Hätte ein AfD-Verbotsverfahren Aussicht auf Erfolg?

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Nach der chaotisch verlaufenen konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags werden in Berlin Forderungen nach einem Verbotsverfahren gegen die AfD immer lauter.

Angeblich gibt es im Deutschen Bundestag 37 Abgeordnete aus allen Parteien – mit Ausnahme der AfD natürlich – , die qua erfolgreichem Antrag im Parlament das Bundesverfassungsgericht aufrufen wollen, die rechte Partei zu verbieten. Einen solchen Antrag könnten Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat stellen. Bundesregierung und Bundesrat haben ganz offenbar nicht vor, in diese Richtung tätig zu werden.

Im Deutschen Bundestag ist aber alles möglich

Eine Partei verbieten, das würde das Bundesverfassungsgericht dann tun, wenn nachgewiesen ist, dass diese tatsächlich verfassungswidrig ist, und sie das Potential hätte, die grundgesetzliche Ordnung in Deutschland zu zerstören. Einer der Gründe, warum sich die Verfassungsrichter damals sogar gegen ein Verbot der zweifellos verfassungsfeindlichen NPD aussprachen.

Im Grundgesetz heißt er:

„Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.“

Könnte die AfD das? Und vor allem: Will sie das?

 

Aus meiner subjektiven Sicht ist es grotesk, die AfD als Partei insgesamt verbieten zu wollen. Jeder weiß von den Radikalen, von völkischen Träumern, die meinen, Deutschland müsse die EU verlassen und dann auch die NATO. Aber ist das verfassungsfeindlich? Ich halte solche Forderungen für hochgradig idiotisch, aber ist es in einer Demokratie nicht erlaubt, selbst über so etwas zu streiten?

Im Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2017 über ein Verbot der NPD urteilten die Richter, dass ein Parteiverbot nur im extremen Ausnahmefall erfolgen dürfe, da es „die schärfste und überdies zweischneidige Waffe des demokratischen Rechtsstaats gegen seine organisierten Feinde darstellt“.

Dazu gehöre die klar verfassungsfeindliche Ausrichtung und die Wirkmächtigkeit. Irrelevante Kleinparteien, die nichts zu melden haben, könnten schon aufgrund ihrer Bedeutungslosigkeit gar nicht verboten werden.

Die AfD ist allerdings ein anderes Kaliber

Sie ist in Fraktionsstärke im Bundestag und in fast allen Landtagen, sie ist im Europarlament, und in Ostdeutschland ist sie auch eine starke kommunalpolitische Kraft, die Bürgermeister und Landräte stellt – in geheimer Wahl, direkt gewählt vom Volk.

Eine Partei, die in Teilen Ostdeutschlands ein Drittel der Wähler hinter sich vereint, verbieten? Ernsthaft?

Geht aus dem Parteiprogramm der AfD hervor, dass sie die „Grundprinzipien, die für den freiheitlichen Verfassungsstaat schlechthin unentbehrlich sind“, abschaffen will? Gefährdet die AfD unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung? Lehnt sie die Garantie der Menschenwürde für die Bürger, die in Deutschland leben, ab? Und dass Bürger und Staat an Recht und Gesetz gebunden sind? Stellt die AfD die parlamentarische Demokratie in Frage? Oder ist nicht eher das Vorenthalten von Rechten der AfD in Parlamenten durch die Mehrheit der anderen Parteien Grund für ein Eingreifen der Verfassungsrichter?

