Ein Ex-General im Schützengraben

Ruprecht Polenz war mal Generalsekretär der CDU, zu recht nur wenige Monate von April bis November 2000 und …ich formuliere es vorsichtig…nicht übermäßig erfolgreich.

Heute beschränkt er sich auf antifaschistisches Trommelfeuer auf Facebook, ist Vorsitzender der christlich-muslimischen Friedensinitiative und Kuratoriumsmitglied der Christlich-Islamischen Gesellschaft. Im Hinterkopf habe ich noch, dass er mal Verstörendes über Israel geschrieben habe, aber ehrlich gesagt habe ich keine Lust, so viel Zeit für den Mann aufzuwenden und das auch noch im Detail nachzulesen.

Gestern Abend hat Polenz mich aber – das erste Mal überhaupt – zum Lachen gebracht, als er auf Facebook seine Abo-Kündigung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) verkündete. Der jahrzehntelange FAZ-Leser Polenz kündigte den Bezug der bürgerlichen Intelligenzzeitung mit der Begründung, diese habe den gefährlichen rechten Politiker Alexander Gauland eine Gastkolumne („Fremde Federn“) schreiben lassen. Denken Sie noch mal einen Moment darüber nach! Der ehemalige CDU-Generalsekretär kündigt das Abo, weil die Zeitung den Vorsitzenden der größten Oppositionspartei im Deutschen Bundestag einen gastbeitrag schreiben ließ! Der Vorgang sagt nichts über Gauland oder die FAZ aus, aber sehr viel darüber, wie es mit dem Demokratieverständnis des Herrn P. aus Münster bestellt ist. Auf Facebook fragte noch einer, ob nicht der nächste logische Schritt für Polenz wäre, sich 100 FAZ-Exemplare zu besorgen und diese öffentlich zu verbrennen.

Ich habe dann eben doch noch bei wikipedia über Polenz gelesen. Im Jahr 2002 habe der an der Bilderberger-Konferenz in Chantilly teilgenommen. Das wusste ich bisher nicht und konnte es mir auch nicht vorstellen, weil man ja in rechten Kreisen immer behauptet, zu diesen Treffen würden nur wichtige Persönlichkeiten eingeladen, die großen Einfluss auf die Geschicke der Welt hätten. Also auch wieder gelogen….




Wie ich endlich mal auf Facebook gesperrt wurde

„Die Gewaltkriminalität durch Flüchtlinge nimmt spürbar zu.“

So lautet der Satz, der mir vorgestern eine 24-Stunden-Sperre auf Facebook eingebracht hat. Natürlich habe ich Facebook sofort angeschrieben und mitgeteilt, dass diese Aussage faktenbasiert ist. Das BKA hat 2016 eine Statistik über die Kriminalität von Flüchtlingen in Deutschland veröffentlicht. Es waren in dem Jahr mehr als 170.000. Die letzte offizielle Polizeistatistik für das Jahr 2017 in Deutschland vermeldet, dass die Kriminalität insgesamt zurückgegangen sei – Wohnungseinbrüche, Autodiebstähle – aber die Gewaltkriminalität – Körperverletzung, Sexualdelikte – zugenommen haben. Eindeutig auch durch unsere neuen Mitbürger aus dem islamischen Kulturkreis. Facebook hat bis heute nicht geantwortet.

Man braucht nicht einmal eine Statistik, sondern muss nur Tageszeitung lesen. An jedem Tag gibt es in unserem Land Gewalttaten, begangen von Flüchtlingen, Migranten oder wie immer wir sie nennen wollen.

Sind es „die Flüchtlinge“? Nein, natürlich nicht. Die große Zahl der Flüchtlinge verhalten sich nach meinem Eindruck anständig. Ist es eine „islamische Invasion“? Nein, auch Schwachsinn. Gerade aus islamischen Staaten flüchten Menschen, weil sie gerade nicht unter der Scharia leben wollen.

Muss ich deswegen Salafisten willkommen heißen, die hierzulande die Scharia einführen wollen? Nie im Leben. Muss in in unserer toleranten und bunten Gesellschaft tägliche Messerangriffe durch Flüchtlinge, sexuelle Übergriffe, zunehmenden Angriffen gegen Juden tolerieren? Nie im Leben.

