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Saarland-Wahl: Die SPD triumphiert, die CDU steht am Abgrund

Die Wähler haben entschieden, das Ergebnis ist eindeutig. Nach über 20 Jahren ist die SPD die klar stärkste Partei im Saarland. Neue Ministerpräsidentin wird die bisherige Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger. Noch-Ministerpräsident Tobias Hans, ein blasser Apparatschik, erlebt mit seiner CDU einen Absturz von bisher 40,7 Pozent unter Amtsvorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer auf jetzt 27,5 Prozent. Die Union wurde gnadenlos abgestraft, während die Sozialdemokraten, auf die noch vor zwei Jahren in Deutschland kaum einer einen Pfifferling gesetzt hätte, nach dem Erfolg bei der Bundestagswahl nun auf der Überholspur mit einem Plus von mehr als 13 Prozent rast.

Die Zahlen aus dem Saarland sind auch für den CDU-Chef Friedrich Merz eine ganz bittere Nachricht, wenngleich sich das Desaster ja bereits seit Wochen abzeichnete. Deutschland von einer schweren Krise in die nächste – da wenden sich viele Wähler automatisch denen zu, die die Macht in Berlin haben, die gravierende Entscheidungen treffen, die ihre Hand am Geldhahn haben, und die den entweder auf- oder zudrehen können. Erinnern Sie sich noch: Jens Spahn war vor zwei Jahren mal der beliebteste Politiker Deutschlands und galt als Kanzler-fähig.

Die Zahlen sind noch nicht komplett, vieles hängt davon ab, wie die kleinen Parteien abschneiden. Die FDP wackelt auf genau fünf Prozent im Moment, die Linke – bei der vergangenen Wahl noch mit 12,8 Prozent fett dabei – ist nach der knallharten Abrechnung und dem Austritt ihres Gründervaters Oskal Lafontaine, der ja sogar mal SPD-Ministerpräsident im Saarland war und dort parteiübergreifend in allen Milieus hochgeschätzt ist, komplett erledigt: 2,6 Prozent – das war’s dann wohl. Die Grünen und die AfD sind sicher wieder im Landtag, wobei die an der Saar traditionell weit rechts angesiedelte AfD das traurige Kunststück vollbrachte, vor lauter internen Streitereien keine eigene Landesliste vorlegen zu können. Das muss denen erst einmal einer nachmachen.

Anke Rehliner, bisher schon Wirtschaftsministerin, wird nun in die Staatskanzlei einziehen. Die Juristin ist damit eine von vier SPD-Frauen an der Spitze von deutschen Bundesländern. Und die Grünen sind nach diesem Wahltag nun wieder in allen 16 Landtagen vertreten.

Was bedeutet dieses Wahlergebnis an der Saar?

Nach 23 Jahren CDU-Herrschaft wird man im Konrad-Adenauer-Haus spätestens jetzt endgültig begreifen, dass auch ein erkennbar angriffslustiger und rhetorisch starker Spitzenmann in Berlin der CDU nicht die Rückkehr auf die Erfolgsspur gerantieren kann. In diesem Jahr werden noch Landtage in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gewählt. In zweien dieser Länder regieren CDU-Ministerpräsidenten…noch. Und in Niedersachsen sind sie als Juniorpartner der SPD auch in der Landesregierung dabei. Das kann ein ganz schlimmes Jahr werden nach vielen ganz schlimmen Landtagswahlen für die Union in den vergangenen Jahren der Merkelschen „Modernisierung“.

Und von der CSU will ich gar nicht anfangen jetzt. Einst die Bastion der Konservativen in der Union, heute unter Markus Söder droht selbst im Land der Glückseligen – in Bayern – der totale Absturz.

Die SPD feiert sich selbst an diesem Abend, und das ist verständlich. Generalsekretär Kevin Kühnert ist sicher: «Das gibt uns wahnsinnigen Rückenwind.» Kein Zweifel.

Aber welche Mehrheit wird jetzt eigentlich das Saarland regieren? Vorhin hieß es, sogar eine absolute Mehrheit der Sitze sei für die Sozis drin, und die Grünen stehen sowieso bereit, wenn sie angerufen werden. Und natürlich wäre rechnerisch sogar eine Koalition von SPD und gedemütigter CDU möglich. Aber das kann wirklich niemand wollen, der es irgendwie noch gut mit der Union meint.

