Unser Land ist nicht mehr verteidigungsfähig

Gestern Abend hat das Bundesinnenministerium bestätigt, dass es seit Monaten eine großangelegte Hacker-Attacke auf das Datennetzwerk der Bundesregierung gibt. Besonders betroffen sind davon das Außen- und das Verteidigungsministerium, wo die sensibelsten Daten unseres Landes geballt zu finden sind. Nun gehört Cyberkrieg heute zum Handwerk der Geheimdienste, ebenso wie einst die klassische Spionage mit ihren Desinformationskampagnen. Das ist alles nicht neu. Und da gibt es viele Mitspieler, die große personelle Ressourcen, Energie und Geld in so etwas investieren. Neben Schurkenstaaten wie Iran und Nordkorea – mit angeblich personell der vierstärksten Trollarmee der Welt – lassen sich auch die USA, China, Israel und Russland nicht lumpen. Wer erinnert sich nicht daran, dass Deutschlands wichtigster Verbündeter USA einst selbst das Mobiltelefon der Bundeskanzlerin anzapfte – ein unglaublicher Affront gegen unser Land.

Und nun also mal wieder Russland – warum nicht? Jedes Land auf der Welt spioniert. Selbst da, wo man es nicht für möglich hält, werden Dokumente gestohlen oder heimlich fotografiert (Vatikan), werden wichtige Zielpersonen der anderen Seite observiert und in Einzelfällen „abgeschaltet“, denken Sie an russische Oppositionelle wie Alexander Litvinenko oder den ehemaligen russischen Vize-Ministerpräsidenten Boris Nemzow, der erschossen auf einer Brücke in Kreml-Nähe gefunden wurde. Solche Dinge passieren in dieser Welt, ob wir das wollen oder nicht.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat vergangenes Jahr angekündigt, der Bundeswehr neben Heer, Marine und Luftwaffe eine neue Streikraft hinzufügen zu wollen: eine Cyberarmee, 15.000 Köpfe stark. Wenn diese glücklose Ministerin jemals etwas richtig gemacht hat, dann dieses Projekt. Nur: Heute wird allen Bürgern vor Augen geführt, wie schutzlos Deutschland auch in der Cyberwelt ist. Die äußere Sicherheit unseres Landes ist massiv gefährdet. Zu wenige Soldaten, zu wenig einsatzbereite Panzer und Kampflugzeuge, zu wenig Zelte, eine U-Boot-Flotte, die jüngst nicht ein einziges einsatzbereites Boot hatte, Marine-Hubschrauber, die nicht über große Wasserflächen fliegen können. Und jetzt Rechner unserer wichtigsten Ministerien, die über Monate mit Schadsoftware infiziert und abgeschöpft wurden. Wenigstens klappt das mit von der Leyens Seminaren für sexuelle Vielfalt in der Truppe reibungslos.




Wenn Israel Freunde braucht, bitte direkt im Weißen Haus anrufen!

Die Entscheidung des US-Präsidenten Donald Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, gefährdet den Friedensprozess. Das habe ich heute Morgen in der Zeitung gelesen. Hä? Was für einen Friedensprozess? Weder der Frieden im Nahen Osten noch die gern zitierte Zwei-Staaten-Lösung gibt es, weil viele Palästinenser und ihre Repräsentanten (trotz Bereitschaft der anderen Seite zu deutlichen Zugeständnissen) Israel vom Erdboden tilgen wollen. Israel behauptet sich als Demokratie nach westlichem Vorbild in einem weitgehend feindlichen Umfeld. Rechtsstaatliche Prinzipien sind dort die Normalität.

Erst im April dieses Jahres hat übrigens Russland Jerusalem ebenfalls als israelische Hauptstadt anerkannt. Aber wenn zwei das Gleiche tun… Sie wissen schon.

Donald Trump hat das Richtige getan. Die Vereinigten Staaten werden ihre Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen, und man kann sich vorstellen, wie viele Mauern und wie viel Stacheldraht dafür aufgebaut werden müssen. Weil die arabische Seite so friedfertig ist, versteht sich.

