jetzt hat der Kardinal es gewagt, ein Papier der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) zur Kommunionzulassung konfessionsfremder Eheleute im Vatikan in Frage zu stellen. Das scheint für Frank sowas wie der berühmte Funke ins Pulverfass gewesen zu sein. Seither arbeitet er sich in einem erstaunlichen Furor an Woelki ab, dass man beinah Mitleid mit dem Texter bekommen kann. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht weitere vermeintliche Einzelheiten der Schandtaten und der Schwächen des Kardinals enthüllt werden – offenbar sogar durch tatkräftige Mithilfe illoyaler Verräter aus der DBK, so meldet das zumindest das internationale Nachrichtenportal kath.net, das sich einen von Frank veröffentlichten Brief von sieben Bischöfen an den Vatikan mal genauer angesehen hat. Nach Meinung von kath.net wurde demnach Frank direkt aus der Bonner Zentrale mit vertraulichen Informationen versorgt – was der Pressesprecher der DBK selbstverständlich in Abrede stellen musste.

Wie dem auch sei: Ein Journalist, der seine persönlich zusammengedengelte Feld-Wald-und-Wiesentheologie zum Maßstab kirchlichen Handelns macht, daraus verallgemeinernd eine Anspruchshaltung gegenüber einem Amtsträger der Kirche ableitet und diese flächendeckend unters Volk bringt, sollte sich fragen, ob er der richtig für das Amt des Vorsitzenden der GKP ist. Natürlich ist das durchaus vorteilhaft fürs networking, für das Hintertragenbekommen, aber ist dieses opportunistische Getue und Berichterstatten dann noch „katholisch“?

Eine private Vendetta hat in öffentlichen Medien nichts zu suchen. Und wenn Sie sich jetzt über die Härte dieses Kommentars wundern: Es ist der Versuch, sich dem Ton von Frank halbwegs anzupassen. Leider fehlt dem Autor die pastorale Sprachausbildung. Er ist eher für das unverlogene, offene und klare Wort.




Wir erleben den Aufbruch einer jungen dynamischen Kirche – unter dem Radar

Die Amtskirchen in Deutschland sind auf dem absteigendem Ast. Sie sind milliardenschwer, doch immer mehr Schäflein sparen sich die Kirchensteuer, immer weniger Christen besuchen regelmäßig einen Gottesdienst. In Augsburg startete gestern ein großes ökumenisches Gebetstreffem die MEHR-Konferenz um den umtriebigen Johannes Hartl, der das Gebetshaus in Augsburg begründet hat, in dem Christen rund um die Uhr 24/7 einfach nur beten und singen. Eine großartige Initiative und – davon bin ich zu 100 Prozent überzeugt – die Zukunft der christlichen Kirchen. Vor fünf, sechs Jahren war auch im politischen Bereich überall zu spüren, dass es brodelt, dass die Unzufriedenheit vieler Bürger rapide zunimmt, die Kluft des Volkes zu den politischen und medialen Eliten immer größer wird.Das sind ja nur eine Handvoll „Rechte“, ließ man uns Bürger wissen. Spätestens am 24. September 2017 haben wir alle gesehen, was daraus geworden ist.

Nun sind Christen nicht automatisch konservativ, viele aber schon. Und während die politischen und medialen Eliten in Deutschland die Christen hierzulande bestenfalls mitleidig belächeln, weil sie auf die alljährliche Austrittswelle schauen und sinkenden Besuch der sonntäglichen Gottesdienste registrieren, wächst auch bei den Christen unter dem Radar eine dynamische Bewegung heran, die von der breiten Öffentlichkeit noch gar nicht wahrgenommen wird, von der wir aber in fünf, sechs Jahren eine Menge hören werden. Es sind nicht die trägen Kirchenfunktionäre, die mit üppigen Etats ausgestatteten Verwaltungskirchenämter, die sich mit der eigenen Altersversorgung, den Dienstwagen mit Fahrer für die Bischöfe und allenfalls dem Klimawandel beschäftigen.