In einer demokratischen Gesellschaft beginnt die Lösung eines gravierenden Problems mit einer ehrlichen und offen ausgesprochenen Analyse des zu bemängelnden Zustands. Und weil die Fakten so offensichtlich sind, dass nur notorische Ignoranten und Klatschkolonnen auf CDU-Bundesparteitagen darüber hinwegsehen können, habe ich den oben genannten einfachen Satz, die belegte Wirklichkeit, ohne Schaum vor dem Mund geschrieben.

Facebook hat mich dafür gesperrt – und Facebook darf das, weil es ja sein Netzwerk ist.

Im Grunde bin ich Facebook dankbar dafür, dass es so für jeden sichtbar belegt, wie in diesem Land zunehmend Meinungen, die vom regierenden Establishment nicht gewünscht werden, an den Rand gedrängt werden. Das beginnt damit, dass man versucht, Menschen wie mich in die rechte Ecke zu verorten. Nur mal zur Erinnerung: Ich war 2015 für die Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen, ich bin für die EU (souveräner Staaten), offene Grenzen innerhalb Europas, tolerant gegenüber Minderheiten, anderen Lebensstilen und sexuellen Orientierungen. Ich bin für freie Medien, auch wenn sie mir auf die Fresse hauen. Ich verachte Erdogan und Putin und würde für eine unabhängige Justiz und unseren Rechtsstaat, mein Land, kämpfen. Was an mir ist eigentlich „zu rechts“? Konservativ klar, aber das darf man sein. Außer, wenn man sich auf Facebook verlässt. Dort sitzen Zensoren, die nicht einmal Fakten hören wollen, wie ich vorgestern gelernt habe.




Der Klingelbeutel wird rumgereicht…

Liebe Leserinnen und Leser,

Advent, das ist die Zeit, in denen Sie alljährlich mit Spendenaufrufen belästigt werden. Das Weihnachtsfest steht bevor, da gibt man gern für etwas Wohltätiges. Und – zugegeben – es gibt wahrlich Wichtigeres als einen politischen Blog. Aber so ganz unwichtig ist ein bürgerlicher Blog in diesen Zeiten natürlich auch nicht. Eine fünfstellige Zahl an Lesern trifft sich hier regelmäßig, um starke Meinungen aufzunehmen und zu diskutieren. Der große Sprung zur Online-Tageszeitung TheGermanZ hat erst einmal nicht geklappt…weil das nötige Kleingeld fehlte.

Kleingeld? Ja, Kleingeld! Ein Blog ist keine gedruckte Zeitung auf Papier mit Spedition und Händlern. Jeder kann so etwas machen, und dennoch kostet es Geld, denn die Arbeitsleistung von Autoren muss sich auch finanzieren.

Ist es Ihnen also etwas wert, diese Themen und Meinungen aus einer bürgerlichen Sicht betrachtet zu wissen und dabei das Gefühl kennenzulernen, dass hier viele Gleichgesinnte mitlesen?

Zum Start dieses Blogs haben wir diskutiert, ob wir Bezahlschranken nutzen wollen, Abos oder Werbung. Die große Mehrheit von Ihnen wollte das nicht, sagte aber zu, freiwillig etwas zu tun. Leider ist die Zahl der Spender übersichtlich geblieben. Ich will mich nicht beschweren. Ich freue mich über jeden Leser, über jeden, der kommentiert. Und jeden, der spendet…10, 20, 50, 100 Euro – egal! Über einen Dauerauftrag 5 Euro im Monat – großartig.

Fröhliche Weihnachten zu wünschen – dafür ist es jetzt noch zu früh. Aber an Ihre Bereitschaft zu appellieren, unsere Arbeit und diesen bürgerlichen Blog weiter zu erhalten, dafür ist jetzt genau die richtige Zeit.

Denken erwünscht, Sparkasse Krefeld, DE18 1005 0000 6015 8528 18

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle




Abenteuer Meinungsfreiheit: Danke, Dunja Hayali!

