Bratwurst grillen für den Frieden

Wenn sogar die linksalternative Tageszeitung TAZ von den grotesken sogenannten „Ostermärschen“ langsam die Nase voll hat, dann sollten wir zumindest das ernstnehmen. Israel ist an allem schuld, so kann man zusammenfassen, was die pazifistisch gesinnten Apo-Opas in diesem Jahr zum Besten geben. Der Aufruf zu den Ostermärschen 2017 enthält – so die TAZ – „eine ziemlich hässliche und stinkende Pflanze: ein scheinbar unausrottbares Zerrbild von Israel und dessen Dämonisierung“. Das kann man so sagen.

Die einige Demokratie im Nahen Osten wird zusammen mit Türkei, Saudi-Arabien und Katar als „autoritäres und reaktionäres Regime“ bezeichnet. Den Terrorexporteur Iran und das Folter- und Giftgas-Paradies Syrien erwähnt man dagegen überhaupt nicht.

Dabei ist das nicht neu. Die Ostermärsche und die „Friedensbewegung“ dokumentieren seit ihrer Gründung alljährlich eine Doppelmoral, die atemberaubend ist. Alles, was irgendwie „Westen“ ist, ist immer das Böse. Vorneweg die USA, natürlich die Nato und klar: Ursula von der Leyen, die jüngst mit einem Seminar für „Sexuelle Vielfalt“ in der Bundeswehr für Furore sorgte. Auch sie ist gewissermaßen eine Gefahr für den Weltfrieden. Jedenfalls in den Augen dieser Leute, über die man milde lächeln könnte, wenn sie nicht alljährlich eine starke mediale Begleitmusik erfahren würden. Obwohl angesichts schrumpfender Teilnehmerzahlen zunehmend bedeutungslos, finden 20 Langbärte, die mit „Pace“-Fahnen durch Bochum radeln und Bratwürste für den Frieden grillen, immer noch ein Kamerateam, das draufhält und uns dann abends im WDR, SWR oder der ARD über „die Friedensbewegung“ berichtet.

Dies ist ein freies Land, auch öffentlich-rechtliche Anstalten dürfen selbst entscheiden, über was sie berichten und über was nicht. Aber das bedeutet nicht, dass wir es ernstnehmen müssen. Eine „Bewegung“, die sich für den Frieden stark macht, aber dabei Iran, Nordkorea, Hisbollah & Co. ausblendet, hat keinen Anspruch darauf, ernstgenommen zu werden. Nicht einmal, wenn das Fernsehen berichtet…




Die Fußkranken der Weltrevolution und die Kameras

Zu dem Lächerlichsten, das es in Sachen politischer Aktionismus in Deutschland gibt, gehören die sogenannten Ostermärsche der sogenannten Friedensbewegung. Als Massendemonstrationen gegen das atomare Wettrüsten mobilisierten die Ostermarschierer in den 80er Jahren Hunderttausende unter dem Banner „Nie wieder Krieg“. Heute sind diese alljährlichen Veranstaltungen eher private Treffen ergrauter 68er-Veteranen, ergänzt durch jeweils eine Handvoll Jungaktivisten aus Linke oder den versprengten Resten von DKP, SDAJ und MLPD, oder wie Helmut Kohl es sagen würde, den „Fußkranken der Weltrevolution“. In Mainz (200.000 Einwohner) kamen dieses Jahr hochgerechnent 200 Demonstranten zusammen, in Mannheim (320.000 Einwohner) waren es sage und schreibe 35 (in Worten: fünfunddreißig) und in Duisburg (480.000 Einwohner) waren es 250. Nun könnte man sagen: Lasst ihnen doch ihren Spaß mit Bratwurst grillen für den Frieden und Radtouren mit bunten Fähnen und Papp-Drohnen! Und das lasse ich ihnen auch, zumal ich Idealisten erstmal immer gut finde in einer weitgehend entpolitisierten und zunehmend hedonistischen Gesellschaft, wenngleich ich befremdlich finde, dass das Thema stets ausschließlich die „Kriegspolitik“ von Bundeswehr, NATO, USA und EU ist, während islamistische Horden halbe Länder im Nahen Osten gewaltsam unter Kontrolle bringen, islamistische Mörderbanden ungehindert mordend und vergewaltigend durch Afrika ziehen und Kreml-Vladi den kleinen „grünen Männchen“ zu ganz neuer Bedeutung verholfen hat. Aber sei’s drum: dies ist eine freie Gesellschaft und Parallelwelten sind nicht verboten.
Was allerdings wirklich ärgerlich ist: die mediale Aufmerksamkeit, die diesen irrelevanten Ostertreffen Jahr für Jahr zugestanden wird. Wenn in Düsseldorf kürzlich 15.000 Jäger gegen ein seltsames Jagdgesetz des grünen Umweltministers demonstrieren, dann ist das selbst dem öffentlich-rechtlichen Lokalsender WDR nur einen Kurzbeitrag im Fernsehen wert. Wenn in Berlin 6.000 Menschen gegen Abtreibung und Sterbehilfe demonstrieren, findet das bundesweit in den Medien nicht statt. Wenn in Stuttgart 2.416 Menschen gegen den rot-grünen Frühsexualisierungsplan demonstrieren, reicht das für 1 Minute in den SWR-Lokalnachrichten, die weitgehend auf die 200 krakeelenden Gegendemonstranten eingehen. Aber wenn irgendwo 35 Leute die USA geißeln, sind die Kamerateams da. Journalisten sollen die Wirklichkeit abbilden, habe ich in meiner Ausbildung zum Redakteur mal gelernt. Irgendwie scheint das nicht mehr modern zu sein.