Ich halte die Verbots-Keule gegen die AfD für ein rein politisches Vorgehen, das rechtlich nicht zu begründen ist. Manche in anderen Parteien werden vielleicht hoffen, dass so eine Strategie noch einmal funktioniert, wie damals bei den Republikanern, denen unter der Drohung eines Verbotsverfahrens viele Mitglieder und Funktionsträger von der Fahne gingen, die etwas zu verlieren hatten. Eine auskömmliche Altersversorgung zum Beispiel, erworben durch jahrelange Arbeit für den Staat…




GASTSPIEL DR. STEFAN GEHROLD – vom Parteitag der Republikaner in Milwaukee

„Ich werde der Präsident aller Amerikaner sein.“

Die Fiserv Arena in Milwaukee fasst etwa 20.000 Besucher. In ihr geht das Top NBA Team der Milwaukee Bucks auf Punktejagd. Am Abend des 18. Juli tritt der 45. Präsident der Vereinigten Staaten auf. Er schließt den Wahlparteitag der Republikaner 2024 ab.

Neben mir quietscht eine Endvierzigerin begeistert bei jeder Erwähnung seines Namens. Mir klingen die Ohren. Dass ich nicht klatsche, animiert sie zu der Frage, ob ich für Jesus klatschen würde. Ich kontere mit der Frage, ob sie katholisch ist. Das beendet die Unterhaltung. Gott sei Dank.

Donald Trump bringt dem Volk Demokratie zurück

Um 18 beginnt die Veranstaltung. Eine Reihe bekannter Persönlichkeiten tritt auf. Darunter Hulk Hogan, Mike Pompeo und der beredte TV-Moderator Tucker Carlson. Die Menge erhebt sich wie ein Mann und jubelt. Der republikanische Fernsehsender FOX hatte sich im Streit vor einem Jahr von ihm getrennt. Carlson hat 8 Minuten und ist der Einzige, der komplett auf den Teleprompter verzichtet. Seine Botschaft: Trump steht für Demokratie. Und: er ist der witzigste Politiker, den ich kenne.

Donald Trump ist zweifellos eine Figur, an dem sich die Geister scheiden.

Und in der Sache gibt es berechtigte Zweifel an dem Regierungsprogramm

Auch in der eigenen Partei gibt es keine uneingeschränkte Zustimmung. Doch: die von Trump übel geschmähten Gegner Ron DeSantis und Nikki Haley sind da und versichern ihre Unterstützung. Einer kommt nicht: der Gentleman, der sich grundsätzlich persönlicher Angriffe enthält. Der, den Trumps Vertrauter Steve Bannon Judas nennt. Mike Pence, Trumps ehemaliger Vizepräsident. Über die Motive kann nur spekuliert werden. Vielleicht wurde er auch einfach nicht gefragt.

Dann gibt es noch eine Menge Klamauk. Rapper Kid Rock trägt eine Komposition zu Ehren des Kandidaten vor. Vor mir rockt ein weißhaariger Daddy mit roter Krawatte ekstatisch ab. Vor 25 Jahren hätte George Bush den Rapper beim Parteitag der Grand Old Party vermutlich noch persönlich aus der Halle geworfen. Heute geht die Menge begeistert mit. Catcher Hulk Hogan steigt auf die Bühne, reißt sich das Jackett vom Leib und lässt im Trumpshirt die Muskeln spielen. Da bleibt kein Auge trocken. Und manch einer fragt, wo sich denn das konservative Amerika versteckt.

Wir werden Eure Erwartungen übertreffen

Dann wird es spannend. Der 81jährige Lee Greenwood betritt die Bühne und singt selbst seinen xmal gecoverten Hit aus dem Jahr 1984: „I am proud to be an American“. Fehlt heute bei keiner Unabhängigkeitstagsparty. Dabei bietet er trotzig die nicht gegenderte Originalversion dar.

Zu dieser mittlerweile heimlichen Nationalhymne schreitet Donald Trump mit verbundenem rechtem Ohr zum Mikrofon. Seine Rede wurde natürlich mit Spannung erwartet. Er wirkt geläutert, staatsmännischer als sonst. Beschwört immer wieder die Einheit. Der New Yorker zeichnet eine rosige Zukunft in einem Amerika unter seiner Präsidentschaft: eine Ära des Friedens, der Sicherheit und des Wohlstands.