Deutschland, das in Sonntagsreden und bei Kranzniederlegungen immer zu recht das besondere Verhätnis zum Staat der Juden hervorhebt, versagt auch beim aktuellen Thema. „Die Bundesregierung unterstützt diese Haltung nicht, weil der Status von Jerusalem im Rahmen einer Zwei-Staaten-Lösung auszuhandeln ist“, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Trumps Entscheidung. Sicher weiß man in Israel inzwischen, dass man in Berlin nicht anrufen braucht, wenn man wirklich Freunde braucht. Die Telefonnummer vom Weißen Haus ist ja bekannt…




Bewirbt sich da einer als Außenminister?

Sicherheit und Wohlstand in Europa hängen davon ab, dass Deutschland und Europa mit Russland halbwegs klarkommen. Das hat FDP-Chef Christian Lindner in einem Interview gesagt. Man könne nicht nur die völkerrechtswidrige Annektion betrachten, sagt der Liberale. Und es klingt für mich so ähnlich wie bei manchen europäischen Politiker wie 1937, als es ums Sudetenland ging…

Aber natürlich hat Lindner recht, dass man auch mit einem unberechenbaren Partner wie Putin diplomatisch umgehen muss. jedenfalls hat er die richtigen Worte gewählt. Mal schauen, was er nach dem 24. September werden will…




Sind wir Deutschen noch verteidigungswillig?

Die Grenze zwischen Russland und den baltischen Staaten ist die „verwundbarste Region der Nato“, habe ich gerade in der Welt gelesen. Und weiter: wenn sich jemand in Europa vor Putin fürchten müsse, dann besonders die Esten. Muss man sich vor Putin fürchten? Viele gerade konservative Menschen bestreiten das neuerdings vehement. in Georgien oder die Ukraine findet man möglicherweise eine ganze Menge, die zustimmen würden.

Aber nüchtern betrachtet: die Nato ist nach wie vor die gewaltigste Kriegsmaschinerie auf diesem Planeten. Andere haben bezogen auf ihre Bevölkerung mehr Soldaten oder mehr Panzer, aber so werden Kriege in der Zukunft nicht mehr entschieden. Hochtechnologie, unkonventionelle Taktik, hybride Kriegsführung – das ist die Zukunft. Und der Wille.

Eine aktuelle repräsentative Umfrage unmittelbar vor dem jüngsten Nato-Treffen mit US-Präsident Donald Trump brachte das Ergebnis: 53 Prozent der Deutschen sind demnach dagegen, im Konflikfall in einen Krieg für unsere Partnerländer im Baltikum und in Polen zu ziehen. Kann man einen Krieg führen und sogar gewinnen, wenn die eigene Bevölkerung nicht mitmachen will? Kann man in diesem Teil der Welt einen Krieg gewinnen? Oder einen Krieg überhaupt noch führen?

Ich hoffe sehr, dass sich die Bundesregierung, das Verteidigungsministerium, unsere Streitkräfte und die klugen Köpfe in den politischen Think Tanks mit diesem Problem beschäftigen. Also, als nächstes Projekt, wenn die neuen Uniformen für schwangere Soldatinnen richtig passen.




Meine persönlichen Phasen mit Donald Trump

Die Präsidentschaft von Donald Trump ist auch nach vier Monaten weiter atemberaubend. Mein wechselhaftes Verhältnis zum ambitionierten Milliadär in acht Phasen:

Phase 1: Trump steigt ins Rennen um die Präsidentschaft ein.

Ich halte das zunächst für einen Witz, dann für eine PR-Nummer. Und ich denke nicht eine Sekunde daran, dass er ernsthaft ins Amt des mächstigsten Mannes der Welt gewählt werden will.

Phase 2: Trump steigt in die Arena und kämpft.

Der Mann begibt sich auf die Ochsentour, die ein ernsthafter Kandidat absolvieren muss. Seine Kundgebungen haben Unterhaltungswert und großen Zulauf. Den ersten Gegenkandidaten geht die Puste aus…

Phase 3: Trump schnappt sich die GOP-Kandidatur und ruft weltweit Kopfschütteln hervor.

Donald gegen Hillary: Nicht zu fassen, dass ein so großartiges Land wie die USA keine besseren Kandidaten heraussieben kann. Aber da die Alternative Clinton heißt, können sich Amerikaner zunehmend vorstellen, den Mann wirklich zu wählen. Weil die Alternative noch schlimmer ist.

Phase 4: Der Wahltag.