Diese mutigen und engagierten Aufbrüche finden sich bei Jugend 2000, Gemeinschaft Immanuel, Regnum Christi, Generation Benedigt, Opus Dei, Legionäre Christi und anderen. Sie treffen sich zu Tausenden bei Prayerfestivals, gehen bei Nightfever mit Kerzen in die Innenstädte und sprechen Passanten an oder lobpreisen Jesus Christus in der Augsburger Messehalle. Bischöfe sieht man nur vereinzelt, weil sie offenbar fürchten, etwas nicht kontrollieren zu können, was sich auf den Weg gemacht hat. Eine Welle an Neumissionierung spült über Deutschland und die meisten Herren Bischöfe sind leider abkömmlich.

Bei der Eröffnung der MEHR gestern Abend fragte eine Moderator die 10.000 Christen in der Halle, wer jünger sei als 22 Jahre. Fast die Hälfte der Anwesenden stand auf. Dann fragte er, wer zwischen 22 und 60 Jahre alt sei. Fast die andere Hälfte erhob sich. Und dann frage er, wer älter als 60 Jahre sei. Ein einzelner Teilnehmer in der Riesenhalle stand auf und winkte in die herzlich lachende Menge. MEHR 2018 – das ist wie ein katholischer Kirchentag, nur 30 Jahre jünger. Die Kirche Jesu ist jung, und fast keiner hat es bisher bemerkt.




Wer hat das Sagen in der katholischen Kirche? Der Papst oder Frau Lux?

Während seiner jüngsten Reise in den Kaukasus redete Papst Franziskus, Oberhaupt einer Weltkirche mit 1,2 Milliarden Gläubigen, endlich wieder einmal Klartext. Die bis zur Lächerlichkeit groteske Gender-Theorie geißelte der Pontifex als das, was sie ist: ein „weltweiter Krieg, um die Ehe zu zerstören“. Ist das nicht vielleicht ein bisschen übertrieben, wird mancher da denken, wenn er die freudlosen Gleichstellungsbeauftragten deutscher Kleinstädte beim „Frauen-Kultur-Café“ Tee trinken sieht? Die intellektuelle Unterscheidung zwischen dem biologischen (Sex) und dem sozialen Geschlecht (Gender) wirkt auf den ersten Blick wie eine staatlich geförderte Marotte von Menschen, die im normalen Berufsleben keine Chance hätten. Aber in Zeiten von „Friedensforschern“ und „Klimaexperten“ müssen auch die Protagonisten der „Gender Studies“ in unserer modernen Gesellschaft ihre Berechtigung haben. Tatsächlich verbirgt sich hinter Gender Mainstreaming, hinter zwischen 60 (Facebook) und 4.000 (Evangelische Kirche) Geschlechtern, die es angeblich geben soll, und zwischen denen jeder Mensch an jedem neuen Morgen angeblich frei auswählen kann, was er, sie oder es gern sein möchte, keineswegs eine harmlose Spinnerei einiger Randgruppen. Oder gar das übergeordnete Ziel, Frauen und Männern endlich zu absoluter Gleichstellung zu verhelfen. Es geht beim Versuch, finanzstarker Lobbygruppen eindeutig und unübersehbar um einen Angriff zur Zerstörung der traditionellen Familie aus Vater, Mutter und Kinder – eine „Keimzelle der Gesellschaft“, wie kluge Leute das schon mal genannt haben.