Die ZDF-Journalistin Dunja Hayali ist eine, die über jeden Verdacht erhaben ist, irgendwie rechts zu sein. In Zeiten, in denen man schon zum rechten Rand erklärt wird, wenn man beharrlich auf rechtsstaatliche Regeln hinweist, ist Hayali eine Unangreifbare. In den sozialen Netzwerken schreibt sie regelmäßig gegen Fremdenfeindlichkeit an, sie macht bei der Anti-Rassismus-Kampagne „Gesicht zeigen“ mit. Sie geht zur AfD-Demo und fragt Teilnehmer, was sie bewegt. Wenn irgendwer in Deutschland überzeugend „gegen Rechts“ ist, dann Dunja Hayali.

Nur so jemand kann Barrieren überwinden. In der aktuellen Ausgabe der konservativen „Jungen Freiheit“ ist die Journalistin groß auf dem Titel zu sehen mit der Überschrift „Wir müssen reden!“ Die Wochenzeitung räumt ihr Raum für ein ganzseitiges Interview ein. Dort formuliert sie Selbstverständlichkeiten, die aber aus dem Mund einer Vertreterin des linken Establishments in Deutschland fast sensationell anmuten. Sätze wie „Wir müssen die Meinung des anderen aushalten können, ohne sie sofort zu verunglimpfen oder persönlich zu werden.“ Wir bitte? Meinungen aushalten? „Rechte“ Meinungen? Und sie sagt: „Demokratie kann nicht nur aus ‘Mitte’ bestehen, zu ihr gehören auch Links und Rechts – zumindest solange die Linie nicht überschritten wird, die die Grenze der Demokratie markiert.“

Dunja Hayali beweist Mut. Und sie bekommt ordentlich auf die Backen für diesen Mut. Konservative beschimpfen sie, weil sie links ist. Linke beschimpfen sie, weil sie – wörtlich – einem „Nazi-Blatt“ ein Interview gibt. Was für ein unsäglicher Bullshit. Die „Junge Freiheit“ ist ein intelligent gemachtes konservatives Blatt, das ich übrigens selbst sicher seit 15 Jahren regelmäßig mit großem intellektuellen Gewinn lese. Da ist nicht eine Zeile „Nazi“.

Die ZDf-Journalistin hat Mut bewiesen in einer Zeit, in der man konservative Politiker und Autoren immer noch auszugrenzen versucht, in der man AfD-Plakate und Bürofenster zerstört, in der man Politiker-Autos abfackelt, in der selbst eine durch und durch bürgerliche Streiterin für die traditionelle Familie wie Birgit Kelle in manchen deutschen Städten nur unter Polizeischutz auftreten kann, in der Hallenbetreiber und Hoteliers unter Druck gesetzt werden, missliebige Veranstaltungen abzusagen und Rednern nicht einmal Hotelzimmer zu vermieten.

Der demokratische Diskurs in Deutschland, das Ertragen auch unliebsamer Meinungen, das wieder Zuhören lernen – all das hat gestern einen Erfolg errungen – durch den Mut von Dunja Hayali.




Die Grenze zwischen Hass-Beitrag und erlaubter Meinung ist auch die Grenze zwischen Freiheit und Zensur

Im Grunde ist die Initiative von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) typisch für das, was heutzutage in Deutschland unter Politik verstanden wird. Da identifiziert man ein tatsächlich existierendes Problem, und dann muss eine Lösung her. Mangels Kreativität in der Regel ein Gesetz, ein Verbot oder ein vom Staat eingefordertes und bei Nichtbeachtung mit Strafe sanktioniertes Verhalten des Bürgers. Heiko Maas will nun also den Hass in sozialen Netzwerken bekämpfen. Jeder, der in diesen Netzwerken unterwegs ist, weiß, was für übelste Schmähungen dort Tag für Tag und rund um die Uhr verbreitet werden. Über die Flüchtlinge ebenso wie über ernsthaft besorgte Bürger, über den falschen Glauben, den falschen Fußballverein, die falsche Einstellung zu Homosexuellen und so weiter und so weiter. Im Meinungsstreit sollte alles erlaubt sein, sofern Mindestregeln des Anstands eingehalten werden. Doch das funktioniert nicht.

