Warum mich die Olympischen Spiele 2016 nicht die Bohne interessieren

Falls Sie es noch nicht bemerkt haben: in Brasilien sind Olympische Spiele. Als ich ein kleiner Junge war, gab es außer der Fußball-Weltmeisterschaft nichts Größeres. Noch heute habe ich vor Augen, wie Ulrike Meyfarth zu ihrem Gold-Hochsprung anlief. Magische Momente, von denen mir viele noch heute mühelos einfallen, wenn ich die fünf bunten Ringe irgendwo sehe. Über die Jahre hat mein Interesse gelitten, gebe ich zu. Rhythmische Sportgymnastik, Dressurreiten oder Bogenschießen – das ist nicht wirklich meine sportliche Welt. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich zwei Tage vor Beginn einer Olympiade noch völlig desinteressiert sein konnte – wenn es dann losging und ich die ersten Wettkämpfe im Fernsehen sah, sprang der Funke über. Egal was gerade lief – ich war bis weit nach Mitternacht dabei.

Diesmal ist es anders. Das schillernde bunte Eröffnungsfest in Rio, die Sportler aus aller Welt, das Entzünden der Fackel – es erhöht meinen Blutdruck nicht eine Sekunde. Bundespräsident Gauck ist nicht nach Rio gereist (Krankheit), Bundes-Sportminister de Maiziere hat wegen anderer wichtigen Termin abgesagt. Und mich interessiert das Spektakel in Südamerika nicht die Bohne.

Wie kommt das eigentlich, habe ich mich gefragt. Sport interessiert mich immer noch sehr, der Kampf der Besten aus allen Ländern der Welt um Medaillien und Ruhm müsste mich eigentlich faszinieren, in einen Rausch versetzen. Doch da ist nichts.

Ich glaube, es liegt an den Begleitumständen, an den Berichten, die vielen Sportfreunden den Spaß an der Sache verleiden. Epidemieforscher haben gewarnt, dass die Olympischen Sommerspiele die Ausbreitung des Zika-Virus über den ganzen Globus vorantreiben könnte. Die brasilianische Regierung riet schwangeren Frauen sogar davon ab, nach Brasilien zur Olympiade zu kommen. Und dann die hohe Kriminalität in Rio, eine latente Gefahr für jeden Besucher. Gestern Morgen hörte ich im österreichischen Radio ein Interview mit einer Wassersportlerin, die in Rio ist. Sie berichtete von Müll, der im Wasser schwimme und von Papierfetzen, die aussähen, als seien sie Klopapier. Die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) hatte 2015 die Wettkampfstätten der Freiwasserschwimmer, Kanuten, Ruderer, Segler, Triathleten und Windsurfer vom Virologen Fernando Spilki untersuchen lassen. Sämtliche untersuchte Austragungsorte wiesen eine derart schlechte Wasserqualität aus, dass sie die Gesundheit der Athleten gefährden und Krankheiten wie Durchfall, Erbrechen und Atemwegserkrankungen auslösen können.

Und dann das Theater um Russland, das als Land eine Goldmedaille für dreistesten staatlich organisierten Doping verdient hätte. Dutzende wurden gesperrt, viele durften hin – nur nicht diejenige, die die skandalösen Machenschaften in Putins Reich aufgedeckt hatte. Die sperrte man vom Wettkampf aus – gleich für zwei Jahre. Ausgerechnet sie wurde gesperrt, weil sie früher Teil des Doping-Kartells in Russland war. Nehmen wir mal an, es wäre in Finnland oder Nigeria aufgeflogfen und nachgewiesen worden, dass bewusst und gewollt Heerscharen von Sportlern für Wettkämpfe fittgespritzt wurden. Was hätte das IOC getan? Jede Wette: diese Länder, diese Mannschaften wären für die Olympiade gesperrt worden. Aber wie schon George Orwell in seinem berühmten Roman „Animal Farm“ schrieb: „Alle Schweine sind gleich, aber einige sind gleicher als andere.

Und Thomas Bach, ein persönlicher Freund von Kreml-Chef Putin, der den meisten russischen Sportlern den Zugang zu den Olympischen Spielen in Brasilien geebnet hat? Bach ist eine Schande für den internationalen Sport.