Die Ukraine wird sich nicht ergeben…warum auch?

Die Videoansprache des ukrainischen Präsidenten Selenskyj heute Morgen an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages war bewegend, sie war ein leidenschaftlicher Appell besonders an uns Deutsche, seinem Land in dieser schlimmen Notsituation zu helfen. Nun können Sie sagen: Ja, was will der Mann denn, wir haben doch schon gebrauchte Schutzhelme und verschimmelte Flugabwehrraketen geschickt, aber ich weiß, Sie verzeihen mir diesen kleinen Zynismus.

Tatsächlich haben wir in Deutschland inzwischen etwa 300.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen, und es werden noch deutlich mehr. Die nicht staatlich organisierte Hilfsbereitschaft aus der Bevölkerung ist dabei ungleich höher als 2015, wie ich in unserem persönlichen Umfeld gerade erlebe.

Und ja, die 1000 Panzerfäuste und besonders die 500 Stinger-Raketen aus Bundeswehr-Beständen helfen den tapferen Streitkräften der Ukraine, wie man am Kriegsverlauf der vergangenen drei Wochen auch deutlich erkennen kann. Deshalb ist es geradezu perfide, wenn aus den Kreisen derjenigen, die immer noch Wladimir Putin für einen Mann mit edlen Absichten halten,  jetzt von dem angegriffenen Land zu fordern, aus „humanitären Gründen“ die Verteidigungswaffen niederzulegen. Auf so etwas muss man erstmal kommen.

Selenskyj vorhin an unsere Abgeordneten wörtlich:

«Russland bombardiert unsere Städte und zerstört alles, was in der Ukraine da ist. Das sind Wohnhäuser, Krankenhäuser, Schulen, Kirchen, alles. Mit Raketen, mit Luftbomben, mit Artillerie. In drei Wochen sind sehr viele Ukrainer gestorben, Tausende. Die Besatzer haben 108 Kinder getötet, mitten in Europa, bei uns im Jahre 2022.»

Dieses Land wird sich nicht ergeben.




Eine Woche Krieg in der Ukraine: Ein geschundenes Land, Sanktionen und die Nato ist zurück

Die 156 Meter lange Jacht „Dilbar“ des russischen Oligarchen Alischer Usmanow liegt für Reparatur- und Wartungsarbeiten in einem Dock der Werft Blohm + Voss in Hamburg. Medien berichteten, das 600-Millionen-Dollar teure Schiff sei von den Behörden in Hamburg im Rahmen der europaweiten Sanktionen gegen russische Superreiche beschlagnahmt worden. Aber das ist nicht so, denn der Hamburger Senat kann das gar nicht entscheiden. Zuständig sind das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin und die Generalzolldirektion in Bonn.

Usmanows Yacht liegt also erstmal da herum, und dass der Mann als beinharter Unterstützer des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt, macht die Sache in diesen Zeiten auch für ihn nicht besser.

Der Krieg, den Putin in der Ukraine angezettelt hat, beschäftigt zunehmend auch das benachbarte Europa und damit Deutschland, die 14 osteuropäischen Nato-Mitgliedsländer ebenso wie die 16 angestammten westlichen Nato-Staaten. Und die ganze Welt ist empört über das zunehmend irrationale Vorgehen Russlands.

Nie wurde das so deutlich wie gestern in der Vollversammlung der Vereinten Nationen. 141 der 193 Mitgliedsstaaten stimmten der Resolution zu, mit der Russland zur sofortigen Einstellung der Kampfhandlungen gegen die Ukraine aufgefordert wurde, 35 Mitgliedsländer enthielten sich und ganze fünf auf diesem Planeten stimmten gegen die Resolution: Russland selbst, Belarus, Syrien, Nordkorea und Eritrea. Na, herzlichen Glückwunsch, möchte man da Moskau zurufen bei diesen Verbündeten.

Interessant ist auch, dass sich die Atommächte China und Indien enthielten, weil doch unsere Putin-Fans ganz sicher sind, dass „der Chinese“ natürlich auf Seiten Russlands steht gegen den verhassten Westen. Ich denke nicht, dass China so kalkuliert, weil die ganz eigene Gedanken über die zukünftige Weltordnung und die eigene Rolle darin haben. Aber lassen wir das Spekulieren.

Die Ukraine kann alleine – auch mit Waffen aus Deutschland – diesen Krieg nicht gewinnen. Sie kann den Preis für spätere Verhandlungen hoch treiben, und das macht Präsident Selenskyj bisher bravourös. Heute fanden in Belarus zum zweiten Mal Friedensgespräche zwischen den Kriegsparteien statt, ohne dass irgend etwas in Sachen Frieden tatsächlich vereinbart wurde. Wer hätte das auch ernsthaft erwartet?

Immerhin man einigte sich auf humanitäre Korridore, um die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln im Kriegsgebiet sicherzustellen. Und um den sicheren Abzug von Zivilisten zu ermöglichen, die nur noch raus wollen. Angeblich haben bereits eine Million Menschen die Ukraine verlassen, 500.000 von Ihnen sind in Polen untergekommen. Großen Respekt vor unseren Nachbarn!

