Milliarden-Betrug bei Wirecard: «Das haben wir uns natürlich ausgedacht»

Als das damals bgann mit Wirecard, war ich faszniert. Ein damaliger Freund hatte sich ein Konto, eine ec- und eine Kreditkarte dort besorgt, und alles lief reibungslos. Er lobte die neue, innovative Bank, die sich vornehmlich als Bezahlssystem auch für kleinere Unternehmen aufstellte. Als ich eines Tages bei meinem Stammitaliener in Düsseldorf meine Karte benutzte und sah, dass auch die Inhaberin mit Wirecard arbeitete, war ich vollends überzeugt, dass Wirecard etwas Gutes ist. Ich überlegte eine zeitlang selbst, dort ein Konto zu eröffnen oder sogar ein klein wenig zu investieren. Bin ich froh, dass ich das damals nicht getan habe.

Denn Wirecard – irgendwann sogar im Dax der deutschen Top-Konzerne – war eine einzige Luftblase.

In München läuft gerade der Prozess gegen den früheren Wirecard-Boss Markus Braun. Der einstige Vorstandsvorsitzende sieht und inszeniert sich vor den Richtern als Opfer, das man selbst gelinkt habe. Doch die Aussage des ehemaligen Managers Oliver Bellenhaus heute Vormittag muss für Braun der Albtraum gewesen sein.

«Das haben wir uns natürlich ausgedacht», sagte Bellenhaus vorhin im Gerichtssaal über Milliardenbuchungen auf Treuhandkonten in Südostasien. Die Bilanzen des Unternehmens waren deshalb stabil, weil immer behauptet worden war, dass da 1,9 Milliarden Euro auf Treuhandkonten lägen von «Drittpartnern», die angeblich im Wirecard-Auftrag Kreditkartenzahlungen in Ländern abwickelten, in denen der bayerische Wirecard-Konzern selbst keine Lizenz hatte.

Vorstandschef Markus Braun habe nie nachgefragt, wenn er – gefälschte – Verträge unterschrieb.

Braun, Bellenhaus und der ehemalige Leiter der Buchhaltung sollen laut Anklage seit 2015 die Wirecard-Bilanzen gefälscht und kreditgebende Banken um 3,1 Milliarden Euro geschädigt haben. Direkt beteiligt an der Fälschung von Verträgen, Dokumenten und Umsatzdaten waren neben Bellenhaus auch der seit 2020 untergetauchte frühere Vertriebsvorstand Jan Marsalek.

Marsalek war der zuständige Mann für das Asien-Geschäft von Wirecard. Er hat sich rechtzeitig abgesetzt, um einer Verhaftung zu entkommen. Und er soll mehr als eine Milliarde Euro beiseitegeschaft haben. Marsalek brüstete sich früher gegenüber Dritten für seine guten Beziehungen zu einigen Geheimdiensten. Ermittler in Deutschland gehen davon aus, dass er heute in Moskau lebt.

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