Unser großer Tag der Freiheit: Alles hängt mit allem zusammen
Heute feiern wir den Tag der Deutschen Einheit. Ich weiß noch, wie dieser Abend war, als Journalist auf der großen Pressetribüne vor dem Reichstag. Menschen und schwarz-rot-goldene Fahnen so weit das Auge reichte, der Klang der Freiheitsglocke, vom Schöneberger Rathaus aus live übertragen. Kennen Sie die Geschichte dieser Glocke?
US-General Lucius D. Clay, der „Vater der Berliner Luftbrücke“, hatte 1950 in den Vereinigten Staaten eine große Spendenaktion initiiert. Zahlreiche Amerikaner – unser Kriegsgegner wenige Jahre zuvor – spendeten Geld, um den Berlinern ein Symbol der Freiheit als Zeichen der Solidarität mit der Stadt schenken zu können – und als Zeichen der Freiheit als Gegenmodell gegen die kommunistische Wahnsinnsideologe, die im sowjetischen Machtraum zu beobachten war.
Freiheit, dieses überragende Leitmotiv für uns zu denken und zu leben, das Leitmotiv, das wir alle in unserem Herzen tragen sollten, das aber bei vielen in den Hintergrund getreten ist gegenüber dem Glauben an die Allmacht des Staates und die irrige Annahme, das Kollektivismus und Gleichmacherei die Lösung sein könnten, die den Menschen Sicherheit bringt. In Wahrheit versklavt und bevormundet sie die Menschen, macht sie abhängig von einem Staat, der angeblich besser weiß, was gut für uns ist.
Die Berliner Freiheitsglocke trägt als Inschrift den Satz “That this world under God shall have a new birth of freedom.” Übersetzt: „Möge diese Welt mit Gottes Hilfe eine Wiedergeburt der Freiheit erleben.“ Zur Zeit sieht es wahrlich nicht danach aus…
Auch heute noch, wenn ich an die Stunden vor dem Reichstag am 3. Oktober 1990 denke, wo ich gemeinsam mit einem Kollegen – Kopfhörer auf und Mikro in der Hand – live für zwölf private Radiosender überall in Deutschland über ein Ereignis von welthistorischer Bedeutung berichten durfte, bekomme ich Gänsehaut. Spüre ich den Schauer damals noch beim Anblick der Bürger und des Fahnenmeeres, beim Klang der Freiheitsglocke, beim Aufziehender der gewaltigen Fahne vor dem Reichstag und dem Singen „Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland“, das wir wie auch manche andere auf der Pressetribüne mit anstimmten.
Der 30. Jahrestag der Vollendung der Deutschen Einheit ist nicht irgendein Gedenktag, den man halt absolviert oder auch nicht. Es ist unser großer Tag der Freiheit. Und wir sollten diesen Tag würdevoll begehen, wir sollten ihn zu einem Tag der Bürger machen und nicht nur den Honoratioren überlassen. Wir sollten unsere Fahne aus einem Fenster hängen, denn das darf man nicht nur, wenn Fußball-„Sommermärchen“ ist.
Wir sollten an die Deutschen auf den Straßen von Leipzig, Dresden und überall in der DDR im Wendejahr 1989 denken, die mit ihrem unglaublichen Mut und Kerzen in den Händen so viel für uns Deutsche insgesamt, für unser Land getan haben. Wir sollten heute auch an die 985 Menschen denken, die ihren Versuch, den SED-Staat zu verlassen, mit dem Leben bezahlten. Angefangen von Ida Siekmann, die sich im Alter von 58 Jahren beim Sprung aus ihrer Wohnung in der Bernauer Straße so schwer verletzte, dass sie kurz darauf verstarb. Und an Peter Fechtner, einen 18-Jährigen, der am 17. August 1962 von DDR-Grenzern bei einem Fluchtversuch an der Mauer angeschossen wurde. Der schwer verletzte Junge verblutete vor den Augen einer sich schnell versammelnden großen Menschenmenge, weil die uniformierten Schergen des SED-Regimes ärztliche Hilfe eine ganze Stunde lang verhinderten. (Foto) Und denken wir heute, ja beten wir, auch für Chris Gueffroy und Winfrid Freudenberg, die beiden letzten Mauertoten, die noch im Februar und März 1989 dem mörderischen kommunistischen System auf deutschem Boden zum Opfer fielen.
Denken wir schließlich auch an einige herausragende Politiker, die zur richtigen Zeit das Richtige getan haben. Allen voran Michail Sergejewitsch Gorbatschow, Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei und Präsident der Sowjetunion. Ohne seine Politik der Perestroika und Glasnost wäre der unblutige Weg zur Deutschen Einheit nicht vorstellbar gewesen. Ohne die entschlossene Politik des amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan und den NATO-Doppelbeschluss, hätte Gorbatschow diesen steinigen Weg wohl auch nicht beschritten. Und vergessen wir nicht, dass es der erste Bush war, der sich 1990 als US-Präsident ohne Wenn und Aber öffentlich hinter den Wunsch der Deutschen gestellt hat, wieder zu einem Staat zusammenzuwachsen.
Denken wir an Bundeskanzler Helmut Kohl, der beherzt zugriff, als der „Mantel der Geschichte wehte“. Der Margret Thatcher so lange zum Saumagen-Essen nötigte, bis sie ihren Wiederstand gegen die deutsche Einheit aufgab. Und der mit Gorbatschow auf einer Steinmauer am Rhein darüber philosophierte, dass sich Geschichte – wie ein Fluß – immer einen Weg bahnen wird. Und der mit Jelzin in der Sauna und beim Wodka das Unmögliche aushandelte.
Denken wir heute an den Mann mit dem gelben Pullover, den phantastischen Außenminister Hans-Dietrich Genscher, und seinen historischen Auftritt auf dem Balkon der deutschen Botschaft in Prag. Was hätte Heiko Maas damals wohl getan?
Und denken wir schließlich an den ehemaligen Bundeskanzler Willy Brandt, dessen Ostpolitik ich als 16-jähriger Jungunionist verachtete und bekämpfte, und den ich bis heute für seinen Mut und DEN Satz zur Deutschen Einheit überhaupt bewunderte: „Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört!“
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