Wenn jemand einen Krieg beginnt, gibt es immer drei Möglichkeiten, wie sich die direkten Nachbarn verhalten können.

Wegsehen und nichts tun? Das ist für niemanden in diesem Konflikt eine Option. Militärisch eingreifen? Dafür gibt es keine Grundlage, weil die Ukraine nicht Mitglied der NATO ist und auch überhaupt niemand im Westen einen Krieg mit der Atommacht Russland führen will. Selbst wenn in einem solchen Fall – was sehr wahrscheinlich ist – die NATO die Oberhand behielte, wäre unser ganzer Kontinent eine einzige Trümmerwüste und es gäbe vielleicht Millionen Todesopfer, wenn überhaupt jemand überlebt. Das will Putin auch nicht, wird dann gesagt, doch Putin macht seit Wochen Dinge, von denen alle angenommen haben, er würde es nicht tun.

Die dritte Möglichkeit erleben wir gerade. Viele Länder beschließen gemeinsam, den Aggressor zu bestrafen oder/und zum Einlenken zu bewegen, durch Nadelstiche unterhalb der Schwelle eines heißen Krieges. Geldvermögen einfrieren, Reisemöglichkeiten beschränken, Geschäftesbziehungen abbrechen, internationalen Zahlungverkehr massiv einschränken, Technologietransfer unterbinden. Das schafft wenig Freude im Land des Aggressors, erst rückt man auch da natürlich demonstrativ zusammen. Denn wer will schon das eigene Land verraten?

Aber auf Sicht, wenn die Sanktionen wirken, wenn einflussreiche Oligarchen nicht mehr an ihre Vermögen (oder Yachten) kommen, sie ihre Kinder auf teuren Privatschulen in London und ihre Geliebten in Luxusappartments nicht mehr besuchen können, dann nervt das irgendwann. Und genervte aber einflußreiche Oligarchen wollen irgendwann auch, das das mal endet. Ob dieser Plan aufgeht? Ich weiß es nicht, aber es ist ein Plan.

Womit ich wirklich große Bauchschmerzen habe, das sind Einschränkungen für russische Bürger hier bei uns. Wenn Supermärkte keine russischen Dosensuppen mehr anbieten, dann wird das Putin nicht beeindrucken. Was soll das also?

Wenn in München der Stardirigent Valery Gergiew bei den Philharmonikern rausfliegt, einfach weil er Putin-Freund ist und sich nicht laut genug distanziert hat, dann geht das gar nicht. Weil Intendant Benedikt Stampa und Oberbürgermeister Dieter Reiter ihre persönliche Erwartungshaltung über das, was Valery denken und tun sollte, zum Maßstab für seine Weiterbeschäftigung nehmen. So etwas sollte in einer Demokratie nicht möglich sein.

Also: Hoffen wir, dass die Kämpfe endlich abflauen!

Militärexperten sagen: 150.000 Soldaten reichen bei weitem nicht aus, die ganze Ukraine in den Griff zu bekommen, schon gar nicht im Griff zu behalten. Der erstaunlich massive Widerstand im Westen der Ukraine müsste Herrn Putin klarmachen, dass er sich das nicht einmal wünschen sollte. Dauernd diese Holzkisten in die Heimat, das kommt auch in Russland nicht an. Den Osten der Ukraine hat er oder wird er in wenigen Tagen komplett unter Kontrolle haben. Die Krim hat er 2014 bereits widerrechtlich einkassiert in sein Reich. Auch dort fehlt mir die Phantasie, wer das wie rückgängig machen sollte.

Tausende Menschen sind in dieser ersten Woche auf beiden Seiten getötet worden, der materielle Schaden in den Städten ist enorm. Es wäre an der Zeit, ernsthaft zu versuchen, das Töten und Zerstören zu beenden und eine Lösung am grünen Tisch zu vereinbaren, die beiden Seiten irgendwie gerecht wird oder mit denen sie wenigstens leben können.

Für mich ist erstaunlich, dass Putin wirklich mit so brachialer Gewalt vorgegangen ist und vorgeht. Aber genauso beeindruckt bin ich vom Widerstand in der Ukraine selbst. Das hat Herr Putin mit Sicherheit so nicht erwartet. Und was mich besonders freut: Der Westen ist wieder da. Trump und Macron hatten noch vor zwei Jahren die Notwendigkeit der NATO in Zweifel gezogen. Jetzt ist die NATO wieder ganz oben, Moldavien, Georgien, Finnland und Schweden liebäugeln mit der Mitgliedschaft im Verteidigungsbündnis.