Er verspricht, die Demokratie zu retten, und bittet von Dämonisierungen in der politischen Debatte Abstand zu nehmen. Nein, es ist kein Feuerwerk, keine Aneinanderreihung schwerer Attacken gegen seinen Kontrahenten Joe Biden. Überhaupt fällt dessen Name nur ein einziges Mal in der ganzen Rede. Mehr als „Inkompetenz“ wird er der Regierung dann auch nicht vorwerfen. Es ist, als ob er Kreide gefressen hätte. Er spricht behutsam, stellenweise so leise, dass es in der gefüllten Halle schwer zu vernehmen ist.

Der Geschäftsmann verspricht, die Erwartungen zu übertreffen.

Siegessicherheit und Appell an Patriotismus

Vom Teleprompter nimmt Donald Trump häufig Abstand und wird dann geistreich: „Wir haben ein 16-seitiges Papier vorgelegt. Die Demokraten schreiben immer hunderte von Seiten, die sie dann selbst nicht mehr lesen. Zum Glück!“

Dann richtet er das Wort an den evangelikalen Prediger Franklin Graham. „Er hat mich vor der Rede gebeten ‚Sir, heute bitte keine Gossensprache“. Ich glaube, ich habe mich daran gehalten.“

Und: „Wir gewinnen sowieso. Und zwar gemeinsam. Nicht, indem wir uns gegenseitig bekämpfen“.

Die Rede ist gut

Sie schließt mit den Worten: „Unser Land benötigt Hingabe, Liebe und Opfer. Dafür bitte ich sie demütig um Ihre Stimme“. Von den Stühlen gerissen hat sie die an seinen Lippen hängenden Trumpisten in der Arena nicht. Aber die Rede war ein kluges Signal an unentschlossene Republikaner, vielleicht doch zu wählen und unentschlossene Demokraten, vielleicht nicht unbedingt wählen zu müssen.

Kein Stimmrecht für Deutsche

In der deutschen Öffentlichkeit dominiert eine fanatische Abneigung gegen den deutschstämmigen Geschäftsmann. Medien lassen in diesen Wochen nichts unversucht, um den New Yorker in ein schlechtes Licht zu rücken.

Dahinter steckt viel. Vor allem ein tiefes Unverständnis der amerikanischen Gesellschaft. Schlimmer noch: der Unwille, überhaupt begreifen zu wollen.

Auf dem Flur treffe ich einen alten Freund. Spricht deutsch. Studierte vor vielen Jahren in Bremen. Er bringt es auf den Punkt: „Ihr Deutsche müsst Euch mit dem Gedanken vertraut machen, dass Ihr am 5. November keine Stimme habt.“




Das war’s für Nikki – aber der Kampf ums Weiße Haus bleibt offen

Wenn der Hauptfinanzier aussteigt, dann ist Feierabend. Das gilt in der Politik ebenso wie in der Wirtschaft.

Am Wochenende hat die frühere UN-Botschafterin der USA und letzte verbliebene Konkurrentin gegen Donald Trumps bei den Vorwahlen der Republikaner ihr Heimspiel verloren. In ihrem Heimat-Bundesstaat South Carolina, wo sie früher beliebte Gouverneurin war, unterlag Nikki Haley dem Ex-Präsidenten deutlich mit 39 gegen 60 Prozent.

Unmittelbar danach meldete sich das finanzkräftige konservative Netzwerk „Americans for Prosperity Action“ (Amerikaner für Wohlstand) des Milliardärs Charles Koch und kündigte an, die 52-Jährige auf ihrem Weg ins Weiße Haus nicht mehr zu unterstützen. Man halte sie zwar weiterhin für die bessere Kandidatin, aber werde nun Geld in Kandidaten für den US-Senat und das Repräsentantenhaus stecken.

Damit sind die Vorwahlen endgültig entschieden, was sich ja seit Wochen abzeichnete.

