Vom totalen Versagen einer Stadtregierung

Vergangene Woche war ich wieder zwei Tage in Berlin. Ende der achtziger Jahre habe ich sogar sieben Jahre in der – zu Beginn noch – geteilten Stadt gelebt. Und ich mag Berlin, auch wenn mancher meiner Leser mir diese heimliche Liebe übel nimmt. Berlin, das ist Leben rund um die Uhr, das ist Kultur, das ist eine dramatische Historie, das ist das Zentrum der deutschen Politik. Und bevor Sie mir vom offenen Drogenhandel, von Kriminalität, der Kluft zwischen Ost und West schreiben: ja, Berlin ist das auch alles. In vielen Beiträgen habe ist das Arm-aber-Sexy-Gequatsche von Klaus Wowereit, den Görlitzer Park, das Unvermögen, einen Hauptstadt-Flughafen zu bauen, und Subventionen für Linksextremisten scharf kritisiert. Ich weiß, dass hier nicht alles glänzt, was Gold ist. Aber den Puls der Stadt, die schnoddrigen Taxifahrer, die Theater und Clubs – ja, die mag ich und dazu stehe ich.

Mit der aktuellen rot-rot-grünen Senat schickt sich die 3,5-Millionen-Metropole allerdings an, immer scheller auf den Abgrund zuzurutschen. Die „Gesamtausgaben Asyl“ explodierten in 2017 von ursprünglich geplanten 478 Millionen Euro um 85 Prozent auf kaum zu fassende 886 Millionen Euro.

Und wenn es darum geht, eigene politische Freunde finanziell üppig zu versorgen, lässt sich Berlin auch nicht lumpen. Der Etat für die sogenannte „Stärkung der Demokratie im Kampf gegen Rechtsextremismus“ soll von 3,3 Millionen Euro im vergangenen Jahr um satte 600.000 Euro auf 3,9 Millionen Euro 2018 steigen. 2015 reichten noch 2,5 Millionen Euro. Vor allem aber: Was hat es gebracht im Kampf gegen den Rechtsextremismus?

Ein erfolgreicher Kampf des wackeren Senats gegen den Islamismus in der Metropole ist nicht einmal im Ansatz zu erkennen. Statt dessen brannten im Dezember 2017 am Brandenburger Tor Israel-Fahnen. Deutschland im Jahr 2018.
Und die Ur-Berliner? Die Bezieher von Arbeitslosengeld und Hartz IV? Fast jeder sechste (!) Berliner lebt von diesen Transferleistungen. Fast 400.000 Einwohner der deutschen Hauptstadt sind überschuldet. Entlastung? Solidarisches Miteinander? Bekämpfung der Obdachlosigkeit? 50.000 Menschen seien betroffen, schätzt der Senat im laufendem Jahr. Arm aber sexy? Was für ein dämlicher Spruch von Herrn Wowereit. Da frieren Menschen nachts in öffentlichen Parks, S-Bahnhöfen und den Vorräumen von Sparkassen mit Geldautomat. Es ist eine Schande, dass die Hauptstadt eines der reichsten Länder der Welt nicht einmal den Versuch unternimmt, diese armen Leute aus ihrer Not zu holen.

Berlin ist eine lebendige, pulsierende Stadt. Aber warum diese Versager im Senat immer wieder gewählt werden, verstehe ich nicht. Möglicherweise sind die Alternativen auch nicht so prickelnd…

Übrigens: in der kommenden Woche starten wir www.berlinjetzt.com – ein neues Nachrichtenportal für die Hauptstadt.

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Dieser Artikel wurde 12 mal kommentiert

  1. KJB-Krefeld Antworten

    Was kann man schon von rot-rot-grün erwarten ? Wo die Kommunisten das Sagen haben, werden die Staaten, Städte an die Wand gefahren ! Die DDR bzw. das gesamte ehemalige sozialistische Lager lassen grüßen ! Als Berliner (berufsbedingt nur bis 1967) bricht es mir das Herz, was aus der Stadt Ernst Reuthers geworden ist.