Und da kommt die Kirche ins Spiel, deren Existenz seit mehr als 2.000 Jahren dafür spricht, dass die Gemeinschaft der Gläubigen in ihrer langen Geschichte irgendetwas richtig gemacht haben muss. Anders als die modernen Umerzieher es wünschen, hat sich insbesondere die katholische Kirche immer als Fels in der Brandung gegen den irren Zeitgeist unserer Tage verstanden. Papst Franziskus hat mehrfach die herausragende Bedeutung der traditionellen Familie hervorgehoben, nicht erst mit seinen klaren Worten im Kaukasus. Zur katholischen Kirche gehört auch die deutsche katholische Kirche, bei deren Amtsträgern man allerdings gelegentlich das Katholische kaum noch zu erkennen vermag. Schön betrachten kann man das bei dem offiziellen Internetportal katholisch.de der deutschen Amtskirche, wo jüngst eine „freie Autorin“ und „Kommunikationsberaterin“ namens Gudrun Lux dem Papst mal ordentlich die Welt erklären durfte. „Denn Gender meint auch die sozialen Geschlechtsmerkmale: Etwa die Kleidung, den Beruf, die Aufgaben in Familie und Gesellschaft“, belehrt Frau Lux den Heiligen Vater, der das wohl alles gar nicht so richtig versteht. Und sie weiß genau, dass es „lediglich eine Strategie“ ist, „die dafür sorgen soll, dass Männer und Frauen gleichberechtigt leben können und von vorne herein Ungleichbehandlungen ausgeschlossen werden.“ Ist das nicht schön? Nun weiß Frau Lux vielleicht nichts von den massiven Versuchen politischer Kräfte weltweit die Bedeutung der Ehe zu relativieren. Vielleicht hat sie nie von den Protesten von Eltern gehört, deren Kinder in den Schulen mit „Dark Rooms“, Holzpenissen und Unterrichtsmaterialien namens „Puff für alle“ drangsaliert werden. Es gibt ausreichend aussagekräftige Literatur, die den schädlichen Einfluss der Gender-Ideologie auf Kinder belegen. Der Gender-Schwachsinn sorgt insbesondere bei Naturwissenschaftlern für Heiterkeit. Inzwischen gibt es ernsthaft grüne Politiker in Deutschland, die fordern, das Unterrichtsfach Biologie ganz abzuschaffen, weil Biologie Gender widerspricht. Schöne bunte neue Welt…

Es gibt eine Vielzahl von Schriften der deutschen katholischen Kirche, die – das sei noch einmal erwähnt – eine weltumspannende Kirche ist. Darin wird das, was der Papst zurecht geißelt, propagiert. Die Haltung der katholischen Kirche, deren Oberhaupt der Papst ist, findet darin mit keinem Wort statt. Wir feiern bald 500 Jahre Luthers Thesen und die Reformation. Es scheint so, dass ein beachtlicher Teil der katholischen Hirten hierzulande daraus ableitet, dass man die Lehre der katholischen Kirche nach Belieben und persönlichen Vorlieben verwässern darf. Ich teile diese Auffassung nicht.




GASTSPIEL Peter Winnemöller über das große Treffen der Jugend mit Papst Franziskus

Vor zehn Tagen ging es los. Jugendliche aus der ganzen Welt hatten sich auf den Weg gemacht, um sich in Polen zu treffen. Die ersten Tage waren die Jugendlichen auf alle Diözesen Polens verteilt. Diese Tage der Begegnung gehen dem eigentlichen Jugendtreffen voraus und dienen dazu, das Gastgeberland besser kennen zu lernen. Es ist ein Warm up für das große Treffen, zu dem dann auch der Papst hinzu kommt.

Am Montag dieser Woche haben sich die Jugendlichen auf den Weg nach Krakau gemacht, dem Ort des 31. Weltjugendtages. An diesem Ort war der Gründer der Weltjugendtage, Papst Johannes Paul II. lange Jahre als Priester. Weihbischof und Erzbischof tätig. Als junger Mann hatte Karol Woytila hier in einen Steinbruch gearbeitet. Auf diesem Gelände steht heute das Sanktuarium Johannes Paul II. Diese große Kirche steht in unmittelbarer Nachbarschaft zum Sanktuarium der Göttlichen Barmherzigkeit. Dort hatte Sr. Faustyna gelebt, die in Visionen Jesus geschaut hatte und sich um die Verbreitung der Botschaft von der Göttlichen Barmherzigkeit verdient gemacht. Papst Johannes Paul II. hatte eine sehr enge Verbindung zu Sr. Faustyna. Er hatte sie selig und heilig gesprochen und den Sonntag der Barmherzigkeit eingeführt. Die räumliche Nähe der beiden Kirchen macht die innerliche Nähe geradezu greifbar.
Unter dem Motto „Selig die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden“ sind nun Jugendliche aus 178 Ländern in Krakau versammelt. Papst Johannes Paul II. und Sr. Faustyna sind auf diesem Jugendtreffen allgegenwärtig. Ausgehend von Krakau soll nach dem Wunsch des Papstes die Jugend die Botschaft der Barmherzigkeit in die Welt tragen. Es ist ein großes buntes Jugendfest, das jeden, der die Kirche schon als erledigt ansieht, eines besseren belehren müßte.