Zuvor hatte Koch Dutzende Millionen US-Dollar in Haleys Vorwahl-Kampagne gesteckt. Aber wir erleben wieder einmal die normative Kraft des Faktischen. Trump eilt seit Beginn der Vorwahlen von Sieg zu Sieg, er ist medial omnipräsent, macht selbst aus gegen ihn angestrengten Gerichtsverfahren eine große PR-Show. Der Mann ist alles andere als naiv.

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Haley hat angekündigt, dass sie weiter im Rennen bleiben wird. Weshalb, da sind sich die Beobachter uneinig, denn gewinnen kann sie nicht mehr. Hofft sie vielleicht sogar, dass irgendein Ereignis Trump vor den Wahlen noch aus dem Spiel nimmt, und ihr dann als letzte verbliebene Bewerberin die Spitzenkandidatur nicht zu nehmen wäre? Ich weiß nicht, die Chance ist gering, aber bei Donald Trump ist immer alles möglich.

Der war am Wochenende bei der wichtigen konservativen CPAC-Konferenz in Arlington und wurde vom republikanischen Parteivolk stürmisch gefeiert. Einen Bericht dazu lesen Sie hier

Beobachter des Treffens stellten auch fest, dass sichtbar weniger Teilnehmer bei CPAC waren als in den Vorjahren.

Demoskopen und Analysten hatten schon vor Monaten darauf hingewiesen, dass Trump zwar eine laute Unterstützer-Gemeinde hinter sich hat, aber keineswegs die traditionelle Grand Old Party insgesamt, die in die Jahre gekommenen Männer und Frauen der Reagan-Revolution aus den 90ern. Die legen noch wert auf Benimmregeln, auf gute Kinderstube, auch anständiges Benehmen – und sie fremdeln mit dem Polterer Trump, dessen Politik sie durchaus positiv sehen. Aber will man diesem Mann wirklich nochmal für vier Jahre den Atombomben-Koffer anvertrauen?

Falls Sie meine Meinung wissen wollen: Ich war die ganzen Monate auf der Seite von Frau Haley. Sie ist nicht schon 80 Jahre als, eine sympathische Frau, konservativ und eloquent, gleichzeitig mit politischer Erfahrung. Sie würde Joe Biden mit großem Abstand auf die Plätze verweisen. Für Biden aber ist Trump jetzt die letzte Chance, wenn ein Teil des republikanischen Wahlvolks am 5. November zu Hause bleibt.




Eine Grüne in Amerika

Es ist schon über zwei Jahre her, als ich zum ersten Mal freundlich über Bundesaußenministerin Annalena Baerbock geschrieben habe. Denn seit Beginn ihrer Amtszeit erlaube ich mir den Luxus eines Journalisten, die Frau mit Distanz aber differenziert zu betrachten.

Als ich mir nach ihrem ersten Minister-Auftritt auf internationalem Parkett – dem G7-Außenminister-Gipfel in Dublin – erlaubte, bei TheGermanZ zu kommentieren, dass der richtig gut war, erntete ich einen veritablen Shitstorm meines ansonsten sehr freundlichen bürgerlich-freundlichen Publikums. Wie können Sie nur, Herr Kelle…

Aber sie hat es damals wirklich gut gemacht, darf ich das dann nicht feststellen, weil sie bei den Grünen ist?

An dieser Stelle gestatten Sie mir, daran zu erinnern, dass ich die Grünen für eine politische Katastrophe halte. Ich habe diese Partei noch nie gewählt, und nach Stand der Dinge werde ich sie auch in Zukunft niemals wählen. Ich halte Baerbocks Konzept einer „feministischen Außenpolitik“ für vollkommen plemmplemm, und dass ich nochmal erleben würde, dass eine deutsche Außenministerin Russland versehentlich den Krieg erklärt, war vorher jenseits meines Vorstellungshorizontes. Und all das kritisiere ich auch gern und scharf.

Aber, liebe Freunde: Wenn Frau Baerbock mal etwas richtig und gut macht, darf ich, dürfen wir das dann nicht zur Kenntnis nahmen? Weil ihr Lebenslauf frisiert wurde, weil ihre Examensarbeit weg ist, weil sie sich gern mal verspricht vor Mikrofonen?