Und Deutschland? Die Etablierten schreiten Seit‘ an Seit‘, beschließen im Vorübergehen einen Sondervermögen von 100 Milliarden für die Modernisierung der Bundeswehr, was sehr, sehr, sehr nötig ist. Das Zwei-Prozent-Ziel für Verteidigungsaufgaben wird ab jetzt immer eingehalten, sagt man uns. Und Olaf Scholz redet im Parlament über Russland wie zuletzt John F. Kennedy. Und als ich jetzt Annalena Baerbock in der UN-Vollversammlung reden gehört habe, musste ich unwillkürlich an Lara Croft aus dem bekannten Computerspiel denken. Nicht zu fassen, welche Metamorphosen innerhalb einer einzigen Woche möglich sind auch hier bei uns in Deutschland.

Der Hacker-Angriff auf diesen Blog hat uns beunruhigt, aber wir sind wieder da. Noch ein bisschen Fleißarbeit zum Rekonstruieren verlorengegangener Texte und zerschossener Funktionen – jetzt geht es ohne Pause weiter. Eine gute Gelegenheit, Sie noch einmal um Unterstützung für unsere Arbeit zu bitten. Spenden Sie auf PayPal über @KelleKlaus oder auf unser Konto bei der Berliner Sparkasse DE18 1005 0000 6015 8528 18. Vielen Dank!




Kranke Hirne auf Facebook

Menschen, die wie ich den ganzen Tag vor einem Bildschirm rumhängen (müssen), stoßen immer wieder auf Dinge, die sie gar nicht sehen wollen. Auf Beiträge und Personen, von denen unsereins wünschen würde, dass es sie gar nicht gäbe. Aber es gibt sie.

Gestern blieb ich zufällig auf einem privaten Strang bei Facebook hängen – keine Partei oder Gruppe. Ganz privat tauschten sich da offenbar einige unserer Landsleute Ost darüber aus, jetzt sei es an der Zeit, dass Putin eingreife und dem Spuk in Deutschland mit dieser Bundesregierung endlich ein Ende macht. Offenbar meinten diese Vollhonks das wirklich ernst, die sich natürlich auch ihr Gehalt oder staatliche Leistungen nicht in Rubel auszahlen lassen, sondern gerne den Euro nehmen, über den sie so schön schimpfen. Und die vergessen haben, dass man in autokratischen Gesellschaften, wenn man etwas Derartiges öffentlich formuliert, auch mal eine Stunde später abgeholt wird.

Ich kann mich noch erinnern, dass es früher bei Kneipengesprächen von Älteren, wenn irgendwer etwas ansprach, was gerade schlecht lief, immer irgenwann aus der Runde sagte: „Wir müssten mal wieder für eine Woche einen Führer haben!“ Der für Ordnung sorgt und so, und manche lachten dann. Ich fand das damals zum Kotzen, und ich finde es auch heute zum Kotzen. Nein, wir wollen einen Rechtsstaat haben, eine freiheitliche Demokratie mit Pluralismus und Meinungsfreiheit. DAS ist bürgerlich, auch konservativ oder liberal. Kein Mensch braucht einen „Führer“, und die Lockerheit, mit der Leute offen eine russische Intervention in unserem, in meinem Land, herbeireden wollen, ist einfach nur ekelerregend.

Klar, ich lehne viele Entwicklungen in diesem Land konsequent ab. Diese Bundesregierung ist die schlechteste in der Geschichte seit 1949. Frau Merkel gehört wegen der fahrlässigen Gefährdung der Inneren Sicherheit durch ihre Flüchtlingspolitik und wegen des mehrfachen Bruchs geltender Gesetze vor ein Gericht gestellt. Aber: Hilferuf an Putin, hier einzumarschieren und die frei gewählte deutsche Regierung zu stürzen – das können sich nur kranke Hirne ausdenken. Und das sind ja Leute, die sich selber als „Patrioten“ verstehen.

Die gute Nachricht zum Schluss. Das mit dem Einmarschieren wird nix. Wie antwortete der legendäre Don Camillo im Film immer breit grinsend, wenn ihm ein paar kommunistische Heißsporne eine Tracht Prügel androhten? „Das ist aber gar nicht so einfach…“ Und dann griff er zu einem dicken Holzscheit….




Donald Trump ordnet Truppenabzug aus Deutschland an – keine gute Idee!

US-Präsident Donald Trump droht nicht nur, er handelt auch. Dieses Mal geht es um Deutschland. Die Vereinigten Staaten werden hier 9.500 Soldaten abziehen, und die Aufregung ist groß. Regierungssprecher Steffen Seibert spielte die Entscheidung aus dem Weißen Haus erst einmal herunter. Abgeordnete der GroKo-Parteien zeigten sich teils bestürzt, teils selbstbewusst. Nun sei der Zeitpunkt gekommen, dass Europa endlich seine Verteidigung in die eigenen Hände nehme.

Über die Gründe der Entscheidung Trumps wird viel spekuliert. Nicht wenige sehen einen Zusammenhang mit der Entscheidung der Bundeskanzlerin, nicht zu seinem G7-Gipfel Ende Juni in die USA kommen zu wollen. Das soll Trump sehr erbost haben. Und als Retourkutsche sei jetzt der Abzug von Truppen aus Deutschland eingeleitet. Es wäre schlecht, wenn große Politikk tatsächlich so emotional vonstatten ginge – aber ausgeschlossen ist das bei der bekannten gegenseitigen Abneidung der beiden so unterschiedlichen Staatslenker Merkel und Trump keineswegs.