„In meinen Jahren als Bischof lernte ich eines: Nichts ist schöner, als die Begeisterung, das Engagement, den Fleiß und die Energie zu sehen, mit der so viele junge Menschen ihr Leben leben.“, sagte der Papst in seiner Ansprache an die Jugend bei der Begrüßung im Blona Park. Der Papst traut der Jugend der Kirche offensichtlich zu, etwas in der Welt zu bewegen.
Das Programm mit dem Heiligen Vater geht weiter mit dem Kreuzweg am Freitag, einer Gebetsnacht am Samstag und der Abschlußmesse, die der Papst am Sonntag auf dem Campus misericordiae mit den Pilgern feiert. Das große Jugendfest strebt seinem Höhepunkt zu. In allen Straßen und auf allen Plätzen drängen sich die jungen Pilger. Auch die Journalisten kommen nicht umhin, sich ab und an mit High five abklatschen zu lassen. Auf den Wegen wird der Rosenkranz gebetet, es werden geistliche Lieder gesungen. In den Kirchen werden zahlreiche Messen gefeiert und Jesus im Allerheiligsten angebetet. Diese Orte der Stille werden von den jungen Pilgern viel genutzt. Es ist eine frohe und zugleich fromme Stimmung, die jungen Leute zeigen der Welt, welche Freude der Glauben bereitet.

Ein besonderes Merkmal der Weltjugendtage ist auch hier in Krakau wieder zu sehen: Die große Friedfertigkeit der Teilnehmer. Die Sicherheitskräfte sind inzwischen auch schon fröhlich gestimmt, denn die jungen Pilger lachen sie an. Es gibt keine Randale, keine Straftaten und es kommt an Verletzungen allenfalls mal zu verstauchten Knöcheln, Blasen an den Füßen oder aufgeschürften Knien. Einzig die Terrorgefahr liegt wie ein Schatten über dem Jugendfestival. Die polnischen Sicherheitskräfte haben ihr möglichstes getan, um ein sicheres und friedliches Fest zu gewährleisten. Krakau ist seit Mittwoch früh außer für Einwohner und WJT- Pilger geschlossen. Möge es so friedlich bleiben, wie es bislang ist. Es werden immerhin bis zu zwei Millionen Pilger bis zur Abschlußmesse am Sonntag erwartet. Aus Deutschland sind 15.500 Pilger angereist. Weitere werden am Sonntag zur Messe noch erwartet. Schon jetzt kann man sagen, daß die polnischen Gastgeber einen ganz wunderbaren Weltjugendtag ausrichten.

Es scheint, als würde die Kirche in Westeuropa zunehmend an Bedeutung verlieren. Hier in Krakau zeigt sich, wie stark sie wirklich ist. In der Tat werden die jungen Katholiken aus Deutschland, die jetzt hier sind, in Zukunft eine Minderheit in ihrem Land sein. Schon jetzt sind sie es oft in ihrer Altersgruppe. Doch sie erfahren hier, daß die Weltkirche stark ist. Hier wird der Glaube offen gefeiert, den man zu Hause nur zu leicht schamhaft versteckt. Das „Non abbiate paura“ (Habt keine Angst), welches Johannes Paul II. den Menschen 1978 zurief, schwebt über diesem Jugendfest der Weltkirche. Der Heilige Papst Johannes Paul II. macht auch der Jugend unserer Tage Mut. Papst Franziskus fordert im gleichen Geist die jungen Menschen auf, von ihrem Glauben zu reden und aus dem Glauben die Welt zu gestalten. Das ist stark. Das macht stark. Für Barmherzigkeit braucht es Stärke, denn es heißt gegen den Strom zu schwimmen. Das ist nichts für kraft- und mutlose Menschen. Die fast 16000 jungen Katholiken aus Deutschland werden gestärkt und ermutigt in ein Land zurück kehren, in dem die Volkskirche stirbt. Diese jungen Leute aber sind die Zukunft einer neuen Gestalt der Kirche. Keiner kann wissen, wie sie aussehen wird, doch hier in Krakau kann man sehen, wieviel (Glaubens-)Kraft sie haben wird.




