Beifall klatschend in die Isolation

Der schwedische Ministerpräsident hat vor zwei Tagen ein medientaugliches Bild formuliert. Bei einer Pressekonferenz an der Seite der Bundeskanzlerin erklärte er, was derzeit in Europa mit dem Zustrom an Flüchtlingen passiert. Man müsse sich das so vorstellen, dass da in einem Raum 500 Leute seien, und nun käme halt einer dazu. Seine Betrachtung lässt mich am hochgelobten skandinavischen Bildungssystem zweifeln. Er hätte recht, wenn da eine Million Flüchtlinge in eine Region mit 500 Millionen Einwohnern kommen. Aber so ist es nicht, denn die Mehrheit der Bewohner dieses imaginären Raumes macht die Schotten dicht. Während ich diese Zeilen schreibe, hat unser Nachbarland Dänemark den Zugverkehr mit Deutschland unterbrochen. Man will nicht, dass Flüchtlinge ins Land kommen, auch wenn sie weiter nach Schweden wollen, wo dieser Rechenkünstler regiert. Rund 300 Flüchtlinge, die illegal bereits nach Dänemark gelangt sind, gehen in diesem Augenblick zu Fuß, eskortiert von der Polizei, auf einer dänischen Autobahn in Richtung Norden auf Schweden zu. Frankreich nimmt nochmal 1.000 (!) Flüchtlinge auf, verspricht Herr Hollande, weil man den deutschen Nachbarn nicht im Stich lassen wolle. 1.000! Zynismus pur, nenne ich das. Polen macht komplett zu, so wie die anderen Osteuropäer auch.

Und so sind wir – gemeinsam mit Österreich und Schweden – in einem Raum mit nur 100 Leuten, und es kommt einer hinzu. Aber der, der da hinzu kommt, ist jung, er ist männlich, und er ist Muslim. Und bei den Leuten in diesem Raum sind aber viele alt, übergewichtig und glauben an nix, außer Urlaub auf Malle und Die Geissens auf RTL II. Und so sind in dem Raum vielleicht nur 30 vergleichbare Leute, zu denen nun einer hinzu kommt. Auch das könnte vielleicht noch alles klappen, wenn in diesem Raum alles in Ordnung wäre. Aber wer Duisburg-Marxloh, den Dortmunder Norden oder Berlin-Friedrichshain kennt, weiß das das nicht so ist.

Und so schleicht sich nach und nach ein Gedanke ins Bewusstsein, den man nicht wieder los wird. Deutschland hilft im Moment großzügig, Deutschland klatscht Beifall und zeigt sich von seiner Sonnenseite. Aber allein wird und diese Entwicklung mittel- bis langfristig überfordern. Nicht finanziell, aber kulturell und gesellschaftlich. Und dann?