Lokaljournalismus: Wie? Objektive Berichterstattung?

Pizzaessen mit ein paar CDU-Kommunalpolitikern aus Nordrhein-Westfalen. Wie sieht es aus mit der Nominierung? Wer schielt auf welchen Job? Wer hat welche Chancen? Alltag, normal. Dann kommt das Thema auf „die Medien“ und es wird richtig spannend. „Hier im Landkreis gibt es nicht eine Zeitung oder einen unabhängigen Blog, der uns auch nur halbwegs fair behandelt“, sagt einer aus der Runde. Alle erzählen auch von der vergangenen Wahl, wie sehr sich die Berichterstattung in Lokalblättern, bei Lokalradios und sogar den kostenlosen Werbeblättern ihnen gegenüber verändere, je näher man auf die Wahl zustrebe.

Da kämen Lokalreporter zu Veranstaltungen, schießen Fotos umd gehen – aber es erscheine keine Zeile. Tut uns leid, zu wenig Platz… Würde etwas Wichtiges verkündet, käme das im letzten Absatz des Artikels  mit einem Halbsatz vor. Stehe ein CDU-Kandidat mit auf einem Gruppenfoto, würde der Name genannt aber nicht, zu welcher Partei man gehöre. Und so weiter und so weiter. Ich bin sicher, dass AfDler hier müde abwinken. Bei denen ist solches Vorgehen vom ersten Tag an Alltag gewesen. Journalistische Unabhängigkeit, seriöse Berichterstattung…das wird immer seltener. Auch im engen Bereich, der Region, dem Landkreis, der Großstadt.




Glühwein und Rum bei der SPD: Zeitreise in eine heimelige Vergangenheit

In unserer Straße, drei Häuser weiter, wohnt der Bürgermeisterkandidat der SPD für das kommende Jahr. Als ich den Flyer mit seiner Einladung zu Glühwein und Bratwurst im Postkasten fand, zögerte ich keine Sekunde, mich anzumelden. Denn er ist ein guter Typ, ein Sozi, wie man ihn malen würde – geradlinig, idealistisch, immer ansprechbar, wenn Bürger etwas auf dem Herzen haben. Wir beide reden an einem Stehtisch über Weihnachten und wie es so ist, das Leben an sich. Ein paar Dutzend Nachbarn sind da, ein wirklich schöner Abend, auch wenn grau und nass.

Nach dem vierten Glühwein – „der schmeckt nur, wenn ordentlich Rum drin ist“ – kommen wir zur Politik. Wenn es um die „großen Themen in Berlin“ geht, könnten wir uns abklatschen. Ein einziges Trauerspiel, was die GroKo-Helden da veranstalten. Aber wenn es um unseren Ort geht, blüht unser Gastgeber auf. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Leute Wohnungen haben, die sie auch bezahlen können“, sagt er und holt noch zwei Glühwein für uns…mit viel Rum.

Das Berufsleben ist für ihn durch – jetzt hat er Zeit für Kommunalpolitik. Und er freut sich, dass das Verfassungsgericht gestern den Beschluss der schwarz-gelben Landesregierung kassiert hat, nach dem es bei Bürgermeister- und Landratswahlen keine Stichwahl mehr geben sollte. „Jetzt macht Wahlkampf wieder Spaß“, sagt er und nimmt noch einen Schluck, während sich die ersten Gäste verabschieden. Zu Hause ist noch viel vorzubereiten für das Weihnachtsfest. „Ich hab‘ schon mal überlegt, mit der Parteipolitik ganz aufzuhören“, erzählt er beim sechsten Glühwein mit Rum. Seine Frau und er haben vor 30 Jahren das eigene Häuschen erworben. „Wir könnten zwei Kinder aus Syrien aufnehmen, ihnen ein Dach über dem Kopf, Essen und Bildung, die Chance auf eine glückliche Zukunft bieten….“

Ich schließe mich einigen Nachbarn an, die aufbrechen wollen. Langsam gehen, denn der Glühwein macht sich bemerkbar und vor allem der Rum. Ein schöner Blick in die Vergangenheit war das, diese SPD ist die große Traditionspartei, die auch heute noch als Volkspartei ihren Platz in Deutschland haben könnte. Als man sich Gedanken um die Sorgen der kleinen Leute machte und Außenminister Willy Brandt und Helmut Schmidt hießen und nicht Heiko Maas.