  2. b.mütze Antworten

    Wenn sich ein großer Teil der wertschöpfenden Bevölkerung vom Geschehen im Staat abwendet, läuft dieser Staat gegen die Wand. Das habe ich 1989 schon einmal
    erlebt und wir stehen nun wieder vor einer ähnlichen Situation. Die wirtschaftlichen Zahlen stimmen nicht, alles steht auf dem Spiel.
    Schlechtes überfordertes Bildungssystem, Hartz 4 ist das schlimmste was man mit einem arbeitsfähigen Menschen machen kann, der übergroße Bürokratismus der
    Behörden sowie deren nicht finanzierbaren Pensionen usw.
    Uns kann nur der liebe Gott noch helfen, denn Merkel und Schulz können es nicht !!!

  3. H.Urbahn Antworten

    Wwerter Herr kelle,
    eine Frage: wo pulsiert denn das Leben, doch wohl da , wo sich die Schickeria aufhält auch mit Theater; Musik etc. Der große Rest ist eher traurig und trist. Dort herrschen die libanesischen Clans oder die Russenmafia. die Schulen sind heruntergekommen, an den Universitäten herscht das Mittelmaß usw. usw. man darf doch die Glitzerwelt nicht mit der Realität verwechseln.

  4. W. Lerche Antworten

    Berlin ist immer eine Reise wert, gilt auch für mich. Die ganze Welt, alle und alles ist dort vertreten. Das Kulturangebot ist prall, alles zusammen kann süchtig machen, man möchte gern mal dort leben.
    Lieber Herr Kelle, ich teile Ihre Bewertung von Rot-Rot-Grün, das ist nicht schwer. Wie Sie selbst resümieren, wählen die Berliner dieses Missmanagement ihrer Stadt und entscheiden sich freiwillig immer wieder dafür. Sollten Sie bzw. wir dies nicht respektieren? Dort leben immer noch viele DDR-Funktionäre (Bonzen) heute wie damals besser als die meisten anderen, dazu deren links sozialisierte Kinder und Enkel. Wenn diese in der Mehrheit gern freiwillig in einem Saustall leben, warum sind Sie dagegen? – Weil es unsere Hauptstadt ist und auch uns etwas angeht? Wie würde es dort aussehen ohne „Hauptstadt“ zu sein? Soweit ich weiß, war Berlin, übrigens genau wie Leipzig, schon immer eine „rote“ Stadt. Das „rote“ Städte schlecht regiert werden, ist kein Novum, sondern hat lange Geschichte.

    Und wenn ich aus Berlin zurück bin, weiß ich um so mehr mein Zuhause zu schätzen.

  5. W. Lerche Antworten

    Jetzt will ich mal schlecht sein:
    Ich finde es richtig gut, dass so viele illegale Neuankömmlinge illegal/unerlaubt nach Berlin gegangen sind. Noch besser wäre, würden die alle vor dem Kanzleramt kampieren. Vielleicht lässt sich der Görlitzer Park dorthin verlegen…
    Mit Genugtuung sehe ich die Unfähigkeit von Rot-Rot-Grün, für Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung zu sorgen, wie sich die Zustände abwertend zuspitzen.
    Meine Berechtigung, so zu denken, ziehe ich daraus, dass die Berliner selbst in freier und geheimer Wahl so entschieden haben.
    Ich finde es toll, dass die ganze Welt auf die Hauptstadt Deutschlands schaut und erkennen kann, was gerade mit Deutschland passiert und mit wem sie es in Berlin zu tun hat. – Leider gibt es in der Welt (außerhalb D) niemand, dem das wirklich stört und der zur Abhilfe beiträgt. – Im Gegenteil! Endlich hat man einen Ort gefunden, wohin man die neue Völkerwanderung leiten und abladen kann. Und in diesem Zusammenhang scheint mir der größte Widersacher Deutschlands die EU selbst zu sein, die seitens Brüssel (mit leiser Zustimmung CDU + SPD) und EuGh den Weg frei gemacht haben, dass praktisch jeder „Flüchtling“ sein Reiseziel selbst bestimmen darf.
    Da die EU ohne Geld aus Deutschland nicht lebensfähig wäre, folgt aus dieser Logik, dass Deutschland selbst sein größter Widersacher ist!
    Das Ergebnis deutscher Politik der letzten Jahre lautet also: Deutschland macht sich zum eigenen Feind und schafft sich selbst ab.
    Dagegen ist doch die Linksverschiebung der CDU als Teil Merkels Lebensleistung nur Pinaz.