Ich fand ihren ersten Auftritt vor der UN-Vollversammlung stark, ja beeindruckend. Gerade wir Konservativen haben doch immer wieder bemängelt, dass Deutschland keine klare Haltung zeigt, international nicht wagt – Geschichte und so – seine Interessen deutlich und selbstbewusst zu formulieren. Und dann steht ausgerechnet Frau Baerbck da auf der Weltbühne in New York und macht genau das – und es ist auch wieder nicht richtig?

Die Außenministerin tourt gerade durch die Vereinigten Staaten. Und auch da beeindruckt sie mich mit ihrem Programm und ihrem Mut.

Erster Auftritt der grünen Ministerin: Besuch bei unseren Soldaten im Trainingszentrum der Bundesluftwaffe in Texas. Dann TV-Interview beim rechten FOX News, anschließend Gespräch mit Ölmagnaten in Texas, die sie von erneuerbaren Energien überzeugen möchte – dann Treffen mit republikanischen (sprich: rechten) Spitzenpolitikern, dann weiter zum Amtskollegen Blinken nach Washington.

Beschimpfen Sie mich ruhig wieder, aber ich finde, die Frau macht das gerade wirklich gut da…




Bremen hat gewählt…same Procedure as every year – oder doch nicht?

„In Bremen, in Bremen, da lässt sich’s gut leben…“

So heißt es in einem Lied, das auch ich in meinen Bremer Jahren im Bierzelt auf dem Freimarkt laut mitgesungen habe. Und es stimmt ja auch, die Lebensqualität in der Hansestadt ist phänomenal, zumindest wenn man in Oberneuland oder Schwachhausen wohnt und etwas Geld auf dem Konto hat.

Der Bremer ist gemütlich, nicht aufbrausend. Er trinkt Tee mit Kandis, schlendert über den großen Flohmarkt an der Weser und samstags geht’s ab ins Weserstadion. Viele Lokale bieten ihren herrlich zubereiteten Fisch an, man trinkt – natürlich – Beck’s Bier. Und am Wochenende unternimmt man eine Radtour nach Worpswede oder Fischerhude oder einfach irgendwo hin, wo’s schön ist.

Ich habe von 1985 bis 1988 in Bremen gelebt, erst als Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion gearbeitet, bin dann zum Sozi-Blatt Hamburger Morgenpost als Bremer Redaktionsleiter gewechselt. Mein Chefredakteur war Wolfgang Clement, Sie kennen ihn alle. Damals war das möglich, dass ein Schwarzer einen leitenden Job bei einer roten Zeitung bekam. Heute undenkbar im deutschen Mainstream-Einheitsbrei.

Die Sozis regieren Bremen seit 80 Jahren, und seit Jahrzehnten zahlen andere Bundesländer die Rechnungen, denn das Konstrukt Bremen als Bundesland ist ein Witz. Ich meine, zwei Städte mit zusammen nur 650.000 Einwohnern haben ein Landesparlament, Bundestags- und Europaabgeordnete, ein Verfassungsgericht, eine Landesbank, einen Verfassungsschutz, Ministerien…sagenhaft für ein Bundesland, das ungefähr die Einwohnerzahl von Düsseldorf hat.

Gestern haben die Sozis die Wahlen in Bremen gewonnen. Das müssen Sie sich so vorstellen, als wenn einer sagt: der FC Bayern wird Deutscher Meister. Juckt keinen mehr…

Und trotzdem ist Bremen immer interessant, weil es so überschaubar und klein ist, dass hier häufig politische Experimente vollführt werden.

Die rechtsradikale, kaderhaft geführte, Deutsche Volksunion (DVU) konnte durch eine  Besonderheit im Landeswahlrecht und mit massiver finanzieller Unterstützung von Gerhard Frey aus München mehrfach einen Abgeordneten in die Bürgerschaft entsenden. Dabei hatte sie damals im Land Bremen nur ganze 60 Mitglieder.

