Am Scheideweg: Die AfD zwischen „Narrensaum“ und „Prüffall“

Die beiden Bundesvorsitzenden der AfD, Prof. Dr. Jörg Meuthen und Tino Chrupalla. haben gestern in einem internen Rundschreiben offen die aktuelle Dramatik rund um die angekündigte Beobachtung der größten Oppositionspartei durch den Verfassungsschutz (Foto: BfV-Zentrale in Köln) thematisiert. Seit Monaten herrscht schon Nervosität in den Führungsgremien der Partei, dass der Partei ein ähnliches Schicksal drohen könnte, wie einst den Republikanern in den 90er Jahren. Die sind nach anfänglichem Höhenflug bei Wahlen wieder von der Bildfläche verschwunden. Die bekannt gewordene Beobachtung durch den Inlandsgeheimdienst war einer der entscheidenden Faktoren, wie auch der letzte Bundesvorsitzende der Republikaner, Rolf Schlierer, bei Vorträgen bis heute glaubhaft darlegt.

Die Beobachtung durch den Verfassungsschutz ist denen egal, die nichts zu verlieren haben, den braven Parteisoldaten oder Leuten, die einen eigenen Betrieb haben – obwohl: auch da wächst der Druck von antifa und linksgrünen Aktivisten massiv, wenn Sie zetwa daran denken, dass die Berliner AfD seit vielen Monaten scheitert, Räume für einen Landesparteitag anzumieten. Von nackter Gewalt, eingeworfenen Scheiben, Drohungen und abgefackelten Autos ganz zu schweigen. Man muss wahrlich kein AfD-Freund sein, um das, was hier derzeit passiert, ohne dass sich die Spitze des Staates und die etablierten Partein dagegen stellen, als für einer Demokratie unwürdig zu beurteilen.

Aber zurück zum Verfassungsschutz. Bereits im Januar 2019 haben die Sicherheitsbehörden begonnen, Material über den rechtsextremen „Flügel“ und die Jugendorganisation Junge Alternative (JA) zu sammeln. Ein „Prüffall“ sind Teile der AfD seither. Der Bundesvorstand klagt gegen diese Einstufung, und Funktionäre der Partei geben im persönlichen Gespräch offen zu, wie sehr sich viele in der Partei inzwischen fürchten, dass die AfD insgesamt so eingestuft wird. Jetzt wurde bekannt, dass die rechtslastigen Landtagsabgeordneten Björn Höcke, Andreas Kalbitz und Hans-Thomas Tillschneider auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwacht werden. Das heißt im Klartext, Telefonate werden mitgeschnitten und e-Mails mitgelesen. Die Einschläge kommen näher.

Besonders die Staatsdiener, die sich in der AfD engagieren, bekommen feuchte Hände angesichts dieser Entwicklung. Allein heute habe ich die Namen von zehn Fuktionsträgern zusammengesammelt, die in dieser Woche der AfD den Rücken gekehrt haben. Keine Bundespolitiker, aber Beamte im Öffentlichen Dienst, die konkrete berufliche Nachteile bis hin zu Kündigungen befürchten, wenn in den nächsten drei Wochen, wie man hört, die AfD in Gänze zum Prüffall wird.

Für die Fans des „Flügel“ ist der Fall klar: Das System ist schuld, Merkels Imperium schlägt jetzt gnadenlos zurück. Man wolle die unbequeme Oppositionspartei „zerschlagen“, wie man das in diesen Kreisen nennt. Dass der Verfassungsschutz – nachdem man sich seines früheren Chefs Hans-Georg Maaßen entledigt hat und auch ihn mit maßlosen Beschimpfungen überzieht – zunehmend den Eindruck hinterlässt, politisch instrumentalisiert zu werden, ist dabei nicht von der Hand zu weisen.

Mag alles sein, aber die Medaille hat auch eine Kehrseite. Viel zu lange hat der Bundesvorstand mit seiner Appeasement-Politik gegenüber dem „rechten Narrensaum“ die Dinge laufen lassen, allen voran Alexander Gauland, der über Höcke und Konsorten mehr als einmal die schützende Hand hielt.

So ist die AfD, die gerade nur knapp den Wiedereinzug in die Hamburger Bürgerschaft geschafft hat, in einer Zwickmühle – zum einen durch die drohende Einstufung als „Prüffall“ und damit verbunden einem stärker werdenden Aderlass an gutem Personal. Und zum anderen durch einen immer aggressiveren Flügel, der zwar nur die Landesverbände Thüringen (Höcke) und Brandenburg (Kalbitz) komplett unter Kontrolle hat, aber aggressiv gegen gemäßige AfD-Politiker in Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen vorgeht. Dort kämpft Landeschefin Dana Guth um ihre Wiederwahl im Mai. Björn Höcke ist immer wieder selbst dort unterwegs, zuletzt wurde er von BILD-Reportern fotografiert, wie er zum rechten Geheimtreffen in den Privaträumen eines wohlhabenden Gönners eilte. AfD-Abgeordnete aus Bundes- und Landtag nahmen auch daran teil.

Wenn der Bundesvorstand der AfD nicht konsequent gegen den „rechten Narrensaum“ in der Partei durchgreift und sich von den radikalen Irrläufern, von „Vogelschiss“ und „Schuldkult“-Provokationen trennt und distanziert, dann kann auch diese bisher an den Wahlurnen so erfolgreiche Partei immer noch scheitern.

 

 




AfD-Gutachten: Verfassungsschutz bezieht sich auf antifa-Webseiten

Mit einem Gutachten begründet das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) den „Prüffall AfD“. Es hätten sich Anlässe ergeben, einen genaueren Blick auf die größte Oppositionspartei im Deutschen Bundestag zu werfen, sagt man. Immer wieder hatte es in den vergangenen Monaten …nennen wir es…Vorfälle gegeben, die nahelegen, dass es in Teilen der Partei rechtsextreme Bestrebungen gebe, die gegen unsere Verfassungs gerichtet sein könnten. Ich habe mehrfach über solche Dinge hier und anderswo geschrieben.

Die Ansatzpunkte sind leider real, und – das muss man auch klar sagen – nicht von dunklen Mächten und Einflussagenten initiiert worden, sondern von politischen Schwachmaten, die den Holocaust leugnen, rassistische Sprüche bei Saufgelagen zum Schlechtesten geben oder für Selfies vor Hakenkreuzfahnen und Hitlerbildern posieren. So weit, so dämlich.

Heute berichtet die Süddeutsche Zeitung allerdings darüber, dass für das Gutachten über die AfD auch sechs Mal Internetseiten der linksradikalen „antifa“ hinzugezogen wurden. Das ist der Oberbegriff für eine Vielzahl extremistischer Initiativen, die nicht nur offen zur Gewalt gegen „Rechte“ aufrufen, sondern diese auch ausüben. „antifa“ ist der „Revolutionäre 1. Mai“, sind Farbbeutel gegen Hauswände, eingeschlagene Fensterscheiben, abgefackelte Autos, gelockerte Radmutern an Autos von AfD-Politikern, Steinwürfe und körperliche Angriffe gegen Polizeibeamte, brennende Barrikaden auf Straßen. All das ist „antifa“, und nicht wenige sehen in dem linken Mob so etwas wie die legitime Nachfolge der SA-Schlägertrupps in der Weimarer Republik.

Natürlich muss es deshalb nicht alles falsch sein, was die Verfassungsschützer von diesen Seiten gezogen haben. Aber ein G’schmäckle hat das ganze schon, wenn man vermeintliche Verfassungsfeinde damit aufdecken will, dass man bei anderen Verfassungsfeinden abschreibt.