Unseren täglichen Zeitgeist gib uns heute und vergib uns unsere Schuld

Nur 25 Prozent der Deutschen haben Umfragen zu Folge noch eine zumindest rudimentäre Vorstellung davon, was eigentlich Pfingsten ist. 50 Tage nach dem Ostersonntag, wird von den Gläubigen die Entsendung des Heiligen Geistes gefeiert. Für Nicht-Gläubige ist das schwer nachzuvollziehen und auch für viele Glaubende kaum verständlich. Unser Pfarrer begann heute Morgen seine Predigt zu diesem Hochfest der katholischen Weltkirche mit Uli Hoeneß. Voller Empörung sprach der Gottesmann davon, dass gestern ein verurteilter Steuerhinterzieher von den Fans im Stadion gefeiert worden sei. Kurz blitzte ein Gedanke in meinem Kopf auf. Es drehte sich irgendwie um Vergebung und Barmherzigkeit. Doch schon ging es weiter. Empörend auch, dass viele Menschen der bisweilen unkontrollierten Massenzuwanderung nach Deutschland nicht applaudieren. Kann man so sehen, aber ist dieses Thema so simpel abzuhandeln? Im Gottesdienst zum Pfingstfest? Ich denke nicht.

Zu Glauben ist in unserer modernen Gesellschaft nicht immer leicht. Treu zu einer Kirche zu stehen, schon gar nicht. Ein wichtiger Grund, warum ich Beides mit Leidenschaft tue, ist das Synonym vom Fels in der Brandung. Die Kirche Christi muss nicht regelmäßig „modernisieren“, immer mal ein neues Parteiprogramm beschließen. Sie muss einfach nur das verkünden, was sie für die Wahrheit hält. Wer das nicht hören will, muss es nicht. Wer es nicht glauben will, muss es auch nicht. Die Attraktivität der Kirche, die seit über 2.000 Jahren ihren Weg durch die Zeiten beharrlich geht, ist genau diese Standhaftigkeit. Ein Beispiel: Viele Menschen halten Abtreibung für etwas Normales. Das dürfen sie in einer freien Gesellschaft. Aber ich finde es gut, dass auch in dieser Fit-for-Fun-Gesellschaft mal jemand widerspricht. Jeder Mensch darf denken, was er oder sie will. Aber es gefällt mir einfach, wenn jemand widerspricht, zumal wenn es aus ethischen Gründen und mit Leidenschaft ist. Kurzum: Unser Pfarrer ist ein gottesfürchtiger Mann und ein wunderbarer Seelsorger. Aber heute Morgen habe ich mich geärgert. Und das wollte ich Ihnen einfach mal erzählen.




Verdummung, Einfältigkeit, Naivität – Bischöfe sorgen für Gegenwind gegen den Gender-Schwachsinn

Das ich das nochmal erleben darf… In der Deutschen Bischofskonferenz regt sich Unmut, und zwar massiv. Grund ist ein Flyer mit dem Titel „Geschlechtersensibel: Gender katholisch gelesen“, mit dem die dümmliche Ideologie von den Hunderten Geschlechtern, die es angeblich geben soll, auch in katholischen Kreisen zum Durchbruch verholfen werden soll. Dass ein solches Heftchen überhaupt unter dem Logo der Bischofskonferenz erscheinen konnte, ist schon skandalös, denn bekanntermaßen heißt es in der Bibel, dass Gott den Menschen als Mann und Frau schuf. Sexuelle Orientierungen anderer Art, die zu Geschlechtern werden könnten, wurden da nicht erwähnt.

Der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen erklärte sich zu dem DBK-Flyer nun in deutlichen Worten. Er sei „verärgert“, berichtete das katholische Nachrichtenportal kath.net jetzt und in der katholischen Zeitung „Die Tagespost“ wurde er zitiert: „Ich bin in keinem Fall nach meinem placet gefragt worden. Und das gilt für die Bischöfe ebenso, mit denen ich in den vergangenen Tagen Kontakt aufgenommen habe. Wer also spricht da für die Bischofskonferenz?“ Dass der Flyer das DBK-Logo zeige sei ein „Akt der Anmaßung“. „Was ist von katholischen Verbänden und Einrichtungen zu halten, die nicht mehr fähig sind, die Differenz zwischen der grundsätzlich geschenkten gleichen Würde von Mann und Frau einerseits und der geplanten Gesellschaft ohne Geschlechterunterschiede andererseits zu akzeptieren?“, fragte Algermissen.