Die CDU denkt ja immer, sie sei quasi zum Regieren berufen. Schon ihre Entscheidung, in Baden-Württemberg als Juniorpartner der Grünen ins Kabinett einzutreten, war ein katastrophaler Fehler, den jetzt jeder jeden Tag im Ländle sehen kann. Baden-Württemberg, das war einmal eine der Hochburgen der CDU in Deutschland, ein Garant für Mehrheiten. Und wenn Bürgerliche, Handwerker, Anwälte, Facharbeiter beim Daimler mal unzufrieden waren, dann wählten sie aus Protest halt FDP. Gute alte Zeit, kann man da nur sagen. Heute lachen sie in Stuttgart über diese CDU.

Das Saarland ist nicht Nordrhein-Westfalen, ein kleines Bundesland hat gewählt, von dem Außenstehende gar nicht begründen könnten, warum es überhaupt ein Bundesland sein muss. Kein Beinbruch also, aber ein Warnsignal insbesondere für die CDU. Mit der Wahl von Friedrich Merz im dritten Anlauf an die Spitze ist nicht automatisch alles gut. Die traditionsreiche Partei Adenauers und Kohls muss sich wieder neu erfinden, aber dieses Mal auf einem klaren Wertefundament und mit einer Politik, wo nicht nur CDU draufsteht, sondern auch CDU drin ist. Und mit überzeugenden Köpfen, die auf jeden Fall ganz anders sein sollten als Tobias Hans.

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Vom Rassismus bei der Partnerwahl

Ich habe den Eindruck, so langsam drehen alle durch.

Die Neue Züricher Zeitung (NZZ), auch bekannt als das „neue Westfernsehen“, berichtet gerade – wie eigentlich alle wichtigen Medien weltweit – über das Thema Rassismus. Verständlich nach dem tragischen Tod von Herrn Floyd und den folgenden Straßenschlachten. Vor wenigen Tagen widmete sich die bürgerliche Qualitätszeitung aus der Scheiz der Frage:

Ist Liebe rassistisch?

Allen Ernstes. Nun bin ich ein alter, weißer Mann und obendrein noch ein Romantiker, der grundsätzlich an die große Liebe glaubt. Obwohl ich das Leben eigentlich kennen sollte. Aber mit dieser Frage nach dem Rassismus der Liebe hatte ich mich vorher noch nie beschäftigt.

Die NZZ will tatsächlich herausfinden: Wenn Du weiß bist und noch nie einen dunkelhäutigen Partner hattest – liegt das dann daran, dass Du in rassistischen Denkmustern gefangen bist? Darauf muss man erstmal kommen, oder?

Ich meine, es könnte auch daran liegen, dass – zumindest jetzt noch – die weitaus meisten Bürger in Deutschland helle Haut haben. Und – jetzt halten Sie sich fest – die meisten von ihnen haben Zeit ihres Lebens statistisch nur 5,7 Sexualpartner gehabt. Das fand das Marktforschungsinstitut GfK im vergangenen Jahr heraus. Und weil meine Leser hier nicht nur besonders liebenswert und intelligent sind, sondern auch über einen ausgeprägten Humor verfügen, will ich Ihnen – off topic – eine kleine Information nicht vorenthalten: Es gibt auch beim Geschlechtsverkehr in Deutschland regionale Unterschiede.

Die Hamburger sind dabei mit zehn Sexualpartnern klar die Nummer 1. Auf Platz 2, und das freut mich irgendwie, die Thüringer mit 7,6. Lustiges Völkchen da, nicht nur an der Wahlurne. Auf dem letzten Platz übrigens das Saarland (3,2), ganz schwach auch Brandenburg (4,8). Das tut eigentlich nichts zur Sache, aber ich musste ein wenig dabei schmunzeln, und warum, das sage ich Ihnen ganz sicher nicht. Denken Sie sich Ihren Teil selbst.

Aber zurück zum Rassismus. Wenn die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung weiß ist, warum soll ich dann als Weißer unbedingt eine Partnerin finden müssen, die eine dunkle Hautfarbe hat. Wenn es sich zufällig ergibt, schön. Aber ist das ein gesellschaftliches Thema? Muss man, wenn man zum Speed-Dating geht, demnächst ein Büchlein mit einer Farbpalette dabei haben, um abgleichen zu können, ob man im Trend liegt. Und was ist mit Sexualpraktiken? Gibt es da auch demnächst politisch korrekte Vorgaben? Nach dem Motto: Herr Kelle, Sie hatten in ihrem Leben – sagen wir jetzt mal X – Geschlechtspartner. War da auch ein Homosexueller dabei? Nicht? Dann sind Sie wohl homophob!

Wie zu Beginn erwähnt – dieses Land wird immer seltsamer. Haben wir eigentlich keine anderen Probleme als die Hautfarbe unserer Geschlechtspartner?




