1

GASTBEITRAG GRITT KUTSCHER: Und Ihr sucht die Schuld beim Westen?

von GRITT KUTSCHER (z. Zt. Dresden)

Ich kann beim besten Willen diese Russland- (oder ist es Sowjetunion-)Liebe innerhalb der Ost-AfD und bei vielen ihrer Wähler hier im Osten nicht nachvollziehen. Haben alle 40 Jahre Russland-Diktatur im gesamten Ostblock einschließlich Ost- und Mitteldeutschland, 40 Jahre russische Panzer und Militärkonvois, dadurch zerfahrene Straßen, durch die ewigen Manöver zerstörte, nicht betretbare Wälder, die Ausplünderung von Betrieben. die Bevorzugung bei der Lieferung von begehrten Lebensmitteln, die erzwungenen hochnotpeinlichen Treffen von deutschen und russischen Schulklassen in Pionier- und FDJ-Uniformen, den ganzen russisch verordneten sch…Kommunismus vergessen? Oder ist es das Stockholm-Syndrom?

Russland unter Putin gebärdet sich wie ein Zarenreich und Sowjetunion in Summe. Und Ihr sucht die Schuld beim Westen?

Könnt Ihr, verflucht nochmal, nicht nachvollziehen, dass Polen, Tschechen, Slowaken, Rumänen, Bulgaren auch Ungarn, Letten, Esten, Litauer und auch ein guter Teil Ostdeutscher ernsthafte Sorgen angesichts der Missachtung fremder Staatsgrenzen durch Russland haben? In Erinnerung daran, dass Russland Staatsgrenzen innerhalb des Ostblocks nie interessierten. Denken die Russlandfreunde in der AfD, die Tschechen hätten Prag 1968 vergessen? Habt Ihr den 17. Juni 1953 vergessen?

Ich war vergangene Woche in Prag. Überall, nicht nur an öffentlichen Gebäuden, aus vielen Privatwohnungen, an vielen Baufahrzeugen, Schiffen, an Privatautos hingen ukrainische Fahnen.

Man schämt sich dieser Tage in Prag und anderswo Ostdeutscher zu sein…

 




Unser großer Tag der Freiheit: Alles hängt mit allem zusammen

Heute feiern wir den Tag der Deutschen Einheit. Ich weiß noch, wie dieser Abend war, als Journalist auf der großen Pressetribüne vor dem Reichstag. Menschen und schwarz-rot-goldene Fahnen so weit das Auge reichte, der Klang der Freiheitsglocke, vom Schöneberger Rathaus aus live übertragen. Kennen Sie die Geschichte dieser Glocke?

US-General Lucius D. Clay, der „Vater der Berliner Luftbrücke“, hatte 1950 in den Vereinigten Staaten eine große Spendenaktion initiiert. Zahlreiche Amerikaner – unser Kriegsgegner wenige Jahre zuvor – spendeten Geld, um den Berlinern ein Symbol der Freiheit als Zeichen der Solidarität mit der Stadt schenken zu können – und als Zeichen der Freiheit als Gegenmodell gegen die kommunistische Wahnsinnsideologe, die im sowjetischen Machtraum zu beobachten war.

Freiheit, dieses überragende Leitmotiv für uns zu denken und zu leben, das Leitmotiv, das wir alle in unserem Herzen tragen sollten, das aber bei vielen in den Hintergrund getreten ist gegenüber dem Glauben an die Allmacht des Staates und die irrige Annahme, das Kollektivismus und Gleichmacherei die Lösung sein könnten, die den Menschen Sicherheit bringt. In Wahrheit versklavt und bevormundet sie die Menschen, macht sie abhängig von einem Staat, der angeblich besser weiß, was gut für uns ist.

Die Berliner Freiheitsglocke trägt als Inschrift den Satz “That this world under God shall have a new birth of freedom.” Übersetzt: „Möge diese Welt mit Gottes Hilfe eine Wiedergeburt der Freiheit erleben.“ Zur Zeit sieht es wahrlich nicht danach aus…

Auch heute noch, wenn ich an die Stunden vor dem Reichstag am 3. Oktober 1990 denke, wo ich gemeinsam mit einem Kollegen – Kopfhörer auf und Mikro in der Hand – live für zwölf private Radiosender überall in Deutschland über ein Ereignis von welthistorischer Bedeutung berichten durfte, bekomme ich Gänsehaut. Spüre ich den Schauer damals noch beim Anblick der Bürger und des Fahnenmeeres, beim Klang der Freiheitsglocke, beim Aufziehender der gewaltigen Fahne vor dem Reichstag und dem Singen „Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland“, das wir wie auch manche andere auf der Pressetribüne mit anstimmten.