Und deshalb wurde nun der wackere Saarländer Maas bei Facebook vorstellig, um zu beraten, wie man Hass-Beiträge schnell im Netz tilgen kann. Dass ausgerechnet Facebook erstes Ziel der Maas’schen Inititative ist, verwundert ein wenig, denn Twitter ist nach meinem Eindruck ungleich schlimmer, ätzender und beleidigender (übrigens auch belangloser), aber sei’s drum. Nun sollen also Hass-Beiträge innerhalb eines Tages von Facebook gelöscht werden, und genau da beginnen die Probleme. Wer entscheidet in einer freien Gesellschaft eigentlich, was so ein Hass-Beitrag ist? Jedem fallen sofort Beispiele ein, wo eine solche Bewertung unumstritten sein dürfte. Aber wo hören Kritik, Sarkasmus, vielleicht auch Zynismus auf – und Hass beginnt? Hass-Veröffentlichungen zum Beispiel gegen Kirche und Papst werden ja in der Regel mit „Kunst“ erklärt, und die darf bekanntlich alles. Satire! War gar kein Urin, war nur Fanta. Hahaha! Nun gut, wer entscheidet, wo Kunst endet und Böswilligkeit beginnt? Eine ständige Arbeitsgruppe von Facebook? Eine staatliche Aufsichtsbehörde? Bettina Röhl hat in dieser Woche konkrete Beispiele genannt, was da so alles im Netz zu bewerten sein könnte. Keine leichte Aufgabe für die Gedankenwächter.

Was ich für wahrscheinlich halte: die Lautstärke wohlorganisierter Lobbygruppen wird den Ausschlag geben. Je schriller der Aufschrei, desto schneller wird gelöscht. Ein Internetportal der militanten Homo-Lobby beispielsweise macht schon jetzt vor, wie das läuft. Wird eine Fernsehdiskussion unter Teilnahme unliebsamer Personen angekündigt, gibt es einen Aufruf, die Redaktion oder den Sender anzuschreiben und gegen die Einladung zu protestieren. Die Namen und Anschriften werden gleich mitgeliefert. Jedes Mal, da gibt es ein Umfeld, das auf Knopfdruck spurt und Empörung heuchelt. Meine Frau, die Autorin Birgit Kelle, hat das schon erlebt, viele andere auch. Inzwischen werden Behörden massenhaft angeschrieben, die politischen Gegnern öffentliche Räume entziehen sollen. Und warum das alles? Weil allein die ruhig und sachlich vorgetragene Feststellung, dass der Artikel 6 Grundgesetz eine Privilegierung der Ehe aus Mann und Frau beinhaltet, von solchen Lobbygruppen als „Hass“ interpretiert wird. Ebenso wie die Kritik am massiven Zustrom von Flüchtlingen derzeit automatisch zu Rassismus und „Hass auf alles Fremde“ erklärt wird. Auch, wenn es gar keiner ist. Basta!

Das, was Justizminister Maas da gemeinsam mit Facebook plant, ist Zensur, zumindest birgt das Vorhaben die Gefahr, dass daraus Zensur unliebsamer Meinungen entstehen kann. Und bei anderen politischen Debatten, wie zum Beispiel über den Datenschutz, hört man auch immer wieder: „Ja, im Moment werden meine Daten zwar noch nicht missbraucht, aber es können ja mal andere Zeiten kommen, und dann sind sie dort verfügbar.“ Warum sollte man also bei Facebook nicht auch bereits den Anfängen wehren?

Deutschland hat Gesetze, da steht alles drin. Sie reichen aus, um Nazipropaganda und antifa-Gewaltphantasien ebenso zu bekämpfen wie Salafisten-Mordvideos und Verstöße jeglicher Art gegen die Menschenwürde. Das wird ja auch bisher schon gemacht. Beleidigungen, Übertreibungen und selbst unfassbare Blödheiten aber sollte man aushalten können, wenn man im Netz unterwegs ist. Weil die Alternative ein weiterer Verlust an Freiheit wäre. Und es arbeiten jetzt schon genügend Wächter der Political Correctness, Gleichstellungsbüros und politische Hobbyforscher daran, das wichtige Recht auf freie Meinungsäußerung immer weiter einzuschränken. Mehr Denkverbote und mehr Zensur braucht diese Gesellschaft wirklich nicht.