Am Abend davor bin ich in Italien auf einer Konferenz mit Teilnehmern aus konservativen Organisationen aus zehn Ländern Europas und den USA. Wir trinken Weißwein am Kamin und sind uns einig: Trump hat keine Chance. Am nächsten Morgen werde ich im Hotelzimmer wach. Ich greife zur Fernbedienung, drücke und sehe nur die Gesichter der Moderatoren. Innerhalb einer Sekunde weiß ich: Oh Gott, er hat es geschafft.

Phase 5: Die ersten Tage.

Die unfaire mediale Berichterstattung und die unverholene Hass, nachdem da einer vom Volk gewählt wurde, den das Establishment nicht wollte, zieht mich zunehmend auf Trumps Seite. Demokratie nennt man das auch, wenn einer eine Wahl gewinnt. Und jeder sollte dann die Chance haben, zu zeigen, was er (oder sie) drauf hat.

Phase 6: Die „Hater“.

Ob die schlechten Verlierer in den Vereinigten Staaten, ob die Hassprediger in den sozialen Netzwerken in Europa: Für Konservative ist klar, dass wir Trump jetzt beistehen müssen. Roger Köppel macht in der „Weltwoche“ den Anfang, andere ziehen nach. Lasst Trump in Ruhe arbeiten!

Phase 7: Das Hier und Jetzt.

Der frostige Empfang für die deutsche Bundeskanzlerin in Washington, die Russland-Connection, die schnell zum Rücktritt von Flynn führt, die Frage: Haben Kreml-Geheimdienste aktiv mit Hacker-Attacken und Geld in den US-Wahlkampf eingegriffen? Der stillose Rauswurf des FBI-Chefs. Das mehrfach gefloppte Einreiseverbot und so weiter. So stellt man sich als zivilisierter Mensch einen Präsidenten nicht vor.

Phase 8: Die Zukunft.

Hat Donald Trump eine als US-Präsident? Bei den Demokraten wird unverholen über ein Amtsenthebungsverfahren nachgedacht, republikanische Hinterbänkler erwägen, sich anzuschließen. Und der linksliberale Hetzfilmmacher Michael Moore kündigt an, er werde Trump stürzen. Das ist dann allerdings schon wieder an Grund, den Präsidenten zu unterstützen…

Fortsetzung folgt…




Die neue US-Regierung macht klar, dass sie weiter vorn mitspielen wird

Gut eine Woche ist die neue US-Regierung im Amt, und erstaunlich deutlich zeichnen sich die Konturen der neuen Außen- und Sicherheitspolitik ab. US-Verteidigungsminister James Mattis flog direkt nach Amtseinführung zu den südkoreanischen Verbündeten nach Seoul. Er sicherte ihnen zu, dass die Weltmacht weiter ohne Wenn und Aber an Südkoreas Seite stehen werde und Nordkoreas nukleare Bedrohung für die ganze Region „als Sicherheitsfrage von oberster Priorität“ behandelt werde.

Fast zeitgleich äußerte sich Nikki Haley, die neue US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen (UN), in New York. Es sei „bedauerlich wenn sie gleich bei ihrem ersten Auftritt im UNO-Sicherheitsrat das aggressive Verhalten Russlands verurteilen müsse. Die USA wollten ihre Beziehungen zu Russland ja verbessern. Allerdings erfordere die Lage in der Ostukraine eine klare und scharfe Verurteilung des Verhaltens Russlands. Zugleich betonte Haley, man halte natürlich an den Sanktionen gegen Moskau fest.

Mehrere amerikanische Zeitungen berichten heute, dass wahrscheinlich noch im Laufe dieses Tages Strafmaßnahmen gegen rund 25 iranische Einrichtungen, die am Raketenprogramm des Landes beteiligt sind oder Gruppen unterstützen, die von den USA als terroristisch eingestuft worden sind wie etwa die libanesische Hisbollah, von der Trump-Administration eingeleitet werden. Der Präsident, so berichten die Medien weiter, ziehe im Verhältnis zum Iran mehrere Optionen in Betracht, darunter auch militärische.