Jetzt reden alle mit, alle haben eine Meinung. Oder vielmehr einen vielstimmigen Meinungschor.

Während unsere Politiker in Berlin also herumschwurbeln, von der unverbrüchlichen Freundschaft und den gegenseitigen Interessen, vom transatlantischen Bündnis und den Werten und bla bla bla… hat sich gleich jemand gefunden, der die Entscheidung Trumps toll findet. Und das ist Russland. Präsident Putin ließ verkünden, jetzt sei erst einmal Dialog wichtig, sein ganz besonderes Anliegen – das hat man ja 2013 auch auf der Krim beobachten können. Und Europa sei ja militärisch ganz doll stark, warum also die GIs von jenseits des Atlantiks nicht nach Hause fliegen lassen? Ein Schelm, wer Böses dazu denkt. Allerdings stellte der Kreml auch klar, dass  man keine gemeinsame Achse des Westens mit Russland gegen das immer stärker werdende China bilden werde.

Wie halten wir es mit den Amis, wie mit dem Kreml? Das ist eine Frage, die besonders bei Konservativen heiß umstritten ist. Doch  spätestens an diesem Punkt sollte die Ratio einsetzen bei denen, die es gut meinen mit unserem Land. Die Aufgabe der transatlantischen Partnerschaft zugunsten einer „Achse Paris-Berlin-Moskau“ ist eine Absurdität sondergleichen. Amerika ist ökonomisch und militärisch auch heute noch das Maß aller Dinge auf diesem Planeten. Deutschland (West) ist über Jahrzehnte bestens gefahren mit den Partnern von der anderen Seite des großen Teichs.

Ist alles toll in den Vereinigten Staaten? Ganz sicher nicht! Haben die Amis in ihrer Geschichte sinnlose und völkerrechtswidige Kriege geführt? Jede Menge! Muss man den „American Way of Life“ lieben? Nein, muss man nicht (kann man aber)! Jeder muss selbst wissen, zu wem er gehören will. Und wenn die Deutschen freiwillig entscheiden, das Bündnis mit den Amis zu kappen, russische Computer zu benutzen mit russischen Betriebssystemen, russische Autos zu fahren und sich ihr Gehalt in Rubel auszahlen zu lassen – feiiiin! Kein Problem damit. Ich suche mir dann ein anderes Land und gut isses.

Wissen Sie, ich habe eine wirklich positive Grundhaltung gegenüber den Amerikanern, ohne zu verkennen, was dort nicht rund läuft. Und da könnte ich viele üble Entwicklungen nennen. Aber ich kenne das Land inzwischen gut von sicherlich 20 Besuchen, von politischen Gesprächen ebenso wie von phantastischen Reisen von Coast to Coast. Und diese grundsätzlich positive Haltung ist nicht begründet durch die Politik der Weltmacht, sondern durch den vielfältigen Kontakt mit vielen ganz normalen Menschen, positiv, tolerant und erfindungsreich. Und wer das nicht mag, McDonalds meidet und Bill Gates verachtet – auch das darf man in einem freien Land.

Den früheren Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Europa, General Ben Hodges, durfte ich 2015 einmal zusammen mit einigen wenigen anderen Journalisten in seinem Privathaus in Wiesbaden besuchen. Ein unvergesslicher Abend, auf der Terrasse rund um den Feuerkorb mit Zigarren und schottischem Whiskey. Ich traf einen sympathischen und hochgebildeten Mann, alles andere als ein schießwütiger Cowboy. Ein Mann, der die europäische Geschichte des vergangenen Jahrhunderts bis ins Detail kannte und darüber philosophieren konnte.

Jetzt las ich in einem Zeitungsartikel wieder von ihm. Er wurde darin zitiert, dass der geplante Abzug der Amerikaner aus Deutschland ein „kolossaler Fehler“ sei, denn es gehe im Bündnis der NATO nicht darum, Frau Merkel zu bestrafen oder zu ärgern. Die GIs seien nicht in Europa, um nur die Deutschen zu beschützen, sondern Europäer und die USA und Kanada sich gegenseitig.

Das ist der Plan.