Freiheit! Freiheit! Freiheit! Verdammt noch mal….

Egon Bahr ist tot. Einer der großen alten Sozialdemokraten starb jetzt im Alter von 93 Jahren, und landauf landab wird er mit Superlativen gewürdigt. Einen „mutigen, aufrichtigen und großen Sozialdemokraten“ nannte ihn heute SPD-Chef Siegmar Gabriel, „“hochintelligent, einfühlsam und rhetorisch sehr begabt“, lobte Linken-Übervater Gregor Gysi, „ein mutiger Visionär und ein fantastischer Mensch“ würdigte NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und so weiter, und so weiter. Über alle Parteigrenzen hinweg wird ein Politiker gelobt, dessen Rückgrat und Konsequenz in so krassem Gegensatz zu vielen derjenigen aus der Politik stehen, die ihn heute würdigen. Aber es gibt einen Aspekt, der in den etablierten Medien heute nicht erwähnt wird, den man aber ruhig auch einmal betrachten sollte. Egon Bahr war über Jahre Leser der konservativen Wochenzeitung „Junge Freiheit“ (JF). Er gab dem Blatt Interviews, er war bereit, Beiträge zu schreiben. Mehr dazu hier. Den überwiegenden Teil meines politischen Lebens habe ich Egon Bahr und dem, für was er stand, skeptisch bis schroff ablehnend gegenüber gestanden. Als ich im zarten Alter von 16 Jahren begann, mich für Politik zu interessieren und der Jungen Union anschloss, hielt ich Bahr und Bundeskanzler Willy Brandt für Menschen, die Deutschland an die Sowjetunion „verkaufen“ wollten. Ich habe mich dramatisch geirrt. Mit der Vollendung der Deutschen Einheit 1990 wurde mir zunehmend klar, dass ihre Ostpolitik und das Konzept „Wandel durch Annäherung“ ein wichtiger Grundstein dafür waren, dass die schmerzhafte Teilung unseres Landes lange Jahre später gewaltlos überwunden werden konnte. Dafür gebührt diesen beiden Männern Dank und Respekt.

Ich habe begriffen und gelernt, dass es auch andere Sichtweisen als die eigene geben kann, die zum richtigen Ergebnis führen. Und ich habe zunehmend den intellektuellen Gewinn genossen, mich mit ganz anderen Sichtweisen als meiner eigenen auseinanderzusetzen, ohne dass ich dafür mein gesamtes Weltbild revidieren musste. Bis zuletzt fand ich, dass Bahr zu verständnisvoll gegenüber dem neuen Großmachtstreben Russlands war. Aber man darf das so sehen in einer freien Gesellschaft. Grundlage der Demokratie ist, dass es einander widerstrebende Sichtweisen und Meinungen gibt, die man aushalten muss. Sie sind zwingend notwendig für die Suche nach dem richtigen Weg. Und deshalb möchte ich hier noch einmal den Bogen schlagen zur „Jungen Freiheit“. Selbst bürgerliche und wohlmeinende Freunde empfehlen mir manchmal, doch dieses Blatt nicht zu lesen, weil es irgendwie etwas rechts und zu sehr Deutschland-fixiert sei. Aber darf man das nicht sein? Wer entscheidet das ? Wir reden nicht über Rechtsextremismus, Antisemitismus oder Rassismus, wir reden über KONSERVATIV. Egon Bahr hat die JF gelesen und sich von ihren Redakteuren interviewen lassen – ebenso wie sein SPD-Parteifreund Peter Glotz. Alt-Bundespräsident Romas Herzog von der CDU hat dem Blatt für ein Interview zur Verfügung gestanden, wie auch viele andere Politiker von Union, SPD, ja sogar der Grünen. Der große Journalist Peter Scholl-Latour hat regelmäßig für die „Junge Freiheit“ Beiträge geschrieben. Sind das jetzt alles Rechtsextremisten? Warum soll ich diese Zeitung nicht lesen oder – wie man jetzt formuliert „Berührungsängste“ zeigen? Weil eine lautstarke Minderheit mir das vorschreiben will? Ich lese täglich Welt und FAZ, oft BILD und auch die linksalternative TAZ. Das ist manchmal ein echter Genuss. Die TAZ, in der vor vielen Jahren Spendenaufrufe „Waffen für El Salavador“ erschienen, damit die kommunistischen Guerillas in Mittelamerika ordentlich was zu schießen und töten hatten. Oder das „Neue Deutschland“, jahrzehntelang Zentralorgan der SED-Diktatur. Die wird heute allgemein als ganz normale Tageszeitung angesehen. Und ich darf die „Junge Freiheit“ nicht lesen, dessen Chefredakteur in seinem Büro ein Portrait von Stauffenberg über dem Schreibtisch hängen hat, wie ich gerade in der „Zeit“ las?

