Wie China einen drohenden Atomkrieg möglicherweise verhinderte

Zu den wenigen großen internationalen Zeitungen neben der NZZ  gehört die „Financial Times“ ganz vorn zu den bestens informierten Blättern, die es mit dem Qualitätsjournalimus ernst meinen. Unter Bezug auf Aussagen chinesischer und westlicher Diplomaten berichtet das Blatt über ein Gespräch des chinesischen Präsidenten Xi Jingping im März in Moskau mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin.

Dort habe es einen ernsten Disput zwischen den beiden Zweckverbündeten gegen Amerika und den vereinten Westen gegeben über den möglichen Einsatz nuklearer Waffen durch Russland im Ukraine-Krieg.

Damit wurde von russischer Seite in der Vergangenheit immer wieder gedroht

Putin und Medwedjew hatten immer wieder damit kokettiert, Russland werde sich mit „allen zur Verfügung stehenden Mitteln“ wehren, sollte das Land in seiner Existenz bedroht werden. Und wann das der Fall ist, will natürlich Russland allein entscheiden.

Xi ist anders als Putin rational

Der Einsatz von Atomraketen gegen Ziele in der Ukraine oder gar gegen NATO-Länder in Europa wäre das Ende der Welt, wie wir sie alle kennen. Und daran hat Peking nicht das geringste Interesse, daran kann niemand Interesse haben, denn niemand, der Ahnung von der Materie hat, zweifelt, dass der Westen, dass die USA und Großbritannien nicht mit einer diplomatischen Protestnote oder einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates reagieren werden, wenn Russland Nuklearwaffen in Europa einsetzt.

Ich denke inzwischen, dass Wladimir Putin ein sehr kranker Mann ist, der – Hitler ähnlich – die Kontrolle über sein Lebenswerk verliert und bereit ist, irrational zu handeln.Nach ihm die Sintflut.

Vorhin hatte ich ein intensives Gespräch mit jemandem aus einem osteuropäischen Land, der bei solchen Themen höchst versiert ist. Wir sprachen über Mentalitäten in Osteuropa, über den Balkankrieg über Serben und Kroaten. „Wie irre muss man sein, Russland zu vertrauen“, fragte er und dozierte die verschiedenen Stadien von der Zarenzeit über Stalin, Lenin, die Sowjetunion und ihren Zusammenbruch bis zur Ära Putin heute. „Russland ist ein hochkultiviertes Land, aber es ist kein zivilisiertes Land“, sagte er.  Ein sehr kluger Satz, finde ich.



Als Herr Hu plötzlich gegen seinen Willen vom Podium geholt wurde

Andere Länder, andere Sitten…

wir wollen ja immer sehen, dass sich die Dinge zum Besseren, vielleicht sogar zum Guten verändern. Wir hoffen auf Bestätigung unserer Überzeugungen und Werte, und dass sich die Demokratie durchsetzt, dass es keine Kriege mehr geben wird und vieles andere. Aber im Grunde bleiben die Dinge dann halt doch gleich, wenn man genau hinsieht.

Beim Parteitag der chinesischen Kommunistischen Partei wurde Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping jetzt nicht nur für eine neue Amtsperiode wiedergewählt, was nach Parteisatzung gar nicht möglich ist, weil er die Altersgrenze überschritten hat. Aber wir kennen sowas ja schon von Russlands Staatschef, der auch immer weiter regiert und alle klatschen dazu. Die Analogie zu den peinlichen CDU-Parteitagen und dem Führer*Innenkult um die Uckermärkerin drängt sich praktisch auf.

Xi wurde nicht nur „wiedergewählt“, man hat seine Führungsrolle auch tiefer in der Parteisatzung verankert. Im Grunde war das Schauspiel von Peking wie eine Neuauflage der Parteitage der früheren Sowjetunion. Also keine Überraschung.

Interessant am letzten Tag des ansonsten störungsfreien KP-Kongresses war ein kleiner…,sagen wir, Zwischenfall.

Da wurde der frühere Staats- und Parteichef Hu Jintao, 79 Jahre jung, plötzlich von zwei Saalordnern – ganz offenbar gegen seinen Willen – von zwei Sicherheitskräften vom Podium geholt und weggeführt. Der alte Mann saß vorher direkt neben Xi Jingping. Wo Herr Hu jetzt ist, wissen wir natürlich nicht. Vielleicht ist er ganz plötzlich krank geworden und inzwischen bedauerlicherweise verstorben. Sowas gibt es ja im Alter immer mal.

Kurz bevor Hu abgeholt wurde, hatte die Parteitagsregie urplötzlich einige ausländische Journalisten und Fotografen auf die Tribüne in der “ Großen Halle des Volkes“ gelassen. Sicher nur ein Zufall…

Manche Dinge ändern sich eben nie….




Zwei Staatsmänner, die Ruhe bewahren

Die Chefs der beiden wichtigsten und mächtigsten Staaten der Welt haben heute telefoniert. In dem fast dreistündigen Gespräch, das – so eine Sprecherin des Weißen Hauses – «direkt» und «detailliert» gewesen sei.

US-Präsident Joe Biden habe «die Implikationen und Konsequenzen» für China klargemacht, «falls China Russland maßgebliche Unterstützung gewähren sollte, während es den brutalen Krieg in der Ukraine vorantreibt».

Und Chinas Präsident Xi Jingping appellierte an Biden, sich gemeinsam mit der Volksrepublik für den Frieden in der Welt einzusetzen.

«Die Krise in der Ukraine ist etwas, das wir nicht sehen wollen», sagte Xi in einem Bericht des staatlichen Fernsehsenders CCTV. Als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats und wichtigste Volkswirtschaften der Welt sollten beide Staaten auch «internationale Verantwortung übernehmen und Anstrengungen für Frieden und Ruhe in der Welt unternehmen». Konflikte und Konfrontationen seien in niemandes Interesse.

Großartig, oder? Genau so stelle ich mir Staatsmänner vor, die natürlich immer Machtinteressen und immer wirtschaftlichen Erfolg im Blick haben. Aber zivilisiert, fortiter in re, suaviter in modo, wie der Lateiner das formuliert: Hart in der Sache, milde im Ton.

Was für ein Unterschied zum martialischen Auftritt des russischen Präsidenten Putin heute im Moskauer Luschniki-Stadion, der sich von zehntausenden umjubeln ließ wie…Sie wissen schon.

Es ist gut, dass hier zwei besonnene Männer bereit zu sein scheinen, die Welt halbwegs in der Ballance zu halten.