Theater, Theater

Politik ist eine einzige Inszenierung.

Beispiel 1: Friedrich Merz

Friedrich Merz, Kandidat gegen das Establishment der Merkel-Ära in der CDU, ist sauer, weil das System ihn offenkundig auszubremsen versucht. Zu beliebt ist er beim Parteivolk, zu blaß sein ärgster Rivale Armin Laschet – da wird erst einmal Zeit geschunden. Der für Anfang Dezember geplante Bundesparteitag wurde abgesagt und verschoben auf wann auch immer. Weil – so die Legende – die Corona-Krise derartige Maßnahmen erfordere.

Interessant: Im Viren-Hotspot Berlin halten SPD und Grüne in Kürze ihre Parteitage ab. Präsenzparteitage, wohlgemerkt – mit Hunderten Delegierten und Gästen in einem geschlossenen Raum. Klar ist Merz sauer über die Doppelmoral, die in diesem Spiel herrscht. Allerdings sollte er wissen, dass er mit Fairness nicht zu rechnen hat im politischen Machtspiel. Schon gar nicht in der CDU. Wenn er wirklich kurz davor sein sollte, sich durchzusetzen, werden sie wahrscheinlich behaupten, die Wahl von Merz schade dem Weltklima…

Beispiel 2: Donald Trump

Immer, wenn ich den Namen auf Facebook erwähne, fallen selbst langjährige gutbürgerliche Freunde über mich her, weil der Mann so gar nicht präsidial agiert. Und das macht er wirklich nicht, jedenfalls oft nicht. Und dennoch stehe ich dazu, dass – wäre ich Ami und wahlberechtigt – ich ihn nächste Woche wählen würde – anders als noch 2016. Weil einfach die Ergebnisse seiner Politik überwiegend gut sind, besser jedenfalls als die vom Präsidentendarsteller davor.

Trump wird medial runtergeschrieben, unfassbar unseriös, das ist nur noch Kampagne und hat nichts mit Berichterstattung zu tun. Sie wollen ihn mit aller Macht zur Strecke bringen, den Präsidenten, der partout nicht ihr Tanzbär sein will.  Und ich hoffe, dass sie den gleichen Fehler machen wie 2016. Sie sehen, was sich entwickelt, aber sie wollen es nicht wahrhaben, wie ein ARD-Nachrichtenchef 2018 mal selbstkritisch die Berichterstattung seiner Nachrichten beschrieb.

Ich habe mir in den vergangenen Tagen mehrere Wahlkundgebungen von Trump und seinem Vize Mike Pence in voller Länge angeschaut. Vielleicht gute Regie, aber was soll ich sagen: Überall große Menschenmengen (ja, ich habe Corona keineswegs vergessen), überall überschwängliche Stimmung, und Trump ein Entertainer durch und durch. Wenn man es über die vier Jahre betrachtet, hat er zumindest bei seinen öffentlichen Auftritten enorm an Statur gewonnen.

Ich habe am Wochenende eine Wette mit einem Freund abgeschlossen, der enthusiastisch pro Trump ist und behauptet, der werde am 3. November noch deutlicher gewinnen als 2016. 50 Euro Einsatz – ich hab eingeschlagen und dagegen gesetzt, weil ich mir wirkich nicht vorstellen kann, dass Trump in dieser angeheizten Atmosphäre die Wahl gewinnt.

So, wie ich es mir 2016 auch nicht vorstellen konnte…