Die Republikaner waren von 1985 bis 1987 als Gruppe mit drei Abgeordneten in der Bremischen Bürgerschaft, nicht durch Wahlerfolg, sondern durch drei Überläufer aus der CDU, die den notorischen Linkskurs ihrer Partei hier nicht mehr mitmachen wollten.

Von Links gab es auch mal etwas: die Wählervereinigung Arbeit für Bremen und Bremerhaven (AFB). Kein schlechter Name in einem Bundesland mit traditionell hoher Arbeitslosigkeit. Gegründet wurde sie von unzufriedenes SPD-Leuten und zog sogar mit 10,7 % und damit 12 Abgeordneten in die Bürgerschaft ein. Dann trat auch noch ein weiterer unzufriedener CDUler bei, so dass sie 13 Abgeordnete waren.

Außerdem war sie in zahlreichen Beiräten vertreten. Durch Übertritt eines CDU-Mitglieds wuchs die Zahl der Abgeordneten auf 13. Bei der nächsten Wahl waren es dann allerdings nur noch 2,4 Prozent – aus der Traum.

Und jetzt Jan Timke und seine „Bürger in Wut“

Sie hatten ersten Erfolg mit dem Thema Innere Sicherheit, in Bremen seit vielen Jahren ein Problem mit Araber-Clans und allerlei anderen Kriminellen. Jan Timke war selbst Bundespolizist und kann das Thema bis heute überzeugend aufs Tapet bringen.

Gestern konnte seine Wählervereinigung, die inzwischen eine Kooperation mit der neuen bundesweiten konservativen Partei Bündnis Deutschland hat, nahezu 10 Prozent der Wählerstimmen einsammeln. Möglich wurde das, weil die auch in Bremen massiv zerstrittene AfD zwei Wahllisten zur Bürgerschaftswahl einreichte, was natürlich vom Landeswahlleiter richtigerweise zurückgewiesen wurde. Ohne AfD sind die heimatlosen Konservativen im roten Bremen jetzt in Scharen zu Jan Timke gelaufen. Ich bin gespannt, was er mit seinem Erfolg jetzt machen wird…

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Wird The Donald noch einmal Kandidat der Republikaner fürs Weiße Haus?

In den USA kommt Bewegung in das mögliche Kandidatenfeld der Republikaner für die Präsidentschaftswahlen 2024. Nachdem der frühere Präsident Donald Trump bisher als Einziger seine Bewerbung unmittelbar nach den Midterms im November erklärt hatte, ist sein damaliger Vize Mike Pence zwischen den Jahren unterwegs, um Geldgeber für eine Kampagne zu finden, wie die Washington Post heute schreibt. Auch beim Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, stellen politische Beobachter fest, dass sich seine Anzeigenkampagnen bei Google und Facebook deutlich verändert haben und sich thematisch immer deutlicher an ein nationales Publikum richten, dem er seine Gedanken für die Zukunft Amerikas näherbringen will

Und der Gouverneur von Arkansas, Asa Hutchinson, spricht ebenfalls mit Geldgebern und – so die Washington Post – checkt ab, ob er einen politischen Marathonlauf fürs Weiße Haus durchhalten kann.

Noch ist nichts entschieden, aber ganz deutlich wird in diesen Wochen, dass Donald Trump nicht mehr der Heilsbringer ist, für den ihn eine Mehrheit in der Partei bis zu den vergangenen Zwischenwahlen angesehen hat. Nichts ist so unsexy  für eine politische Partei wie der Misserfolg, besonders wenn sie politische Schwergewichte wie Ron DeSantis und Mike Pence in ihren Reihen hat.