    Und wie immer muss auch hier die Grundfrage gestellt werden: Wem nutzt das? Das ist Kapitalismus pur.
    (Gruß ans Establishment!)

    • Klaus Beck Antworten

      Lieber Herr Lerche,
      ich muss Sie leider korrigieren: Der „Berliner“ leidet nicht unter den Zuständen, nein, er kultiviert diese Zustände. Und wenn die ganze Stadt „Görlitzer Park“ wäre, werden Sie noch immer genügend Berliner und vor allem Nicht-Berliner finden, die diesen Zustand mit dem Brustton der Überzeugung begrüßen, ja zelebrieren.
      Das von Tranferleistungen lebende Fünftel der Stadt ist ja nur der eine Teil der Wahrheit. Ein viel größerer Teil Berlins lebt von der Verwaltung, Hege und Pflege dieses Prekariats, vom Sozialpädagogen über den Lehrer, LAGeSo-Angestellten und Sicherheitsbediensteten bis zum Rechtsanwalt.

      Es ist letztlich wie bei einer Sepsis: Die Sepsis ist erst dann vorbei, wenn die Bakterien nichts mehr zum Fressen haben, also der besiedelte Organismus nichts mehr an Futter hergibt.

  6. Hildegard Königs-Albrecht Antworten

    2010 erschien das Buch von Thilo Sarrazin „Deutschland schafft sich ab“. Noch Fragen?

  7. Klaus B. Antworten

    Ich hätte es gern gesehen, wenn Bonn unsere Hauptstadt geblieben wäre. Da war man näher an denen, die arbeiten und nicht von Transfers leben!

  8. Wolfgang Andreas Antworten

    Weil man 1918 wegen des roten Berliner Mobs keine Verfassung mehr zustande bringen konnte, mußte man ins Weimarer Nationaltheater flüchten. Vielleicht flüchtet man 2018 wieder nach Bonn; da steht noch alles…!

  9. Jemeljan Pugatshow Antworten

    Ja, die Stadt Berlin verkommt. Von ihrer Substanz ist nicht mehr viel übrig. Die Parks verkommen zu Kriminalitätsschwerpunkten. Die Neubauten sind so gigantoman, aber phantasielos zusammengeschustert, dass man glaubt, ein Vorschulkind hätte bei den Entwürfen mit hässlichen, einfarbigen Legosteinen gespielt. Die Kassen sind leer, die Infrastruktur zerrüttet, die öffentliche Verwaltung funktioniert nur noch für Bürger, „die noch nicht so lange hier leben“. Vom BER fange ich gar nicht erst an. Hier zu leben macht immer weniger Freude.
    Dennoch oder vielleicht gerade deshalb freue ich mich auf „berlinjetzt.com“.

  10. Klaus Beck Antworten

    Berlin ist wie Kalkutta … nur ohne Ganges.

    Und wenn ich mal zwei Tage in Kalkutta bin, finde ich die rund um die Uhr pulsierende Stadt, den lärmenden Straßenverkehr, den Kalighat-Tempel, das Durga Puja-Fest, die unermüdlichen Rikschafahrer, die halblegalen Hinterhof-Clubs, die verstörenden Anblicke, die beißenden Gerüche und sogar die bettelnden Leprösen auf ihren Rollbrettern auch ganz faszinierend.

    Wie objektiv ist eine emotional verklärte Sekundenaufnahme der als „Armenhaus Indiens“ bekannten Kloake, um die Vitalität dieser Stadt wirklich beurteilen zu können?

    Berlin ist eine Diagnose, keine Stadt.

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