Übrigens: Beim wegen Corona ausgefallenen Nato-Manöver „Defender 2020“ wähnte die deutsche Verschwörer-Szene das Äußerste. 26.000 GIs seien heimlich eingeflogen worden, um hier den Laden zu übernehmen. Nahezu täglich schickten mir FB-Freunde verwackelte Handy-Videos von irgendeinem streng geheimen Kleinstadtbahnhof, wo angeblich die Ankunft der US-Streimacht zu sehen sei. Und deutsche Sicherheitskräfte hätten dabei geholfen. Ja, ganz schlimm, allerdings auch der übliche Bullshit, verbreitet von Geschäftsmachern, die an solchen Horrosszenarien verdienen, und denen, die Geld kassieren aus staatlichen Quellen, um Unsicherheit und Abneigung gegenüber die USA zu schüren. In ein paar Wochen werden übrigens als Nachhut zum ausgefallenen Manöver 600 US-Soldaten nach Deutschland eingeflogen für ein paar Wochen. Das ist dann sicher endgültig die große Invasion der Bilderberger…

 

 




Nord Stream 2: Neuer Stress auf den letzten 300 Kilometern

Die USA sind immer noch die Nummer 1 auf diesem Planeten. Und weil das so ist, hat das schweizerisch-niederländische Unternehmen Allseas vor wenigen Stunden erklärt, dass es die Arbeiten am  Bau der Pipeline Nord Stream 2 bis auf Weiteres einstellt. Die Firma verlegte mit Hilfe ihrere Spezialschiffe die Rohre für die Pipeline durch die Ostsee. Also, bis heute jedenfalls. Die Amerikaner drohen mit harten Sanktionen gegen die Firma, die viel Geld in den USA verdient. Sollten Konten eingefroren und Managern des Konzerns die Einreise verweigert werden, würde das Allseas hart treffen, ja seine Existenz bedrohen.

Damit wird es auf den letzten 300 (von 2.100) Kilometer des umstrittenen Projektes noch einmal spannend. In Moskau zeigt man demonstrativ Optimismus. Nord Stream 2 soll ab 2020 unter Umgehung von Polen und der Ukraine  Gas von Russland nach Deutschland transportieren. Die Vereinigten Staaten, aber auch viele europäische Länder, sehen das mit Unbehagen. Kein Mensch, der halbwegs bei Verstand ist, macht sich freiwillig abhängig von Putin. Außer natürlich die Regierung Merkel. Ob Huawai und 5G, ob Nord Stream 2 – das Kanzleramt winkt alles durch ohne Rücksicht auf die Warnungen sämtlicher Sicherheitsdienste.

Was die Sache pikant macht, ist natürlich, dass die USA selbst in die Lücke springen möchten, die ein Scheitern von Nord Stream 2 aufreißen würde. Stehen also wieder einmal ökonomische Interessen der Trump-Administration im Vordergrund statt strategische Sicherheitsüberlegungen? Leider kann man das auch in diesem Fall nicht ausschließen. Andererseits: Sich von einem Russland abhängig machen, das militärisch Grenzen auf diesem Kontinent verschiebt, dass Hackerattacken gegen die deutsche Regierung und das Parlament initiiert und sehr wahrscheinlich schuld an politischen Attentaten in London und zuletzt im Berliner Tiergarten ist? Im Leben nicht, wenn wir noch halbwegs bei Verstand sind!

Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer, erklärte heute, Deutschland werde auf die Sanktionen der USA gegen Allseas nicht mit Gegenmaßnahmen reagieren, weil das ja ein Unternehmen und nicht Deutschland sei. Der CDU-Politiker weiter: „Deshalb wird Deutschland keine Gegenmaßnahmen einleiten. Wenn, müsste dies sowieso auf europäischer Ebene geschehen, aber auch das wird nicht passieren.“ Da stellt sich spontan die Frage: Warum eigentlich? Ist Deutschland noch ein souveräner Staat oder nicht?

Und was für Gegenmaßnahmen könnte denn Deutschland gegen die USA einleiten, um russische Interessen zu verteidigen? Allein der Gedanke ist lächerlich. Deutschland ist wirtschaftlich ein Gigant auf der Welt, hauptsächlich durch die  Automobilindustrie, die gerade politisch gewollt beschädigt wird, und den Maschinenbau. Was haben wir sonst noch? Ach ja, wir könnten Heiko Maas, unsere Geheimwaffe, zum Weihnachtsfest nach Washington schicken, sofern gerade ein Flugzeug der Flugbereitschaft funktionsfähig ist. Das würde den Amis echt die Festlaune vermiesen…




70 Jahre NATO: Von Wachsamkeit und neuen Herausforderungen

Der Nordatlantikpakt feiert sein 70-jähriges Bestehen, und er hätte allen Grund zum Feiern. Denn seinen wichtigsten Auftrag hat die NATO erfüllt: Europa sicher zu machen gegen kriegerische Übergriffe von wem auch immer. Aus einem verwüsteten Kontinent nach dem Zweiten Weltkrieg wurde zumindest im Kerneuropa eine Region des Wiederaufbaus, des Wohlstands und der Sicherheit. 74 Jahre haben wir Deutschen keinen Krieg mehr direkt erlebt, keine Bombennächte, keine verwüsteten Städte. Und keine Kriege mehr mit dem Erbfeind Frankreich. Statt mit Panzerverbänden besuchen sich junge Deutsche und Franzosen heute gegenseitig beim Schüleraustausch zum kennen- und liebenlernen, bisweilen zum heimlichen Kiffen am Strand. Man würde einen Riesenfehler begehen, dies alles nicht wertzuschätzen, weil wir uns so gemütlich eingerichtet haben in unserer europäischen Komfortzone, ermöglicht nicht zuletzt durch das mit Abstand gewaltigste Militärbündnis, das die Menschheit je gesehen hat: die NATO.

„Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit“, lautete ein Wahlspruch der Allianz in den 90er Jahren. Es ist höchste Zeit, dass wir uns daran erinnern und vergewissern, was wir bereit sind zu tun für unsere eigene Sicherheit und die Sicherheit unserer Partner. Wir selbst und die Amerikaner, die unter Donald Trump zusehends unwillig sind, die Drecksarbeit zu machen und von lustlosen Bündnispartnern noch kluge Ratschläge anhören zu müssen, die selbst ihre Verpfichtungen nicht erfüllen. Nur fünf von 29 Bündnispartnern erreichen bereits das für 2024 vereinbarte Ziel, Mittel in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die eigenen Streitkräfte auszugeben, hat die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung ausgerechnet. Noch weniger Partnerländer schaffen es, den geforderten Anteil von 20 Prozent an Investitionen in Entwicklung und Beschaffung von Waffensystemen aufzubringen.

Und Deutschland? Die Wirtschaftsgroßmacht, der Exportweltmeister? Wir haben nicht nur Kampfflugzeuge, die nicht abheben, sondern auch U-Boote, die nicht tauchen können. Wir machen uns vor den NATO-Partnern lächerlich mit einer Verteidigungsministerin, die Kampfanzüge für schwangere Sodatinnen anschafft und in Kasernen Seminare über sexuelle Vielfalt in der Truppe veranstalten lässt, während unsere Soldaten in Afghanistan und Mali auf eigene Kosten Ausrüstung beschaffen, weil das reiche Deutschland sich nicht oder zu wenig um die Sicherheit seiner Söhne und Töchter kümmert, die für uns alle im Notfall den Kopf hinhalten sollen.

Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) strich jetzt passend zum Jubiläum den geplanten Verteidigugshaushalt radikal zusammen. Selbst 1,5 Prozent Erhöhung des Verteidigungsetats ist kaum noch zu erreichen. Versprochen hat Deutschland zwei Prozent. Die USA haben 3,4 Prozent. Ich hätte auch keine Lust mehr, wenn ich Donald Trump wäre.

Die NATO hat 70 Jahre lang dafür gesorgt, dass es in Deutschland und Kerneuropa keinen Krieg gegeben hat. Besonders unsere jungen Mitbürger denken, das sei alles selbstverständlich. Ich es aber nicht.

Die Welt ist heute ein gefährlicher Ort wie lange nicht mehr. Alte Gewissheiten gelten nicht mehr. Der aggressive Islam arbeitet am weltweiten Kalifat, ein Netzwerk des Terrors, finanziert von arabischen Schurkenstaaten, sorgt dafür, dass unsere Welt nicht zu einem friedlichen Ort werden kann. Unter Putin ist Russland auf dem Sprung, zu alter Bedeutung am Tisch der Weltmächte zurückzukehren. Georgien und die Ukraine zeigen, dass der Kreml bereit ist, jede Schwäche des Westens auszunutzen. China unternimmt, gestützt durch enorme wirtschaftliche Kraft und Wachstum, alle Anstrengungen, eine imperiale Macht zu werden, für die internationale Regeln nicht gelten sollen.

Und wir? Wir palavern über eine eigene EU-Armee? Wofür eigentlich? Die NATO macht einen vorzüglichen Job. Was soll das Gequatsche in Brüssel über militärische Parallelstrukturen. Wie relevant würden europäische Streitkräfte ohne die Supermacht USA sein? Würde Frankreich – Großbritannien ist ja demnächst raus aus der EU – im Rahmen einer europäischen Sicherheitsstruktur den Partnerländern Zugriff auf sein Atomwaffenarsenal gewähren? Nie im Leben.

Immerhin gibt es auch gute Nachrichten. Der Russlandexperte und langjährige FOCUS-Chef in Moskau, Boris Reitschuster, stellte am Donnerstagabend in Köln sein Buch „Putins verdeckter Krieg“ vor und begründete, warum Putin keinerlei Interesse an einem Krieg mit dem Westen haben kann. Ein großer Teil des russischen Staatsvermögens sei inzwischen in England und der Schweiz sicher angelegt, die Yachten der Putin-Freunde ankerten vor Nizza, Geschäftsgespräche fänden in Sizilien statt und die Frauen der russischen Oligarchen hätten sündhafte teure Appartements in London, wo man herrlich shoppen kann. Reitschuster: „Warum sollten sie das alles kaputtmachen?“

 

 




Die WM in Russland ist top…trotz Matthäus und Vida

Russland hat es gut gemacht und wird es auch die letzten Tage gut machen. Die Fußball-Weltmeisterschaft hat für einen kurzen Moment aufblitzen lassen, wie viel Potential in diesem Land steckt, das ansonsten weit unter Wert regiert wird. Nun gut, die Nationalmannschaft unterlag Krotien in einem hoch dramatischen Spiel letztlich im Elfmeterschießen mit 3:4. Aber die Stimmung auf den Straßen war dennoch ausgelassen und gastfreundlich. Die Organisation funktionierte reibungslos, die Spiele waren sicher, die neuen Stadien und Hotels auf höchstem Niveau..