 




„Midterms“: Donald Trump spielt sein Spiel…persönliche Drohungen gegen deSantis

Seine Corona-Politik allerdings war dann grenzwertig mit öffentlichen Angriffen gegen seine eigenen Leute, die zu widersprechen wagten. Über seine Persönlichkeit, seine grenzwertigen Auftritte gegenüber Kritikern in Politik und Medien müssen wir nicht reden. Und über sein Verhalten nach der verlorenen Präsidentenwahl 2020 bis heute auch nicht. Das hat meine Einstellung zu ihm verändert. Der mächtigste Mann auf dem Planeten, der sich erkennbar nicht immer unter Kontrolle hat, das finde ich beunruhigend.

In den USA läuft gerade die Auszählung der Zwischenwahlen, der sogenannten „Midterms“ und allgemein wird erwartet, dass die konservativen Republikaner da abräumen. Erste Ergebnisse lassen vermuten, dass sie ihr Ziel zwar erreichen werden, allerdings nicht so erdrutschartig, wie viele Kommentatoren das erwartet haben.

Sarah Huckabee Sanders, eine frühere Sprecherin von Präsident Trump, wird als Republikanerin die neue Gouverneurin von Arkansas. Ron deSantis gewann in der Nacht die Gouverneurswahl klar in Florida. Und in Texas? Klare Sache: Da wurde der Republikaner Greg Abbott als Gouverneur im Amt bestätigt. Die Konservativen mit starken Ergebnissen.

Aber wenn man genau hinschaut, dann gibt es eben auch die blaue Seite.

In Maryland und Massachusetts gelang es zwei demokratischen Kandidatinnen, die Gouverneursämter von Republikanern zurückzuerobern.

Und im liberalen Kalifornien – Reiche und BigTech – gewann der Demokrat Gavin Newsom mit haushohem Vorsprung, ebenso wie Kathy Hochul im Bundesstaat New York.

Was ich Ihnen aber eigentlich erzählen möchte, ist über das Verhalten von Donald Trump in der Wahlnacht.

Statt sich öffentlich über die Erfolge seiner Republikaner zu freuen, den siegreichen Parteifreunden zu gratulieren, griff er seinen ärgsten Konkurrenten auf dem Weg ins Weiße Haus 2022 massiv an. Er drohte dem erfolgreichen Gouverneur Floridas, Ron de Santis, mit „unangenehmen Enthüllungen“, sollte er ins Rennen  für die Präsidentschaftskandidatur 2024 einsteigen (und sich damit Trump selbst in den Weg stellen).

Er könne über DeSantis «Dinge erzählen, die nicht besonders schmeichelhaft sind», sagte Trump bei Fox News Digital. «Ich weiß mehr über ihn als jeder andere – mit Ausnahme vielleicht seiner Frau.»

«Wenn er antritt, könnte das für ihn sehr schmerzhaft ausgehen», sagte Trump über den Gouverneur von Florida. «Ich denke, er würde einen Fehler machen. Ich denke nicht, dass es gut für die Partei wäre.»

Trump hat angekündigt, sich am  15. November mit einer «sehr großen Mitteilung» an die Amerikaner zu wenden. Vermutlich will er dann seine  Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2024 verkünden.

Oder um mit Trumps eigenen Worten zu sprechen:

«Ich denke, er würde einen Fehler machen. Ich denke nicht, dass es gut für die Partei wäre.»

 

 

 




Nächster Halt: Demokratisch regierte Großstädte

Die republikanischen Gouverneure von Texas und Arizona, die mit dem Zustrom von Migranten aus Mexiko immer mehr zu kämpfen haben, haben  sich etwas einfallen lassen. Im Frühjahr haben sie begonnen, Busse bereitzustellen, und die Neubürger aus dem Nachbarland direkt weiter in demokratisch geführte Großstädte wie New York, Chicago und Washington zu bringen, damit diejenigen, die den wachsenden Zustrom zu verantworten haben, auch die Folgen kennenlernen. Allein in Washington sind seitdem 9000 Migranten auf diese Weise angekommen.

