Eine einzigartige Frau hat uns verlassen

Haben Sie auch das Gefühl, dass heute irgendetwas grawierend anders ist? Der Tod der britischen Königin Elisabeth II, die mehr als 70 Jahre auf dem Thron des Vereinigten Königsreichs saß und gleichzeitig Staatsoberhaupt vieler ehemaliger Commonwealth-Staaten war, hinterlässt eine Lücke, die kaum jemals zu schließen sein wird. So unvergleichlich, so pflichtbewusst, so patriotisch – eine Lichtgestalt für die ganze Welt. Gerade, wenn man vergleicht, wer da sonst noch zu den Mächtigen gehört derzeit.

Zu den Mächtigen? Ja, mächtig durch ihre Persönlichkeit und ihren Status, durch ihre Besonnenheit und Contenance, nicht durch einen Roten Knopf mit Atomraketen, nicht durch Soldaten, sondern einfach, weil sie so war, wie sie war. Eine Mutter für die ganze Welt.

Ihr Tod, obwohl mit 96 Jahren nicht überraschend, macht mich traurig. Meine Mutter Waltraud, die vor drei Jahren im Alter von 93 Jahren starb, hatte äußerlich eine erstaunliche Ähnlichkeit zur britischen Monarchin. In meinem Elternhaus gab es Bücher über die Windsors, Bildbände über Lady Di, bedruckte Porzellantasssen mit dem königlichen Paar aufgedruckt – damals Charles und Diana. Wir aßen britische Kekse zum Afternoon-Tea, Scones und clotted cream, und wenn was los war in der Windsor-Sippe, musste ich freitags zum Zeitungsladen fahren, um Berge dieser billigen bunten Blättchen ranschaffen, um nur nichts zu verpassen im Buckingham-Palast.

Ich wünsche König Charles III alles Gute, nach Jahrzehnten in Wartestellung tritt er jetzt in die Fußstapfen seiner Mutter, die so groß sind, dass niemand sie ganz ausfüllen könnte. „Als wäre der Mond plötzlich weg“, titelt heute die BILD. Eine geniale Schlagzeile (wieder einmal), die es auf den Punkt trifft.

Rest in Peace, Madam!

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Nun soll auch persönliche Trauer sozialisiert werden

Kein Tag vergeht derzeit, ohne dass in Artikeln und Internetbeiträgen beklagt wird, dass so viele Deutsche sichtbar mit Frankreich und den Opfern von Paris trauern, ohne die gleiche Empathie auch für die jüngsten Opfer von Beirut oder die russischen Opfer des Verkehrsflugzeuges zu zeigen, die wohl ebenfalls Opfer eines Terroranschlages wurden. Auch meine Tochter kam gestern mit diesem Argument, nachdem sie mir von der Schweigeminute an ihrer Schule erzählt hatte. Die Frage ist berechtigt, aber ebenso einfach zu beantworten. Natürlich sind Menschen durch Tragödien immer dann besonders bewegt, wenn die sich in ihrer Nähe oder ihrem Umfeld ereignen. Ein Überfall auf ein Familienmitglied oder einen Nachbarn schockiert und bewegt doch jeden Menschen mehr als die morgendliche Zeitungsmeldung über den Überfall auf einen unbekannten Menschen irgendwo in der Stadt. Wollte man über jedes Leid, das sich täglich irgendwo auf dieser Welt ereignet, trauern, wäre man im depressiven Dauermodus. Soll doch jeder so trauern, wie er oder sie es wirklich empfindet. Ob man eine französische Nationalflagge über sein Profilfoto bei Facebook legt – wie es sehr viele getan haben – oder nicht, was geht das eigentlich andere an? Inmitten von Political Correctness und der 24-Stunden-Volkserziehung, die uns an manchen Tagen umgibt, kommen nun Mitbürger und wollen uns Vorschriften darüber machen, für was wir wann und wie zu trauern haben. Irgendwann reicht’s auch mal.