Breakfast in Europa: Warum ich weiter an unseren Kontinent glaube

Man muss sich immer mal vergewissern – über sich selbst sowieso, über seine Überzeugungen natürlich und über das Wahrnehmen der Realität um sich herum. Wie Leser meiner Kolumnen wissen, bin ich zur Zeit in Rom, und gestern habe ich an dieser Stelle darüber geschrieben, wie gut es ist, dass wir endlich keine Roaminggebühren mehr bezahlen müssen, wenn wir im EU-Ausland telefonieren. Über Jahre eine skandalöse Abzocke, gewissermaßen alternativlos, und nun außer Kraft. Dank der EU.

Ja, ja, an dieser Stelle steigt bei vielen Lesern der Blutdruck an. Griechenland bekommt für seinen maroden Haushalt wieder frisches Geld und überhaupt: warum haben die den Euro bekommen? Uns so viele Kredite? Und Bürgschaften…von uns! Sie haben recht: Wie die Bürokraten in Brüssel und Berlin damals vorgegangen sind, ist nicht schönzureden. Aber unser Wirtschafts- und Finanzsystem ist nicht zusammengebrochen. Und der Euro? 2008 haben mir Freunde, die sich selbst im Gegensatz zu mir als kleinem Journalisten, „wirtschaftlichen Sachverstand“ bescheinigen, gesagt, der werde in Kürze abgeschafft, DM-Scheine seien bereits gedruckt und nachts Laster in Deutschland unterwegs, die die Sparkassen-Filialen bestücken. Erinnern Sie sich noch daran? Wir haben Mitte 2017, und selbst heute deutet nichts außer den Kassandrarufen einiger Profiteure, die in Büchern und Talkshows viel Geld mit dem vermeintlich bevorstehenden Untergang verdienen, darauf hin, dass so etwas in absehbarer Zeit geschehen könnte.

Europa ist nicht die EU – natürlich nicht. Und einen Nationalstaat EU sehe ich nicht einmal als schemenhafte Silhouette am Horizont. Ein Staatenbund Europa, eine Gemeinschaft freier Länder auf gleichen Wertüberzeugungen basierend – Freiheit, Demokratie, Recht, Abendland – das ist es. Dazu muss man kein Romantiker sein, um der Idee Europas etwas abzugewinnen, das geht auch als Realist. Aber Romantiker sein, das ist auch nicht schlecht.

Gestern sprachen wir darüber als wir mit Freunden spätabends auf der berühmten Scalinata di Trinità dei Monti im Herzen der Ewigen Stadt saßen, die wir Deutsche die Spanische Treppe nennen. 1723 erbaut, eine Folge städtebaulicher Ambitionen des Papstes Innozenz XIII., ist sie rund um die Uhr ein Anziehungspunkt für vorzugsweise junge Menschen im Herzen dieser wirklich pulsierenden italienischen Metropole, die wahrlich auch eine euroäische ist. Ein paar Stufen vor uns eine Schulklasse aus Spanien, einer der Schüler – wohl der Klassenclown – führt etwas vor, alle Lachen. Wir auch, obwohl wir nicht ein Wort von den Faxen verstehen, die er aufführt. So wie auch die Italiener um uns herum, irgendwo sprechen welche auf Englisch. Ein Sicherheitsmann schlendert durch die Reihen, begleitet von einem Carabinieri. Alkohol ist hier auf der Treppe strikt verboten. Doch es ist heiß im Frühling in Rom, auch um 23 Uhr noch. Ein junger Mann – #wirschaffendas – kommt mit einer grünen Plastiktüte durch die Reihen, eiskaltes italienisches Bier in 0,5-Liter-Dosen, das Stück für 3 Euro. Wir kaufen sechs und verbergen sie unsichtbar für die Aufpasser hinter unseren Waden. Und trinken sie aus.

Die Länder Europas und die Mentalitäten ihrer Bewohnen sind ganz unterschiedlich. Solche Abende gibt es auch in anderen europäischen Metropolen. In Kopenhagen oder Dublin sind sie immer friedlich, man schließt schnell Freundschaft mit Menschen aus anderen Teilen der Welt. In Paris, Berlin oder London gibt es solche spontanen Straßenfeste auch, aber man weiß, dass dort die Stimmung auch aggressiv umschlagen kann. Menschen aus Ländern, die oft Kriege geführt haben, sind wohl doch anders als die Bewohner des Auenlandes.

