Russische Propagandamärchen aus Azovstal
In russland-gesteuerten Internet-Blogs wird seit gestern kolportiert, dass bei der Gefangenname der ukrainischen Kämpfer aus dem Stahlwerk Azovstal vier Offiziere aus NATO-Staaten in die Hände der russischen Armee geraten seien sollen. Bisher hat kein einziges seriöses Medium aus irgendeinem Land dieses eigentlich heiße Thema aufgegriffen
Bei den angeblich internierten westlichen Offizieren soll es sich um die Amerikaner Roger Cloutier und Eric Olsen, den Kanadier Trevor Cadieu und den Briten John Bailey handeln. Ich habe keinen Zweifel, dass es westliche Berater gibt, die auch jetzt zur Unterstützung der ukrainischen Verteidigungskräfte in dem Kriegsland gibt. Ich bin froh, wenn das so ist. Aber haben die wirklich wochenlang in den Bunkern unter dem Stahlwerk in Mariupol gehockt?
Es gibt nach meinen und unseren (TheGermanZ) Recherchen bisher keinen Beweis dafür, dass NATO-Offiziere gefangengenommen wurden.
Ein Foto, das weit verbreitet worden ist und angeblich Eric Olsen zeigen soll, ist definitiv nicht diese Person. Es handelt es sich bei der abgebildeten Gruppe Kriegsgefangener um ukrainische Soldaten, die vor einigen Wochen in Luhansk gefangen genommen wurden. 300 Kilometer von Azovstal entfernt. Alexey Maishev, der das Foto am 14. April 2022 aufnahm, identifizierte die ukrainische Kriegsgefangenen, als Soldaten, die damals gezwungen wurden, an einer Gedenkveranstaltung für die Menschen teilzunehmen, die 2014 in Luhansk getötet wurden.
Internet-Rechercheure fanden heraus, dass es in der britischen Armee keinen Oberstleutnant namens John Bailey zu geben scheint. Es gibt einen Lieutenant Colonel John Bailey, aber er ist ein Divisionsleiter der Sicherheitsoperationen der US Navy mit Sitz in Virginia/USA.
Was vor allem dagegen spricht, dass NATO-Offiziere in Gefangenschaft der russischen Armee sind, ist, dass die das nicht selbst behaupten.
Für Russland wäre es ein internationaler Propagandaerfolg, wenn sie beweisen könnten, dass NATO-Soldaten direkt in die Kämpfe um Mariupol verwickelt waren. Das ist aber offensichtlich nicht der Fall. Tatsächlich hatte Russland in dem Konflikt vorher zwei britische Freiwillige gefangennehmen können: Shaun Pinner und Aiden Aslin. Die beiden Männer wurden am gleichen Abend im russischen Fernsehen vorgeführt wie Zootiere. Hätte sich Moskau die Chance entgehen lassen, hochrangige amerikanische NATO-Officiere ebenso vorzuführen?
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