Der 30. Jahrestag der Vollendung der Deutschen Einheit ist nicht irgendein Gedenktag, den man halt absolviert oder auch nicht. Es ist unser großer Tag der Freiheit. Und wir sollten diesen Tag würdevoll begehen, wir sollten ihn zu einem Tag der Bürger machen und nicht nur den Honoratioren überlassen. Wir sollten unsere Fahne aus einem Fenster hängen, denn das darf man nicht nur, wenn Fußball-„Sommermärchen“ ist.

Wir sollten an die Deutschen auf den Straßen von Leipzig, Dresden und überall in der DDR im Wendejahr 1989 denken, die mit ihrem unglaublichen Mut und Kerzen in den Händen so viel für uns Deutsche insgesamt, für unser Land getan haben. Wir sollten heute auch an die 985 Menschen denken, die ihren Versuch, den SED-Staat zu verlassen, mit dem Leben bezahlten. Angefangen von Ida Siekmann, die sich im Alter von 58 Jahren beim Sprung aus ihrer Wohnung in der Bernauer Straße so schwer verletzte, dass sie kurz darauf verstarb. Und an Peter Fechtner, einen 18-Jährigen, der am 17. August 1962 von DDR-Grenzern bei einem Fluchtversuch an der Mauer angeschossen wurde. Der schwer verletzte Junge verblutete vor den Augen einer sich schnell versammelnden großen Menschenmenge, weil die uniformierten Schergen des SED-Regimes ärztliche Hilfe eine ganze Stunde lang verhinderten. (Foto) Und denken wir heute, ja beten wir, auch für Chris Gueffroy und Winfrid Freudenberg, die beiden letzten Mauertoten, die noch im Februar und März 1989 dem mörderischen kommunistischen System auf deutschem Boden zum Opfer fielen.

Denken wir schließlich auch an einige herausragende Politiker, die zur richtigen Zeit das Richtige getan haben. Allen voran Michail Sergejewitsch Gorbatschow, Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei und Präsident der Sowjetunion. Ohne seine Politik der Perestroika und Glasnost wäre der unblutige Weg zur Deutschen Einheit nicht vorstellbar gewesen. Ohne die entschlossene Politik des amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan und den NATO-Doppelbeschluss, hätte Gorbatschow diesen steinigen Weg wohl auch nicht beschritten. Und vergessen wir nicht, dass es der erste Bush war, der sich 1990 als US-Präsident ohne Wenn und Aber öffentlich hinter den Wunsch der Deutschen gestellt hat, wieder zu einem Staat zusammenzuwachsen.

Denken wir an Bundeskanzler Helmut Kohl, der beherzt zugriff, als der „Mantel der Geschichte wehte“. Der Margret Thatcher so lange zum Saumagen-Essen nötigte, bis sie ihren Wiederstand gegen die deutsche Einheit aufgab. Und der mit Gorbatschow auf einer Steinmauer am Rhein darüber philosophierte, dass sich Geschichte – wie ein Fluß – immer einen Weg bahnen wird. Und der mit Jelzin in der Sauna und beim Wodka das Unmögliche aushandelte.

Denken wir heute an den Mann mit dem gelben Pullover, den phantastischen Außenminister Hans-Dietrich Genscher, und seinen historischen Auftritt auf dem Balkon der deutschen Botschaft in Prag. Was hätte Heiko Maas damals wohl getan?

Und denken wir schließlich an den ehemaligen Bundeskanzler Willy Brandt, dessen Ostpolitik ich als 16-jähriger Jungunionist verachtete und bekämpfte, und den ich bis heute für seinen Mut und DEN Satz zur Deutschen Einheit überhaupt bewunderte: „Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört!“

Es kostet viel Mühe und Engagement, mit anständigem Journalismus gegen den Mainstream zu schwimmen. Und es kostet Geld. Wenn SIE in der Lage und willens dazu sind, meine Arbeit auf diesem Blog zu unterstützen, freue ich mich sehr über eine Ihnen mögliche Spende zum Beispiel über PAYPAL hier oder auf unser Konto bei der Sparkasse Krefeld: DE40 3205 0000 0000 2711 22




Welches Ziel verfolgt das Reich der Mitte?

