Es ist keine Liebe aber ein Versuch
Der konservative ÖVP-Star Sebastian Kurz hat eine neue Regierung in Österreich mit den Grünen gebildet. Und viele Konservative in Deutschland äußern sich enttäuscht. Zu recht? Ich weiß nicht. Aus Österreich höre ich von Freunden, dass die Grünen dort anders seien als „unsere“, sachbezogener, nicht so durchideologisiert.
Ich kann das nicht beurteilen, und grundsätzlich bin ich erstmal der Auffassung, dass Grüne gar nicht am Tisch irgendeiner Regierung sitzen sollten. Aber all die Meckerer und Jammerer möchte ich mal fragen: Was soll denn nach dem Wahlergebnis im Nachbarland geschehen, was würdet Ihr machen?
ÖVP und FPÖ hatten eine phantastische Regierung, aber die ist geplatzt. Und sie ist geplatzt wegen HC Strache, egal, wer die Kamera im Appartment auf Ibiza installiert hat. Die Wähler in Österreich haben darauf eine deutliche Antwort gegeben, und die FPÖ steht folgerichtig jetzt nicht für eine Neuauflage zur Verfügung. Vorerst jedenfalls.
Soll die ÖVP jetzt also mit der SPÖ koalieren, der sie jahrzentelang bis zur Selbstverleugnung nachgehangen und die sich am widerwärtigen Postengeschacher intensiv beteiligt hat? Will irgendjemand in Österreich, der noch halbwegs bei Verstand ist, eine Neuauflage der Großen Koalition, die sich wie Mehltau über die Alpenrepublik gesenkt hatte?
Oder soll es Neuwahlen geben? So lange wählen, bis das Ergebnis passt?
Was Kurz mit dem grünen Juniorpartner ausgehandelt hat, ist zumindest einen Versuch wert. Es ist kreativ, sich nicht wie üblich bei Streitthemen auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu verständigen. Stattdessen soll jede der beiden Regierungsparteien in ihren Kernkompetenzbereichen das Sagen haben – die Grünen bei der Ökologie, die ÖVP bei Migration und Wirtschaft. Und dann schauen wir, wie es läuft. Realpolitik nennt man das…