Freund Erdogan kommt zu Besuch

Bei Sonnenschein ist es leicht, Freundschaften zu pflegen. Das gilt im persönlichen Umfeld ebenso wie zwischen Staaten. Aber wenn es stürmt und heftiger Gegenwind bläst, dann trennt sich die Spreu vom Weizen. Als vergangenes Jahr die russische Armee in die Ukraine einmarschierte war das festzustellen und jetzt nach den hinterhältigen Angriffen der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel und der Reaktion des angegriffenen Landes wird das noch deutlicher.

Ende der Woche kommt der türkische Staatspräsident Erdogan zu einem Besuch in die deutsche Hauptstadt. Mit Bundeskanzler Scholz wird er dann zu Abend essen und am kommenden Morgen Bundespräsident Steinmeier treffen. Kaum anzunehmen, dass das ein nettes Pläuschchen bei einer Tasse Schwarztee werden wird, denn das alles überlagernde Thema dürfte der Krieg im Nahen Osten sein.

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Deutschland, das ist Staatsräson – und so sehe ich das auch – hat eine besondere Verantwortung gegenüber Israel. Nicht, weil Sie und ich eine persönliche Schuld am Holocaust tragen, aber weil der industriell organisierte Massenmord an Millionen Juden in Deutschland beschlossen und dann von Deutschen in ganz Europa umgesetzt wurde, können wir uns heute nicht einfach so vom Acker machen. Heinrich Heine, Johann Wolfgang von Goethe, Mercedes und Bayern München (in der Champions League) sind wir alle – mit dem Holocaust haben wir nix zu tun? So läuft das nun mal nicht.

Und so ist es auch richtig und das „Schuldkult“-Gerede eine Frechheit. Natürlich müssen wir der Opfer immer wieder gedenken und Sorge dafür tragen, dass sich etwas Vergleichbares hier und anderswo niemals wiederholen kann. Deshalb ist es auch so wichtig, den importierten muslimischen Antisemitismus in Deutschland deutlich zu benennen und konsequent zu bekämpfen, was leider bei unseren Politikern bisher nur in wohlfeilen Reden geschieht.

Erdogan hat in einer Rede in Ankara zum Gedenken an den türkischen Staatsgründer Atatürk das Existenzrecht Israels bestritten und die militärischen Schläge gegen die Hamas in Gaza als „Faschismus“ bezeichnet. Ich bin sehr gespannt, wie Scholz und Steinmeier auf diese unerhörte Provokation reagieren werden.




Erdo hängt vier Jahre dran

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan regiert seit 20 Jahren mit harter Hand die Türkei. Und seinen Bürgern gefällt es offenbar, denn heute hat er im zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen nach Aussage von Ahmet Yener, dem Chef der Wahlbehörde in Ankara erneut gut 55 Prozent der Stimmen hinter sich gebracht.

Und das Ganze bei einer Wahlbeteiligung von 85 Prozent

Erdo ist das Enfant Terrible in Europa. Er zieht kalt seine Agenda durch. Er hält die Türkei in der NATO, droht dem NATO-Partner Griechenland unverholen mit militärischen Angriffen. Er macht trotz Ukraine-Krieg mit Putin rum, hat aber keine Scheu, russische Kriegsschiffe im schwarzen Meer zu blockieren. Er organisiert, dass Weizen aus der Ukraine trotz russischer Seeblockade nach Afrika kommt, blockiert den NATO-Beitritt Schwedens, versteht sich mit Orban bestens und setzt Miss Europa, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, an den Katzentisch, wenn die großen Jungs zu Besuch kommen.

Erdogan macht, was er will

Und warum? Weil er es kann. Und weil seine Leute diesen selbstbewussten Kurs anscheinend wollen…




NATO-Diplomatie in Madrid: Wie Erdogans Blockade aufbrechen?

Kurz vor dem NATO-Gipfel hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bekräftigt, dass sein Land einem Beitritt Schwedens und Finnlands zum Bündnis nicht zustimmen werde, bis seine Forderungen erfüllt seien. Man werde den anderen NATO-Staaten – wenig diplomatisch – die «Scheinheiligkeit» gegenüber «Terrororganisationen» mit «Dokumenten, Informationen und Bildern» erklären.

Beim westlichen Verteidigungsbündnis gibt es das Prinzip der Einstimmigkeit. Sollte Erdogan weiter blockieren, könnten die beiden skandinavischen Länder nicht aufgenommen werden, was wiederum gravierende Auswirkungen hätte für das Bündsnis insgesamt und den Störenfried aus Ankara, der in vielerlei Hinsicht militärisch von guten Beziehungen zu den USA abhängt.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg trifft vor dem Gipfel der 30 Staatschefs in Madrid sowohl Schwedens Regierungschefin Magdalena Andersson, den finnischen Präsidenten Sauli Niinistö als auch Erdogan, um einen Kompromiss zu finden.

Der türkische Hinweis auf «Terrororganisationen» bezieht sich auf die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und die syrische Kurdenmiliz YPG, dienach Erdogans Ansicht in Skandinavien zu sehr mit Samthandschuhen angefasst würden.