Ich bin zu alt, um mir noch von irgendwelchen Clowns vorschreiben zu lassen, was ich denken oder lesen darf. Und ich lade Sie alle ein, die Denkschablonen auch zu durchbrechen. Es gibt viele Anzeichen dafür, dass die Meinungsfreiheit in Deutschland bröckelt. Denken Sie an die Autorin des „Westfalen-Blatts“, die ihren Job verlor, nachdem sie einen Leser, der seine kleinen Kinder nicht zum Blumenstreuen auf der „Hochzeit“ des homosexuellen Bruders mitnehmen wollte, in seiner Auffassung bestärkt hatte. Oder denken Sie an Politiker, deren Veranstaltungen in Universitäten abgebrochen werden mussten, weil sie ein pöbelnder Mob erfolgreich hinderte, zu sagen, was sie für richtig halten. Denken Sie auch aktuell an die von Lobbygruppen organisierten Protestbriefe an die Düsseldorfer Schulbehörde mit dem Ziel, die Räume für eine Veranstaltung mit „GenderGaga“-Autorin Birgit Kelle heute Abend in Düsseldorf kündigen zu lassen. Wer nicht im Mainstream schwimmt, soll an den Rand gedrängt, möglichst mundtot gemacht werden. Es ist beängstigend, wie von verschiedenen Seiten daran gearbeitet wird, den demokratischen Wettstreit in Deutschland durch das Ausschließen unliebsamer Meinungen zu zerstören.

Freiheit – das ist der entscheidende Begriff, um den unser politischen Denken kreisen sollte. Jeder soll lesen, denken und sagen, was er oder sie will. Das ist die Idee für unsere Gesellschaft, nachzulesen auch im Artikel 5 des Grundgesetzes. Da steht „Jeder hat das Recht, seine Meinung frei in Wort, Schrift und Bild zu äußern.“ Und da gibt es keinerlei Zusatz „sofern er nicht die falsche Meinung hat“.




GASTSPIEL: Alexander Wallasch über die Kultur der Entdemokratisierung

In meiner Kindheit waren Samstag auf dem Marktplatz immer die DKPler unterwegs. Ihr Tapeziertisch war vollgepackt mit engbedruckten Flyern, roten Aufklebern und dicken blauen Büchern: Marx’ Manifest in mehreren Bänden zum Schnäppchenpreis. Die Tapeziertischler waren hager, langhaarig und schlecht rasiert, aber dabei sanft wie die Lämmchen. Deshalb trauten wir uns auch näher heran. Und wir warteten darauf, dass die Rentner bei Tchibo ihren Frischgebrühten ausgetrunken hatten. Denn dann dauerte es nie lange, bis dem ersten Rentner der Kragen platzte: „Dann geht doch rüber!“, schnauften die alten Wehrmachtssoldaten für die alles, was sich links gab, automatisch den Stallgeruch der sibirischen Kriegsgefangenenlager hatte.