Was sagt uns das alles? Die USA haben auch unter ihrem neuen Präsidenten offenbar nicht vor, sich aus dem Weltgeschehen zurückzuziehen. Alle diejenigen, die in verfrühter Vorfreude auf einen Präsidenten, der das schlagkräftigste Verteidigungsbündnis der Welt als „obsolet“ bezeichnet hatte, gedacht haben, man trifft sich hin und wieder beim Wodka und macht ein paar Deals ohne sich um andere Staaten zu kümmern, können aus den vergangenen Tagen etwas Wichtiges lernen.




Die Nato sendet eine Botschaft an den Kreml – zurückhaltend und klug

Das „Morning Briefing“ des Handelsblattes kommt immer passend per Mail zum Morgenkaffee bei mir und vielen anderen Lesern der Zeitung an. Chefredakteur Gabor Steingart schreibt immer ein paar Zeilen zu den wichtigen Themen des Tages, und in der Regel ist es geistreich, was er zu Papier bringt. Heute war das nicht so. Zur angekündigten Verlegung von insgesamt 4.000 Nato-Soldaten in die baltischen Staaten und nach Polen schreibt Steingart:

„Die Nato hat gestern beschlossen, 4.000 zusätzliche Soldaten in Osteuropa zu stationieren. Mit dieser so genannten „Vornepräsenz“ will man Putin beeindrucken. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Der Mann kennt offenbar nicht die Größe des Moskauer Militärapparats (etwa eine Million aktive Soldaten; 2,3 Millionen Reservisten) und versteht wenig von der Psyche der Russen.“

Ganz davon abgesehen, dass sich das westliche Verteidigungsbündnis bei Erfüllung ihrer Aufgabe keineswegs daran orientieren sollte, ob die russische Psyche gerade wohlgestimmt ist oder nicht, ist die Überlegung des Kollegen Steingart Milchmädchen-Strategie. Wer die Erklärung der Nato zu der Truppen-Verlegung gelesen hat, der sollte wissen, dass die Nato keineswegs vorhat, Putins Millionenheer mit 4.000 Soldaten im Ernstfall quasi zurückzuschlagen. Der Handelsblatt-Chef – bei allem Respekt – sollte bemerkt haben, dass die Maßnahme überaus klug ist. Denn das Bündnis verlegt, zunächst zeitlich begrenzt, multinationale Kontingente ins Baltikum und Polen. Soldaten aus Großbritannien, Frankreich, Deutschland und den USA – militärisch ein anderes Kaliber als die zwar stolzen und freiheitsliebenden Kleinstaaten Litauen, Lettland und Estland. Und auch Polen. Ein russischer Angriff auf diese Soldaten wäre de facto ein Angriff auf diese – unsere – Länder, darunter drei Atommächte. Würde Putin das wagen? Die Nato ist etwas anderes als die völkerrechtswidrige Einverleibung der Krim. Tatsächlich ist die Entscheidung der Nato strategisch klug, vom Umfang her äußerst zurückhaltend und alles andere als ein kriegerischer Akt. Es ist nichts weiter als eine Botschaft an den Kreml, eine Grußkarte sozusagen. Liebesgrüße nach Moskau.




Neuer Angriff der „Freunde“ unseres Landes

Eine neue Hacker-Attacke auf Rechner von Parteien und Bundestag ist aufgeflogen. Abgeordnete und Mitarbeiter verschiedener Parteien erhielten am 15. und 24. August E-Mails, mit den Absender Nato-Hauptquartier. Wer den beigefügten Link anklickte, aktivierte eine Spähsoftware. Etwa zwei Wochen lang hatten Hacker Zugriff auf die infizierten Computer und sämtliche Dateien. Das Cyber-Abwehrzentrum der Bundesregierung hat die Fraktionen des Bundestages gestern ausführlich über den Angriff informiert. Offenbar gelang es dieses Mal – anders als in ähnlichen Fällen – die Attacke frühzeitig zu entdecken. Die deutschen Sicherheitsbehörden identifizierten die Angreifer als eindeutig in Russland ansässig. Klar, Russland meint es ja gut mit uns, wie ich in diesem Forum immer mal lese. Ein guter Freund der Deutschen sozusagen, ganz anders als die böse NSA der Amis. Wie naiv muss man eigentlich sein…