Der Fuldaer Bischof ist it seiner Kritik nicht allein. Auch der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer meldete sich zu Wort. Er empahl als Alternative zu dem Flyer den Glaubens-Kompass der Organisation „kirche in Not“: „Gender-Ideologie. Ein Leitfaden.“

Nicht minder eindeutig erklärte sich Kardinal Paul Josef Cordes gegenüber kath.net: „Was treibt Redaktoren und Verbreiter dieses oberflächlichen Flugblatts? Einfältige Naivität – politischer Opportunismus – unverantwortliche Verdummung oder einfach antirömische Überheblichkeit?“.




Als Claudia Roth einmal spitzfindig sein wollte

Claudia Roth von den Grünen ist derzeit stellvertretende Bundestagspräsidentin und damit eine der protokollarisch höchstrangigen Persönlichkeiten in diesem Land. Es sei falsch, dass „Männergewalt“ nur von außen ins Land komme, ließ sie die Nation per Interview nach den sexuellen Übergriffen in vielen Städten in der Silvesternacht wissen. Andere Damen aus der deutschen Feminismus-Industrie äußerten sich ähnlich. Beeindruckend dagegen Alice Schwarzer, die zwar zweifellos Männern auch so ziemlich alles Schlechte zutraut, die aber den Mut hat, klar zu sagen, was sich in der Silvesternacht in Köln und anderen Städten tatsächlich abgespielt hat.

Doch zurück zu Claudia Roth, die gegenüber dem Münchner Merkur sagte: „Es ist doch nicht so, dass wir jetzt sagen können, das ist typisch Nordafrika, das ist typisch Flüchtling.“ Und damit hat sie ja recht. Nur wie war das damals, als der furchtbare Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche bekannt wurde? War sie, waren die Damen von der Feminismus-Industrie da auch so zurückhaltend? Sie sei schockiert über die „Unfähigkeit der katholischen Kirche, mit dem Missbrauchsskandal angemessen umzugehen” sagte sie damals. Nicht wenige Grüne erklärten, der Missbrauch von Kindern in einer solchen Organisation sei sozusagen systemimmanent. Einzelne stellten einen Zusammenhang mit dem Zölibat her. Das ist nun alles vom Tisch, denn es gab ja dann wohl gar keinen Missbrauchsskandal in der Kirche. Es gab auch damals Missbrauch durch Männer. Claudia Roth beim Wort genommen hieße das: „Es ist doch nicht so, dass wir jetzt sagen können, das ist typisch Kirche, das ist typisch katholischer Kleriker.“ Hat sie natürlich nicht gesagt, wäre aber logisch.

Ich finde übrigens, dass der Missbrauchsskandal der katholischen Kirche auch weiter so bezeichnet werden sollte. Ebenso sollte auch weiter festgehalten werden: die Gewalttäter aus der Schreckensnacht von Köln, Hamburg, Bielefeld und Düsseldorf waren Migranten und Asylsuchende.




GASTSPIEL: Felix Honekamp über eine Kirche auf dem Weg in die Beliebigkeit

Über Jesus regt sich doch schon lange keiner mehr auf! Wie anders war da die Situation vor rund 2000 Jahren, als religiöses Establishment und staatliche Macht in der Botschaft von Glauben, Hoffnung und Liebe noch umstürzlerische Tendenzen vermutete? Jesus hat seinen Aposteln den Auftrag gegeben, die Kirche aufzubauen, mit ihm selbst als Fundament. Und nicht wenige meinen, eine Kirche wie die, die wir heute sehen – als katholische –, hätte er vermutlich nicht gemeint.