 

 




Ein Trump vergisst nicht…

„Ich bin nicht nachtragend, aber ich vergesse auch nix“, hat mir der frühere NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers mal gesagt. Ein wunderbarer Satz, an den ich gerade denken musste, als ich von Donald Trumps jüngstem Coup las. Trump hat dafür gesorgt, dass seine ärgste Widersacherin in der Republikanischen Partei der USA, Liz Cheney, gestern Abend rasiert wurde, wie man das flappsig so sagt.

Cheney, die noch im Kongess sitzt, wurde nicht wieder für die nächste Wahl aufgestellt, sondern an ihrer Stelle Harriet Hageman, die Kandidatin, die von Trump unterstützt wurde. Ein Schlaglicht nur, das aber zeigt, wie mächtig der Ex-Präsident immer noch ist – trotz aller Eskapaden der vergangenen Monate. Ich glaube, er wird wieder antreten für die nächste Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten.

 

 




Liz Cheney hat irgendeinen Posten verloren – ja, und weiter?

„Ein schwarzer Tag für Amerikas Demokratie“, überschreibt das einstmalige „Sturmgeschütz der Demokratie“ DER SIEGEL heute einen Artikel über die gestrige Abwahl von Liz Cheney aus der Fraktionsführung der Republikaner im Repräsentantenhaus. Ein schwarzer Tag für die Demokratie?

Hier ist nicht der Gouverneur von Texas gestürzt worden oder der amerikanische Außenminister, sondern eine Frau, die Abgeordnete war und weiter bleibt. Sie war in der Fraktionsführung der GOP, in der Rangliste die Nummer drei. Nicht unwichtig, aber es geht nicht um ein Staatsamt oder die herausgehobene Position eines Sprechers der Fraktion, sonder sie saß oben mit am Tisch.

Sie hat aber etwas getan, was Alltag in der Parteipolitik ist: Sie hat ihren Mund aufgemacht und in diesem Fall konkret Ex-Präsident Donald Trump öffentlich kritisiert. Das kann man für gerechtfertigt halten oder auch nicht. Sie hat gesagt, man müsse sich von der Politik Trumps und seinem Einfluss auf die Partei loslösen, die Trump-Ära quasi Vergangenheit sei lassen.

Das findet Trump nicht gut – verständlicherweise. Er schoss zurück, organisierte eine ihm genehme Gegenkandidatin. Die hat jetzt Cheneys Amt – that’s it. Wo ist der Skandal? Was rechtfertig das mediale Getöse?

Es ist einzig die Frustration des Juste Milieu, dass diese Konservativen einfach nicht totzukriegen sind, dass Trump immer noch mitspielt, ja vielleicht sogar nochmal ins Rennen für das Weiße Haus 2024 antritt (was ich persönlich nicht glaube).

Ich meine, wir erleben das doch jeden Tag auch hier in Deutschland. Röttgen gegen Laschet, Laschet gegen Söder, alle gegen Merz. Baerbock gegen Habeck. Da wird gestritten, intrigiert und abgestimmt. Und dann hat einer gewonnen und einer verloren. Das ist alles.

Aber ein schwarzer Tag für die Demokratie? Geht es auch eine Nummer kleiner als ein Postenwechsel im Fraktionsvorstand zum Weltuntergang zu erklären?

Der 22. November 2005 war ein schwarzer Tage für uns Deutsche und unser Land. Da wurde Angela Merkel erstmals zur Bundeskanzlerin gewählt. Und damit die CDU zu einer linken Partei transferiert und auf den jämmerlichsten Stand aller Zeiten runtergezogen, unser Land in eine EU-Schuldenunion geführt, unkontrollierte Massenmigration organisiert mit all den Folgen, mit all dem Hass und der Gewalt, mit der Aufweichung von Grund- und Freiheitsrechten und dem Rückgängigmachen demokratischer Wahlen. Ein skandalöser Vorgang ohne Gleichen.

Aber ich bitte Sie: Eine Trump-Gegnerin verliert ihren Posten im Fraktionsvorstand? Da sollten wir gleich den UN-Sicherheitsrat einberufen, liebe SPIEGEL-Qualitätsjournalisten!