Warum mich die Olympischen Spiele 2016 nicht die Bohne interessieren

Falls Sie es noch nicht bemerkt haben: in Brasilien sind Olympische Spiele. Als ich ein kleiner Junge war, gab es außer der Fußball-Weltmeisterschaft nichts Größeres. Noch heute habe ich vor Augen, wie Ulrike Meyfarth zu ihrem Gold-Hochsprung anlief. Magische Momente, von denen mir viele noch heute mühelos einfallen, wenn ich die fünf bunten Ringe irgendwo sehe. Über die Jahre hat mein Interesse gelitten, gebe ich zu. Rhythmische Sportgymnastik, Dressurreiten oder Bogenschießen – das ist nicht wirklich meine sportliche Welt. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich zwei Tage vor Beginn einer Olympiade noch völlig desinteressiert sein konnte – wenn es dann losging und ich die ersten Wettkämpfe im Fernsehen sah, sprang der Funke über. Egal was gerade lief – ich war bis weit nach Mitternacht dabei.

Diesmal ist es anders. Das schillernde bunte Eröffnungsfest in Rio, die Sportler aus aller Welt, das Entzünden der Fackel – es erhöht meinen Blutdruck nicht eine Sekunde. Bundespräsident Gauck ist nicht nach Rio gereist (Krankheit), Bundes-Sportminister de Maiziere hat wegen anderer wichtigen Termin abgesagt. Und mich interessiert das Spektakel in Südamerika nicht die Bohne.

Wie kommt das eigentlich, habe ich mich gefragt. Sport interessiert mich immer noch sehr, der Kampf der Besten aus allen Ländern der Welt um Medaillien und Ruhm müsste mich eigentlich faszinieren, in einen Rausch versetzen. Doch da ist nichts.

Ich glaube, es liegt an den Begleitumständen, an den Berichten, die vielen Sportfreunden den Spaß an der Sache verleiden. Epidemieforscher haben gewarnt, dass die Olympischen Sommerspiele die Ausbreitung des Zika-Virus über den ganzen Globus vorantreiben könnte. Die brasilianische Regierung riet schwangeren Frauen sogar davon ab, nach Brasilien zur Olympiade zu kommen. Und dann die hohe Kriminalität in Rio, eine latente Gefahr für jeden Besucher. Gestern Morgen hörte ich im österreichischen Radio ein Interview mit einer Wassersportlerin, die in Rio ist. Sie berichtete von Müll, der im Wasser schwimme und von Papierfetzen, die aussähen, als seien sie Klopapier. Die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) hatte 2015 die Wettkampfstätten der Freiwasserschwimmer, Kanuten, Ruderer, Segler, Triathleten und Windsurfer vom Virologen Fernando Spilki untersuchen lassen. Sämtliche untersuchte Austragungsorte wiesen eine derart schlechte Wasserqualität aus, dass sie die Gesundheit der Athleten gefährden und Krankheiten wie Durchfall, Erbrechen und Atemwegserkrankungen auslösen können.

Und dann das Theater um Russland, das als Land eine Goldmedaille für dreistesten staatlich organisierten Doping verdient hätte. Dutzende wurden gesperrt, viele durften hin – nur nicht diejenige, die die skandalösen Machenschaften in Putins Reich aufgedeckt hatte. Die sperrte man vom Wettkampf aus – gleich für zwei Jahre. Ausgerechnet sie wurde gesperrt, weil sie früher Teil des Doping-Kartells in Russland war. Nehmen wir mal an, es wäre in Finnland oder Nigeria aufgeflogfen und nachgewiesen worden, dass bewusst und gewollt Heerscharen von Sportlern für Wettkämpfe fittgespritzt wurden. Was hätte das IOC getan? Jede Wette: diese Länder, diese Mannschaften wären für die Olympiade gesperrt worden. Aber wie schon George Orwell in seinem berühmten Roman „Animal Farm“ schrieb: „Alle Schweine sind gleich, aber einige sind gleicher als andere.

Und Thomas Bach, ein persönlicher Freund von Kreml-Chef Putin, der den meisten russischen Sportlern den Zugang zu den Olympischen Spielen in Brasilien geebnet hat? Bach ist eine Schande für den internationalen Sport.