Der Rechtsstaat funktioniert noch immer

In Zeiten, in denen eine Bundeskanzlerin mit einem Telefonanruf aus Südafrika das rechtmäßige Ergebnis einer Wahl in Thüringen „rückgängig“ machen kann, darf man mit Fug und Recht Zweifel hegen, ob in unserem Land noch alles rechtsstaatlich zugeht. Aber es gibt eben auch Lichtblicke wie heute im Saarland. Dort hat das Verfassungsgericht der Eilklage eines Bürgers stattgegeben und angeordnet, die Einschränkungen für die Bürger im Zuge der Corona-Bekämpfung SOFORT deutlich zu lockern. Ein hochgeschätzter Kollege der BILD ätzte am Nachmittag auf Facebook, nun könne man im Saarland seine Eltern auch wieder privat besuchen und nicht nur mit Abstand beim Autohändler treffen.

Das Urteil – ich weiß, dass das Saarland klein ist – widerlegt aber die vielen Verbalrabulisten, die tagtäglich in den Sozialen Netzwerken von der kurz bevorstehenden Diktatur schwurbeln und Vergleiche zwischen dem heutigen Deutschland und der Endzeit der DDR ziehen. Hätte dort ein einzelner Bürger vor Gericht gegen staatliche Großmaßnahmen klagen und dann auch noch gewinnen können? Ganz sicher nicht. Es knirscht an vielen Ecken und Enden, aber unser Rechtsstaat ist noch nicht verloren.




Was wir aus dem gestrigen Wahlabend lernen können

Die Landtagswahl im Saarland hat uns allen überraschende Erkenntnisse gebracht.

Demoskopen Noch am Freitag flatterte eine Agenturmeldung mit der Überschrift „Kopf-an-Kopf-Rennen im Saarland“ in unsere Redaktion. Bei der ersten Trendmeldung um 18.01 Uhr gestern lag die CDU fast zwölf Prozent vor der SPD. Kopf an Kopf sieht anders aus.

Volksparteien Die Binsenweisheit, dass Wahlen immer in der Mitte gewonnen werden, bewahrheitete sich gestern Abend besonders deutlich. Hatten wir uns in den vergangenen zwei Jahren daran gewöhnt, dass vorrangig die AfD Nichtwähler in großer Zahl zu mobilisieren versteht, so war es gestern die CDU, die abgewanderte Wähler in Scharen zurückholte. Auf Platz zwei: die SPD. Das Ende der „Systemparteien“, von manchen Aktivisten an den Rändern herbeigesehnt, ist mal wieder abgesagt.

RechtsLinks Die starke Mobilisierung der Unions-Wähler im Saarland wird darauf zurückgeführt, dass selbst bürgerliche Wähler, die mit ihrer Partei aus anderen Gründen hadern, keine „DDR light“ im kleinsten Flächenland wollten, also eine Beteiligung der SED-Nachfolgepartei an der Regierung. Diese reale Gefahr, dass es eine Mehrheit aus SPD und Linke geben könnte, brachte viele Menschen zurück ins Wahllokal. Und das mäßige Abschneiden der AfD an der Saar ist ohne Zweifel dem langen innerparteilischen Streit dort und den „Kontakten“ mit dubiosen Rechtsaußen geschuldet. Das Wahlvolk will keinen Streit und keine Radikalen. Gruß an dieser Stelle an Herrn Höcke!

Grüne Die Öko-Partei ist im Saarland aus dem zweiten Landtag geflogen, und das ist auch gut so. Zu weit weg von der Lebenswirklichkeit der Bürger, zu besserwisserisch, zu abgehoben. Das braucht kein Mensch.

Annegret Die Wahlsiegerin in Saarbrücken heißt Annegret Kramp-Karrenbauer, eine Landesmutter, die so gar nicht mütterlich daherkommt, aber offensichtlich die Herzen vieler Menschen an der Sahr erwärmt hat. Klug, eloquent, schlagfertig schaffte sie, was kaum einer für möglich gehalten hat: einen beeindruckenden Wahlsieg, den man so nicht einmal im Adenaer-Haus in Berlin erträumt hatte. Und im Superwahljahr 2017 hat sie die angeschlagene Kanzlerin und Parteivorsitzende Angela Merkel zurück ins Spiel gebracht. Und sich selbst natürlich, denn Kramp-Karrenbauer gehört seit gestern Abend zur A-Liga ambitionierter Unions-Politiker. Eine, die frisch daherkommt, eine für die Zukunft.