Dabei fehlt es nicht an guten Ratschlägen: Offener müsse die Kirche sein, mehr Liebe müsse sein, vor allem gegenüber den Sündern. Überhaupt: Sündenzentrierung ist ein immerwährender Vorwurf. Und wenn wir schon mal dabei sind: Sexualität – wenn es mal etwas gibt, an dem die Zeit vorbeigegangen ist, dann die Moralvorstellungen der Kirche in diesem Thema. Weitere Reizthemen gefällig? Ablehnung von Frauen als Priestern, Zölibat, Eheverständnis, Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Würde man nur endlich all das umsetzen, was Reformer vor Augen haben, dann hätte man die von Jesus gewünschte Kirche, dann wäre sie wahrhaft revolutionär.

Dabei müht man sich innerkirchlich gewaltig, gerade in Deutschland: Man sei hier ja schon viel weiter, müsse aber – leider, leider – den Rest der Weltkirche auch „mitnehmen“. In der Pastoral will man andere Wege gehen, unabhängig von Rom werden, mehr auf den Sünder zugehen, die Menschen dort abholen wo sie stehen, sie nicht überfordern. Und mit einem Auge schielt man dabei auf die evangelischen Landeskirchen, die viel von dem geforderten bereits umgesetzt haben. Immerhin haben sie es damit – trotz Mitgliederimplosion – erreicht, dass evangelische Bischöfe in Talkshows auch bei privaten Eskapaden als gesellschaftliches Gewissen fungieren dürfen – ihre Fehler machen sie ja gerade menschlich.

Die katholische Kirche müsse wieder Gehör finden, und darum müsse man die Sprache der Menschen sprechen, sich an ihrer „Lebenswirklichkeit“ orientieren. Daran, dass jede zweite oder dritte Ehe – je nach Statistik – geschieden wird? Daran, dass niemand mehr etwas anstößiges daran findet, die eigene Sexualität zum Politikum zu stilisieren? Und wenn jemand etwas nicht mehr als Sünde zu erkennen in der Lage ist – na, dann ist er doch unmöglich schuldig geworden. Der Geist der Zeit – so heißt es sogar von Bischöfen – müsse zur Quelle des Glaubens werden. Was nichts anderes heißt als: Die Kirche muss auf die Welt zugehen. Eine andere, nicht so gern verwendete Formulierung: Sie muss sich an die Welt anpassen.
Auf diesen Weg wird die Kirche gedrängt – sie lässt sich aber in weiten Teilen auch nicht lange bitten. In der verzweifelten Suche nach Relevanz werden strittige Themen und Widersprüche zum Zeitgeist geschleift und relativiert. Niemanden zurückzulassen bedeutet plötzlich, den Anspruch an die Menschen zu senken, statt ihnen zu zeigen, wie sie über sich hinaus wachsen können.

Und dann, was steht am Ende dieses Weges? Eine von der Welt geliebte Kirche. Wie wunderbar! Aber auch eine Kirche, die keine Widerworte gibt, keine Gegenwehr leistet, eine Kirche, deren Botschaften man so auch im Spiegel und der BILD lesen oder in Tagesthemen oder den RTL-II-News hören könnte. Eine Kirche, die kein Stein des Anstoßes mehr ist, an der sich niemand mehr reiben muss – so wie Jesus sich seine Kirche gewünscht hätte. Wirklich? Eine solche Kirche wird in Wahrheit nicht geliebt: Sie ist höchstens nützlich, wahrscheinlicher aber einfach unnötig. Eine Kirche, die kein Aufsehen erregt – wer braucht so eine Kirche noch? Wenn heute manche meinen, Jesus rege niemanden mehr auf, dann ist es wohl lediglich das Bild der Kirche, das die Menschen von Tag zu Tag, bis auf ein paar Details, mehr kalt lässt. Und sie arbeitet hart daran, dass das so bleibt. So eine Kirche soll Jesus vor Augen gehabt haben? Wenn die Kirche überall geliebt wird oder der Mehrheit egal ist, dann können wir sie zusperren. So lange katholische Positionen noch einen Aufschrei verursachen ist sicher: Diese Kirche wird noch gebraucht!

Felix Honekamp, Jahrgang 1970, ist ausgebildeter Diplombetriebswirt. Er bezeichnet sich selbst als konservativ, papsttreu und „strunzkatholisch“. Seit 2011 betreibt er seinen „Papsttreuen Blog“, in dem er sich intensiv mit theologischen Fragen und Kirche beschäftigt. Mehr unter: http://papsttreuerblog.de