Zu wenig Geld, zu wenig Realitätssinn – die NATO steht vor einem Umbruch

Das Büro der Friedrich-Naumann-Stiftung in Brüssel ist eine eher kleinere Einrichtung, die man neudeutsch als „Think Tank“ bezeichnen darf, und die der FDP nahe steht. Gestern jedoch ist dem Leiter des Büros, Hans H. Stein, etwas Besonderes geglückt. Sechs Wochen vor dem NATO-Gipfeltreffen der Staatschefs von 28 Ländern in Warschau hatte er 150 Teilnehmer zu einem – auch neudeutsch – „Pre-Summit Briefing“ versammelt. Dazu als Diskussionsteilnehmer den amerikanischen NATO-Botschafter Douglas E. Lute, den deutschen NATO-Botschafter Dr. Hans-Dieter Lucas, aus Polen den Politologen und liberalen Politiker Dr. Bartolomiej E. Nowak und ebenfalls aus Polen Renata Zaleska, NATO-Expertin für Afghanistan. Besonders ist das, weil es die einzige größere Veranstaltung dieser Art im Zentrum der EU zu diesem Thema vor dem überaus wichtigen Treffen in Warschau ist.

Der NATO-Gipfel am 8. und 9. Juli wird eine Zäsur des westlichen Verteidigungsbündnisses bringen, da waren sich die Diskussionsteilnehmer einig. Der deutsche Botschafter Hans-Dieter Lucas sprach gar von „fundamentalen Fragen der Verteidigungsfähigkeit“ Europas. Ja, das Bündnis, das 40 Jahre lang Frieden und Freiheit in Europa gesichert hat, ist träge geworden in den Jahren nach dem Kalten Krieg. Eine neue Ära wollte man nach den Umbrüchen 1989 und 1990 entdeckt haben. Wir alle sind fortan Freunde, auch die früheren Gegner aus den Warschauer Pakt-Staaten um Russland, die zu einem beachtlichen Teil selbst in das Lager des Westens „rübermachten“.

„Out of Area“ lautete in den folgenden 25 Jahren die Marschrichtung. Der Krieg auf dem Balkan, Afghanistan, wo bis heute 13.000 Soldaten der NATO-Staaten im Einsatz sind, beschäftigten und beschäftigen die Bündnis-Manager. Doch nun ist eine neue Phase angebrochen. Flüchtlingskrise, Internationaler Terrorismus, der längst kein regionales, sondern ein globales Problem ist, und die neue aggressive Politik Russlands sind die neuen Herausforderungen für das Bündnis. Und das vor dem Hintergrund dramatischer Budget-Kürzungen der Mitgliedsstaaten, von denen kein einziger die finanzielle Selbstverpflichtung des vergangenen Gipfels in Wales 2014 eingehalten hat. Dougles Lute appellierte an die Staaten der NATO, angesichts zunehmender Instabilität und dem „aggressiven Nachbarn im Osten“, mehr Geld aufzuwänden, um das Büdnis zu modernisieren, aber nicht zu einem Kalten Krieg zurückzukehren.

Es war Bartolomiej E. Nowak von der größten polnischen Oppositionspartei, der Salz in die Suppe der Harmonie schüttete. Verständlich, den Polen ist direkter Nachbar Russlands und hat daher eine andere Sichtweise auf die Dinge als Paris oder Washington. „Ich würde begrüßen, wenn Russland unser Partner wäre“, bekräftigte er, aber „Russland hat alle Regeln gebrochen, die ein Land überhaupt brechen kann. Und das verlangt nach einer Antwort.“ Was bedeuten die Solidaritätsbekundungen praktisch für die baltischen Staaten und Polen? Wie muss die NATO auf den hybriden Krieg reagieren, den der Kreml heute bereits aktiv führt? Durch Cyber-Attacken gegen westliche Regierungen und übrigens auch gegen politische Stiftungen in Brüssel. Durch „Touristen“, die ohne Hoheitsabzeichen an ihren Uniformen in Nachbarländer einmarschieren? Die mit Desinformationen die Öffentlichkeit in den westlichen Ländern verunsichern wollen. Auch eine junge Frau von einer ukrainischen Lobby-Organisation bei der EU spitzte die Ängste der russischen Nachbarstaaten zu. „Es wäre gut, wenn man in Europa nicht einem Wunschdenken folgt, sondern endlich beginnt, die Wirklichkeit anzuerkennen.“

Der NATO-Gipfel in Warschau wäre der richtige Zeitpunkt, damit anzufangen.