Ja, wir wollen nicht unerwähnt lassen, dass sich unser ehemaliger deutscher Nationalspieler Lothar Matthäus nicht entblödete, den Özil zu machen. Zu einem prestigeträchtigen Fototermin mit Kremlchef Wladimir Putin erklärte er allen Ernstes, miteinander reden sei „…besser als Abschottung, Boykott und nicht mehr miteinander zu sprechen.“ Dass dieser Weltfriedensbotschafter sich damit zum Sprachrohr eines…sagen wir…umstrittenen Despoten macht…Schwamm drüber. Hoffentlich hat er es sich wenigstens ordentlich bezahlen lassen.

Und weil wir gerade bei Sport und Politik sind: Auch der weltweit via Smartphone verbreitete Neun-Sekunden-Clip des kroatischen Nationalspielers Domagoj Vida, der nach dem Sieg über Russland mit seinem Teamkollegen Ognjen Vukojevic „Ruhm der Ukraine! Dieser Sieg ist für Dynamo und für die Ukraine!“ feststellte… mutete irgendwie blöde an, wenn auch in der Sache absolut berechtigt.

Fußball und Politik, ja Sport und Politik – das wird man im Milliardengeschäft im globalen Dorf nie mehr voneinander trennen können. Und die Erdogans, Putins und in vier Jahren die Wüstensöhne in Katar werden die weltweite Bühne nutzen, um ihre reformbedürftigen Regime glänzen zu lassen.




Vier Morde und ein Todesfall… viele Todesfälle…nur Zufall natürlich

Eigentlich müsste man Putin und seiner Clique im Kreml fast dankbar sein, dass sie uns in regelmäßigen – kürzer werdenden – Abständen daran erinnern, warum diese Leute niemals Partner für zivilisierte Länder sein können.

Vor zwei Wochen war ich in Berlin bei einem Freund zum Frühstück eingeladen, der einen großen Teil seines Lebens in Russland gelebt, seine Frau dort kennen und lieben gelernt hat. Die Kinder der beiden wurden in Russland geboren, alle sprechend fließend Russisch und alle lieben dieses große Land, seine Kultur und seine Menschen. Aber nicht die Mafia, die dort unter einem Paten herrscht, der in Deutschland einst für den sowjetischen Geheimdienst KGB spionierte.

Bei Blinis mit Marmelade und schwarzem Tee philosophierten wir darüber, warum Putin all das tut, was er tut. All die Drohgebärden, die militärischen Muskelspiele, völkerrechtswidrig Krieg in der Ukraine führen, all die Desinformationskampagnen, die Hacker-Angriffe im Netz gegen staatliche und politische Einrichtungen in Deutschland und überall in Europa. All die Morde…

Sergej Skripal und seine Tochter Julija sind noch nicht tot, aber sie sind nahe dran am schwarzen Abgrund. Sergej, früherer Oberst des sowjetischen, später russischen, Geheimdienstes ist ein Soldat, der in Afghanistan kämpfte. Irgendwann später wollte er nicht mehr mitspielen – nach seiner Version, weil er die Korruption in der Behörde nicht mehr ertragen konnte. Er beschloß Doppelagent zu werden, der als Diplomat getarnt in Europa spionierte – für beide Seiten. Skripal flog auf und verbrachte sechs Jahre in einem russischen Straflager, bevor er mit drei anderen gegen zehn russische Spione ausgetauscht wurde, die das FBI aus dem Verkehr gezogen hatte.

Am 4. März wurden der frühere Spion und seine Tochter bewusstlos im englischen Salisbury aufgefunden, wie sich herausstellte vergiftet mit einem in Russland hergestellten Nervengift. Seitdem tobt eine diplomatische Schlacht zwischen dem Westen, angeführt von England, den USA, Deutschland und der EU auf der einen und Russland auf der anderen Seite.

Wie immer hat auch in Russland nichts mit nichts zu tun. Dutzende Putin-Gegner starben in den vergangenen Jahren eines gewaltsamen Todes so wie Boris Nemzow, Anna Politkowskaja, Natalia Estemirowa und Boris Beresowski. Andere – vornehmlich Journalisten – hatten Glück, sie wurden nur vor der eigenen Haustür halb totgeschlagen. Alexander Litwinenko, auch ein russischer Agent, der zu den Briten überlief, wurde mit dem radioaktiven Polonium-Isotops 210 vergiftet und getötet. Auch er hatte im Zusammenhang mit dem Mord an Politkowskaja Wladimir Putin öffentlich kritisiert. Auch ein Ex-Agent, der die seiten wechselte. Sicher Zufall…

Im Jahr 2012 starb Skripals Frau Ljudmila an einem Krebsleiden eines natürlichen Todes. Im Jahr 2016 starb Skripals Bruder in Russland aus welchen Gründen auch immer. Im Jahr 2017 dann starb Skripals 43-jähriger Sohn bei einem Urlaub mit seiner Freundin in St. Petersburg. Todesursache: akutes Leberversagen. Die noch lebenden Angehörigen der Familie glauben nicht, dass diese Reihe von Todesfällen innerhalb weniger Jahre Zufall ist.