Diese plärrenden Cordhutträger waren aber keineswegs unverbesserliche Rechte. Man wählte CDU. Stramm zwar, aber doch CDU. Immerhin hatte jedes Helmut-Kohl-Wahlplakat irgendwas mit „Deutschland“ in der Headline. 1976 hieß es „Kanzler für Deutschland“, ’83 „Aufwärts mit Deutschland“ bzw. „Ein neuer Anfang für unser Land“, ’87 „Entscheidung für Deutschland“,’89 kurz vor der Wende „Im deutschen Interesse: Ja zu Europa.“ Und ’90 dann wieder alles von vorne: „Kanzler für Deutschland“.

Sie erkennen den Anachronismus? Er besteht im Wort „Deutschland“. Wahlplakate klingen heute so: „Wir haben die Kraft“, „Sie haben es in der Hand“, „Wer alles gibt, muss mehr bekommen“, „Nur mit uns“ oder „Es geht ums Ganze“. Ordnen Sie die jetzt bitte mal den Parteien zu. Kleiner Tipp: „ums Ganze“ beispielsweise geht es den Grünen.

Dieses Wischiwaschi könnte man belächeln, wäre es nicht symptomatisch für eine neue Kultur der Entdemokratisierung. Wir sind zu einem Land voller Wächter geworden. Und denen ist heute schon ein Bekenntnis zu Deutschland verdächtig. Ihr Marktplatz ist Facebook und Co. Dort agieren sie wie einst die Cordhutträger gegenüber den DKPlern. Man gibt sich aufgeklärt und weiß um den einen großen Konsens, den es gefahrlos gegen alle Widrigkeiten zu verteidigen gilt. Dabei ist Demokratie nach wie vor ausreichend von der Verfassung eingezäunt.

Demokratie als große Scheibe: An den äußeren Rändern eine feste Reling. Dort stand man zwar hart im Wind, aber man konnte sich bis an die Kante vorwagen und von dort aus ausloten, wie man Gesellschaft in Zukunft verändern könnte. Platz für schöne Utopien ebenso wie für großen Schwachsinn.

Entscheidend war die Mitte, die sorgte dafür, dass die Scheibe im Lot blieb. Sie schlingerte zwar immer mal wieder, wenn es an den Rändern zu einer allzugroßen Unwucht kam, aber am Beispiel der Grünen lässt sich gut aufzeigen, wie sich so eine Gewichtsverlagerung der allgemeinen Stabilität geschuldet langsam zur Mitte hin bewegte. Entgegengesetzte Fliehkräfte. Oder politischer ausgedrückt: Eine Entradikalisierung. Um nun aber vom äußeren Rand zur Mitte zu gelangen, muss es diesen Platz am Rand erst einmal geben. Um im Bild zu bleiben: Wenn der Rand nicht besetzt ist, rotiert alles einfach immer schneller um die Mitte. Das ist Ende der Vielfalt. Demokratie im Standmixer.

„Ohne Umwege über den Linkssozialismus wäre ich kaum der geworden, der ich bin“, schrieb Willy Brandt 1989 in seinen „Erinnerungen“. Und ein Juso-Spruch lautete: „Wer mit 20 nicht revolutionär, ist mit 50 reaktionär.“ Beide Zitate basieren auf der Erkenntnis, dass Demokratie, das die Vielfalt der Auffassungen eine Wertschätzung verdient haben. Und das ihnen eine Aufgabe zukommt, die für unsere Demokratie unerlässlich ist.

Nun ist der Versuch, die Ränder dieser Demokratie zu beschneiden nichts Neues. Sie ist sogar zyklisch: Mal trifft es die radikale Linke, die von Verboten und Drangsalierungen betroffen ist, wie in den Jahrzehnten des Kalten Krieges, aktuell ist es wieder die radikale oder sogenannte „Neue Rechte“, die ja nicht neu ist, sondern lediglich die alte Rechte, die auf neue bzw. erschwerte Bedingungen trifft und sich am Rand aufgestellt hat. Nicht umsonst haben unsere Verfassungsväter dort am Rand besagte stabile Reling aufgebaut. Sogar als Aufforderung sich anzulehnen. Als Stütze. Erst wer darüber hinwegklettert, fällt tief. Es braucht also keine verengende Bannmeile vor diesem Abgrund. Weit vor dieser Reling.