Heute Morgen Frühstück auf der Dachterrasse unseres Hotels mit herrlichem Blick über die Stadt mit den vielen Kuppeln und Kirchen. Zwei Tische weiter ein junges Paar, vielleicht um die 30 herum. Zwischen Kaffee und diesen unfassbar leckeren italienischen Backwaren haben sie eine kleine dänische Fahne aufgestellt, nur für sich. Meine Frau und ich beschließen spontan, uns auh eine kleine Deutschlandfahne zu besorgen. Für den Fall, dass wir mal wieder irgendwo in Europa frühstücken…




Eine kleine Trilogie im Zeichen des Kreuzes

Teil 1 Die Liebe

Im heutigen Tagesevangelium erfahren wir, wie Jesus Christus uns auffordert, es ihm nachzutun. „Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe“, sagte er, und das sind Worte, die wohl fast jeder unterschreiben könnte. Der Alltag sieht leider anders aus, auch und gerade bei den Christen hierzulande. Wer wie ich viel unterwegs ist unter gläubigen Christen und in christlich inspirierten Zirkeln, kommt nicht umhin, festzustellen, dass da wohl Einige nicht richtig zugehört bzw. gelesen haben. Mitunter erlebt man dort Intrigen und einen Zynismus, wie ihn keine Partei und kein Verein besser bieten könnte. Menschen, die sich als gläubig empfinden, die aber hartherzig sind, besonders gegenüber Schwachen und Menschen am Rande der Gesellschaft. Ich glaube, das ist einer der Gründe, warum das Christentum in Deutschland auf Talfahrt ist. Die Kirche ist wichtig, weil sie den Glaubenden hilft, ihren Bezug zu Gott zu entwickeln und zu pflegen. Aber attraktiv wird die Kirche Jesu nur, wenn sich alle, die dazu gehören, bemühen, ein gutes Beispiel gelebten Glaubens und echter Nächstenliebe abzugeben. Christen, die im Alltag nicht anders sind und handeln alls alle Anderen, braucht man nicht.

Teil 2 Die Sichtbarkeit

Ich liebe Rom, eine ganz wunderbare Stadt. Das Lebensgefühl der Römer, der Pulsschlag dieser Metropole, in der an jeder Ecke spürbar ist, dass man sich im Zentrum einer Weltkirche befindet, geben eine einzigartige Symbiose ab. Was dazu beiträgt, sind die Priester und Ordensleute, die das Leben auf den Straßen prägen. Kein Restaurant, kein öffentlicher Platz, an dem man nicht Frauen und Männer in Ordenstracht oder mit weißem Kragen sieht. Diese weißen Kragen sind eigentlich auch in Deutschland für die Kleriker der katholischen Kirche vorgeschrieben. Doch sieht man sie im Bild unserer Städte? Köln ist das Zentrum des größten Bistums in Deutschland mit rund zwei Millionen Katholiken. Man kann in dieser Stadt tagelang unterwegs sein, ohne einen einzigen Priester zu erkennen. Ich habe es früher auch in meine Gemeinde erlebt. Das Abschlusslied der Gemeinde war noch nicht beendet, da hatte sich der Pfarrer bereits umgezogen, um bloß auf der Straße nicht als Priester erkannt zu werden. es könnte einen ja jemand ansprechen. Auch das trägt zur Marginalisierung im Alltag bei. Ich würde mir wünschen, dass auch hierzulande gilt: Priester tragen weiße Kragen.

Teil 3 Die Besserwisser

Begleitet von einer wohlmeinenden Medienschar erleben wir seit einigen Monaten die Kampagne von an sich innerkirchlich bedeutungslosen Organisationen und Einzelpersonen, jeden Gläubigen, der noch das Vaterunser auswendig aufsagen kann und überzeugt ist, dass Jesus nicht so eine Art erster Sozialist der Menschheitsgeschichte war, als „Rechtskatholiken“ zu brandmarken. Wer Christus‘ Lehre ernst nimmt, wer die Familie aus Mann, Frau und Kindern als natürliche Gemeinschaft ansieht, soll an den Rand gedrängt werden. Ein Unterfangen, das allein deshalb schon aussichtslos ist, weil die gewaltige Mehrheit der Deutschen dies genauso sieht – übrigens auch die, die religiös nicht musikalisch sind. Ich habe mich entschieden, die Deutungshoheit über mein Leben und meinen Glauben nicht einer Handvoll Besserwissern zu überlassen, die mir sagen wollen, was ich denken und glauben und neuerdings auch, was ich als Christ für Zeitungen lesen darf. Sie sind es nicht einmal wert, ignoriert zu werden.