Klar ist, wie es jetzt hier weitergeht. Sie werden im Laufe des Tages im Forum lesen, was Putin für sein Land Großartiges geleistet hat, und wie stark er es wieder gemacht hat mit neuen Atomraketen und superschnellen Kampfflugzeugen. Wie toll er immer alle Wahlen gewinnt und wie bunt die Fußball-WM demnächst sein wird. Und dass auch die Amerikaner schon unliebsame Leute umgelegt haben. Und wurde nicht auch Kennedy ermordet von der Macht im Schatten? Und überhaupt: George Bush habe doch selbst die Sprengungen am World Trade Center angebracht, die diese dann zum Einsturz brachten. Und ist dieser Kelle nicht von Wall Street und Bilderbergern ferngesteuert und russophob?

Denken und schreiben Sie, was Sie wollen. Das ist das Markenzeichen dieses Blogs. Ich war nur vier Mal in Russland und das ist viele Jahre her. Aber ich habe damals phantastische Gastfreundschaft erlebt, intensive Gespräche bei Kerzenlicht und Wein mit Studenten in einer Mini-WG. Und diese landesübliche Wodka-Sauferei aus Wassergläsern habe ich überlebt. Die schwermütige Musik – unvergessen.

Ja, wir europäischen Länder, wir Westen müssen mit Russland klarkommen, immerhin eine Atommacht. Wir müssen Beziehungen zu ihnen pflegen und – wenn Putin mal ein paar Jahre nichts annektiert – auch Handel treiben. Aber dieses menschenverachtende Putin-Regime ein Partner für uns? Nie! Nie! Nie!




Ich habe meinen Frieden mit Schröders neuer Karriere gemacht

Als Gerhard Schröder nur kurz nach seiner Abwahl als Bundeskanzler 2005 Aufsichtsratsvorsitzender des Pipeline-Konsortiums NEGP, einer Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom, wurde, fand ich das empörend. Ein deutscher Bundeskanzler, der wenige Monate nach Ausscheiden aus dem Amt mittelbar für einen anderen Staat – den manche nicht für unseren Freund halten – anheuerte, das geht gar nicht.

Dann wurde bekannt, dass die Regierung Schröder nach der Wahlniederlage aber noch vor Ende der Amtszeit eine staatliche Bürgschaft in Milliardenhöhe für Gazprom übernehmen wollte, ein sogenannter „ungebundener Kredit“ zur Wahrung nationaler Interessen – sprich: deutsche Energieversorgung. Und dann anschließend gleich ein 250.000-Euro-Job. Das hat ein G’schmäckle.

Bei einem Wahlkampfauftritt gestern in Niedersachsen sprach Schröder offen über seine beruflichen Pläne. Und er hatte gute Argumente. Ein großer Teil der Energieversorgung in Deutschland komme aus Russland – sei es da nicht folgerichtig, dass ein Deutscher mit am Tisch sitze, wenn entschieden werde? Und ist Gazprom ein Werkzeug einer antiwestlichen Strategie des Kreml? Oder ist Gazprom einfach ein Großkonzern, der Geld für das ansonsten wenig innovative Russland heranschaffen muss? Sind da nicht auch auch British Petroleum (BP), Katar und Glencore beteiligt? Und ist nicht viel Zeit vergangen, seit Schröder 2005 abgewählt wurde? Darf ein Spitzenpolitiker zwölf Jahre nach Ausscheiden aus dem Staatsamt nicht für einen internationalen Konzern arbeiten?

Und – auch ein echter Schröder: Was wäre eigentlich, wenn er für den US-Ölkonzern Exxon in den Aufsichtsrat gehe, fragte er gestern Abend rhetorisch. Um dann selbst zu antworten: «Alle wären begeistert, keiner würde über die Beweggründe nachdenken.» Wohl wahr.

Ich habe heute kein Problem mehr damit, dass der Altkanzler nochmal viel Geld verdient, und ich hoffe, dass er sich dafür nicht zum Sprachrohr seines Freunde Putin macht wie er das im Fall der völkerrechtlichen Annexion der Krim durch Russland schamlos getan hat. Vielleicht bewirkt er ja tatsächlich auch mal Positives für deutsche Interessen im neuen Job. Wer weiß?

Übrigens: Gerhard Schröder ist Berater des Schweizer Ringier-Verlages, der Libyan Investment Authority und war Berater bei der Rothschild Bank. Ach ja, und er ist Mitglied und Aufsichtsratsvorsitzender beim Bundesligisten Hannover 96.