Die gesellschaftlichen Verhältnisse müssen einfach immer neu erstritten, von radikalen Auffassungen in Frage gestellt werden. Nur so kann uns ihr Wert bewusst werden. Das müssen wir endlich wieder aushalten lernen. Wir brauchen wieder diesen Marktplatz der Überzeugungen. Mögen Sie noch so waghalsig sein. Denn wenn wir alles, das uns unbequem erscheint, leichtfertig stigmatisieren, verteufeln, machen wir Demokratie zur Farce. Zu einem Lippenbekenntnis. Zu einem stickigen Einparteienzelt in einer verlassen Luxusvilla voller Möglichkeiten. Zum Totentanz in der Villa democrazia.




Wenn demokratische Grundsätze erodieren, wird es gefährlich

Aus dem lippischen Detmold wird ein Vorgang bekannt, den man in einem freien Land zunächst für unmöglich hält. Zu verdanken, dass die Öffentlichkeit Kenntnis davon erhält, haben wir es einem engagierten Journalisten namens Christian Althoff und dem Westfalen-Blatt, für das er arbeitet. In einer Flüchtlingsunterkunft wurde danach im Juni ein 13-jähriges Mädchen aus einem asiatischen Land vergewaltigt. Zusammen mit ihrer Mutter war sie nach Deutschland geflüchtet, auch um sexuellen Übergriffen in ihrer Heimat zu entgehen. Nachbarn hatten von dem Verbrechen erfahren und die Polizei eingeschaltet. Das Opfer erhielt schnell psycholigische Hilfe, der Täter wurde ruckzuck vom Sicherheitsdienst festgenommen und der Polizei übergeben. Was aber – anders als sonst bei Delikten aller Art üblich – nicht stattfand: Die Tat wurde nicht im Polizeibericht für die Medien mitgeteilt. Ganz offensichtlich war seitens der Behörde nicht erwünscht, dass die Öffentichkeit davon erfährt. (Artikel hier)

Die Kreispolizeibehörde hat wahrscheinlich in guter Absicht gehandelt, aber sie hat sich selbst und der Stimmung im Land einen Bärendienst erwiesen, ja sie liefert Wasser auf die Mühlen derjenigen, die „dem System“ und der „Lügenpresse“ nicht mehr vertrauen. Eine demokratische Gesellschaft funktioniert aber nur, wenn zwei Faktoren unumstößlich sind:

1) Dass jeder seine Meinung frei in Wort, Bild und Schrift äußern darf. Und
2) dass insbesondere der Staat seine Bürger über Fakten und Vorgänge frei von Manipulationen informiert.

Ich hätte noch vor einem Jahr nicht für möglich gehalten, dass ich das einmal schreiben würde, aber fast täglich mehren sich die Anzeichen, dass beide Grundsätze in unserem Land zunehmend unterlaufen werden. Die einen werden – wie jüngst der meinungsstarke Blogger Heinrich Schmitz – beleidigt und bedroht, so dass sie das Handtuch werfen. (mehr dazu hier) Andere sollen auf perfide Weise mundtot gemacht werden, indem man sie in Zusammenhänge stellt, in die sie nicht gehören. In verschiedenen linken Netzwerken wird bereits jetzt dafür mobilisiert, eine Veranstaltung mit der Familienrechtlerin Birgit Kelle in Düsseldorf zu verhindern. Man ruft dazu auf, Druck auf die Behörden auszuüben, ihr den (öffentlichen) Veranstaltungsraum zu entziehen. Man ruft auch zu Störaktionen auf. Und man betreibt unverhohlenen Rassismus, wenn etwa der „Freitag“ Jakob Augsteins über meine Frau schreibt: „Schon bald hatte sie sich den Ruf einer ‚rückständigen Ost-Europäerin‘, die mit modernen, westlichen Gesellschaftsstrukturen nicht zurecht kommt, eingehandelt.“ Wo sind eigentlich die lautstarken Antidiskriminierer, wenn so über eine Frau geschrieben wird, die in einem osteuropäischen Land geboren wurde?