Gleich zwei Mal wurde ich in der vergangenen Woche mit dem Thema China konfrontiert. Das erste Mal war auf der Veranstaltung der WerteUnion am Samstag in Köln, wo der frühere Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, über aktuelle Bedrohungen für die Sicherheit Deutschlands referierte. Da ging es natürlich um die Bedrohung durch Islamisten und islamistisch motivierte Terroristen und um die fahrlässige Flüchtlingspolitik der Regierung Merkel. Aber eben nicht nur. Maaßen erwähnte, dass Putins aggressives Vorgehen in jüngster Zeit etwa mit Hackerangriffen aus Russland auf Parlamente, Behörden und Parteien den deutschen Sicherheitsdiensten große Sorgen bereitet. Und er erwähnte China, das ein zunehmend „imperiales Gehabe“ an den Tag lege, sich in zahlreiche Unternehmen im Westen einkaufe, Lizenzen stehle, in Afrikas Infrastruktur investiere und dort gerade eine erste Militärbasis errichtet habe.

Vier Tage später hörte ich in Düsseldorf bei einem Mittagessen der neuen amerikanischen Generalkonsulin Fiona Evans zu, einer übrigens wirklich  charmanten und bedeindruckenden junge Frau. Auch sie sprach über gemeinsame Bedrohungen der westlichen Staaten – und damit über Deutschland und die USA. Und sie warnte  einringlich vor der wachsenden Herausforderung durch China, das sich auch früher schon, aber jetzt immer stärker, internationalen Gepflogenheiten entziehe.

Heute wurde schließlich bekannt, dass der Technologiekonzern Thermo Fisher (Biotechnologie) aus Massachusetts/USA beschlossen hat, den Verkauf von DNA-Sequenzern in die chinesische Region Xinjiang einzustellen. China nutze die Technik, um die Uiguren massiv zu überwachen. Xinjiang ist die Hauptwohnstätte der uigurischen und damit muslimischen Minderheit Chinas . Eine Million Uiguren ist in „Umerziehungslagern“ interniert. Auf Smartphones ist Spyware, überall im Straßenbild sind Kameras installiert.

Nach Fiona Evans Aussage verfügt kein anderer Staat auf der Welt über ein so umfassendes Überwachungssystem gegen seine eigenen Bürger wie eben die Volksrepublik. Es gibt dort große Internierungslager, sie beanspruchen Gebiete im südchinesischen  Meer für sich und setzen ihre Forderungen durch, indem sie militärische Fakten schaffen. Und sie schläfern uns ein.

Schon als ich noch Kind waar, redeten alle von der „gelben Gefahr“, ohne es wirklich zu glauben. China? Zu viele Einwohner, zu wenig Wirtschaft, weit weg. Doch inzwischen ist viel passiert. China ist wirtschaftlich zu einem Riesen geworden, militärich ist es dabei, einer zu werden. Und China hat eine Strategie, anders als unsere Volkswirtschaften im Westen, die ausschließlich am gigantischen Markt und Aufträgen aus dem Reich der Mitte interessiert sind.

Es ist schwer vorauszusehen, wie sich die Angelegenheit weiterentwickeln wird. Viele junge Chinesen kommen zu uns, um zu studieren. Wir kaufen chinesische Smartphones, essen krosse Ente süßsauer im „Shanghai“-Restaurant um die Ecke, viele Chinesen arbeiten hier in Betrieben und Behören, und soweit ich das subjektiv beurteilen kann, arbeiten sie gut, sprechen unsere Sprache, sind fachkompetent und mit großem Fleiß ausgestattet. Oh ja, man wünschte, alle Zuwanderer in Deutschland wären so wie die Menschen aus Südostasien.

Aber welche Strategie verfolgt Peking?

Die USA üben seit Monaten Druck auf die deutsche Bundesregierung aus, im Zuge der Versteigerung der 5G-Lizenzen im nächsten Monat den chinesischen Huawai-Konzern mit einzubeziehen.Westliche Geheimdienste laufen Sturm gegen das Vorhaben, denn Huawei pflegt engste Verbindungen zum kommunistischen Regime in Peking. Die Sicherheitsbehörden fürchten, dass Huawei bei Ausrüstung und Handys eine Hintertür für Spione öffnen könnten, die so an Staats- und Firmengeheimnisse kämen.

„Wir werden dies niemals tun“, sagte Huawei-Gründer Ren Zhengfei gerade in einem Interview mit CBS. Klingt ein wenig so wie „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen….“